American Football: Die San Francisco 49ers (eBook)

Geschichte einer NFL-Dynastie
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2023 | 1. Auflage
320 Seiten
Meyer & Meyer (Verlag)
978-3-8403-3852-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

American Football: Die San Francisco 49ers -  André Dersewski
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Am Anfang war The Catch: Mit dem wohl berühmtesten Pass der NFL-Geschichte auf Dwight Clark veränderte Joe Montana im Januar 1982 das Schicksal der San Francisco 49ers. Vier Super Bowls gewann das Team in den 1980er-Jahren, ein weiterer kam 1995 dazu. Doch in der Bay Area wurden unzählige weitere Geschichten geschrieben, die es wert sind, erzählt zu werden. Wie die von Leo Nomellini, der in 14 Jahren kein Spiel für die 49ers verpasste und trotzdem als Wrestler in der Off-Season mehr Geld verdiente. Oder die vom exzentrischen Teambesitzer Eddie DeBartolo Jr., der viel Geld und Herzblut in die Franchise steckte, diese wegen eines Wettskandals dann aber verkaufen musste. American Football: Die San Francisco 49ers erzählt die Geschichte des Teams aus Santa Clara. Das Buch richtet sich sowohl an die Fans der 49ers als auch an

André Dersewski sah sein erstes Footballspiel Anfang der 1990er-Jahre in seiner Heimatstadt Kiel. Ungefähr zu der Zeit, als die San Francisco 49ers den Grundstein ihrer erfolgreichen Dynastie legten - anders als damals auf der Moorteichwiese kennt er inzwischen auch die Regeln. Inzwischen ist er stellvertretender Leiter der Digitalredaktion beim kicker und seit 2022 fester Bestandteil des NFL-Podcasts Icing the kicker in Kooperation mit der Footballerei.

André Dersewski sah sein erstes Footballspiel Anfang der 1990er-Jahre in seiner Heimatstadt Kiel. Ungefähr zu der Zeit, als die San Francisco 49ers den Grundstein ihrer erfolgreichen Dynastie legten – anders als damals auf der Moorteichwiese kennt er inzwischen auch die Regeln. Inzwischen ist er stellvertretender Leiter der Digitalredaktion beim kicker und seit 2022 fester Bestandteil des NFL-Podcasts Icing the kicker in Kooperation mit der Footballerei.

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FRANKIE ALBERT – MEISTER DES UNERWARTETEN


TONY MORABITO LÄSST NICHT LOCKER


Die Dynastie der San Francisco 49ers wurde nicht einfach aus dem Nebel geboren, der sich regelmäßig über die Bay legt. Der Mann, der das erste professionelle Sport-Franchise nach San Francisco brachte, hieß Anthony James Morabito, genannt Tony. Der Geschäftsmann, der mit dem Transport von Holz zu Geld gekommen war, setzte es sich Anfang der 1940er-Jahre in den Kopf, ein professionelles Footballteam in die Bay Area zu holen. Diese galt zu diesem Zeitpunkt als Hochburg des College-Footballs.

Teams wie California-Berkeley, Stanford, St. Mary’s, Santa Clara oder die University of San Francisco lockten regelmäßig bis zu 60.000 Zuschauer ins Kezar Stadium. Morabito sah die Zeit für ein Profiteam gekommen – bei den hohen Herren der National Football League stieß er mit seiner Idee jedoch nicht auf Gegenliebe. Ein NFL-Team westlich von Chicago? Absurd! Wer soll die Reisekosten zahlen? Nachdem er zwei Jahre zuvor bereits höflich, aber bestimmt aus dem Konferenzzimmer komplimentiert worden war, stieß Morabito in der Windy City mit seinem Antrag auf ein Expansion Team auch zwei Jahre später auf taube Ohren bei NFL-Commissioner Elmer Layden.

So leicht wollte der Sohn eines italienischen Einwanderers seinen Traum nicht begraben, doch langsam wurde er ungeduldig. Da traf es sich gut, dass Arch Ward, Sportredakteur bei der Chicago Tribune, gerade versuchte, eine Konkurrenzliga zur NFL zu gründen. Am 6. Juni 1944 traf sich die All-America Football Conference (AAFC) zu ihrer ersten Sitzung, nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs sollte es mit acht Teams losgehen. Morabito sagte zu, mit einem neuen Team in San Francisco an den Start zu gehen.

Mit seinen Holz-Geschäftspartnern Allen E. Sorrell und E. J. Turre sowie seinem jüngeren Bruder Victor gründete er das neue Franchise. Dessen Namen schlug Sorrell vor: nach den Forty-Niners, die auf dem Höhepunkt des Goldrauschs im Jahr 1849 auf der Suche nach dem schnellen Vermögen nach Kalifornien kamen und maßgeblich zum rasanten Wachstum der City by the Bay beitrugen. Das erste Teamlogo, ein betrunkener 49er im Holzfällerhemd, der zwei Gewehre abfeuert, passte dabei durchaus zu Morabito, mit dessen mitunter unkontrollierbarem Temperament noch so manch kritischer Journalist Bekanntschaft machen sollte.

Bei der personellen Besetzung der neuen Organisation setzte Morabito auf Lokalkolorit. Erster Head Coach der Franchise-Geschichte wurde Lawrence „Buck“ Shaw, der die Santa Clara Broncos in den späten 1930er-Jahren zweimal in Folge überraschend zum Gewinn des Orange Bowls geführt hatte.

Shaw, der wegen seiner silbergrauen Haare den Spitznamen „silberner Fuchs“ trug, kam nicht wie ein normaler Football-Coach daher. Er sah eher aus wie ein gealterter Hollywood-Star: groß und schlank, immer im dunklen Anzug mit Krawatte und weißem Hemd. Eine dicke Hornbrille zeugte davon, dass Shaw nicht mehr besonders gut sehen konnte. Er war ein offensiv denkender Coach, den die Defense nicht allzu sehr kümmerte. Eine Einstellung, die sich wie ein roter Faden durch die ersten Jahrzehnte der 49ers-Geschichte zog und größere Erfolge immer wieder verhinderte.

Der erste Spieler, der unter Vertrag genommen wurde, war der Quarterback: Local hero Frankie Albert, der für Stanford spielte und dort schon Heldenstatus erlangt hatte. Überhaupt bestand der erste 32-Mann-Kader überwiegend aus Spielern der örtlichen Collegeteams. Dass Kriegsveteranen sich ihr Team in der AAFC selbst aussuchen durften und es keinen Draft gab, spielte den 49ers dabei in die Karten.

KEZAR STADIUM – KEIN ZUCKERSCHLECKEN


Am 24. August 1946 standen die San Francisco 49ers erstmals auf dem Platz. Die Franchise-Geschichte begann mit einem 17:7-Erfolg im Testspiel bei den Los Angeles Dons in San Diego. Fullback Norm Standlee sorgte aus einem Yard für den ersten Touchdown. Nachdem auch der erste Test vor 45.000 Zuschauern im heimischen Kezar Stadium gelungen war (34:14 gegen die Chicago Rockets), ging das erste Ligaspiel gegen die New York Yankees mit 7:21 verloren.

Das Spiel begann bei Sonnenschein und endete im berüchtigten Nebel, der bei Spielen der 49ers regelmäßig aus der Bay heraufzog und sich über das Spielfeld legte. Ein weiteres Problem, das die Lage am Meer mit sich brachte, waren die Scharen von Möwen, die den Zuschauern das Leben auf den Holzbänken schwer machten. Vom Komfort heutiger NFL-Stadien war Kezar Lichtjahre entfernt. Mindestens.

Für die Spieler waren die Gegebenheiten ebenfalls speziell. Da auch die lokalen Collegeteams im Stadion spielten und den Rasen malträtierten, verdiente dieser seinen Namen mit zunehmender Saisondauer für gewöhnlich immer weniger. Dann glich der Untergrund einem Schlammloch. Kezar war nur selten ein freundlicher Ort. Das galt nicht nur für den Film Dirty Harry von 1971, in dem Clint Eastwood auf dem Spielfeld des Stadions den Psychopathen Scorpio zur Strecke bringt.

Das Publikum hatte den Ruf, gegenüber dem eigenen Team sehr kritisch zu sein. Buhrufe waren an der Tagesordnung. Auf einen von der Tribüne aus einzusehenden Teil des Spielertunnels regnete es regelmäßig verschiedenste Wurfgeschosse. Als das in den 1960er-Jahren zu sehr ausartete, wurde der Ausgang mit einem Maschendrahtzaun überdacht. Das wiederum hielt einige Zuschauer nicht davon ab, erhitzte Pennys durch die kleinen Löcher fallen zu lassen, die die Spieler am Nacken zwischen Helm und Schulterpolster treffen sollten. Ein Zuckerschlecken war das Kezar Stadium, das 25 Jahre lang die Heimat der 49ers sein sollte und noch heute im Golden Gate Park in San Francisco steht, wahrlich nicht.

In den ersten Jahren in der AAFC war der Zuschauerzuspruch in San Francisco geringer, als erhofft, Kezar teilweise nicht einmal zur Hälfte gefüllt. Sorrell und Turre sprangen als Mitbesitzer schon 1947 wieder ab. Zu diesem Zeitpunkt geriet auch die kurzlebige AAFC bereits ins Straucheln. Morabito ließ sich von den anfänglichen Wachstumsschmerzen nicht in die Flucht schlagen und investierte weiter in die 49ers. Bis er mit ihnen Geld verdienen würde, sollte allerdings noch einige Zeit vergehen.

FRANKIE ALBERT – STAR DER ANFANGSJAHRE


Wenn es jemanden gab, der die Leute ins Stadion lockte, der das Eintrittsgeld allein wert war, dann war es Frankie Albert. Der charismatische Quarterback war in den nebligen Anfangsjahren DAS Gesicht der 49ers und wurde dank seines abenteuerlustigen Spielstils schnell zur größten Attraktion der ganzen AAFC. Was ihm an Größe fehlte – Albert maß nur 1,78 Meter –, machte der Linkshänder, der auch nicht den stärksten Arm hatte, durch sein schier grenzenloses Arsenal an Tricks wieder wett.

Immer wieder führte er seine Gegner aufs Glatteis. Seine größte Spezialität war das Bootleg, bei dem er die Ballübergabe an einen Running Back antäuschte, den Ball aber behielt, die Verteidiger in die Irre führte und selbst zum Lauf ansetzte. Albert perfektionierte den Spielzug über die Jahre derart, dass Zuschauer und Gegenspieler mitunter vergeblich rätselten, wo sich der Ball gerade befand. Albert war der Meister des Unerwarteten.

Für Überraschungsmomente sorgte er dabei nicht nur beim Gegner. Nicht selten kam es vor, dass der Spielmacher im Huddle einen Spielzug ansagte – damals machten die Quarterbacks das noch selbst –, nur um sich kurzerhand noch umzuentscheiden. Gleiches galt für seine Tätigkeit als Punter (!) der 49ers, die er stark ausübte. Regelmäßig setzte er dabei spontan zum Lauf an – was nicht immer glückte. Häufig aber eben schon.

Albert war der aufregendste Quarterback seiner Zeit. Niemand konnte sich sicher sein, was er als Nächstes tat. Vielleicht nicht einmal er selbst.

Zum Star war Albert schon an der Stanford University avanciert. Dort agierte Albert als Quarterback aus der sogenannten T-Formation heraus, die der damalige Coach Clark Shaugnessy erfolgreich einführte. Dabei reihten sich drei Backs etwa fünf Yards hinter dem Quarterback in einer Reihe auf – was dann wie ein T aussah. Das perfekte System für Albert, der die „Wow Boys“ 1940 zu einer ungeschlagenen 10:0-Saison führte, mit dem Team zweimal in Folge den Rose Bowl gewann und jeweils ins All-America-Team gewählt wurde. Im Film The Spirit of Stanford (1942) spielte Albert sich selbst – da hatte er das College gerade erst verlassen.

Albert steht am Anfang der großen Quarterback-Tradition der 49ers, bei denen die Position seit jeher eine besondere Bedeutung hat. Auch wenn er keinen Division-Titel gewann und im Gegensatz zu drei seiner Nachfolger im rot-goldenen Dress nicht in der Pro Football Hall of Fame verewigt ist, kann seine Bedeutung für das Franchise nicht hoch genug eingeschätzt werden.

Ohne die immense Popularität des Quarterbacks, ohne seinen begeisternden Spielstil wären die San Francisco 49ers womöglich schnell in der Versenkung verschwunden....

Erscheint lt. Verlag 30.10.2023
Verlagsort Aachen
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Sport Ballsport
Schlagworte American Football • Bill Walsh • George Seifert • jerry rice • jim harbaugh • Joe Montana • Kyle Shanahan • Levis Stadium • San Francisco Gold Rush • Sourdough Sam • Steve Young • Super Bowl
ISBN-10 3-8403-3852-2 / 3840338522
ISBN-13 978-3-8403-3852-6 / 9783840338526
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