Küstenflieger -  Ralf Piotrowiak

Küstenflieger (eBook)

Gleitschirmfliegen am Meer für Einsteiger und Fortgeschrittene
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
108 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7578-5148-4 (ISBN)
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Das Gleitschirmfliegen am Meer ist eine eher eigenständige Sportart, die ein anderes Verständnis der Bedingungen, andere Ausrüstung und auch Start-, Lande- und Flugtechniken, Kenntnis der speziellen Wind- und Wetterbedingungen sowie Gefahren an Dünen erfordert. Dieses Buch, das aus der Praxis und für die Praxis geschrieben wurde, wendet sich an diejenigen, die als ausgebildete Gleitschirmflieger das Fliegen an der Küste beginnen oder nach ersten Erfahrungen optimieren wollen und soll helfen, den weiteren Lernfortschritt zu beschleunigen.

Der Autor ist promovierter Molekularbiologe und fliegt seit 20 Jahren Gleitschirm in unterschiedlichsten Fluggebieten weltweit, darunter sehr viele Küstenfluggebiete.

Relevante Wetterphänomene


Regen auf dem Meer

Wenn es mal einen kleinen Schauer im Hinterland oder auf dem Meer gibt, dann ist das noch kein Grund sofort zu landen. Anders, wenn eine dicke, dunkle Wolke, die man einige Kilometer vor der Küste sieht, anfängt, so stark abzuregnen, dass man die Horizontlinie hinter dem Regen nicht mehr erkennen kann. Dann sollte man sofort und ohne Kompromisse landen. Dieser starke Regen verursacht einen plötzlichen, vertikal nach unten gerichteten Kaltluftausfluss. Schwere, kalte Luftmassen fallen so auf die Meeresoberfläche und breiten sich nun schlagartig in alle Richtungen aus. Zugleich werden durch diese Abkühlung auch schnellere Luftmassen aus Wolkenhöhe (s. Windgradient) nach unten in Meereshöhe geleitet. Beide Effekte addieren sich und führen zu einer Böenwalze. Diese nähert sich sehr schnell der Küste und zwar ohne dass sich zunächst Schaumkronen bilden können - Schaumkronenbildung erfordert etwas mehr Zeit. Man sieht dann aus der Luft, dass sich eine dunkler erscheinende Fläche auf dem Meer zügig nähert. Binnen 5-15 Minuten treten dann Böen mit z.T. deutlich über 40 km/h Windgeschwindigkeit am Strand auf.

Starker Regen auf dem Meer vor Puerto Naos (La Palma) führt zu kurzzeitigen Windzunahmen von bis zu 40 km/h.

Cat´s Paws, dunkle Windfelder, ein rauer werdendes Meer

Segler kennen auch plötzlich entstehende Windfelder (cat´s paws) mit sehr kleinen Wellen, bei denen der Wind aus schnelleren, höheren Luftschichten auf eine glatte Wasseroberfläche trifft. Die Wasseroberfläche wird dadurch gekräuselt und erscheint nunmehr als dunklere Fläche. Wenn mehrere solcher Flecken entstehen, erscheint es, als ob sich eine große unsichtbare Katze, deren Pfotenabdrücke man bloß sieht, auf der Wasseroberfläche nähert - daher der Name. Auch diese dunklen Wasseroberflächen zeigen sich nähernden Windfelder, die Segler gezielt ansteuern.

Solche dunkleren Windfelder auf dem Meer beobachtet man auch auf La Palma im Leebereich der Insel. Über einen Inselsattel durchbrechender Passatföhnwind fällt manchmal punktuell und dauerhaft an einigen Stellen auf das Meer. Darin entstehen dann allerdings auch Schaumkronen, weil der Wind dort über längere Zeit an der gleichen Stelle mit großer Geschwindigkeit herunterfällt.

Cat´s paws (rechts oben) sind dunkler erscheinende Areale auf dem Meer mit Wind aus höheren, schnelleren Luftschichten. Die dunkle Linie am Horizont zeigt den Einfall des Passatwindes auf der Leeseite von La Palma.

Küstennebel

Das Phänomen Küstennebel kommt fast überall am Meer hin wieder vor. Er entsteht durch Abkühlung feuchter Warmluft über dem kalten Meer. Diese gelangt durch einen Seewind an die Küste. Manchmal ist man in der Luft und sieht ihn ebenfalls schnell näher kommen. Er stellt dann u.U. eine sehr klar abgegrenzte Wetterfront dar und wird ebenfalls häufig von starken Windwerten und Änderungen der Windrichtung begleitet. Handelt es sich um einen leichten Nebel, dann kann man darin mit einigen hundert Metern Sichtweite durchaus noch fliegen, handelt es sich aber um einen dichten Nebel, der auch noch an der Düne aufsteigt und zusätzlich kondensiert (was man auf dem in Nordjütland entstandenen Foto ganz gut erkennen kann), dann sollte man wirklich sofort landen bevor die Sicht auf Dünenhöhe nur noch wenige Meter beträgt.

Küstennebel in Nordjütland. Durch den vergleichsweise geringen Anstieg an der Dünenkante kondensiert er dort stärker.

Schaumkronen

Schaumkronen bestehen aus einem Gemisch von Wasser und Luft (Gischt). Sie entstehen bei zunehmendem Wind auf einem bis dahin glatten Meer, wenn sich durch den Wind und dessen Reibung auf der Wasseroberfläche erste Wellen bilden und diese dann zunächst punktuell brechen. An diesen Punkten durchmischen sich Luft und Wassertropfen und bilden Schaum bzw. Gischt. Häufig kommen Wind und Wellen auch nicht aus der genau gleichen Richtung, so dass dieses Phänomen mal etwas früher oder später zu beobachten ist, je nach Zusammenwirken der unterschiedlichen Kräfte an der Wasseroberfläche.

Beim Parawaiting sieht man zunächst, dass das bis dahin spiegelglatte Meer allmählich bei leicht zunehmendem Wind etwas dunkler und rauher erscheint. Anschließend treten zunächst sehr vereinzelt erste Schaumkronen im Bereich des freien Meeres vor der Brandung auf, die über den Tagesverlauf, bei stärker werdendem Wind, häufiger werden und schließlich auch eine andere, länglichere Form annehmen. An einem Tag mit schwächerem Wind konnte ich einmal beobachten, dass die Meeresoberfläche schnell dunkler wurde. An der Dünenkante stieg die Windgeschwindigkeit binnen 5 Minuten von 12 km/ h auf 30 km/h und nirgendwo waren Schaumkronen zu sehen. Diese waren erst 10 Minuten später und dann plötzlich in großer Zahl zu sehen.

Schaumkronen, die sehr viel breiter als hoch sind, deuten immer auf viel Wind hin. Wenn das Meer aufgrund eines Sturmes in der Nähe ohnehin sehr unruhig und bewegt ist, dann treten Schaumkronen auch schon bei relativ geringeren Windgeschwindigkeiten auf. Sie werden seit Jahrhunderten von Seglern für die Windstärkeneinschätzung benutzt, aber Segler sind im Gegensatz zu uns Gleitschirmfliegern nicht ganz so anspruchsvoll hinsichtlich des nutzbaren Windfensters.

Eine für uns Gleitschirmflieger ganz genaue Abschätzung der Windverhältnisse ist so kaum möglich. Aus diesem Grund beobachtet man als Küstenflieger zwar die Zu- bzw. Abnahme der Anzahl von Schaumkronen auf dem Meer regelmäßig, aber das Fliegen per se bei Schaumkronen auf dem Meer ist in den meisten Küstenfluggebieten eher die Regel als die Ausnahme.

Eine schnelle, starke Zunahme der Schaumkronen an einem ohnehin schon stark windigen Tag, ist dennoch ein guter Grund über eine rechtzeitige Landung nachzudenken. Aber, die Schaumkronenbildung erfordert auch einen gewissen Zeitraum, plötzlich einsetzender sehr starker Wind kann in seltenen Fällen auch ohne Schaumkronen auf eine Küste treffen!

Herannahende Front

Eine offensichtlich herannahende Schlechtwetterfront ist natürlich ein Grund rechtzeitig zu landen, weil bereits vor Eintreffen der Front die Windwerte unter Umständen schnell und sehr stark zunehmen können. Wir können als Küstenflieger zwar immer sehr schnell landen, aber das sollte uns nicht verleiten, dies komplett auszureizen. Wer nun noch mit der Landung abwartet bis die Schaumkronen zunehmen, hat sich vielleicht schon verspekuliert.

Das Foto zeigt eine herannahende Schlechtwetterfront in Nordjütland, die von Regen sowie starken Windzunahmen und Windrichtungswechseln begleitet wird. Noch ist es ruhig, dennoch höchste Zeit zum Landen!

Thermik beim Küstenfliegen?

Nach gängiger Sichtweise entsteht Thermik durch eine Erwärmung des Bodens. Da das Meer sich kaum oder höchsten in Ufernähe leicht erwärmt, entfällt diese Thermikquelle beim Küstenfliegen in der Regel, zumindest wenn nur wenige Meter Land vorgelagert sind. Dennoch gibt es auch direkt an der Küste an manchen Tagen Thermik. Ziehen z.B. Kumuluswolken schon mit dem Wind über das Meer kommend in Richtung Küste, dann ist Thermik an der Küste für uns deutlich spürbar. Beim Starten bei ohnehin schon viel Wind, empfiehlt es sich, die Wolken und das Durchziehen von Thermiken zu beobachten und erst dann aufzuziehen, wenn das Aufwindband weitergezogen ist. Es gibt böige, thermische Tage mit hohem Wellengang beim Küstenfliegen, die zu recht unruhiger Luft führen. Abends ist es dann man zumeist etwas angenehmer zu fliegen.

In Orzola und auch anderswo auf Lanzarote, wie in Famara, startet man manchmal in sehr geringer Höhe von nur wenigen Metern und erreicht anschließend beim Flug größere Höhen (Wolkenbasis und manchmal sogar höher). Dabei findet man bei labiler Schichtung auch Thermik unter geeigneten Wolken direkt über dem Meer. Da diese Wolken in Richtung Küste ziehen, kann man sie zwar nutzen um Höhe zu machen, aber die Thermik bringt einen jedesmal an die Küste zurück. Man kann dann allerdings mit dem Wind ins Landesinnere fliegen.

Zusammenfassung:

1. Schaumkronen sind ein guter, viel genutzter Indikator für Veränderungen der Windstärke, aber sie sind nicht „das Maß aller Dinge“ und es gibt manchmal auch Windzunahmen ohne oder mit erst später erfolgender Schaumkronenbildung.

2. Ein durch starken Regen bedingter Kaltluftausfluss aus einer Regenwolke kann sehr schnell zu äußerst heftigen Windsituationen am Meer führen.

3. Man sollte das Phänomen der „Cat´s Paws“ zumindest kennen und als weiteren Indikator für Windzunahmen nutzen. Gleiches gilt für eine plötzlich dunkler werdende Meeresoberfläche.

4. Bei leichtem Küstennebel kann man manchmal fliegen, aber die geländebedingte Anhebung der Luft an der Küste...

Erscheint lt. Verlag 9.8.2023
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Sport
ISBN-10 3-7578-5148-X / 375785148X
ISBN-13 978-3-7578-5148-4 / 9783757851484
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