Trailrunning für Frauen (eBook)
280 Seiten
Meyer & Meyer (Verlag)
978-3-8403-3833-5 (ISBN)
Anna Hughes ist passionierte Trailrunnerin. Sie startet bereits bei diversen Trailrunning Wettkämpfen zwischen 7-350 Kilometern und triumphierte dort mehrfach in ihrer Altersklasse. Mittlerweile widmet sie sich, neben dem Trailrunning, der Vermittlung der Faszination des Sports, u. a. durch ihren eigenen Podcast und spezielle Trailrunning-Erlebniswochenenden für Frauen.
Anna Hughes ist passionierte Trailrunnerin. Sie startet bereits bei diversen Trailrunning Wettkämpfen zwischen 7-350 Kilometern und triumphierte dort mehrfach in ihrer Altersklasse. Mittlerweile widmet sie sich, neben dem Trailrunning, der Vermittlung der Faszination des Sports, u. a. durch ihren eigenen Podcast und spezielle Trailrunning-Erlebniswochenenden für Frauen.
1.5Warum Frauen prädestiniert fürs Laufen sind
Klar, man kann nicht alle über einen Kamm scheren und behaupten, dass alle Trailläuferinnen und solche, die es werden wollen, anders ticken als die männlichen Geschöpfe. Doch soll in diesem Kapitel beleuchtet werden, welcher Unterschied existiert, gerade wenn wir auch längere Distanzen im Trailrunning unter die Lupe nehmen.
„Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne.“ Eines der wohl bekanntesten Zitate Hermann Hesses, in dem so viel Wahres ist.
»Nur, wie den Zauber aufrechterhalten?
»Oder ist dieser dann sogar die Triebfeder, um das Momentum im Ausdauersport aufrechterhalten zu können, wenn wir erst einmal den Fuß in diese Welt gesetzt haben?
»Was passiert nach dem zauberhaften, oft enthusiastischen Anfang?
Als Bobbi Gibb 1966 als erste Frau überhaupt über die Ziellinie des Boston-Marathons lief, war das eine Sensation.
Sie hatte sich getarnt in Männerkleidung auf die Strecke geschlichen und lief unbeirrt zwischen den männlichen Läufern. Zuvor unterstellte man ihr, dass Frauen physiologisch nicht in der Lage seien, lange Strecken zu laufen. Später sagte sie: „Ich lief den Marathon aus Liebe. Aus Liebe zum Laufen.”
In ihren oft philosophisch angehauchten Aufzeichnungen ist deutlich zu spüren, dass sie mit Herz und Seele mit dem Sport verbunden war. Sie sprach von dem starken Band zur Mutter Erde und gab ihrem Leben durchs Ausdauerlaufen einen tieferen Sinn, einen Ausdruck ihres Seins.
Bobbi vermisste in ihrem sicheren vorstädtischen Leben etwas, war sich ihrer Sterblichkeit bewusst. Das Ausdauerlaufen gab ihrem Leben einen Sinn oder gab sie dem Laufen weiter Strecken einen Sinn?
In den vielen Jahren, in denen ich als Läuferin unterwegs bin, komme ich zu ähnlichen Erkenntnissen.
Der Antrieb, immer längere Distanzen zu laufen, ist uns Frauen in die Wiege gelegt.
Es geht um die Bewusstwerdung dieser Fähigkeit und die Lust, diese zu entdecken und damit zu spielen. Die Wege, die sich uns in der Natur bieten und uns selbst auf andere Art zu erfahren, Grenzen zu verschieben und uns unserer ureigenen Fähigkeiten bewusst zu werden. Besonders auch bei den Langstreckenschwimmern, die 10 Kilometer und mehr zurücklegen, braucht man ein dickes Fell, auch mental.
Aus physiologischer Sicht können wir Frauen uns eine höhere Dehnbarkeit von Sehnen und Bändern, eine bessere Verbrennung freier Fettsäuren, einen höheren Körperfettanteil sowie einen erhöhten Anteil an „langsamer” Muskulatur und weicheren Muskeln gutschreiben.
In einer Studie (Steffny & Pramann, 2007) wurden Männer und Frauen bei einem harten Tempolauf getestet. Tatsächlich liefen 60 Prozent der Männer das empfohlene Tempo und nur 40 Prozent der Frauen. Folglich heißt dies, dass sie durchaus bereit sind, intensiv und auch mal über die Grenzen hinaus zu trainieren, richtig in Fahrt kommen sie jedoch, je länger die Distanz ist.
Auch die Intuition kann hier eine Rolle spielen. Frauen setzen sich im Ausdauersport weniger dem Verletzungsrisiko aus, verlangsamen eher, wenn sie an Grenzen stoßen. Ich kenne einige weibliche Kämpfernaturen, doch von Ellbogenmentalität ist da wenig zu sehen, sondern meist echte Kameradschaft.
So finden sich bei Trailrunningevents auch immer mehr Frauen an den Startlinien. Die Männer sind in der Überzahl, was per se nicht schlimm ist, denn der Anblick eines gestählten Läuferkörpers hat ja auch etwas!
Doch zeigt eine gewisse Präsenz an Läuferinnen, dass sie Lust haben, sich zu messen und vielleicht dabei ihr Potenzial zu entdecken.
Insbesondere im Laufsport, aber auch auf den Ironman®-Distanzen im Triathlon und im Langstreckenschwimmen, glänzen Frauen mit einer beachtlichen Leistungsfähigkeit. Bestes Beispiel im Trailrunning ist derzeit die US-Amerikanerin Courtney Dauwalter, die seit Jahren unermüdlich einen Ultratrail nach dem anderen läuft und nicht selten im Topfeld der Männer mitmischt, sich mitunter sogar den Gesamtsieg holt.
Es entsteht der Eindruck, dass Frauen eine andere Tiefe an Zähigkeit haben, wenn sie dann bereit sind, sich in diese Zonen zu begeben. Courtney nennt das gern ihre „Pain Cave“, ihre „Schmerzhöhle“, die sie immer weiter aushöhlt, um immer wieder von Neuem etwas über sich herauszufinden.
Natürlich müssen und können wir jetzt nicht alle zu einer Courtney mutieren und 200-Meilen-Läufe bestreiten, aber sie zeigt, was mental möglich ist, und natürlich auch körperlich. Vielleicht fließt in solche Leistungsbeispiele auch ein evolutionärer Faktor mit ein, denn unsere Körper müssen besonders in einer Schwangerschaft viel aushalten, dazu kommt dann die Geburt, die einem alles abverlangt. Auch wer keine Kinder bekommt, kann von einer uns Frauen in die Wiege gelegten Zähigkeit profitieren.
Kurz gesagt: Wenn ich es als Frau schaffe, zwei gesunde Kinder durch den Geburtskanal zu pressen, dann kann ich erst recht lange Strecken bewältigen. Aber geht es ums Beweisenwollen oder einfach um Spaß?
Bis ich in die Wüste ging, um dort am Marathon des Sables teilzunehmen, war ich mir meiner Ausdauerfähigkeit nicht wirklich bewusst. Ich hatte zwar schon Erfahrung im Ausdauerlaufen gesammelt, war einen Marathon gelaufen und hatte eine Triathlon-Halb-Ironman®-Distanz absolviert. In meinen kühnsten Träumen reichte meine Vorstellungskraft nicht aus, wie man über 42 Kilometer laufen kann, schon gar nicht unter den hitzigen Bedingungen.
Der Reiz dieser anderen Dimensionen war größer, als meine Angst zu versagen und so entschied ich mich für Sand, Sonne und Sahara. Bei Temperaturen um knapp 50 Grad Celsius ging es über sechs Etappen auf 250 Kilometer verteilt über Dünen, auf ausgetrocknete Salzseen und hinauf auf felsige Berge. Am Großkampftag der vierten Etappe standen 75 Kilometer auf dem Plan. In maximal 34 Stunden galt es, das Etappenziel zu erreichen. Nach knapp über 13 Stunden wankte ich ins Etappenziel, unfähig, ein Wort zu sprechen. Im Zelt setzte ich meinen Rucksack ab und verfiel ausgestreckt auf dem schmerzenden Rücken in eine Starre.
Erst am nächsten Tag, unter der aufgehenden Sonne mitten in der Sahara, wurde mir während einer kurzen Dusche, die aus einem in einer halb aufgeschnittenen 1,5-Liter-Wasserflasche aufgelösten Seifenblättchen bestand, klar, was hier lief. Tränen von Glückseligkeit, innerem Frieden und Genugtuung liefen mir über die Wangen. Eine Wende, DIE Wende in meinem Leben. Ein Vorher und ein Nachher. Im Kern meines Seins hatte sich etwas verändert oder war ich mir einfach ein Stück nähergekommen?
Tief beeindruckt war ich auch von der Kameradschaftlichkeit unter uns Frauen. Wo Männer beim Überholtwerden von einer Frau eher grummelten oder gar entsetzt schauten, gab es unterstützende, aufbauende Worte und die Frage: „Ça va?“, mit dazu.
Hineingerutscht in diese Welt seien sie, sagen viele Ausdauerathletinnen. Einfach so. Angefangen mit dem ersten Schritt vom Sofa auf die Straße oder in den Wald.
Auf die Frage, womit sie sich ihre Erfolge auf den langen Distanzen erklärt, sagt Lizzy Hawker, die insgesamt fünfmal den UTMB gewann, also die Umrundung des Mont Blanc auf über 167 Kilometern: „Ich bewege mich einfach gern und schnell in den Bergen. Bereits als Kind war ich immer unterwegs.”
In den 1980er- und 1990er-Jahren wurde auch die Amerikanerin Ann Trason bekannt durch unzählige Siege bei 100-Meilen-Läufen. „Aus Spaß an der Bewegung und nichts beweisen zu müssen, sie wisse oft gar nicht mal mehr ihre Zielzeiten”, wie sie in diversen Interviews und Podcasts betont.
Hierzulande glänzte lange Zeit Astrid Benöhr durch die Bewältigung und Siege bei drei- und sogar zehnfachen Ironman®-Distanzen. Ihr wurden bei Untersuchungen genetisch günstige Voraussetzungen attestiert, womit sich leichter ihre Ausnahmeleistungen erklären lassen.
Die Suche nach Antworten:
»Wo sind die Grenzen der Leistungsfähigkeit?
»Was spielt noch eine Rolle, um derartige Mammutrennen durchzustehen?
Der Kopf. Ein Konglomerat an Gedanken. Ganze 60.000 davon schießen uns täglich durch den Kopf. Je länger nun die Strecke ist, desto wichtiger wird der Fokus auf das Wesentliche, den Moment.
Fakt ist, dass eine Frau nie einen Marathon unter zwei Stunden laufen können wird oder überhaupt mit einem Mann mithalten kann. Am Ende eine Frage der Kraftreserven, ein klarer Vorteil für die Männer.
Neben dem Messen und Austesten von physischen und mentalen Grenzen steht der Ausdauersport noch für mehr. Im übertragenen...
Erscheint lt. Verlag | 3.4.2023 |
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Verlagsort | Aachen |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Sport ► Leichtathletik / Turnen |
Schlagworte | Berg • Frauen • Motivation • Natur • Naturerlebnis • Persönlicher Weg • sky runner • skyrunning • Trail • traillauf • Ultralauf • Ultratrail |
ISBN-10 | 3-8403-3833-6 / 3840338336 |
ISBN-13 | 978-3-8403-3833-5 / 9783840338335 |
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