Welche Farbe hat der Tod? (eBook)
256 Seiten
Gütersloher Verlagshaus
978-3-641-30209-2 (ISBN)
Christoph Kreitmeir hat als Klinikseelsorger viele hundert Menschen jeden Alters begleitet, wenn diese mit Krankheit, Schmerzen oder dem Sterben konfrontiert waren. Er kennt die Gefühle, Sorgen und Ängste, die Menschen im Angesicht des Todes bewegen.
In diesem Buch nähert er sich aus verschiedenen Perspektiven dem Kranksein, dem Leiden und dem Sterben des Menschen sowie der Tatsache, dass die Einzelnen aber auch die Gesellschaft den Tod lieber verdrängen als ihn als Wirklichkeit wahrzunehmen. Auf dem Hintergrund bewährter Praxis bietet er fundiertes Wissen; viele Beispiele erzählen von gelebter Hoffnung und machen Mut. So kann in der Auseinandersetzung mit dem Unabänderlichen eine »Ars Moriendi«, eine Kunst des Sterbens erlernt werden. Das vermittelt Kraft, Trost und Sinn. Und auch auf die ewige Frage danach, was nach dem Tod sein wird, findet der Autor neue Sichtweisen.
- Bestärkung und Ermutigung für Kranke, Bedrängte und deren Angehörige
- Tiefe, hilfreiche Einsichten in das wesentliche Lebensthema Tod
- Trostreiche Begleitung für schwere Zeiten, zum selberlesen und verschenken
Christoph Kreitmeir, geboren 1962, Franziskaner, kath. Priester, Lic. Theol., Dipl. Sozialpädagoge, qualifizierte Ausbildungen in Logotherapie, klientenzentrierter Gesprächsführung und Wertimagination nach Böschemeyer, seit 2017 Klinikgeistlicher am Klinikum Ingolstadt. Langjährige Vortragstätigkeit zu Sinn- und Lebensfragen, Mitglied in der 'Deutschen Gesellschaft für Logotherapie und Existenzanalyse' und erfolgreicher Buchautor.
2. »Ars vivendi – ars moriendi« Lebenskunst – Sterbekunst
Immer wieder kann man in Städten Restaurants oder Cafés finden, die den schönen Namen »Ars vivendi« tragen. Der klingt so schön italienisch, und zu wissen, was die beiden Worte bedeuten, gehört zur Allgemeinbildung: Die Kunst zu leben.
Ja, das will jeder können: richtig und vor allem gut leben. Ein gutes Leben, dazu – so meint man – gehören nicht nur ausreichende finanzielle Mittel, sondern auch angenehme Gesellschaft, ein komfortabler Lebensstil, Urlaub, Wellness, aber vor allem eines: Gesundheit. Die Gesundheit ist dabei das höchste Gut, denn ohne sie ist alles nichts. »Ohne Gesundheit kann man das Leben nicht genießen«, so lautet das Glaubensbekenntnis des modernen Menschen.
Gesundheitsreligion
Der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Manfred Lütz, der obendrein noch katholischer Theologe ist, entlarvte diese alle Schichten und Altersstufen durchziehende Ansicht als eine Haltung, welche die Züge einer Religion trage. Der Gesundheitsreligion1 opfere man viel Zeit und Geld. Die Erfüllung der Ursehnsucht nach ewigem Leben und ewiger Glückseligkeit wird hier nicht mehr im Glauben an einen Gott erstrebt, sondern in der Hinwendung zu Medizin und Psychologie. Erfüllen diese die Erwartungen nicht, neigt der betuchte Patient gerne auch zum Instrument der Klage. Die Rechtsabteilungen deutscher Krankenhäuser haben alle Hände voll damit zu tun, und um Ärzte und Krankenhäuser vor solchen Klagen zu schützen, müssen Patienten heute ellenlange Aufklärungsbögen ausfüllen und unterschreiben.
Gesundheit ist zum Zauberwort geworden und zu einem Gut, das man aktiv erstreben und erhalten kann. Man muss etwas tun, um gesund zu bleiben oder um nach einer Erkrankung wieder gesund zu werden. Mit Inbrunst schinden sich Männer und Frauen in Fitnesscentern. Man treibt bis ins hohe Alter hinein und ohne Rücksicht auf das Ersatzknie oder die künstliche Hüfte, die noch bei über Achtzigjährigen eingesetzt werden, Sport. Der Gesundheitsgläubige ist im Unterschied zum Religionsgläubigen völlig auf sich und sein eigenes Wohl bedacht. Ihn interessieren nur seine Laborwerte, seine Prognose und eine krankheitsfreie Zukunft. Und nebenbei schafft die neue Gesundheitsideologie Milliardenumsätze für eine immer mehr expandierende Gesundheitsökonomie.
Der gesunde Mensch ist nach dieser Weltanschauung der eigentliche Mensch. Was aber ist dann mit dem kranken, dem chronisch kranken oder dem behinderten Menschen? Ist dieser als minderwertig anzusehen? Als Manfred Lütz sein auch satirisch zu verstehendes Buch »Lebenslust« veröffentlichte, trieb ihn auch die Sorge um, wie dieses Buch auf wirklich Kranke wirken würde. Eine damals 32-jährige Frau schrieb ihm und bedankte sich, weil sie zeit ihres Lebens nie gesund gewesen war. Wegen einer schon früh in ihrem Leben aufgetretenen Erkrankung hatte sie schon sechsmal am Herzen operiert werden müssen. Nie war sie gesund gewesen, aber sie freue sich des Lebens. Das ist dann eine besonders wertvolle Form der »Ars vivendi«, nämlich trotz Einschränkungen oder Behinderungen Freude am Leben zu finden.
Der Tod als Endpunkt und Beschließer unseres Lebens gilt den Anhängern und Anhängerinnen der Gesundheitsreligion als ihr Todfeind. Frühere, vergangene Zeiten sahen das nicht unbedingt so. Sie nannten ihn »Gevatter Tod« oder »Freund Hein«, denn ein unendliches Leben ohne Tod sei die Hölle auf Erden. Früher lebte der Mensch 40, 50 oder 60 Jahre und dazu kam das Jenseits, heute liegt die durchschnittliche Lebenserwartung bei über 80 Jahren, aber die Ewigkeit gibt es nicht mehr. Das Jenseits hinter der Grenze des Todes schrumpft in der Neuzeit zu einem Nichts zusammen, vor dem man sich überaus fürchtet. In das Diesseits muss alles gepackt werden, deshalb kommt es nicht selten auch so verbiestert daher. Ein Leben mit dem Glauben an ein ewiges Leben im Jenseits mit der Chance eines barmherzigen Gottes scheint mir aber allemal gnädiger als ein zunehmend gnadenloses Diesseits, in dem man sich um sein eigenes Wohl ganz allein zu kümmern hat.
Wie anders ging zum Beispiel ein lebenslustiger Wolfgang Amadeus Mozart im 18. Jahrhundert mit den Fragen nach der Endlichkeit und dem Tod um. Die meisten von uns wissen, dass er ein genialer Komponist war. Er war aber auch überaus fleißig im Briefeschreiben. Die meisten davon waren an seinem Vater Leopold adressiert. Im letzten Brief an den Vater – dieser ist sterbenskrank und Wolfgang Amadeus weiß nicht, ob er ihn noch einmal lebendig sehen wird – schreibt dieser junge Mensch am 4. April 1787 Beachtliches und wirklich Bedenkenswertes2: »Da der Tod (genau zu nehmen) der wahre Endzweck unseres Lebens ist, so habe ich mich seit ein paar Jahren mit diesem wahren, besten Freunde des Menschen so bekannt gemacht, dass sein Bild nicht allein nichts Schreckendes mehr für mich hat, sondern sehr viel Beruhigendes und Tröstendes! Und ich danke meinem Gott, dass er mir das Glück gegönnt hat, mir die Gelegenheit (Sie verstehen mich) zu verschaffen, ihn als den Schlüssel zu unserer wahren Glückseligkeit kennen zu lernen. Ich lege mich nie zu Bette, ohne zu bedenken, dass ich vielleicht (so jung als ich bin) den andern Tag nicht mehr sein werde; und es wird doch kein Mensch von Allen, die mich kennen, sagen können, dass ich im Umgange mürrisch oder traurig wäre; und für diese Glückseligkeit danke ich alle Tage meinem Schöpfer, und wünsche sie vom Herzen Jedem meiner Mitmenschen.«
Mozart zeigt in diesen Worten eine wirklich vollendete »Ars vivendi«, die sich mit dem Tod anfreundet, damit er seinen Schrecken verliert und zum Freund, ja, vielleicht sogar zum Bruder werden kann, wie der heilige Franz von Assisi ihn nannte. Dieses sich Anfreunden mit dem Tod und seinen Begleitern (Schmerzen, Leiden, Krankheit, Alter, Sterben …) ist die »Ars moriendi«, die Kunst zu sterben. Ein Leben ohne diese Wahrheiten wäre vielleicht verlockend, geht aber an der Wirklichkeit vorbei. Unsere Lebenszeit wird erst durch den Tod kostbar und wertvoll. Ohne ihn und seine Vorboten, allen voran den Krankheiten, würden wir den Wert des Lebens weniger zu schätzen wissen. Und wenn man es genau nimmt: Bei allen Mühen, die sich Menschen unterziehen, um ihre Gesundheit zu erhalten, gelingt es ihnen letztlich nicht. Wir haben Gesundheit nicht in der Hand. Die Erwartung, man könne Gesundheit »machen«, muss enttäuscht werden. Wir Menschen werden älter, kränker und schließlich hinfällig. Mitten im Leben sind wir von Krankheit und Tod umfangen und darum ist die sogenannte Gesundheitsreligion – frei nach Paul Watzlawik – im Grunde nichts anderes als eine »Anleitung zum Unglücklichsein«.
Krankheiten – Gefährten unseres Lebens
Krankheiten sind nicht nur als gesundheitliche Störfälle anzusehen. Natürlich gilt es, sie so gut wie möglich zu bekämpfen oder nach Möglichkeit zu heilen. Aber Krankheiten, vor allem schwere und chronische, sind häufig Langzeitbegleiter, mit denen man sich arrangieren muss. Sie sind wie Gefährten, die uns an den »Beender« erinnern, Hinweisgeber unserer Endlichkeit und Sterblichkeit.
Zu den Realitäten unseres Lebens gehört es, dass wir uns zwischen den Polen »Gesundheit« und »Krankheit« bewegen und eigentlich jede und jeden von uns früher oder später eine Erkrankung erwischt. Nicht nur eine Erkältung, sondern wirklich etwas Ernstes, das dann unverzüglich behandelt werden muss.
Manche Krankheit, die uns widerfährt, kann mit mehr oder weniger Mühe geheilt werden. Was aber ist bei chronischen Erkrankungen, bei Diagnosen, die immer wieder ärztliche Interventionen, Krankenhausaufenthalte, Bestrahlungen oder Chemotherapie nach sich ziehen? Wie geht es dem Patienten, der Patientin dann nicht nur körperlich, sondern auch psychisch und seelisch? Der Leiter der Spezialambulanz für Psychoonkologie am Universitätsklinikum Eppendorf in Hamburg, Dr. Frank Schulz-Kindermann, betont, dass Erkrankte diese Erfahrungen als einen »Sturz aus der Wirklichkeit»3 wahrnehmen. Solche Erkrankungen ziehen nicht nur Ängste, Niedergeschlagenheit, Antriebslosigkeit, Depression oder Hoffnungslosigkeit nach sich. Sobald wir nämlich lebensbedrohlich, längerfristig oder dauerhaft krank werden, tauchen in uns auch Fragen nach dem »Warum?«, dem »Was habe ich falsch gemacht?« oder dem »Wie geht es weiter?« auf. Der spirituell-christliche Mensch fragt obendrein dann auch nach Gott: Warum mutet »ER« einem dies zu, und: Wie kann Gott helfen? Nicht selten stellen solche Menschen dann auch die Frage: Warum bestraft Gott mich?
Da ich selbst schon viel und leider auch öfter schwer krank war, ist mir das alles sehr vertraut. Über einige Umwege bin ich nun sogar Krankenhausseelsorger geworden. Ich darf für Kranke ein Wegbegleiter in der Zeit im Krankenhaus sein. Als katholischer Priester habe ich noch weitere Möglichkeiten der Hilfe zur Verfügung, die sakramental begründet sind. Sakrament leitet sich vom lateinischen Wort »sacramentum« her, was so viel wie »Heilszeichen« bedeutet. In der katholischen Kirche gibt es sieben Sakramente (Taufe, Beichte, Eucharistie, Firmung, Ehe, Priesterweihe und Krankensalbung). Alle stellen sichtbare Zeichen der verborgenen Heilswirklichkeit der Liebe Gottes durch Jesus Christus dar. Im Klinikum darf ich neben der Beichte und der Eucharistie (Messfeier) vor allem durch die Krankensalbung den Menschen die Nähe Gottes in Krankheit, Sterben und Tod zusprechen.
»Der Gesunde hat tausend Wünsche, der...
Erscheint lt. Verlag | 30.8.2023 |
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Zusatzinfo | Mit 8-seitigem vierfarbigen Bildteil |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Gesundheit / Leben / Psychologie ► Lebenshilfe / Lebensführung |
Schlagworte | 2023 • Angst vor dem Tod • Ars moriendi • ars vivendi • Chris Paul • Daniel Schreiber • den tod überleben • die zeit der verluste • eBooks • gute Sterbebegleitung • Hinter dem Horizont • Hospiz & Sterbebegleitung • Klinikseelsorge • Krankenhausseelsorge • Krankheit als Chance • Nahtoderfahrung • Nahtoderfahrungen • Neuerscheinung • Palliative Begleitung • sargmaler • Sinn des Lebens • Soziologie • Sterbeprozess • Trost im Alter • trost im sterben • trost in krankheit • was beim sterben geschieht • wie sterben • wolfgang knüll |
ISBN-10 | 3-641-30209-9 / 3641302099 |
ISBN-13 | 978-3-641-30209-2 / 9783641302092 |
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