Gefangen -  Caro Seidel,  Regina Schrott

Gefangen (eBook)

In der Liebe eines Narzissten
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
258 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7568-4879-9 (ISBN)
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Der Roman beschreibt eine toxische Liebesbeziehung und erzählt die Erlebnisse aus Sicht der Verfasserin. Emotionen, Gefühle und Meinungen sind stets subjektiv und gilt es nicht zu bewerten. Alle Charakter gelten zur Veranschaulichung und stehen nicht in Verbindung mit der der Wirklichkeit. Die Verfasserin hat sich außerdem dazu entschieden sich ein Pseudonym zu vergeben. Mit dem Roman möchte sie Betroffenen die Augen öffnen, Mut schaffen und Hilfe leisten. Sie möchte Stärke zeigen und sich für gewaltfreie Beziehungen einsetzen, indem sie ihrem Roman eine Stimme verleiht.

Caro Seidel war jahrelang in der Scheinliebe eines Narzissten gefangen. Sie war fremdgesteuert, ohne es zu merken. Ihr Blick war vernebelt und ihre Gedanken ein reines Chaos. Es dauerte lang, bis sie merkte, in welch einem Albtraum sie gefesselt war. Sie war gänzlich losgelöst von sich selbst und von ihrem Leben. Die Befreiung war ein Kampf durch die Hölle und die Erlösung ihr größtes Ziel. Denn am Ende kämpfte sie für ihr Leben und ihre Freiheit.

KAPITEL


1


HARMLOSER TEUFELSKREIS


Ich bin 19, abenteuerlustig und blond. Ich bin Scheidungskind seit meinem siebten Lebensjahr und wohne seither bei meiner Mutter in meinem Heimatdorf. Ich glaube an Karma und an das Gute im Menschen. Zu meinem Vater habe ich keinen Kontakt und meine Freunde sind meine bessere Familie.

Das sollte vorerst reichen. Für eine längere Vorstellungsrunde fehlt mir die Zeit, denn ich bin gerade am International Airport in Frankfurt gelandet. Jetzt muss ich meinen Zug bekommen, wofür mir genau zehn Minuten bleiben. Mein Koffer lag nicht einmal eine Sekunde auf dem Fließband und ich passte ihn bereits an der Ausgabe ab. Nun renne ich. Man könnte meinen, ich renne um mein Leben, dabei möchte ich einfach nur den Zug erreichen. Und das nur, weil ich warten hasse. Ja, das sollte ich vielleicht noch erwähnen: Ich bin ein ziemlich ungeduldiger Mensch und meistens komme ich auch zu spät. Bei mir kann man durchschnittlich mit einer Verspätung von zehn Minuten rechnen, selbst zu meinem Abitur betrat ich kurz vor knapp als Letzte den Prüfungsraum. Am Bahngleis angekommen schließen sich die Türen und der Zug fährt vor meinen Augen weg. Normalerweise würde ich innerlich fluchen. Aber heute ist alles anders: Ich bin bereits seit über dreißig Stunden unterwegs, habe zwei Langstreckenflüge hinter mir und eigentlich keine Eile. Dagegen ist die Stunde Wartezeit bedeutungslos.

Vor sechs Monaten gleich nach meinem Abitur bin ich allein in den Flieger gestiegen: One-Way nach Sydney. Mein Leben hatte sich mit einem Schlag um 180° Grad gedreht. Von heute auf morgen hatte ich plötzlich alles selbst in der Hand: von Unterkunft und Versorgung über Arbeit und Steuern. Ich bin ans andere Ende der Welt gereist ohne jegliche Sorgen. Ich wollte die Welt sehen, Erfahrungen sammeln und neue Herausforderungen bewältigen. Ich wollte raus aus Deutschland. Oder doch nur raus aus meinem Dorf? Der Gedanke an mein Heimatdorf ängstigt mich und mein Bauch fängt an zu krampfen. Zum Glück sitze ich noch nicht im Zug und kann an der frischen Luft den Krämpfen etwas entgegenwirken. Ich versuche tief Luft zu holen und langsam auszuatmen.

Bevor ich meine Reise begann, spitzte sich die Lage in meinem Dorf für mich immer weiter zu. Am Ende hatte ich den Titel der magersüchtigen Irren inne. Fremddiagnosen und Verurteilungen: Ich war in aller Augen die Kranke, die sich das Essen raus würgt und täglich zum Sport rennt. Bis auf meinen wirklich engen Freundeskreis und meine Mutter fielen mir alle in den Rücken. Es wurde mit den Fingern auf mich gezeigt, gehetzt und sämtliche Gerüchte ausgedehnt – im Supermarkt, sowie an der Diskobar.

Es wurden Wetten abgeschlossen mit der Frage, wie viel Kilogramm ich im Ausland zunehmen würde und es wurde gelästert – von vermeintlich engen Freund:innen sowie Menschen, mit denen ich keinerlei Worte tauschte.

Keine der Anschuldigungen stimmte und das machte mich verrückt, verrückt und wahnsinnig. Ich habe vierzehn Jahre lang getanzt, mit dreizehn Jahren nahm ich zum ersten Mal an den Deutschen Meisterschaften teil. Ich war eins mit der Tanzfläche und steckte mein ganzes Herzblut hinein. Zur Abiturzeit konnte ich dem Druck nicht mehr standhalten und warf alles hin. Schnell stellte ich fest, dass meine innere Waage schief stand. Mir fehlte der Ausgleich. Das war der Startschuss: der Beginn meiner Leidenschaft für den Kraftsport und der Anfang des Dorfgetratsches. Ich fing an, regelmäßig ins Fitnessstudio zu gehen und auf einmal konnte man mich regelrecht öffentlich beobachten. Als ich im Verein viermal die Woche Training hatte, hatte das niemanden interessiert. Aber im Studio richteten sich plötzlich alle Augen auf mich.

Durch das neue Training veränderte sich mein Körper, logisch: neue Reize, neue Anpassungen. Ernährungstechnisch änderte ich jedoch nichts, ich beschäftigte mich nicht mit dem Thema, was rückblickend fatal war. Denn Kraftsport ist ein Zusammenspiel aus Training und Ernährung, die aufeinander abgestimmt werden müssen.

Ich verlor schleichend an Gewicht und baute zeitgleich Muskulatur auf. Dadurch sank mein Körperfettanteil und optisch betrachtet wirkte ich durch die Definition massiver im Vergleich zu anderen Frauen. Und gerade das hat das Dorf zum Tratschen verleitet. Ich war auf einmal „anders“ als alle anderen. Ich war die einzige Frau im Freihantelbereich. Ich machte weiter mein Ding, ließ mich nicht beirren. Und dann flog ich für ein halbes Jahr nach Australien.

Inzwischen sitze ich in meinem Anschlusszug und bin nur noch eine Station von meinem Dorfbahnhof entfernt. Meine Mutter erwartet mich schon am Gleis. Ich freue mich wahnsinnig, sie wiederzusehen und sie in die Arme zu nehmen. Und ich freue mich, wieder zuhause zu sein. In unserer Wohnung angekommen muss ich mich erst mal erholen. Der Rückflug war anstrengend, vor allem der Wechsel der Zeitzonen hinterlässt deutliche Spuren. Ich muss unbedingt duschen und schlafen – vor allem aber duschen, bevor meine Augen zufallen. Ein paar Tage später bin ich dann wieder so weit. Ich bin wieder gesellschaftsfähig und bereit für ein neues Kapitel in meinem Leben. Doch ich muss feststellen, nach sechs Monaten bin ich es immer noch: die dünne, essgestörte Kranke. Dabei bin ich kerngesund. Es treibt mich in den Wahnsinn und belastet mich mehr, als ich zugeben möchte. Aber was erwarte ich auch? Mein ganzer Alltag wird fremdbestimmt: Ich muss Sonderregeln erfüllen. Ich brauche ein Attest, um zu trainieren und ich muss mich ab sofort täglich wiegen –in meinem doch so geliebten Fitnessstudio.

Auf einmal wandelt sich das Gefühl der Stärke und Sicherheit, das ich im Studio immer hatte und vor allem durch meine Reise erlangte, in eine große Unsicherheit. Der Betreiber hatte am Ende keine Wahl mehr gehabt. Er musste mir die Sonderregel auflegen, weil die Stimmen unüberhörbar wurden. Die Stimmen, die sagten ich sei krank. Außerdem werde ich beobachtet, auf Schritt und Tritt und mehr als je zu vor. Jeder meiner Social-Media-Posts erfährt Hasskommentare und bei jeder Trainingseinheit sehe und höre ich Menschen, die mich abwertend analysieren. Es fühlt sich alles so falsch an, so unecht und falsch. Ich komme gerade von der größten Reise meines Lebens, war selbstbestimmter und glücklicher denn je, ich musste mich für nichts rechtfertigen oder gar etwas beweisen.

Und jetzt? Jetzt ist bin ich hier, zurück in meiner Heimat und bin müde. Ich bin müde, antriebslos und schwach. Die ganze Situation setzt mir sehr zu, mehr als ich zugeben möchte. Leute kommen immer häufiger auf mich zu, fragen mich penetrant, warum ich nichts essen würde. Und jedes Mal stoße ich auf regelrechte Inakzeptanz. Ein Schweigen wird auch nicht respektiert, sodass ich mich jedes Mal aufs Neue verteidigen muss. Ich muss mich verteidigen, weil sie nicht lockerlassen, auf mich einreden – auf mich und mein Umfeld. Ich fasse es nicht. Aber ich unterwerfe mich, was bleibt mir anderes übrig? Mein Hausarzt untersucht mich von oben bis unten, doppelt und dreifach. Ergebnis: Ich bin kerngesund trotz Untergewicht. Ich persönlich halte nicht viel vom Body-Mass-Index. Mir ist bewusst, dass ich ziemlich schlank bin und mein Ziel ist es ja auch, wieder zuzunehmen. Ich möchte Muskeln aufbauen und will mehr über den Bereich Training und Ernährung lernen.

Zielstrebig und ehrgeizig war ich schon immer, also setze ich mich ab jetzt täglich mit diesen Themen auseinander. Ich beschäftige mich viel mit meinem eigenen Körper und eigne mir stetig neues Wissen an. Trotzdem mache ich den Affenzirkus mit: Ich gehe mich täglich wiegen. Und jede Woche hoffe ich aufs Neue, dass der Wahnsinn ein Ende hat.

Meine Mutter stärkt mir dabei sehr den Rücken, gibt mir Halt und Zuspruch. Ohne sie wäre alles doppelt so schlimm! Auf der anderen Seite wäre meine Mutter auch die Erste, die feststellen würde, wenn wirklich etwas nicht stimmt und ich mir beispielsweise den Finger in den Hals stecken würde. Ein Argument mehr, dass es mir gut geht!

Inzwischen esse ich ungefähr sechsmal am Tag, davon bestehen zwei Mahlzeiten aus Shakes, da mir von dem vielen Essen schlecht wird und ich nahezu keinen Appetit mehr habe. Mir vergeht die Lust am Essen – so sehr, dass ich meine Mahlzeiten lieber trinke als zu essen. Doch mein Gewicht stagniert. Nach weiteren Untersuchungen beim Arzt, bleibt nur noch folgende Vermutung: Tumor im Magen-Darm-Trakt. Krebs? Ich? Ich erhalte sofort die Überweisung für eine Magen-Darm-Spiegelung. Aber ich möchte nicht, ich habe Angst und erfinde täglich neue Ausreden, um mich zu drücken. Meine Angst davor ist so groß, dass ich nun alles daransetze, zuzunehmen. Ich versuche mir etwas Druck zu nehmen, den Kopf ruhig zu behalten und weiter am Ball zu bleiben. Und siehe da: Geduld zahlt sich aus!

Drei Monate sind nun seit meiner Rückkehr vergangen und mein Körper hat sich eingependelt und nun endlich die überflüssige Energie gespeichert. In Absprache mit meinem Arzt ist nun auch keine Spiegelung mehr nötig. Ich bin heilfroh und auch etwas stolz auf mich und meine Willensstärke.

Ein paar Wochen...

Erscheint lt. Verlag 9.11.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber
ISBN-10 3-7568-4879-5 / 3756848795
ISBN-13 978-3-7568-4879-9 / 9783756848799
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