Abschied gestalten -  Christine Kempkes

Abschied gestalten (eBook)

Die letzte Lebensstrecke bewusst erleben: Was am Ende wirklich zählt: Ein Ratgeber für Betroffene und Angehörige, um sich achtsam auf den Tod vorzubereiten
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
184 Seiten
Humboldt (Verlag)
978-3-8426-4255-3 (ISBN)
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Früher oder später trifft es uns alle. Das Lebensende - ob altersbedingt oder durch eine lebensverkürzende Diagnose - stellt eine Ausnahmesituation dar: Wie gehen wir mit den vermeintlichen Tabuthemen Sterben und Tod um? Wie kommen wir ins Gespräch über das, was uns jetzt beschäftigt? Wie binden wir unsere Kinder mit ein? Und wie können wir in dieser belastenden Zeit als Angehörige stabil bleiben? Diesen Fragen widmet sich die Autorin und greift dabei auf ihren reichen Erfahrungsschatz aus Bestattung, Sterbe- und Trauerbegleitung zurück. Sie zeigt einfühlsam und mit praktischen Beispielen, wie gemeinsame Kommunikation gelingt, wertvolle letzte Erinnerungen geschaffen werden, aber auch, wie die finale Lebensphase und die Beisetzung gestaltet werden können.

Christine Kempkes plädiert als Trauerbegleiterin, Bestatterin und ehrenamtliche Sterbebegleiterin für einen leichteren Umgang mit den Themen Sterben, Tod und Trauer. Der Titel ihres Podcast 'Liebevoll trauern' ist Programm: in einer schweren Lebensphase zu den eigenen Gefühlen zu stehen und milde mit sich selbst umzugehen, ist ihr ein Herzensanliegen. Als systemischer Coach unterstützt sie Menschen dabei, ihren Weg in Phasen von Abschied und Trauer mutig und selbstbestimmt zu gehen. Als Trainerin vermittelt sie diese Haltung auch in der Qualifizierung von Trauerbegleitenden nach den Standards des BVT. Sie lebt in Oberhausen.

Christine Kempkes plädiert als Trauerbegleiterin, Bestatterin und ehrenamtliche Sterbebegleiterin für einen leichteren Umgang mit den Themen Sterben, Tod und Trauer. Der Titel ihres Podcast „Liebevoll trauern“ ist Programm: in einer schweren Lebensphase zu den eigenen Gefühlen zu stehen und milde mit sich selbst umzugehen, ist ihr ein Herzensanliegen. Als systemischer Coach unterstützt sie Menschen dabei, ihren Weg in Phasen von Abschied und Trauer mutig und selbstbestimmt zu gehen. Als Trainerin vermittelt sie diese Haltung auch in der Qualifizierung von Trauerbegleitenden nach den Standards des BVT. Sie lebt in Oberhausen.

So unterschiedlich, wie wir Menschen nun einmal sind, so gehen wir auch mit Krisensituationen am Ende unseres Lebens ganz unterschiedlich um. Während der eine von vorneherein ganz offen über seine Situation spricht, zieht sich die andere eher zurück und macht vieles erst einmal nur mit sich selbst aus. Und dann kommt es ja auch noch auf den Kontext an: In der Familie oder im Freundeskreis fällt es vielleicht leichter, eine Krankheit offen zu thematisieren, während man im Arbeitskontext schon mal eher Privates außen vor lässt. Es gibt dafür auch keine allgemeingültige Lösung, denn Kommunikation, gerade außerhalb der engsten Familie, hat viel mit Vertrauen zu tun. Verlasse dich daher auf dein Bauchgefühl, es wird dir den für dich bzw. euch stimmigen Weg weisen.

Kommunikation, gerade außerhalb der engsten Familie, hat viel mit Vertrauen zu tun.

Was ich in meiner Arbeit jedoch am häufigsten erlebe, ist die Tatsache, dass selbst innerhalb der Familie nicht oder zu wenig gesprochen wird. Meine Frage als Bestatterin an die Hinterbliebenen, ob ihr geliebter Mensch feuer- oder erdbestattet werden möchte, kann sehr häufig nicht beantwortet werden. Viele meiner Klientinnen in der Trauerbegleitung bereuen es rückblickend, über wichtige Themen mit ihrem geliebten Verstorbenen nicht gesprochen zu haben.

In diesem Kapitel möchte ich dir Hilfestellung an die Hand geben, wie eine liebevolle und achtsame Kommunikation auch über schwierige, vielleicht sogar Tabuthemen, möglich wird.

Das große Schweigen


Wir unterhalten uns ein Leben lang über alles Mögliche: das Wetter, die letzte Party, den anstrengenden Nachbarn, politische Aufreger, berufliche Erfolge, einen guten Film, selbst über Krankheiten – aber über den Tod? Für dieses Thema fühlen wir uns zu jung, zu lebendig, zu verliebt, zu beschäftigt, zu müde, zu krank, zu alt. Und irgendwann ist es dann zu spät.

Erster zweifelhafter Glaubenssatz: Wenn ich mich mit dem Tod beschäftige, rufe ich ihn erst recht herbei

Immer noch geistert dieser hinderliche Glaubenssatz durch viele Köpfe. Gerade in unserer Gesellschaft, in der wir das Positive möglichst noch optimieren wollen, ist kein Platz für die Auseinandersetzung mit unangenehmen Themen. Das geht bis hin zu toxischer Positivität nach dem Motto „Good vibes only“, wonach der Ausdruck schmerzlicher Gefühle bitte zu unterbleiben hat. Wir haben es schlichtweg verlernt, in Gesprächen an den wahren Kern zu gehen, und sei er noch so schmerzhaft.

Die Botschaft mag unbequem sein, aber sie ist die einzige Wahrheit: Der Tod kommt so oder so, ob wir über ihn sprechen oder nicht. Gegen den Tod an sich können wir nichts ausrichten, aber wir können einen heilsamen oder wenigstens verträglichen Umgang mit ihm lernen.

Gegen den Tod können wir nichts ausrichten, aber wir können einen heilsamen Umgang mit ihm lernen.

Zweiter zweifelhafter Glaubenssatz: Wenn ich über den Tod spreche, gebe ich den geliebten Menschen auf

Hinzu kommt im Angesicht des Lebensendes der Gedanke, ein Gespräch über den Tod anzufangen könnte das Signal sein, mein Gegenüber oder auch mich selbst aufzugeben. Beide Seiten möchten ihre Liebsten schonen und so steht der Tod wie ein Elefant im Raum. Alle wissen, dass er da ist, aber keiner traut sich, über ihn zu sprechen.

Es gibt eine vielsagende Anekdote, die diesen Umstand auf humorvolle Weise auf den Punkt bringt: Sie liegt drinnen im Krankenzimmer und flüstert: „Ich spüre es, ich werde sterben – aber sagen Sie das auf keinen Fall meinem Mann.“ Er steht draußen vor der Tür und sagt: „Meine Frau wird sterben, ich merke das – bitte sagen Sie ihr bloß nicht, wie ernst die Lage ist.“

Vermeidungsstrategien und Ausweichmanöver wirken sich spätestens nach dem Tod für die Zurückbleibenden fatal aus.

Für dieses Phänomen gibt es sogar einen Begriff: barmherzige Lüge. Es steckt also eine positive Absicht dahinter: Wir schweigen aus Liebe und zum (vermeintlichen) Schutz unseres Gegenübers. Doch genau das Gegenteil ist der Fall! Vermeidungsstrategien wie Schweigen, Davonlaufen, Aussitzen, Schönreden, all diese Ausweichmanöver wirken sich spätestens nach dem Tod für die Zurückbleibenden fatal aus. Sie quälen sich mit Schuldgefühlen, dieses oder jenes nicht gesagt zu haben. Sie bereuen ihr Nicht-reden-Können oder -Wollen, weil sie rückblickend realisieren, was sie alles versäumt haben. Und auch für die Person, die diese Welt verlassen wird, macht das Stillhalten die letzte Wegstrecke nicht unbedingt einfacher. Auch sie quält sich vielleicht mit dem Wunsch, über etwas reden zu wollen, aber die Kurve nicht zu bekommen.

Du hast jetzt die Chance, es anders zu machen! Vielleicht spürst du, wie schwierig es dir bzw. euch fällt, über die wirklich wichtigen Themen zu sprechen. Im tiefsten Inneren ahnst du, dass es bessere Alternativen gibt, als den Tod totzuschweigen.

Auf den folgenden Seiten findest du einige Tipps, wie es dir gelingen kann, das Eis zu brechen. Bitte versteh sie als Ideen, suche dir diejenige heraus, die für dich und deine Situation stimmig ist, oder passe sie so an, wie du sie in deinem Kontext gut umsetzen kannst. Die Anregungen sind übrigens für die Zugehörigen genauso gemeint wie für den erkrankten oder alten Menschen, denn Schweigen kann ja von beiden Seiten ausgehen.

Der erste Schritt: Das Gute würdigen


Zunächst einmal möchte ich dich aber daran erinnern und ermutigen, die positive Absicht hinter dem Schweigen zu würdigen. Du schweigst, weil du deinen Lieblingsmenschen nicht noch mehr Schwere zumuten möchtest. Weil du sie liebst. Weil du sie viel lieber zum Lachen als zum Weinen bringen möchtest. Und genau diese Liebe ist der Ansatzpunkt, es anders zu machen! Aus reiner Liebe zu ihnen solltest du das Schweigen brechen. Denke es einmal aus einer neuen Perspektive: Du mutest es ihnen nicht zu, sondern du traust es ihnen zu, mit Offenheit und Ehrlichkeit umgehen zu können. Du zeigst Vertrauen in sie und in euch, auch die Schwere in der Situation gemeinsam durchzustehen und vielleicht sogar an ihr zu wachsen.

Auf meine Frage, was dabei geholfen hat, gemeinsam die wirklich wichtigen Themen zu besprechen, berichtet Anja: „Es war Thomas’ ausdrücklicher Wunsch, dass ich dadurch, dass vieles besprochen ist, weniger Belastung als ohnehin schon haben werde.“

Darin kommt auch wieder diese Motivation, die Zugehörigen schützen zu wollen, zum Ausdruck. Aber eben mit einer hilfreicheren Strategie: Lass uns über alles reden, das dir später das Weiterleben erleichtert. Von der Dichterin Mascha Kaléko stammt der Satz: „Bedenkt, den eigenen Tod, den stirbt man nur, doch mit dem Tod der anderen muss man leben.“ Die Zurückbleibenden sind diejenigen, die mit dem weiterleben müssen, dessen Basis ihr heute zu Lebzeiten schaffen könnt.

DEN BODEN FÜR SPÄTER BEREITEN

Die leitende Frage sollte also sein: Was brauche ich, was brauchen wir, damit ein guter Boden für die Zeit nach dem Tod bereitet wird?

Den Gesprächseinstieg finden


Ihr seht also das Unaussprechliche wie einen Elefanten im Raum stehen. Ihr eiert um die Themen Sterben und Tod herum. Vielleicht hilft dir schon der Gedanke, dass es vermutlich euch beiden oder allen Beteiligten so geht. Es könnte also sein, dass in allen Köpfen so etwas kreist wie „Ich würde ja gern, aber ich weiß nicht, wie“ oder „Ich würde so gern, aber ich traue mich nicht“.

Es geht also darum, diese unangenehme erste Hürde zu nehmen, einfach einen Anfang zu finden. Überlege dir zunächst einen günstigen Zeitpunkt. Ihr benötigt einen ruhigen Moment und genügend Zeit. Schwierige Gespräche lassen sich nicht gut „zwischen Suppe und Kartoffeln“ führen. Schaffe eine schöne Atmosphäre, vielleicht bei Kerzenschein oder mit angenehmer Musik im Hintergrund. Führe dir noch einmal den Nutzen eines ehrlichen Gesprächs, wie ich ihn zuvor geschildert habe, vor Augen.

Und dann könnte ein hilfreicher erster Satz lauten: „Ich möchte mit dir über den Tod sprechen, nicht weil ich die Hoffnung aufgebe, sondern weil ich überzeugt bin, dass es für uns beide entlastend ist.“ Baue also eine Brücke zu deinem Gegenüber. Ein aufrichtiges Gespräch kann allen Beteiligten helfen, der Elefant wirkt nicht mehr so bedrohlich, wenn ihr über ihn sprecht. Und zudem könnt ihr die Zeit danach ohne inneren Druck viel mehr genießen.

In meiner Instagram-Community habe ich die Frage gestellt, wie ein allererster Satz für solche unbequemen Gespräche lauten könnte. Hier ein paar sehr unterschiedliche Ideen meiner Followerinnen und Follower:

Alexander: „Mir liegt ein wichtiges Thema auf dem Herzen, das dir möglicherweise etwas Unbehagen bereiten könnte, aber zum Ende hin die Chance auf einen liebevollen und bewussten Austausch bietet. Möchtest du mir, gerade heute, dafür dein Ohr leihen?“

Sabine: „Ich...

Erscheint lt. Verlag 10.3.2023
Verlagsort Hannover
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Lebenshilfe / Lebensführung
Schlagworte Angst vorm Sterben • Hospiz • Lebensende • Sterbebegleitung • Sterbehilfe • Sterben • Tod • Todesangst • Trauerbegleitung • Trauer Ratgeber • unheilbar krank • Vorbereitung auf den Tod
ISBN-10 3-8426-4255-5 / 3842642555
ISBN-13 978-3-8426-4255-3 / 9783842642553
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