Hugo Junkers

das Leben ist Kampf : eine Biografie

(Autor)

Buch | Hardcover
660 Seiten
2023 | 1. Auflage
Olzog (Verlag)
978-3-95768-247-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Hugo Junkers - Armin Fuhrer
38,00 inkl. MwSt
Hugo Junkers (1859 bis 1935) zählt zu den spannendsten Unternehmer-Persönlichkeiten Deutschlands. Geboren in Rheydt, baute er nach seinem Studium der Ingenieurwissenschaften in Dessau ein Unternehmen auf und arbeitete zugleich als Professor an der Universität Aachen. Als einer der ersten Forscher in Deutschland interessierte er sich seit 1907 für die Entwicklung des Flugzeuges. Auf diesem Gebiet gelangte er schließlich zu Weltruhm. Im Ersten Weltkrieg entwickelte er zunächst neuartige Flugzeuge aus Metall statt aus Holz. Wenige Wochen nach dem Ende des Krieges stellte er die F 13 vor – das weltweit erste zivile Flugzeug, das vollständig aus einem besonders leichten, aber widerstandsfähigen Metall hergestellt war.
Junkers’ Ziel war es, das Fliegen zu popularisieren und das Flugzeug zu einem alltäglichen Verkehrsmittel für Reisende zu machen. Die F 13 wurde rasch zum weltweit eingesetzten und erfolgreichsten Verkehrsflugzeug. Doch Junkers erkannte, dass es mehr brauchte als nur das Flugzeug an sich, um damit Geld zu verdienen. Darum baute er eigene Fluglinien auf und wollte Mitte der Zwanzigerjahre Europas Städte mit einem dichten Netz von Fluglinien verbinden – ein innovativer Gedanke, der weit in die Zukunft reichte.
Als die Junkerswerke in finanzielle Turbulenzen gerieten, nutzte die deutsche Regierung die Gelegenheit und entriss Junkers Teile davon ebenso wie die Fluglinien. Sie stellten den Hauptanteil der 1926 neu gegründeten Deutsche Luft Hansa AG und so wurde Hugo Junkers unfreiwillig zum Gründungsvater der deutschen Luftfahrtgesellschaft. Aber es gelang ihm, sein Werk zu retten.
Mit neuen Flugzeugtypen, die sein hervorragendes Team entwickelte, schaffte es Junkers, technisch ganz weit vorne zu bleiben. Legendär wurde die 1932 auf den Markt gebrachte Ju 52, die »Tante Ju«, wie der Volksmund sie nannte. Nach der »Machtergreifung« Adolf Hitlers wollte Hugo Junkers von dem geheimen Aufbau einer Luftwaffe profitieren. Aber obwohl er sich sehr darum bemühte, an der »nationalen Aufgabe« mitzuwirken, und obwohl er vor den Verbrechen der Nationalsozialisten 1933/34 die Augen verschloss, wollten Hitler und Luftfahrtminister Hermann Göring nichts mit Junkers zu tun haben, der als eigenständiger Querkopf und Pazifist galt. Unter obskuren Vorwürfen des »Hochverrats« enteigneten sie ihn. Während er für seine Rehabilitierung kämpfte, starb der verbitterte Hugo Junkers am 3. Februar 1935 – seinem 76. Geburtstag.

Armin Fuhrer lebt und arbeitet als freier Journalist, Historiker und Buchautor in Berlin. Fuhrer, der von 1993 bis 2015 bei überregionalen Medien (WELT, FOCUS) arbeitete, hat zahlreiche Bücher zu politischen, gesellschaftlichen und zeithistorischen Themen verfasst, darunter unter anderem Biografien über Emil Ludwig und Hugo Junkers sowie »Görings NSA«, den größten Geheimdienst im Dritten Reich.

Einleitung

I. Puffback und Püfferken
»Fast war er ein wenig Musterknabe« – Das Elternhaus 17 – »Du weißt nicht, was aus so einem Jungen werden kann« – Die verkrüppelte Hand 23 – Aufbäumen gegen den Vater – Schulzeit in Barmen 26

II. Lernen und Suchen
»Das Schaffen nur hat Wert, nicht das Geschaffene« 37 – Vom Karneval bis zum Examen – große Aufgaben 43 – Tastend ins Leben

III. Erfolge und Rückschläge
Bei Wilhelm von Oechelhäuser 58 – Ein erster Erfolg 60 – Durchbruch als Forscher – das Kalorimeter 65 – Ein rauer Krieger in der Krise 69 – Eine neue Hoffnung: der Gasbadeofen 76 – Zwei Welten 79 – Dessau – »honett, freundlich und sogar von leidlicher Bildung« 82 – ­Die Spartaner 84 – Heimliche Rendezvous beim Tennis – Therese 88 – »In hervorragender Weise geeignet« – Berufung nach Aachen 93

IV. Unternehmer und Professor
»Die vornehmste Waffe der Frau ist die Lüge« 97 – Aachen 102 – Auf Reisen: Paris und Wien 110 – Besser, schneller, größer – der Aufstieg der Jco 113 – Burgherr 120 – Die Seele des Ganzen – Otto Mader 125 – Der Angriff der Professoren 126 – Erste Gehversuche mit der Flugmaschine 131 – Ein schwieriger Verhandlungspartner 141

V. Krieg nach innen und Außen
Ein neues Kampfmittel am Himmel: das Flugzeug 149 – Gegen die Macht der Vorurteile 151 – Jeder an seinem Platz 157 – Herta an der Heimatfront 160 – Schnell, aber zu schwer: die J 1 166 – Ringen um die Eigenständigkeit 169 – »Sie haben viel erreicht, aber tot machen Sie mich nicht« 177 – Ein Unfall, der keiner war 183 – Missmutige Gedanken über die Wirtschaft: the biggest, the largest in the world 190

VI. Aufbruch und Ungewissheit 193

Kriegsende und Revolution 193 – »Stirb und werde« 198 – Die »rote Bude« und die Wohnungsfrage 201 – Die Niederlage, ein Prüfstein für das deutsche Volk 207 – Existenznöte und ein Klotz am Bein 209 – »Wir wollen nicht für Schrott arbeiten« – Der Neustart 213 – Der Sprung in die Zukunft – F 13 218 – Ein Mann der ersten Stunde wird für den Luftverkehr verantwortlich 222 – Groß, schön, mutig – der kühne Plan eines Fluges über den Atlantik 225 – Ungewisse Zeiten 229 – »Fast genial« – der Konstrukteur Otto Reuter 231 – Vom Ei und vom Huhn – Ein Streit um die Patente 235 – Annelise im Höhenrausch 237 – Die gescheiterte Moskau-Mission und das unrühmliche Ende der Annelise 241

VII. Hoffnungen und neue Rückschläge

Weichenstellungen 249 – Die F 13 in Amerika: Zwischen Triumph und Enttäuschung 251 – Ein Missverständnis mit Folgen 254 – Erfolge und Katastrophen 256 – Sabotagegerüchte und Trennung 261 – Herta und das süße Gift der Liebe 270 – »Das Unglück, in wohlhabenden Verhältnissen aufzuwachsen« 273 – Der Rausch der Liebe 278 – Die Frauen­frage: Herrschen durch Unterordnung 285 – »Wenn es im Interesse der Sache liegt, trete ich sofort und gerne zurück« 291 – Kein Menschenkenner 295 – Unklare Lage 297 – Die schwere Zeit des Bauverbots 302 – Revolution am Himmel: der Luftverkehr 310 – »Er will Ingenieur werden; das ist sehr erwünscht« – Werner 314

VIII. Leben und Kampf
Der Aufstieg der F 13 und die Begründung des Luftverkehrs 321 – Die Fliegerei macht Fortschritte 328 – »Luftgeltung« und »Weltstellung« – die Luftfahrt als nationale Verheißung 330 – Junkers allein gegen alle 336 – »Kampfmittel froherer Menschlichkeit« 338 – Junkers’ Weltgeltung 344 – Sago auf Expansionskurs 353 – Zwei gescheiterte Expeditionen und ein Tod 360 – »Wie Sünder in der Hölle …« 372 – Der fliegende Mensch: Junkers und die »Propaganda« 375 – Die heiratswillige Ruth 382

IX. Wagemut und Scheitern
Mut zum Risiko – Skepsis bei den anderen 389 – Rapallo – Eine ­Chance für Junkers 394 – Schleppender Anfang 397 – »Die erste Kriegsfabrik der Welt« 401 – Misstrauen, Beanstandungen 404 – Henry Ford und ein Ausflug in die USA 415 – »Aus wirtschaftlichen Gründen unmöglich« 424 – Junkers’ Gegenspieler: Ernst Brandenburg 427 – Die Gründung der Luft Hansa 430 – Der Kampf gegen das Reich 435 – Ein Schiedsrichter auf Junkers’ Seite 442 – »Nachweisbar schuldlos« 446 – Der »Junkers-Bluff« 450 – Locarno: Neujustierung der deutschen Außenpolitik 455 – Sieg über das Reich 460

X. Triumph und eine neue Version
Auf Rekordjahr 465 – Die Möglichkeit, zu scheitern 469 – Der Transozeanflug: Drei Helden und ein Triumph der Technik 476 – Erfolg ohne Ertrag 486 – Zart, aber zäh 492 – Der Junior – der gescheiterte Traum vom Volksflugzeug 493 – Der »Krieg gegen das Elend«: Metallbau 496 – Das Bauhaus 505 – »Ohne Sie würden wir im Dreck verkommen« 509 – Geburtstag mit den Meistersingern 513 – Fords Generalangriff auf Junkers 518

XI. Links und Rechts
Drei Weggefährten bei Junkers 523 – Sagos Angriff auf die Luft ­Hansa 527 – Weltwirtschaftskrise und die braune Gefahr 532 – Erste Angriffe der Nazis 538 – »Er saugt sich fest wie Pech« 541 – Das Geschwader Sachsenberg stürzt ab 543 – Braun-rotes Zusammenspiel 549 – »Jetzt gilt es, die seelische Depression zu überwinden« 554 – »Der schwierigste Mann von ganz Europa« geht 560

XII. Letzter Kampf und Ende
Absage an Hitlers Gegner 570 – Schöne Worte und dunkle Wolken 574 – Hugo Junkers und die »Volksgemeinschaft« 579 – Die neuen Herren schlagen erstmals zu 583 – »Freiheit, Selbstständigkeit, Unabhängigkeit« 586 – Hoffen auf den Führer 588 – Schmierenkomödie, erster Akt 590 – Schmierenkomödie, zweiter Akt 597 – Schmierenkomödie, dritter Akt 616 – Dem Tod entronnen 625 – Fehlende »Arier«-Nachweise 627 – »Man muss zähe sein und durchhalten« 632 – Ein künstlerischer Ausdruck für die neue Bewegung 636 – Das Ende 640 – »Ich habe mich innerlich durch eine höhere Stimme berufen gefühlt« 644

Anmerkungen
Quellen und Literatur
Personenregister

Einleitung Noch ein Buch über Hugo Junkers? Auf diese Frage könnte man verfallen, wenn man dieses Werk in die Hände nimmt. Gibt es nicht eine fast schon unübersehbare Reihe von Büchern und Autoren, die sich mit diesem einzigartigen Menschen beschäftigen – und das seit vielen Jahrzehnten? Der Eindruck ist richtig und falsch zugleich. Tatsächlich existieren zuhauf Bücher über seine Flugzeuge – am meisten natürlich über die Ju 52, die alte Tante Ju, wie sie oft liebevoll bezeichnet wird. Darunter sind viele Bildbände, die den technikbegeisterten Flugzeugfans diese bahnbrechende Entwicklung und ihre Geschichte nahebringen möchten. Auch über die Flugzeuge, die im Dritten Reich in den Dessauer Junkerswerken gebaut wurden und die im Zweiten Weltkrieg traurige Berühmtheit erlangten, findet sich eine Vielzahl an Darstellungen. Allerdings hat diese Zeit mit dem Mann, um den es in dieser Biografie geht, nur noch sehr mittelbar etwas zu tun. Denn bei Ausbruch des Krieges am 1. September 1939 war er bereits mehr als vier Jahre tot. »Biografie« ist das richtige Stichwort. Denn ein Werk, das seinen Lesern den Menschen Hugo Junkers näherbringt, seine Entwicklung vom Studenten der Maschinenbautechnik über den Erfinder des Gasbadeofens und des Kochreglers bis zum Entwickler innovativer Motoren, des zivilen Ganzmetallflugzeugs und des zivilen Luftverkehrs und dabei stets den Menschen im Auge behält – das gab es bisher nicht. Wer war eigentlich Hugo Junkers? Wie dachte und fühlte er? Wie arbeitete er, wie steckte er Rückschläge weg und wie motivierte er sich immer wieder neu? Und in welchem Verhältnis stand dieser Mann zu seiner Umwelt und zu den gesellschaftlichen Veränderungen, die sich während seiner Lebens- und Schaffenszeit vollzogen? Wie waren die Wechselwirkungen mit der »großen« Politik? Solche und viele andere Fragen, die Bestandteil einer modernen Biografie sein müssen, wurden in den bislang über Hugo Junkers geschriebenen Büchern zum größten Teil gar nicht oder zumindest sehr unbefriedigend beantwortet. Mehr noch: Viele dieser Fragen stellten die Autoren nicht. Es gab wenige Ansätze für Bücher, die sich um solche Fragen drehten, aber allesamt scheiterten. Schon 1930 veröffentlichte der Technikjournalist Carl Hanns Pollog ein Buch über Junkers, das auf den ersten Blick den Eindruck erweckt, es handel sich um eine Biografie. Hugo Junkers. Ein Leben als Erfinder und Pionier stellte aber eben nur äußerst rudimentär die oben erwähnten Fragen. Die technische Entwicklungsarbeit stand eindeutig im Vordergrund und das zeigt sich schon daran, dass erst das letzte von zehn Kapiteln die Überschrift Der Mensch trägt. Zu der Zeit, als Pollogs Buch erschien, arbeitete auch der Junkers-Mitarbeiter Richard Blunck an einem Buch über seinen Chef. Sein 1940 erschienenes Werk Hugo Junkers. Der Mensch und das Werk war zwar nicht so stark auf die technischen Themen fixiert wie bei Pollog, sondern nahm auch einiges aus Junkers’ Gedankenwelt auf. Aber von einer echten Biografie blieb es doch weit entfernt. Es ist durchaus möglich, dass Blunck stärker an eine solche echte Lebensbeschreibung dachte, aber das verbat sich Junkers ausdrücklich. Er selbst wollte nicht, dass seine Person in den Mittelpunkt gerückt würde, und Blunck hielt sich an diese Vorgabe auch nach seinem Tod. Dennoch galt dieses Buch, das aus Gründen, über die noch zu berichten sein wird, erst fünf Jahre nach Hugo Junkers’ Tod erschien und 1951 in einer veränderten Fassung neu aufgelegt wurde, über Jahrzehnte als die einzige »Biografie«. Kurz nach dem Fall der Mauer veröffentlichte der DDR-Hochschuldozent und Luftfahrthistoriker Dr. Günter Schmitt seinen monumentalen Band Hugo Junkers. Ein Leben für die Technik. Das Erscheinungsjahr 1991 ist nicht zufällig. Schmitt war ein großer Bewunderer von Junkers’ Leistungen, aber er hatte stets darunter gelitten, dass dieser in der DDR als »Monokapitalist« verpönt war. Schmitts Buch rückt zwar auch einige der oben erwähnten Fragen, die in einer Biografie unerlässlich sind, in den Fokus. Aber sein Buch hat unübersehbare methodische Schwächen und ist so ersichtlich dazu verfasst, sein Sujet in einem positiven Licht erstrahlen zu lassen, dass es für einen Leser, der sich mit der Person Hugo Junkers auseinandersetzen möchte, bestenfalls sehr bedingt geeignet ist. Aber immerhin kommt Schmitts Buch das Verdienst zu, den Menschen Hugo Junkers wenigstens etwas mehr in den Vordergrund gerückt zu haben. Ein anderes, vielversprechenderes Projekt für eine Junkers-Biografie scheiterte während der Zeit des Nationalsozialismus. Margarete Conzelmann, eine Mitarbeiterin des Deutschen Museums München, machte sich seit Ende der Dreißigerjahre an die Arbeit und verfasste sogar erste Kapitel über die frühen Jahre ihres Protagonisten. Sie interviewte zahlreiche ehemalige Vertraute, Freunde, Familienmitglieder, Mitarbeiter und andere Personen und hielt diese Interviews penibel schriftlich fest. Auf diese Weise entstanden Hunderte Seiten von Aufzeichnungen. Selbst als Deutschland bereits im alliierten Bombenhagel unterging und auch einige Jahre nach dem Ende des Krieges befragte Conzelmann Interviewpartner. Aber nach zehnjähriger Vorarbeit stockte ihre Arbeit und sie vollendete ihr Werk nicht. Hugo Junkers’ Leben blieb unbeschrieben. Sicher wäre auch dieses Buch, wäre es jemals erschienen, heute nicht mehr up to date. Aber es wäre vielleicht in der Lage gewesen, zu zeigen, dass Hugo Junkers viel mehr als »nur« ein genialer Erfinder, Entwickler und Visionär war, sondern eben auch ein vielfältiger Mensch. Denn genau auf dieses Ziel war Conzelmanns Arbeit ausgerichtet. In den Fünfzigerjahren spielte der bekannte Journalist Curt Riess mit dem Gedanken, eine Biografie über Hugo Junkers zu schreiben. Er veröffentliche 1955 in der Münchner Illustrierten eine lange Artikelserie über die »Junkers-Tragödie«, aus der er anschließend ein Buch machen wollte, »ein Buch über den Menschen Junkers« und nicht über den »Erfinder«. »Es würde ein Buch sein, das zeigt, wie er dachte, fühlte, lebte …« Allerdings kam es dann nicht zu diesem Buch; möglicherweise lag das daran, dass einige alte Junkers-Vertraute einige Stellen der Serie kritisierten und als verkürzt beziehungsweise falsch bezeichneten – ein Vorwurf, der zutrifft. Vielleicht hatte der Vielschreiber Riess dadurch die Lust oder das Interesse an Junkers verloren. Es findet sich im Archiv Bernd Junkers zwar ein maschinenschriftliches Manuskript von Riess über Junkers, das die Grundlage für die Serie darstellte, aber ein Buch ist daraus niemals geworden. Über die Jahrzehnte entstanden neben all den nicht wissenschaftlichen Büchern, die sich um Junkers’ Flugzeugentwicklungen drehten und für gewöhnlich als eine Art Fan-Literatur bezeichnet werden können, ein paar Untersuchungen, die interessante Ergebnisse brachten. Aber alle behandelten stets nur ein Thema oder einen sehr begrenzten Themenkreis. Wer sich über die technische Entwicklung von Junkers informieren möchte, kommt um das voluminöse Werk von Wolfgang Wagner Hugo Junkers. Pionier der Luftfahrt – seine Flugzeuge nicht herum. Was man zu diesem Thema wissen möchte, findet man in diesem Buch, aber schon der Titel kennzeichnet seine Beschränktheit auf das eine Sujet. Daneben stechen zwei Bücher heraus, die sehr interessante Blicke auf bestimmte Themen jenseits der Technik richten und im Gegensatz zu fast allen anderen Werken über Hugo Junkers ganz zweifellos einen wissenschaftlichen Charakter ausweisen. Dabei handelt es sich einerseits um Detlef Siegfrieds Der Fliegerblick. Intellektuelle, Radikalismus und Flugzeugproduktion bei Junkers 1914 bis 1934. Siegfried hat zwar ebenfalls sein Augenmerk auf einen bestimmten Bereich aus Junkers’ Leben gerichtet, aber das Buch bietet, mehr als der Titel vermuten lässt, und stellt zudem eine profunde wissenschaftliche Untersuchung dar. Andererseits war die Lektüre von Angelika Hofmanns 2020 erschienener Studie Als das Auto fliegen lernte. Die Geschichte der Junkers F13 sehr erhellend und hilfreich. Wenn auch mit Blick auf dieses Buch die wissenschaftliche Qualität ausdrücklich betont werden muss, so liegt das eben daran, dass die Wissenschaft sich bislang praktisch gar nicht um diesen Mann gekümmert hat. Hofmanns Buch ist die spannende Erzählung über ein Kapitel aus dem Schaffen von Hugo Junkers, von dem wir heute nahezu alle persönlich profitieren: dem Beginn des internationalen Luftverkehrs, als dessen Vater Hugo Junkers ohne jeden Zweifel zu gelten hat. Dazu gibt es einige Bücher, die sich mit speziellen Aspekten des Junker’schen Schaffens befassen, für ein breiteres Publikum aber nicht interessant sind. Und dass Junkers als wichtigster deutscher Flugzeugbauer in einschlägigen Untersuchungen wie die über die Geschichte der Luft Hansa von Lutz Budrass oder der Luftwaffe eine Rolle spielt, ist selbstredend. 2016 erschien das Buch Flying Man. Hugo Junkers and the dream of aviation von Richard Byers. Es handelt sich um eine Teil-Biografie, die sich auf die zweifellos spannendsten Jahren von 1919 bis 1935 beschränkt und nur in englischer Sprache auf dem Markt ist. Aber diese kleine Aufzählung kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass Junkers als Person von der Wissenschaft bislang missachtet wurde und sich die Literatur zumeist auf unwissenschaftliche Fanliteratur beschränkt. Das ist erstaunlich bei einem solchen Mann und angesichts der Bedeutung, die er zum Beispiel für den Industriestandort Deutschland hatte. Diese Biografie rückt daher auch die Wechselwirkungen von Junkers’ Wirken mit seiner Umwelt, den Ereignissen um ihn herum und den politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklungen seiner Zeit in den Vordergrund: die Bedingungen, unter denen er seine unternehmerische Tätigkeit begann, seine Zeit als Hochschulprofessor, den Ersten Weltkrieg, die Revolution 1918/19, die Außenpolitik der Weimarer Republik und die Restriktionen für die deutsche Luftfahrtindustrie in der ersten Hälfte der Zwanzigerjahre, das Aufkommen der »Frauenfrage«, sein Engagement in der Sowjetunion und der daraus resultierende Streit mit der Reichsregierung. Ferner seine Versuche, auf den internationalen Märkten Fuß zu fassen, seine Rolle bei der legendären Ost-West-Überquerung des Atlantiks, seine finanziellen Krisen und seine Einstellung zum »Kapital«; und nicht zuletzt sein Kampf gegen die Vorwürfe der Nationalsozialisten, er sei ein »Landesverräter«. In diesem Zusammenhang wird auch auf die Frage einzugehen sein, welches Verhältnis Junkers jenseits verharmlosender Beiträge verschiedener Autoren, die im besten Falle Informationen, Dokumente und Zitate, die das ambivalente Verhältnis des Flugzeugindustriellen zu den Nationalsozialisten deutlich machen, nicht beachteten. Und noch etwas erstaunt: Obwohl Hugo Junkers ein »Männerthema« zu sein scheint, was zweifellos durch die jahrzehntelange Konzentration auf die Technik zurückzuführen ist, sind es zwei Frauen, die so viel wie niemand sonst dafür getan haben, dass ich mich mit diesem Buch auf die Spuren von Hugo Junkers’ Leben begeben konnte. Da ist zunächst die bereits erwähnte Historikerin Margarete Conzelmann. Ihre Interviews mit Menschen, die Junkers gut kannten und oftmals über Jahrzehnte erlebten, haben für heutige Historiker Goldstandard. Zwar müssen die Interviews kritisch gelesen werden, denn sie sind wie alle persönlichen Erinnerungen stets subjektiv und interessengeleitet und sie fanden zudem zum größten Teil unter erschwerten Bedingungen statt, nämlich in einer Diktatur, die sich brutal mit Junkers angelegt hatte, wie noch ausführlich dargelegt wird. Freies Reden war unter diesen Umständen nicht immer möglich. Trotzdem sind diese Interviews als Quelle für heutige Historiker sehr wichtig. Die zweite Frau ist die ebenfalls bereits erwähnte Angelika Hofmann. Ohne ihre Mithilfe wäre es für mich gar nicht möglich gewesen, dieses Buch in dieser Form zu schreiben. Denn ich musste im Laufe meiner Arbeit immer wieder feststellen, dass ich im unendlichen Fluss der Quellen, die es von und zu Junkers gibt, zu ertrinken drohte. Aber Angelika Hofmann warf mir immer wieder Rettungsringe zu und zog mich aus dem Wasser. Als frühere Mitarbeiterin des Stadtarchivs Dessau kam sie schon zu DDR-Zeiten viel mit Junkers in Berührung und entwickelte ein großes Interesse für ihn. Nach der Wende nutzte Hugo Junkers’ Enkel Bernd ihr enormes Wissen und ihre archivarischen Fähigkeiten und finanzierte eine mehrjährige Tätigkeit Hofmanns am Deutschen Museum München zur Ordnung eines Teils des riesigen Junkers-Nachlasses, der über Jahrzehnte in Kisten aufbewahrt worden war. Seit 2007 betreut sie das private Archiv Bernd Junkers. Zu Angelika Hofmanns Leistungen zählt auch die Erfassung von Zigtausenden Notizbuchseiten, die Hugo Junkers über Jahrzehnte fast täglich beschrieb, in einer Datenbank. Sie stellen eine unschätzbare Quelle dar. Entschlüsselt hat sie nach Junkers‘ Tod entweder seine Frau, Therese Junkers, oder seine langjährige Sekretärin Emma Lingner. Wie bereits erwähnt ist die Quellenlage zu Hugo Junkers geradezu erschlagend. Für einen Historiker ist das Segen und Fluch zugleich. Segen, weil er zu vielen Themen originales Material findet und sich oftmals aussuchen kann, welche Quellen er heranziehen möchte. Fluch, weil er dadurch auch die Qual der Wahl hat: Was ist wichtig, was zu vernachlässigen? Bei der Arbeit an diesem Buch entstand so der Zwang, sehr stark auszuwählen, einen beziehungsweise mehrere rote Fäden zu finden, an denen man sich wie an dicken Seilen, die irgendwo unsichtbar am anderen Ufer festgezurrt sind, durch den nie endenden Fluss der Quellen zieht. Diese notwendige Begrenzung hat natürlich zur Folge, dass eine Vielzahl von Themen und Aspekten unterbelichtet sind oder ganz beiseitegedrängt wurden; aber um der Lesbarkeit dieses Buches willen war das unvermeidbar. Diese Biografie ist eine Überblicksdarstellung. Vor allem ist es kein Buch über Technik. Technische Entwicklungen werden nur an den Stellen und so weit, wie es zum Verständnis der Leistungen von Junkers und seinen Mitarbeitern notwendig ist, beschrieben. Das Gleiche gilt für die Entwicklung der Junkers-Firmen, denn hier wird keine Unternehmensgeschichte betrieben. Der Mensch Hugo Junkers und sein Wirken in Bezug zu seinem Umfeld stehen im Mittelpunkt. Ich glaube, auf diese Weise wird das Bild eines facettenreichen, faszinierenden Menschen sichtbar, der als Visionär seiner Zeit oft voraus war, aber in anderen Dingen auch im 19. Jahrhundert stecken geblieben und der zwar Großunternehmer war, sich aber selbst als »Antikapitalist« sah. Die Geschichte eines Mannes wie Hugo Junkers ist untrennbar mit der »großen« Geschichte seiner Zeit verbunden. Ich hoffe, mit diesem Buch dem Anspruch, beide Linien zu verbinden, gerecht zu werden.

EinleitungNoch ein Buch über Hugo Junkers? Auf diese Frage könnte man verfallen, wenn man dieses Werk in die Hände nimmt. Gibt es nicht eine fast schon unübersehbare Reihe von Büchern und Autoren, die sich mit diesem einzigartigen Menschen beschäftigen - und das seit vielen Jahrzehnten? Der Eindruck ist richtig und falsch zugleich. Tatsächlich existieren zuhauf Bücher über seine Flugzeuge - am meisten natürlich über die Ju 52, die alte Tante Ju, wie sie oft liebevoll bezeichnet wird. Darunter sind viele Bildbände, die den technikbegeisterten Flugzeugfans diese bahnbrechende Entwicklung und ihre Geschichte nahebringen möchten. Auch über die Flugzeuge, die im Dritten Reich in den Dessauer Junkerswerken gebaut wurden und die im Zweiten Weltkrieg traurige Berühmtheit erlangten, findet sich eine Vielzahl an Darstellungen. Allerdings hat diese Zeit mit dem Mann, um den es in dieser Biografie geht, nur noch sehr mittelbar etwas zu tun. Denn bei Ausbruch des Krieges am 1. September 1939 war er bereits mehr als vier Jahre tot.»Biografie« ist das richtige Stichwort. Denn ein Werk, das seinen Lesern den Menschen Hugo Junkers näherbringt, seine Entwicklung vom Studenten der Maschinenbautechnik über den Erfinder des Gasbadeofens und des Kochreglers bis zum Entwickler innovativer Motoren, des zivilen Ganzmetallflugzeugs und des zivilen Luftverkehrs und dabei stets den Menschen im Auge behält - das gab es bisher nicht. Wer war eigentlich Hugo Junkers? Wie dachte und fühlte er? Wie arbeitete er, wie steckte er Rückschläge weg und wie motivierte er sich immer wieder neu? Und in welchem Verhältnis stand dieser Mann zu seiner Umwelt und zu den gesellschaftlichen Veränderungen, die sich während seiner Lebens- und Schaffenszeit vollzogen? Wie waren die Wechselwirkungen mit der »großen« Politik?Solche und viele andere Fragen, die Bestandteil einer modernen Biografie sein müssen, wurden in den bislang über Hugo Junkers geschriebenen Büchern zum größten Teil gar nicht oder zumindest sehr unbefriedigend beantwortet. Mehr noch: Viele dieser Fragen stellten die Autoren nicht. Es gab wenige Ansätze für Bücher, die sich um solche Fragen drehten, aber allesamt scheiterten. Schon 1930 veröffentlichte der Technikjournalist Carl Hanns Pollog ein Buch über Junkers, das auf den ersten Blick den Eindruck erweckt, es handel sich um eine Biografie. Hugo Junkers. Ein Leben als Erfinder und Pionier stellte aber eben nur äußerst rudimentär die oben erwähnten Fragen. Die technische Entwicklungsarbeit stand eindeutig im Vordergrund und das zeigt sich schon daran, dass erst das letzte von zehn Kapiteln die Überschrift Der Mensch trägt. Zu der Zeit, als Pollogs Buch erschien, arbeitete auch der Junkers-Mitarbeiter Richard Blunck an einem Buch über seinen Chef. Sein 1940 erschienenes Werk Hugo Junkers. Der Mensch und das Werk war zwar nicht so stark auf die technischen Themen fixiert wie bei Pollog, sondern nahm auch einiges aus Junkers' Gedankenwelt auf. Aber von einer echten Biografie blieb es doch weit entfernt. Es ist durchaus möglich, dass Blunck stärker an eine solche echte Lebensbeschreibung dachte, aber das verbat sich Junkers ausdrücklich. Er selbst wollte nicht, dass seine Person in den Mittelpunkt gerückt würde, und Blunck hielt sich an diese Vorgabe auch nach seinem Tod. Dennoch galt dieses Buch, das aus Gründen, über die noch zu berichten sein wird, erst fünf Jahre nach Hugo Junkers' Tod erschien und 1951 in einer veränderten Fassung neu aufgelegt wurde, über Jahrzehnte als die einzige »Biografie«.Kurz nach dem Fall der Mauer veröffentlichte der DDR-Hochschuldozent und Luftfahrthistoriker Dr. Günter Schmitt seinen monumentalen Band Hugo Junkers. Ein Leben für die Technik. Das Erscheinungsjahr 1991 ist nicht zufällig. Schmitt war ein großer Bewunderer von Junkers' Leistungen, aber er hatte stets darunter gelitten, dass dieser in der DDR als »Monokapitalist« verpönt war. Schmitts Buch rückt zwar auch einige der oben erwähnten Fragen, die in einer Biografie

Erscheinungsdatum
Verlagsort Reinbek
Sprache deutsch
Maße 158 x 240 mm
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Sachbuch/Ratgeber Beruf / Finanzen / Recht / Wirtschaft Wirtschaft
Schlagworte Biografie • Dessau • Deutsche Luft Hansa AG • Erfinder • F 13 • Fluggesellschaft • Fluglinien • Flugzeugentwicklung • Flugzeuggeschichte • Forscher • Gasbadeofen • Hugo Junkers • Ju 52 • junkers • Junkers & Co. • Junkers & Co. • Junkers Flugzeugwerke AG • Junkers Luftverkehr AG • Junkers Motorenbau • Luftfahrtgeschichte • Lufthansa • Luft Hansa • Luftverkehr • Metallflugzeug • moderner Luftverkehr • Passagierflugzeug • Tante Ju • Unternehmer • Unternehmer-Persönlichkeit • Verkehrsflugzeug • Zivile Luftfahrt
ISBN-10 3-95768-247-9 / 3957682479
ISBN-13 978-3-95768-247-5 / 9783957682475
Zustand Neuware
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