Wild Card (eBook)

Herausforderungen mental meistern
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
160 Seiten
Meyer & Meyer (Verlag)
978-3-8403-3813-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Wild Card -  Laura Siegemund,  Stefan Brunner
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Druck, Stress, drohender Kontrollverlust - all das will der Mensch nicht, es hemmt die berufliche, die leistungssportliche, mitunter auch die Alltagsperformance. Die Weltklasse-Tennisspielerin Laura Siegemund gibt Einblick in ihre psychischen Extremsituationen und deren Komplexität. Zusammen mit ihr löst Mentalcoach und Sportwissenschaftler Prof. Dr. Stefan Brunner diese Situationen auf. Tennis ist in besonderem Maße geeignet, kritische Momente einzufrieren und dann mit dem Leser einen analytischen Blick auf die Situation zu werfen, um daraus mentale Lösungen abzuleiten. So soll das Buch helfen, eine stabilere und damit bessere Version von sich selbst zu werden.

Laura Siegemund ist eine der bekanntesten und erfolgreichsten deutschen Tennisspielerinnen. Sie besitzt 2 WTA-Einzel-Siege und 4 WTA-Doppel-Siege. Im September 2020 gewann Sie gemeinsam mit ihrer Partnerin Wera Swonarjowa die US-Open im Doppel. Aktuell ist sie auf Platz 196 der Einzel-Weltrangliste sowie auf Platz 40 der Doppel-Wertung. Seit ihrem 14. Lebensjahr bestreitet sie erfolgreich Profiturniere auf der ITF Tour. Außerdem besitzt Sie die Trainer A-Lizenz des DTB sowie ein abgeschlossenes Studium im Bereich Science Psychology. Sie hält regelmäßig auf Trainerfortbildungen und in Unternehmen Vorträge im Bereich Sportpsychologie. Prof. Dr. Stefan Brunner ist Hochschuldozent für Sportjournalismus an der Macromedia Hochschule für Medien und Kommunikation in München. Er promovierte im Bereich der Sportpsychologie an der Ruhr-Universität Bochum. Neben seiner akademischen Tätigkeit ist er Mentaltrainer für verschiedene Athleten im Hochleistungssport und Mediator sowie systemischer Coach. Außerdem veröffentlichte er als Journalist (u. a. in Süddeutscher Zeitung, Zeit Online, Spiegel Online) journalistische und wissenschaftliche Artikel im Bereich der Sportpsychologie und des Mentaltrainings. Er ist Autor und Mitherausgeber verschiedener Bücher.

Laura Siegemund ist eine der bekanntesten und erfolgreichsten deutschen Tennisspielerinnen. Sie besitzt 2 WTA-Einzel-Siege und 4 WTA-Doppel-Siege. Im September 2020 gewann Sie gemeinsam mit ihrer Partnerin Wera Swonarjowa die US-Open im Doppel. Aktuell ist sie auf Platz 196 der Einzel-Weltrangliste sowie auf Platz 40 der Doppel-Wertung. Seit ihrem 14. Lebensjahr bestreitet sie erfolgreich Profiturniere auf der ITF Tour. Außerdem besitzt Sie die Trainer A-Lizenz des DTB sowie ein abgeschlossenes Studium im Bereich Science Psychology. Sie hält regelmäßig auf Trainerfortbildungen und in Unternehmen Vorträge im Bereich Sportpsychologie. Prof. Dr. Stefan Brunner ist Hochschuldozent für Sportjournalismus an der Macromedia Hochschule für Medien und Kommunikation in München. Er promovierte im Bereich der Sportpsychologie an der Ruhr-Universität Bochum. Neben seiner akademischen Tätigkeit ist er Mentaltrainer für verschiedene Athleten im Hochleistungssport und Mediator sowie systemischer Coach. Außerdem veröffentlichte er als Journalist (u. a. in Süddeutscher Zeitung, Zeit Online, Spiegel Online) journalistische und wissenschaftliche Artikel im Bereich der Sportpsychologie und des Mentaltrainings. Er ist Autor und Mitherausgeber verschiedener Bücher.

Störungen sind hinzunehmen. Besser noch: Man verändert die Funktion der Störung. Was bislang noch als Störung gebrandmarkt war, wird nunmehr zu einer Art Begleiter oder zu einer Spielerei des Alltags. Das Müllabfuhrgedröhne im Morgengrauen darf mir missfallen, aber es darf mich nicht beeinträchtigen. Die Assoziationskette Lärm-nervt-behindert-beeinträchtigt-schwächt muss durchtrennt werden.

Ein Wechsel der Perspektive würde ganz andere Assoziationen auslösen. Etwa das Bedauern, dass sich dieser Arbeiter schon so früh körperlich schinden muss. Nach wie vor brächte mich der Lärm womöglich um meinen Schlaf, ich erlaube diesem Getöse aber nicht, mich zu ärgern und damit wichtige Energie zu vergeuden, noch bevor ich aufgestanden bin.

Die Fähigkeit, sich nicht ablenken zu lassen von irrelevanter Information, sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen, spontan entscheiden und handeln zu können und dabei Zugriff auf sein volles Repertoire zu haben, ist sicher eine der wichtigsten Eigenschaften von Champions. Das gilt besonders für unangenehme und überraschende Situationen, mit denen sie konfrontiert sind.

Und dann kam die Pandemie und damit das Allerunvorhersehbarste. Der Sport brach in sich zusammen, Ligen wurden ausgesetzt, große Turniere verschoben, sogar die Olympischen Spiele hat man in ein anderes Jahr verlegt. 2010, 2014, 2016, 2021 – dass eine solche Zeitreihe korrekt ist, hätte bis vor Kurzem keiner für möglich gehalten. Dann folgte die Phase mit Spielansetzungen, auf die man sich erst verlassen konnte, wenn sie schon hinter einem lagen. Coronabedingt und -infiziert konnte es auch zu kurzfristigen Absagen kommen. Oder zu Mannschaftsumstellungen und Spiel-System-Veränderungen.

Dem FC Bayern München fehlten im Januar 2022 gleich neun Spieler, sodass der Rückrundenauftakt lange auf der Kippe stand. Neun coronapositiv-getestete Spieler fehlten auch der deutschen Handball-Nationalmannschaft im dritten EM-Spiel gegen Polen am 18. Januar desselben Jahres. Und es wurden noch mehr.

All das schwächt die betroffenen Teams nicht nur, sondern sorgt für eine Menge Unsicherheit. Obendrein wartet man latent darauf, dass neue Positiv-Fälle vermeldet werden, was wiederum weitere Schwächungen, Spiel-Strategie-Umstellungen und generelle Verunsicherungen nach sich zöge. Und schnell gerät auch die sportliche Vergleichbarkeit in den Hintergrund, wenn nicht Spielstärke, sondern der Umfang des Kranken- und Infiziertenstandes über Sieg und Niederlage entscheidet.

Und auch regulär stattfindende Partien waren mitunter keine Partien unter gewohnt regulären Bedingungen. Manchmal hat man nur die Hälfte der Zuschauer zugelassen, manchmal nur ein Viertel, nur zehn Prozent oder eben auch gar keine. Die Arenen hallten, als wäre man im Trainingsbetrieb. Und die Ränge verstummten, als gäbe es nichts zu bejubeln. Sich auf das Unvorhersehbare vorbereiten – in diesem sehr speziellen Fall war es nicht möglich. Zumindest nicht zu Beginn der Pandemie.

Als wir vor leerer Kulisse spielen mussten, wurde mir sehr bewusst, was mich am Turnierspielen überhaupt so reizt. Es ist der Nervenkitzel, die Atmosphäre auf dem Platz, die Spannung, die Reaktion der Fans, die von mucksmäuschenstill vor einem Big Point bis zum tosenden Applaus nach einer guten Rallye reicht. Während der Corona-Pandemie habe ich das alles sehr vermisst. Mir wurde bewusst, wie selbstverständlich es für mich immer wieder gewesen war, vor den Fans und den Fernsehkameras im Rampenlicht zu stehen.

Als es nach der Tourpause endlich wieder wenigstens ohne Zuschauer losging, hat erst einmal die Euphorie überwogen. Ich war einfach nur froh, überhaupt wieder Turniere spielen zu können. Sich zu motivieren, war nicht schwer. Aber mit jeder weiteren Woche ohne Zuschauer und Stimmung wurde es schwieriger, in den Matches ein gutes Spannungsniveau zu finden. Das Adrenalin fehlte einfach.

© Jimmie48 Photography

Die Folgen der Pandemie: Wenn hochkarätige Turnierpartien wie Trainingsbegegnungen wirken.

Die Pandemie hat den Bewegungsradius festgelegt und limitiert. Hotel, Tennisplatz, Hotel, Tennisplatz, Hotel, eine demütigende Endlosschleife. Auch in ein zeitliches Korsett wurde man gezwungen, eine frühere Anreise war unumgänglich, da PCR-Tests und Quarantänen eingerechnet werden mussten. Der Aktionsrahmen war eng gesetzt. Eine Stunde einfach Mensch oder Tourist zu sein, war nicht mehr möglich.

Nun kann man sagen, dass sich hier alle im gleichen Maß unterordnen mussten, wodurch keiner bevorzugt oder benachteiligt wurde. Doch Spieler, die generell mehr als nur Tennis im Blick haben, werden die Maßnahmen, respektive die Maßregelungen, stärker als Lebenseinschränkung erlebt haben.

Da sich jegliche Aktivität auf die Tennisanlage und das Hotel beschränkte, trainierte man noch mehr als ohnehin schon. Aber mehr bringt nicht unbedingt mehr. Ich empfand es eher als Belastung, wie sich der eigene Fokus auf meine Arbeit einengte.

Denn normalerweise war es für mich immer wichtig, während der Turniere auch Freiräume für Erlebnisse zu schaffen, die nichts mit Tennis zu tun haben. Wenn ich das ganze Jahr von einem Turnier zum anderen fliege und mich auf Tennisanlagen und in Hotels ständig mit der Konkurrenz aufhalte, dann ist es geradezu erfrischend und für den Kopf enorm wichtig, auch mal etwas anderes zu sehen und sich mit anderen Menschen zu umgeben.

So habe ich normalerweise immer versucht, wenigstens ab und an vom Tenniszirkus abzuschalten und in einem tennisfreien Setting mal nicht an das nächste Match zu denken.

Die durch Coronamaßnahmen erzeugten Tennisrestriktionen stehen für eine ganz besondere Kategorie mentaler Aufgaben.

Herausforderungsstufe 1: Dinge, die unveränderbar sind, einfach anzunehmen.

Herausforderungsstufe 2: Auch zu verstehen, dass es stark beeinträchtigend wäre, durch Frust und Ärger notwendige Energien zu verlieren.

Herausforderungsstufe 3: Sogar Genugtuung aus dem Bewusstsein zu ziehen, dass man so professionell und dazu imstande ist, Unliebsames zu akzeptieren. Zu solchen Unliebsamkeiten zählt dann auch, das Fitnessprogramm bei offenem Fenster im Hotelzimmer umzusetzen.

DAS GEGENÜBER KENNENLERNEN


Ein weiterer elementarer Bestandteil der Vorbereitung ist die Analyse des Gegners. Im Sport wie im sonstigen Leben kann das eine Person sein, aber auch eine Gruppe von Personen, ein ganzes Team. Im Spitzensport greift hier die Videoanalyse, die es ermöglicht, taktische und individuelle, spielerische Details des Gegners transparent zu machen, wenn nötig, in Superzeitlupe und als eingefrorenes Standbild.

Um auch dem verbleibenden Rest des Unbekannten seine Kraft zu nehmen, kann ich mich in der Vorbereitung mit unbequemen, auch unbekannten Trainingsgegnern konfrontieren.

Mit der Gegnerin verfahre ich wie mit den Umgebungsbedingungen: Ich versuche, sie vorab schon zu analysieren, und damit mehr Gefühl dafür zu entwickeln, was auf mich zukommt. Einerseits natürlich, um eine möglichst gute Leistung abrufen zu können, andererseits aber auch, um mich mental zu stärken: um voller Selbstvertrauen in das Match gehen zu können. Eine gute Vorbereitung beruhigt die Nerven.

Meine Einstellung auf eine Gegnerin beginnt normalerweise mit einer Analyse ihres Spiels, am besten live, wenn sie noch ein Match bestreiten muss. Es kann aber auch eine Videoanalyse früherer Spiele sein.

Eine weitere Möglichkeit ist, sich mit anderen Spielerinnen, Trainern und externen Fachleuten zu unterhalten, wie sie das Spiel dieser Spielerin einschätzen und welche Ideen sie haben, dagegen anzugehen. So entwickle ich mit meinem Team einen Fahrplan, wie ich gegen sie das Match anlege.

Viele Spielerinnen auf der Tour sind rigide in ihrem Spielstil. Ihr Ziel ist es, ihrem Gegenüber ihr Spiel aufzuzwingen. Das haben sie von Kind auf gelernt und trainiert.

Klar, einen gewissen Spielstil hat jeder, manchmal sogar nur eine einzige Spielstrategie – die aber kann genügen! Denn wenn jemand zum Beispiel derart schnell und aggressiv spielt, dass ich davon ständig unter Druck gerate, dann nützt mir mein Wissen etwa über ihre läuferischen Schwächen in der Defensive nicht viel. Ich komme ja gar nicht dazu, dieses Wissen auszuspielen.

Das übrigens...

Erscheint lt. Verlag 12.9.2022
Verlagsort Aachen
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Sport Ballsport
Schlagworte Analyse • Druck • Extremsituation • Fokussierung • Grand slam • Leistungssport • mental stark • Mentaltraining • psychisch stark • Spitzensport • Stress • Tennis • Wimbledon
ISBN-10 3-8403-3813-1 / 3840338131
ISBN-13 978-3-8403-3813-7 / 9783840338137
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