Stockwerkeigentum (eBook)
256 Seiten
Beobachter-Edition (Verlag)
978-3-03875-416-9 (ISBN)
Was gehört mir, was nicht?
Stockwerkeigentum liegt im Trend. Für viele ist es der einzige Weg, zu den eigenen vier Wänden zu kommen. Doch was erwirbt man eigentlich, wenn man eine Eigentumswohnung kauft?
Stockwerkeigentum ist eine besondere Form von Miteigentum: Das gesamte Grundstück inklusive das Haus mit seinen Bestandteilen steht im Miteigentum sämtlicher Stockwerkeigentümer. Doch die Eigentümer und Eigentümerinnen haben auch ein Sonderrecht an Gebäudeteilen, das heisst, dass sie gewisse Teile ausschliesslich nutzen, verwalten und baulich ausgestalten können. In diesem Punkt haben sie also eine ähnliche Stellung wie Alleineigentümer.
Stockwerkeigentum entsteht nur durch Begründung. Diese kann vor oder nach Erstellung des Gebäudes erfolgen, muss aber vor dem Verkauf einer Wohnung als Stockwerkeigentum vollzogen sein.
INFO Weil für jede Stockwerkeigentumseinheit ein separates Grundbuchblatt im Grundbuch eröffnet wird, gilt jede Einheit im geschäftlichen Verkehr als ein selbständiges Grundstück.
Die gemeinschaftlichen Teile
Alle Teile der Liegenschaft, die nicht zum Sonderrecht gehören, stehen im gemeinschaftlichen Eigentum: Die Stockwerkeigentümer können über diese Teile nur gemeinsam verfügen. Je nachdem, um welches Geschäft es sich handelt, sind dazu verschiedene Zustimmungsquoren notwendig. Abstimmungen über solche Geschäfte führt die Stockwerkeigentümergemeinschaft in Versammlungen durch (siehe Seite 137). Mit dem Kauf einer Eigentumswohnung werden Sie automatisch Mitglied einer solchen Gemeinschaft.
EIGENTUMSFORMEN IM SCHWEIZERISCHEN RECHT
Alleineigentum
Gehört eine Sache nur Ihnen, sind Sie Alleineigentümer. Sie allein haben die Verfügungsmacht über diese Sache; Sie können sie von jedem, der sie Ihnen vorenthält, herausverlangen und dürfen ungerechtfertigte Einwirkungen abwehren. Als Eigentümer verfügen Sie über das vollständige und ausschliessliche Herrschaftsrecht über die Sache – allerdings nur innerhalb der Grenzen, die das Recht setzt. Eine Grundeigentümerin beispielsweise darf ihr Grundstück nicht in beliebiger Weise nutzen, sondern nur so, dass sie die Nachbarn damit nicht belästigt oder gar schädigt.
Miteigentum
Bei Miteigentum bezieht sich das Recht des einzelnen Miteigentümers auf eine ideelle Quote, einen Anteil an der Sache. Im Rahmen dieser Quote können Sie über das gemeinschaftliche Eigentum wie ein Alleineigentümer verfügen. Sie dürfen Ihren Miteigentumsanteil beispielsweise verkaufen oder auch verpfänden. Miteigentum besteht immer dann, wenn Sie ohne spezielle Vereinbarung gemeinsam mit anderen Personen an einer Sache Eigentum erwerben. Wenn nichts anderes vereinbart ist, stehen allen Miteigentümern gleiche Anteile an der gemeinschaftlichen Sache zu.
Gesamteigentum
Handelt es sich um Gesamteigentum, sind alle beteiligten Eigentümer gleichermassen daran berechtigt, d. h. Rechte und Pflichten an der Sache stehen ihnen nur gemeinsam zu; es lassen sich keine ideellen Quoten der einzelnen Eigentümer unterscheiden. Gesamteigentum entsteht durch Gesetzesvorschrift, etwa bei der Erbengemeinschaft, oder durch Vertrag, beispielsweise bei der ehelichen Gütergemeinschaft oder bei der einfachen Gesellschaft. Als Gesamteigentümer können Sie Ihre Eigentumsrechte nur gemeinsam mit den anderen Gesamteigentümern wahrnehmen – für jedes Geschäft ist die Zustimmung aller Gesamteigentümer erforderlich.
Zwingend gemeinschaftliche Teile
Damit die einmal begründete Stockwerkeigentümergemeinschaft in ihrer Existenz gesichert ist, dürfen gewisse Grundstücksteile von Gesetzes wegen nicht zu Sonderrecht ausgeschieden werden (Art. 712b Abs. 2 ZGB). Solche zwingend gemeinschaftlichen Teile sind:
•der Boden, auf dem das Gebäude steht, inklusive Autoabstellplätze im Freien, Garten oder Kinderspielplatz;
•alle Bauteile, die für den Bestand, die konstruktive Gliederung und die Fertigkeit des Gebäudes notwendig sind, etwa tragende Mauern, Tragbalken und Dach, ebenso alle Teile, die die äussere Gestalt des Gebäudes bestimmen, beispielsweise Fassade oder Fenster;
•alle Teile der Liegenschaft, die von allen respektive von der Mehrheit der Eigentümer benutzt werden – etwa das Treppenhaus, die zentrale Heizungsanlage oder elektrische Leitungen, die nicht ausschliesslich einer einzelnen Wohnung dienen.
Weitere gemeinschaftliche Teile
Neben den zwingend gemeinschaftlichen Teilen können auch x-beliebige andere Teile des Stockwerkeigentumsgrundstücks als gemeinschaftlich erklärt werden. Das geschieht häufig schon bei der Begründung des Stockwerkeigentums, die Eigentümer können diese aber auch später, in Form einer öffentlich beurkundeten Vereinbarung, bestimmen. Gebäudeteile, die von der Gemeinschaft als gemeinschaftlich festgelegt wurden, nennt man in der Rechtssprache «gewillkürte gemeinschaftliche Teile». Dazu zählen zum Beispiel:
•Hauswartwohnung
•Bastel- und Spielräume
•Gerätezimmer
•besondere Räume wie Lager- oder Abstellräume (wenn sie nicht schon zwingend gemeinschaftlich sind)
•Autoeinstellhalle (wenn sie nicht schon zwingend gemeinschaftlich ist)
INFO Während zwingend gemeinschaftliche Teile immer gemeinschaftlich bleiben müssen, können gewillkürte gemeinschaftliche Teile durch eine Vereinbarung der Stockwerkeigentümer auch wieder zu Sonderrecht eines einzelnen Eigentümers erklärt werden. Zudem gilt die gesetzliche Vermutung, dass – abgesehen von den zwingend gemeinschaftlichen Teilen – alles Sonderrecht ist, was bei der Begründung des Stockwerkeigentums oder später, durch separate Erklärung, nicht für gemeinschaftlich erklärt wurde.
Die Verwaltung der gemeinschaftlichen Teile
Die Verwaltung der gemeinschaftlichen Teile ist Sache der Stockwerkeigentümergemeinschaft – sie ist also für Unterhalt und Reinigung, für bauliche Veränderungen, für die Verteilung der anfallenden Kosten, aber auch für die allfällige Vermietung von gemeinschaftlichen Liegenschaftsteilen zuständig.
Was mit den gemeinschaftlichen Teilen zu geschehen hat, bestimmt die Gemeinschaft in der gesetzlich vorgesehenen Stockwerkeigentümerversammlung. Als Mitglied der Gemeinschaft können Sie Ihre eigenen Ansichten in der Versammlung zwar vertreten, sie müssen sich aber den Beschlüssen der Mehrheit fügen (mehr dazu ab Seite 133).
Auch die Haftung für die gemeinschaftlichen Grundstücksteile liegt bei der Stockwerkeigentümergemeinschaft. Wird beispielsweise ein Passant durch einen herunterfallenden Dachziegel verletzt oder ertrinkt ein Kind im Biotop auf dem Grundstück, muss die Gemeinschaft dafür einstehen (zum Thema Haftung siehe Seite 116).
Das Sonderrecht an der Einheit
Das Sonderrecht räumt Ihnen im Hinblick auf Ihre Stockwerkeigentumswohnung eine alleineigentümerähnliche Stellung ein. Was genau zu diesem Sonderrecht gehört, lässt sich der sogenannten Begründungserklärung entnehmen, mit der die Gesamtliegenschaft in Stockwerkeigentum aufgeteilt wurde.
TIPP Vergewissern Sie sich, dass die Begründungserklärung nicht in Form einer späteren, öffentlich beurkundeten Vereinbarung der Stockwerkeigentümer abgeändert wurde. Auskunft erhalten Sie beim Grundbuchamt.
Bestimmte Gebäudeteile lassen sich zu Sonderrecht erwerben, wenn sie in sich abgeschlossen sind und über einen eigenen Zugang verfügen. Solche Stockwerkeinheiten können zusätzlich auch über getrennte Nebenräume verfügen, beispielsweise über einen Bastelraum im Keller oder ein Mansardenzimmer.
Den Teil der Liegenschaft, der in Ihrem Sonderrecht steht, dürfen Sie allein nutzen, verwalten und baulich ausgestalten. Sie können Ihre Wohnung so gebrauchen, wie es Ihnen gefällt. Einschränkungen bestehen nur insofern, als Sie mit Ihrer Nutzung die Interessen der anderen Stockwerkeigentümer und der Gemeinschaft nicht beeinträchtigen dürfen. Was Ihre Rechte betrifft, haben Sie also nahezu die gleiche Stellung wie ein Alleineigentümer. Allerdings kann das Reglement der Gemeinschaft gewisse Einschränkungen in den Benutzungsmöglichkeiten enthalten.
Solange keine gemeinschaftlichen Teile betroffen sind und andere Stockwerkeigentümer nicht benachteiligt werden, sind Sie in puncto Gestaltung und Innenausbau Ihrer Einheit völlig frei. Selbstverständlich müssen sich Ihre baulichen Aktivitäten im Rahmen der Bauvorschriften Ihrer Gemeinde bewegen – zum Beispiel in Bezug auf die Ausnützungsziffern.
URTEIL Familie X. erwarb 1999 eine Eigentumswohnung und ersetzte den bestehenden Spannteppich durch Keramikplatten. Kurz darauf beklagte sich der Nachbar in der darunterliegenden Wohnung über die höhere Lärmbelästigung und verlangte, dass man die Keramikplatten wieder herausreissen und durch einen Teppich ersetzen solle. Er stützte sich dabei auf eine Bestimmung im Reglement, die es den einzelnen Stockwerkeigentümern verbot, Materialänderungen an den im Sonderrecht stehenden Böden vorzunehmen. Unter Berufung auf diese Reglementsbestimmung hiess das Obergericht des Kantons Zürich die Klage gut. Es hielt zudem fest, dass ein Stockwerkeigentümer sich auch gestützt auf Artikel 712a Absatz 2 ZGB gegen den Ersatz...
Erscheint lt. Verlag | 1.7.2021 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Beruf / Finanzen / Recht / Wirtschaft ► Geld / Bank / Börse |
ISBN-10 | 3-03875-416-1 / 3038754161 |
ISBN-13 | 978-3-03875-416-9 / 9783038754169 |
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