Raus aus der Angstspirale (eBook)

Frei von Grübelattacken und Sorgen mithilfe von Achtsamkeit und Neurowissenschaft

(Autor)

eBook Download: EPUB
2022
320 Seiten
Irisiana (Verlag)
978-3-641-29445-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Raus aus der Angstspirale - Judson Brewer
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Angstgefühle sind eine schlechte Angewohnheit
Angstgefühle sind im weitesten Sinne eine Gewohnheit des Gehirns - sagt der New York Times Bestsellerautor und Psychiater Judson Brewer. Um dieser fatalen Gewohnheit zu entkommen, die sich oft mit Alltagssüchten wie ständigem Naschen oder Handychecken tarnt, hat der Neurowissenschaftler ein Schritt-für-Schritt-Programm entwickelt, mit dessen Hilfe Betroffene aus der Angstspirale aussteigen und ihr Gehirn neu programmieren können. Der Schlüssel zur Veränderung ist schlichte Neugier auf die eigenen Prozesse - so wird das Programm nicht zur lästigen Pflicht, sondern zu einer spannenden Reise nach innen. Der Autor weiß genau, wovon er schreibt: Die Grundsätze seines Programms entdeckte er nicht zuletzt, weil er seine eigenen Panikattacken in den Griff bekommen wollte - und bekam.

Der Psychologe und Neurowissenschaftler Judson Brewer ist Forschungsdirektor am Center for Mindfulness, Associate Professor für Medizin und Psychiatrie an der University of Massachusetts Medical School, außerordentliches Fakultätsmitglied der Yale University und Research Affiliate am MIT. Seit mehr als zwanzig Jahren erforscht er, wie Abhängigkeitsverhalten entsteht und wie man sich davon befreit.

Einleitung

Angst ist überall. Das war schon immer so. Aber in den letzten Jahren hat sie sich in unserer Gesellschaft so breitgemacht wie vielleicht noch nie vorher in der Menschheitsgeschichte.

Meine persönliche Geschichte mit Ängsten reicht tatsächlich weit zurück. Ich bin Arzt – Psychiater, um genau zu sein. Nachdem ich mich jahrelang mit aller Kraft bemüht hatte, meinen Patienten bei der Überwindung ihrer Angststörungen zu helfen, und mir nie wirklich sicher war, ob ich bei ihrer Behandlung jeweils nicht doch vielleicht etwas Wichtiges übersehen hatte, stellte ich irgendwann die Verbindung zwischen Angstzuständen, der neurowissenschaftlichen Forschung meines Labors über Gewohnheitsänderungen und meinen eigenen Panikattacken her. Und in diesem Moment änderte sich schlagartig alles. Mir ging ein Licht auf, als ich begriff, dass viele Menschen ihre Ängste unter anderem deshalb nicht erkennen können, weil sich diese sehr effektiv hinter lästigen bis schlechten Gewohnheiten verstecken.

Als junger Mann hatte ich nie vorgehabt, Psychiater zu werden. Im Grunde hatte ich keine Ahnung, welche Richtung ich einschlagen wollte, als ich mein Medizinstudium begann. Ich wusste nur, dass ich meine Liebe zur Wissenschaft mit meinem Wunsch, Menschen zu helfen, zusammenbringen wollte. Kombinierte MD-PhD-Studienprogramme bieten die Möglichkeit, Medizin und Naturwissenschaften zu verbinden. Zuerst studiert man zwei Jahre Medizin und lernt Fakten und Konzepte. Danach beginnt ein naturwissenschaftliches Zweitstudium mit Forschungstätigkeit, das mit einer Dissertation abgeschlossen wird. Dann geht es vom Labor wieder zurück in die medizinische Fakultät und man absolviert das dritte und vierte Jahr des Medizinstudiums, bevor man sich im Rahmen einer Facharztausbildung und Assistenzzeit im Krankenhaus auf ein bestimmtes Gebiet spezialisiert.

Zu Beginn des Studiums war mir noch nicht klar, was einmal mein Schwerpunkt sein sollte. Ich war einfach generell fasziniert von der Komplexität und Schönheit der menschlichen Physiologie und wollte lernen, wie das zugrunde liegende System funktioniert. In den ersten beiden Jahren des Medizinstudiums haben die Studierenden in der Regel Zeit und Raum, um allmählich herauszufinden, auf welches Gebiet sie sich einmal spezialisieren wollen. Wenn sie dann im dritten und vierten Studienjahr Praktika im Krankenhaus absolvieren, wählen sie die Abteilungen gemäß ihrer Neigung. Das MD-PhD-Programm dauert acht Jahre, also würde ich, so dachte ich, genug Zeit haben, um festzustellen, was mich anspricht, und konzentrierte mich darauf, alles zu lernen, was ich nur konnte. Nach vier Jahren erlangte ich meinen naturwissenschaftlichen Doktorgrad – was gerade genug Zeit war, um fast alles vergessen zu haben, was ich in den ersten beiden Jahren des Medizinstudiums gelernt hatte.

Als ich dann nach der Promotion mein Medizinstudium wieder aufnahm, entschied ich mich dafür, als Erstes in der Psychiatrieabteilung des Krankenhauses zu arbeiten. Vor allem wollte ich all das wieder lernen, was ich über die empathische Befragung von Patienten während meiner Promotion schlichtweg verlernt hatte. Selbst Psychiater zu werden, war mir vorher nie in den Sinn gekommen, denn deren Ansehen ließ stark zu wünschen übrig. In Spielfilmen zum Beispiel werden die »Seelenklempner« in der Regel ja selten richtig positiv dargestellt, und unter Medizinstudenten wurde gewitzelt, dass die Tätigkeit als Psychiater nur etwas für Faule und Verrückte sei. Aber das Praktikum in der Psychiatrie öffnete mir die Augen. Rückblickend würde ich dies als ein Zusammentreffen von Glück und Timing bezeichnen. Die Arbeit mit den Psychiatriepatienten machte mir Spaß und ich konnte mich mit ihren Problemen identifizieren. Plötzlich konnte ich mir gut vorstellen, ihnen dabei zu helfen, ihre Gedanken zu verstehen und ihre Probleme besser zu bewältigen. Ich fand dann später auch die Arbeit auf anderen Stationen interessant, aber letztendlich sprach mich nichts mehr so an wie die Psychiatrie, und deshalb wählte ich diese medizinische Fachrichtung.

Nach Abschluss meines Medizinstudiums und während der darauffolgenden Facharztausbildung in Yale stellte ich fest, dass nicht nur die Psychiatrie im Allgemeinen gut zu mir passte, sondern dass ich eine besonders tiefe Verbindung zu den Patienten entwickelte, die mit Abhängigkeiten zu kämpfen hatten. Ich hatte zu Beginn des Studiums mit dem Meditieren begonnen und dies während der acht Jahre täglich praktiziert. Als ich mehr über die Kämpfe meiner süchtigen Patienten erfuhr, wurde mir zu meiner Überraschung klar, dass sie auf die gleiche Weise über dieselben inneren Kämpfe sprachen, wie ich sie auch bei meinen Meditationsübungen kennengelernt hatte – die Gefühle der Gier, des Festhaltens, des Klammerns.

In dieser Zeit stellten sich Panikattacken bei mir ein, die durch Schlafmangel und das Gefühl, überhaupt nichts zu wissen, geschürt wurden. Hinzu kamen die Unwägbarkeiten des Bereitschaftsdienstes, bei dem ich nicht voraussehen konnte, wann mein Piepser mitten in der Nacht losgehen und welchen traumatisierten Patienten ich dann am anderen Ende der Leitung haben würde. All dies nahm mich damals seelisch sehr mit (so viel zum Thema Empathie mit den Patienten entwickeln). Glücklicherweise halfen mir die Meditationsübungen. Ich konnte meine inzwischen gut entwickelte Achtsamkeit nutzen, um die Panikanfälle zu überstehen, die mich nachts aus dem Schlaf hochschrecken ließen. Besser noch, und ich wusste damals nicht warum, half mir Achtsamkeit, das Feuer der Panik nicht weiter anzufachen: Ich lernte, mit den Anfällen umzugehen und nicht vor lauter Angst vor der nächsten Attacke komplett auszuflippen, was mich wiederum davor bewahrte, eine echte Panikstörung zu entwickeln. In dieser Zeit lernte ich auch, dass ich Menschen beibringen konnte, sich ihrer unangenehmen Gefühle gewahr zu werden, anstatt sie gewohnheitsmäßig zu verdrängen. Ich wollte nicht einfach Pillen verschreiben, sondern meinen Patienten einen Weg zeigen, mit ihren Emotionen umzugehen und sie zu verarbeiten.

Gegen Ende meiner Facharztausbildung stellte ich fest, dass Meditation kaum wissenschaftlich erforscht war. Es gab da also so etwas wie ein verstecktes Juwel, das mir bei extremen Ängsten geholfen hatte und möglicherweise auch meinen Patienten helfen konnte. Offensichtlich interessierte es kaum jemand, warum oder wie gut es funktionierte. In den nächsten zehn Jahren widmete ich mich deshalb der Entwicklung eines Programms, das Menschen dabei unterstützen sollte, ihre schädlichen Gewohnheiten zu überwinden – die eng mit Ängsten verbunden sind und von ihnen befördert werden. Genau genommen ist die Angst an und für sich eine schädliche Gewohnheit. Die inzwischen epidemische Ausmaße angenommen hat. Dieses Buch ist das Ergebnis meiner neu gewonnenen Erkenntnisse.

In dem Film Der Marsianer hat der von Matt Damon gespielte Protagonist einen »Oh Scheiße«-Moment, als ihm klar wird, dass er auf dem Mars gestrandet ist. Während eines Sturms flüchten alle seine Astronautenkollegen zurück in die Sicherheit ihres Raumschiffs und lassen ihn im Stich. Allein gelassen in der Mars-Station, bekleidet mit einem NASA-Kapuzenpulli, versucht er, sich Mut zu machen: »Angesichts dieser Aussichten bleibt mir nur eine Option: Ich muss mich mit Wissenschaft aus der Scheiße ziehen.«

Matt Damons Inspiration aufgreifend, gehe ich in diesem Buch das Problem der Angst (oder der Scheißangst, um im obigen Bild zu bleiben) wissenschaftlich an.

Es gibt eine Menge Bücher über Ängste und ähnliche Themen – dicke und dünne, mit eingängigen Titeln, fantastischen Geschichten und allen möglichen Erfolgsrezepten. Aber viele dieser Ratgeber beziehen sich nicht auf neurowissenschaftliche Fakten, sondern manchmal, gelinde gesagt, auf ziemlich schwammige Quellen.

In diesem Buch hingegen, so viel kann ich Ihnen versprechen, steckt sehr viel Wissenschaft. Und zwar echte Wissenschaft, basierend auf Studien, die mein Labor über viele Jahre hinweg und mit realen Teilnehmern durchgeführt hat, zuerst in Yale, jetzt an der Brown University. Ich habe außerdem wissenschaftliche Arbeiten veröffentlicht, die andere Leute bereits gelesen, überprüft und in ihren Büchern erwähnt haben – Sie können also versichert sein, dass ich mich auf belegbare Fakten berufe.

Ich forsche seit Jahrzehnten und liebe es, neue Dinge zu lernen und zu entdecken. Die interessanteste und wichtigste Verbindung, die ich bei meiner bisherigen Arbeit herstellen konnte, ist die zwischen Angst und Gewohnheiten – warum wir lernen, Angst zu haben, und wie selbst das zur Gewohnheit wird. Diese Verbindung hat mir die Frage beantwortet, warum wir uns Sorgen machen, was wiederum einen Teil meiner wissenschaftlichen Neugier befriedigt hat. Noch wichtiger ist aber, dass ich damit meinen Patienten helfen kann, ihre Ängste zu verstehen und damit umzugehen.

Die Angst versteckt sich nämlich in den Gewohnheiten der Menschen. Sie versteckt sich in ihren Körpern, während sie lernen, sich durch unzählige verschiedene Verhaltensweisen von diesen Gefühlen abzukoppeln. Nachdem ich diesen Zusammenhang erfasst hatte, konnte ich meinen Patienten helfen zu durchschauen, wie sie bestimmte Gewohnheiten entwickelt hatten – von übermäßigem Alkoholkonsum über Stressessen bis hin zu ständigem Aufschieben (Prokrastination) –, um mit ihrer Angst umzugehen. Sie erkannten, warum sie so viel zu kämpfen hatten und es nicht schafften, sowohl die Angst als auch ihre anderen Angewohnheiten abzulegen. Ihre...

Erscheint lt. Verlag 13.10.2022
Übersetzer Claudia Callies
Sprache deutsch
Original-Titel Unwinding Anxiety
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Lebenshilfe / Lebensführung
Schlagworte 2022 • Achtsamkeit • Alltagssorgen • Alltagsstress • Angst • Ängste abbauen • Angststörung • angststörung und panikattacken • Burn-out • eBooks • Gehirn und Psyche • Gehirn verstehen • Gesundheit • Gewohnheiten ändern • Grübelattacken • HABIT LOOP • Meditation • meditation buch • Neuerscheinung • Neuropsychologie • Neurose • Neurowissenschaft • Persönlichkeitsentwicklung • Psychologie • Ratgeber • Selbsterforschung • Selbstliebe • Stress
ISBN-10 3-641-29445-2 / 3641294452
ISBN-13 978-3-641-29445-8 / 9783641294458
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