Mach's wie die Möwe, scheiß drauf! (eBook)

Spiegel-Bestseller
Wie ich (fast) aufhörte nett zu sein
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
192 Seiten
Gräfe und Unzer Autorenverlag, ein Imprint von GRÄFE UND UNZER Verlag GmbH
978-3-8338-8656-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Mach's wie die Möwe, scheiß drauf! -  Lea Blumenthal
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Eigentlich führt Lea Blumenthal ein ausgeglichenes Leben ... wenn da nicht die anderen wären. Vor allem die Kratzbürsten und Krawallmacher, mit denen sie sich andauernd konfrontiert sieht. Denn Lea hat ein ausgesprochenes Bedürfnis nach Harmonie. Konflikte und Meinungsverschiedenheiten sind ihr ein Graus, weshalb sie jeder Provokation aus dem Weg geht und weiterlächelt, selbst wenn sie schon längst explodieren will. Bis sie beschließt: Es reicht! Zusammen mit ihrer Psychologinnenfreundin stellt Lea sich der Harmoniesucht und lernt die Mechanismen in ihrem Unterbewusstsein kennen. Leser*innen entwickeln ganz nebenbei ein Verständnis der eigenen Auslöser und finden Wege, um endlich den Unmut rauszulassen und für sich einzustehen!

Lea Blumenthal wurde 1983 geboren. Sie hat sich lange nicht getraut, mit einem Buch über ihre Harmoniesucht an die Öffentlichkeit zu gehen - aus Sorge vor den Reaktionen. Mittlerweile pfeift sie auf das, was andere von ihr denken könnten, und schreibt, was sie will. Sie lebte einige Jahre in Hamburg, bevor sie mit ihrem Freund und den gemeinsamen Hunden aufs Land zog.

Lea Blumenthal wurde 1983 geboren. Sie hat sich lange nicht getraut, mit einem Buch über ihre Harmoniesucht an die Öffentlichkeit zu gehen – aus Sorge vor den Reaktionen. Mittlerweile pfeift sie auf das, was andere von ihr denken könnten, und schreibt, was sie will. Sie lebte einige Jahre in Hamburg, bevor sie mit ihrem Freund und den gemeinsamen Hunden aufs Land zog.

Hinweis zur Optimierung
Impressum
Vorwort: Auf die Plätze, fertig … lächeln! Warum es Menschen gibt, die einfach keine Konflikte führen können
Kapitel 1: Wer der Herde folgt, hat nur Ärsche vor sich: Warum wir (trotzdem) zur Gruppe dazugehören wollen
Kapitel 2: Jedem Tierchen sein Pläsierchen: Von Gorillas, Ziegen und Hasen
Kapitel 3: "Pew-Pew, Madafakas!"Warum manche schneller schießen als ihr Schatten und andere lieber ihre Zunge verschlucken
Kapitel 4: Nabelschau: You can get a girl out of the Spice Girls – but you can never get the Spice Girls out of a girl
Kapitel 5: Diplomatenstatus: Warum es gut ist, wenn einer die Stimmung im Blick behält
Kapitel 6: Everybody's darling is everybody's Depp: Raus aus dem Dramadreieck
Kapitel 7: Wer Ja sagt, muss auch Nee sagen: Warum es uns so schwerfällt, unsere Meinung zu vertreten
Kapitel 8: Kleine Gefallen erhalten die Freundschaft: Reziprozitätsnorm oder das Wunder der Gegenseitigkeit
Kapitel 9: Vor dem Streit ist nach dem Streit: Warum es manchmal besser ist, die Klappe aufzumachen, anstatt alles in sich reinzufressen
Kapitel 10: "Ich will so streiten, wie ich bin": Sich selbst die Erlaubnis geben, auch mal unbequem zu sein
Kapitel 11: Du musst nicht von allen gemocht werden: Der eigenen Harmoniesucht ein Schnippchen schlagen und es endlich richtig krachen lassen
Anhang
Lea Blumenthal

VORWORT


Auf die Plätze, fertig … lächeln! Warum es Menschen gibt, die einfach keine Konflikte führen können


„Fräulein Blumenthal! Na, immerhin erwische ich Sie endlich persönlich.“

Ich stehe in der Tür und mustere das missmutige Gesicht unserer Nachbarin. Frau Pressel hat eigentlich immer etwas zu meckern. Entweder das Wetter passt ihr nicht (wahlweise ist es ihr zu warm, zu kalt, zu feucht, zu trocken oder „zu Hamburg“, die neuen Mieter im Dachgeschoss sind in ihren Augen unzumutbar (zu jung, zu laut, zu vegan), und dass die Stadtwerke schon wieder die Tarife erhöht haben, grenzt an Schikane. Wann immer es mir möglich ist, gehe ich Frau Pressel aus dem Weg. Auch wenn das bedeutet, dass ich drei Minuten in voller Wintermontur hinter der Wohnungstür stehe, während sie die Treppe hinabkommt und dabei jeden Staubkrümel kritisch kommentiert.

Diesmal kann ich nicht hinter der Tür warten, bis sie weg ist. Ich habe sie geöffnet, weil Frau Pressel geklingelt hat, und nun stehe ich hier und mache mich auf alles gefasst.

Ihr Blick richtet sich auf mein Gesicht. Dann wandert er anklagend nach unten, gleich rechts neben unseren Fußabstreifer, wo meine Joggingschuhe stehen. „Das ist kein schöner Anblick“, stellt sie fest und zieht hörbar die Luft durch die Nase ein.

Sie sollten mich mal beim Joggen um die Alster sehen, denke ich, das ist kein schöner Anblick.

Natürlich spreche ich diesen Gedanken nicht aus, sondern lächle Frau Pressel hoffentlich entwaffnend an. Lächeln ist eine Art urzeitlicher Reflex, mit dem mein Gehirn immer dann reagiert, wenn ich mit einem Problem oder einem problemverursachenden Menschen konfrontiert werde – wohl in der Hoffnung, die Stimmung damit zu verbessern. Auch wenn ich mittlerweile weiß, dass ein verkrampftes Dauergrinsen eher zu einer Depression führen kann. Das hat ein Psychologe aus Japan herausgefunden, und als Forscher aus dem Land des kulturell bedingten Perma-Lächelns muss er ja schließlich wissen, wovon er spricht.1

Frau Pressel ist von meinen Bemühungen nicht beeindruckt und lächelt nicht zurück. Stattdessen holt sie noch einmal tief Luft und sagt: „Wenn ich nach einem langen Arbeitstag nach Hause komme, Fräulein Blumenthal, möchte ich nicht von Ih­ren …“, sie zögert, sucht nach dem richtigen Wort, „… abgelatsch­ten, dreckigen Laufschuhen begrüßt werden. Sehen Sie es mir bitte nach.“

Das Lächeln in meinem Gesicht ist immer schwerer zu halten. Ich erwäge, eine Ohnmacht vorzutäuschen. Auch totstellen ziehe ich in Betracht. Es gibt einige Tiere, die so sehr erfolgreich ihr Überleben sichern.

„Außerdem gibt es ein Brandschutzproblem“, fährt sie ungerührt fort, als sie merkt, dass ich zu keiner Reaktion imstande bin. „Wenn es brennen sollte, und ich müsste aus meiner Wohnung flüchten, könnte ich über Ihre Schuhe fallen und mir wer weiß was brechen. Und dann läge ich da im Hausflur, während das Feuer um mich wütet. Sie sehen, das geht so nicht.“

Langsam zerbröselt mir das Lächeln im Gesicht. Vermutlich sieht es gar nicht mehr wie ein Lächeln aus, sondern wie eine Fratze aus einem der Ölschinken Goyas.2 Und sicher dauert es nicht mehr lange, bis die Depression kommt. Schließlich räuspere ich mich leise. „Frau Pressel“, setze ich vorsichtig an, doch ihr erhobener Zeigefinger bringt mich sofort zum Schweigen. Jetzt wünsche ich mir kein mobiles Erdloch mehr, in dem ich versinken könnte, sondern die Fähigkeit, mit der Raufasertapete des Hausflurs zu verschmelzen.

„Ihre Laufschuhe könnten mich das Leben kosten!“

Eine Stimme in meinem Inneren sagt: Ja, oder die Tatsache, dass Sie am Tag zwei Schachteln Zigaretten rauchen und regelmäßig vor dem viel zu lauten Fernseher einschlafen – was wir selbst mit Ohrenstöpseln ein Stockwerk drunter noch hören –, vermutlich mit einer Kippe in der Hand. Was dann auch eine Gefahr für unser Leib und Leben wäre.

Leider scheint die Verbindung zwischen der Stimme in meinem Ohr und meinem Sprachzentrum vollständig abgebaut. Denn anstatt irgendetwas Angemessenes, Abwägendes, Ablehnendes oder auch Unfreundliches zu sagen, zwinge ich meine Mundwinkel dazu, sich wieder an meinem Hinterkopf zu treffen, und flöte: „Aber natürlich, Frau Pressel. Ich lasse die Schuhe nicht mehr im Flur stehen.“ Ich bücke mich, hebe die verdreckten Schuhe an und stelle sie in die Wohnung, wo sie sofort einen erdverschmierten Fleck auf dem Parkett hinterlassen.

„Sehen Sie? Warum nicht gleich so“, freut sich Frau Pressel und dreht sich um.

Es gibt Menschen, die sagen ihre Meinung. Sogar dann, wenn sie wissen, dass sie damit eine bestimmte Reaktion provozieren. Mein Freund Boris ist so ein Fall. Wenn dem was nicht passt, macht er den Mund auf, sagt, was er denkt, und die Sache läuft. Er hat überhaupt kein Problem, anzuecken oder sich anzulegen, weder mit Leuten, die er sehr gut kennt (vorzugsweise mit mir), noch mit Personen, die ihm am Allerwertesten vorbeigehen. Vermutlich heißt er nicht ohne Grund, wie er heißt. Boris ist eine Abkürzung des slawischen Borislaw, dessen erster Wortteil „Kampf“ und dessen zweiter Wortteil „Ruhm“3 bedeutet. Ruhm durch Kampf. Klar, dass er keiner Konfrontation aus dem Weg geht und Menschen in seiner Umgebung gern mit spitzen Bemerkungen reizt, obwohl er im Grunde seines Herzens nicht einer Fliege etwas zuleide tun könnte und ein wirklich guter, liebenswerter Typ ist.

Und dann gibt es mich. Lea Blumenthal, steil auf die 40 zugehend, mitten im Leben stehend und unfähig, Konflikte zu führen. Ich bin einfach zu nett, wenn ich es mir recht überlege. Kann auch am Namen liegen. Lea stammt aus dem Hebräischen und bedeutet wahlweise „Kuh“ oder „die sich Mühe gibt“4. Aber das nur am Rande.

Das Perfide ist: Die Konflikte finden mich, egal, wie gut ich mich vor ihnen verstecke. Manchmal habe ich das Gefühl, dass in meinem Körper ein unsichtbarer GPS-Sender implantiert ist, der all den Krawallbürsten und Krachmachern da draußen zuverlässig verrät, dass sie bei mir leichtes Spiel haben. Am schlimmsten sind für mich die Weihnachtsfeiertage, wenn ich bei meiner Familie bin und die Stimmung jeden Moment zu kippen droht, weil mein Vater auf unsere Bedürfnisse pfeift, meine Mutter vollkommen gestresst in der Küche steht und sich trotzdem nicht helfen lässt und alle einfach nur furchtbar angestrengt sind, weil sie bitte jetzt sofort in besinnlicher Festtagsstimmung sein sollen. Gruselig. Deswegen machen Boris und ich an Weihnachten oft Urlaub – allerdings erzähle ich meiner Mischpoke, dass es mit den vielen freien Tagen zusammenhängt, für die man sich nicht extra Urlaub nehmen muss.

Denn im Grunde meines Herzens möchte ich nur in Harmonie leben. Ich möchte nicht von Menschen umgeben sein, die mir andauernd die Meinung geigen, um die ich nicht gebeten habe. Ich verstehe ehrlich gesagt noch nicht einmal, warum so viele Leute überhaupt so viele Meinungen haben, die sie in einem fort kundtun. Vielleicht hat uns das Internet dazu erzogen, wo wir unter dem Deckmäntelchen der Anonymität als kotzbrocken_81 unsere schlechte Laune in die Welt pusten dürfen. Vielleicht haben wir aber auch einfach verlernt, nett zu sein. Uns zurückzunehmen. Einfach mal die Schnauze zu halten, weil wir nichts Adäquates zu sagen haben oder die Stimmung nicht versauen wollen. Schade. Ich finde nämlich, wir könnten alle eine riesige Portion Nettigkeit in unserem Leben vertragen.

Das Problem ist, dass ich diese Lanze momentan recht einsam vor mir hertrage. Dabei kann ich mir nicht vorstellen, dass es da draußen wirklich Leute gibt, die sich gern fetzen. Die Regale voller Aktenordner haben, in denen sie die Gerichtsunterlagen ihrer unzähligen Klagen und Gegenklagen verwahren wie eine wertvolle Briefmarkensammlung. Die mit ihren Familien brechen, weil sie nicht einsehen, ein Siebtel der Bestattungskosten für Oma zu übernehmen, wo ihnen doch ein Drittel des Erbes zusteht. Die morgens in den Spiegel schauen und ein unfreundliches Gesicht erblicken, das sie in exakt diesem Zustand nur eine Stunde später der Welt präsentieren, und dabei geht es ihnen am Arsch vorbei, ob sie gemocht werden oder nicht.

Wer will so was?

Ich nicht. Ich möchte gemocht werden. Und mit einem wohlwollenden Blick auf mein Umfeld schauen. Ich möchte ruhig und besonnen reagieren und mit einem Lächeln durch die Welt gehen. Harmonie als Dauerzustand – das wäre genau meins.

Trotzdem gibt es Momente, da finde ich meinen Zwang, Auseinandersetzungen und Meinungsverschiedenheiten großräumig aus dem Weg zu gehen, einfach nur zum Kotzen. Da nervt es mich, dass ich die Flucht ergreife, anstatt mich breitbeinig aufzustellen und die Arme in die Seiten zu stemmen wie Wonder Woman. Vor allem strengt es mich an, dass ich mich nicht nett verhalte, weil ich es will, sondern weil ich nicht anders kann. Das stürzt mich dann nämlich gleich in den nächsten Konflikt, und zwar mit mir. Ich bin zwar nett, aber nicht gern im Streit mit mir.

Blöd nur, dass es Leute wie Frau Pressel gibt. Und Boris.

Als ich zurück ins Wohnzimmer komme und meinem Freund von Frau Pressels Auftritt erzähle, zieht er die Augenbrauen zusammen und knurrt: „Deine Schuhe kommen NICHT in die Wohnung, wenn sie so dreckig sind. Die bleiben schön im Flur stehen.“

„Ja, aber die Brandschutzbestimmungen …“, setze ich an, werde jedoch rüde unterbrochen.

„Die gelten auch für die alte Schachtel und...

Erscheint lt. Verlag 2.8.2022
Reihe/Serie Lebenshilfe
Lebenshilfe Selbstcoaching
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Lebenshilfe / Lebensführung
Schlagworte Achtsamkeit • Auseinandersetzungen vermeiden • eigenen Standpunkt vertreten • Extraversion • Extroversion • Feedback • Gemütszustände • Geschenkbuch • Harmonie • Harmoniebedürfnis • Harmoniesucht • Humorvoller Ratgeber • Ich bin wichtig • Introvertiertheit • Kommunikation • Konflikte • Konfliktvermeidung • lustiges Lebenshilfe Buch • mehr selbstbewusstsein • mehr selbstvertrauen • mir doch egal • Nein sagen • Nein sagen können • nicht jeder muss mich mögen • Partner • persönliche Gesundheit • Persönlichkeit • Persönlichkeitsentwicklung • Psychologie • Ratgeber • sag mal Nein • Schlagfertig • Selbstbewußt • Selbstwert • Selbstwertgefühl • souverän auftreten • Streit aus dem Weg gehen • streiten lernen • Streitkultur • Therapeut • Unterbewusstsein • Verhaltensmuster • Verhaltensweisen • was andere von mir denken • zu mir selbst stehen • zwischenmenschliche Beziehungen
ISBN-10 3-8338-8656-0 / 3833886560
ISBN-13 978-3-8338-8656-0 / 9783833886560
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