Schulchronik für Suschow 1900-1940 -

Schulchronik für Suschow 1900-1940 (eBook)

Henry Kuritz (Herausgeber)

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2022 | 1. Auflage
262 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7562-6057-7 (ISBN)
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Der Zeitraum von 1900 bis 1940 war eine sehr ereignisreiche Zeit in der deutschen Geschichte. Wie haben die Menschen die Kaiserzeit, den Ersten Weltkrieg, die Weltwirtschaftskrise, den Nationalsozialismus und den Beginn des Zweiten Weltkrieges erlebt und empfunden? In der jährlich geführten Chronik wird von den beiden in dieser Zeit tätigen Lehrern dokumentiert, wie sie die außen- und innenpolitische Lage wahrnahmen, wie das Wetter, die Ernteerträge, die Lebenshaltungskosten, die Situation im Dorf und in der Schule waren. Der Inhalt der Chronik wird in diesem Buch original wiedergegeben, ergänzt durch passende Zeitungsberichte und historische Fotografien. Die Chronik bietet einen einzigartigen Einblick in das Dorfleben zwischen 1900 und 1940, in die Gedankenwelt der Dorflehrer, die sich gut informiert zeigen und ein Spiegel für das vorherrschende Meinungsbild ihrer Zeit sind. So ist diese Chronik für die Einheimischen ein Geschichtsbuch zur eigenen Orts- und auch Familiengeschichte, aber auch darüber hinaus ist sie für jeden Leser ein spannendes und aufschlussreiches Zeitzeugnis dieser Jahre.

~ 1914 ~


An des neuen Jahres Schwelle schweifen die Gedanken in Vergangenheit und Zukunft. Zwölf Monate zurück: Die Welt lag in Frieden. Wohl war es nur ein halber Frieden, denn drohend schwebte über ihm an dünnem Faden das Schwert des Krieges. Und doch durfte damals die Hoffnung erblühen, daß es auch weiterhin möglich sein werde, den Frieden zu erhalten. War es nicht gelungen, Schwierigkeiten zu überbrücken, die unüberwindlich schienen? Die Marokko-Krise, die Balkankriege, sie hatten uns bis hart vor die Entscheidung mit Waffengewalt gebracht, aber noch immer war das Letzte, das Äußerste verhütet worden. Wenn so viele so schwere Hindernisse aus dem Weg geräumt waren, warum sollte sich nicht auch fernerhin ein Weg zu friedlich-schiedlicher Verständigung finden lassen? So dachte man damals, und man hatte ein gutes Recht, so zu denken. Es ist anders gekommen. Blinder Haß und Neid, der sich in Ost und West und jenseits des Kanals gegen uns aufgespeichert hatte, brachten alle Stimmen der Vernunft zum Schweigen. Der Krieg wurde uns aufgezwungen.

Fünf Monate währt der Krieg nun. Wiederum ist es anders gekommen – anders als unsere Feinde sich es vorgestellt hatten. In törichter Selbstüberschätzung, in eitler Unkenntnis deutscher Kraft meinten sie, uns in ein paar Wochen über den Haufen rennen zu können. In Berlin wollten sie sich treffen, die Russen und die Franzosen. Sie sind nicht ganz nach Berlin gekommen, freilich dicht in die Nähe. Aber als Gefangene. Wir aber, wir haben Belgien bis auf ein paar Quadratkilometer in der Hand, dazu ein großer Teil von Nordfrankreich und wir stehen im Herzen Russisch-Polen. Am Tage nach der Kriegserklärung werde die deutsche Flotte der Vergangenheit angehören, so hatte man früher in England geprahlt. Doch in diesen fünf Kriegsmonaten hat unsere Flotte der englischen schon vielfach recht kernige Lebenszeichen gegeben, und nur unsere Außenposten, von vornherein ganz auf sich selbst gestellt, sind nach heroisch erfüllter Pflicht ruhmvoll untergegangen. Englands Kampfmacht zur See aber hält sich vorsichtig im sicheren Port, nicht einmal fähig, die Küste der heimischen Insel vor einem Besuch flinker deutscher Schiffe zu schützen.

Mit vollem Recht dürfen wir auf unsere Erfolge stolz sein. Doch es ist kein Stolz, der sich mit dem Erreichten bescheidet. Er feuert uns nur zu weiterem Tun an. Es ist die selbstverständliche Frage an diesem Neujahrsbeginn: Wird uns das neue Jahr den Frieden bringen? Wir alle hoffen es aus ganzem Herzen. Und wenn wir auf Frieden hoffen, so tun wir es nicht, weil wir des Krieges müde sind. Wir wollen nicht einen Frieden um jeden Preis, nicht einen halben Frieden, der schon wieder den Keim eines neuen Krieges in sich tragen würde. Wir wollen einen ganzen Frieden haben, einen Frieden der unserer ungeheuren Opfer an Blut und Gut wert ist, einen Frieden, der Gewähr für seine Dauer bietet. Ein solcher ist’s, den wir erstreben, den wir erstreben müssen. Um zu diesem Ziele zu kommen, dazu müssen wir weiter kämpfen wie bisher, voller Zuversicht und in jenem Selbstvertrauen, das uns dieser Kampf schenkte. Wir müssen durchhalten. Nicht nur für uns selbst wollen wir den Frieden erkämpfen, sondern auch für unsere Kinder. Das ist das Ziel, dem wir entgegenstreben. Wir werden und müssen zu ihm gelangen, denn der Geist, der uns seit dem August 1914 beseelt, wird auch im neuen Jahr unser Denken und Tun beherrschen!

„Im neuen Jahre Glück und Heil!
Auf Weh und Wunden gute Salbe!
Auf groben Klotz ein grober Keil!
Auf einen Schelmen anderthalbe!“20

Sammlung von Liebesgaben der Gemeinde
Suschow.

1. Gesammelt für Kriegswohlfahrt durch den Gemeindevorsteher Reimann, die Schöffen Jank u. Paulenz und Lehrer Konnopke 125,75 M.
2. Gesammelt für die notleidenden Ostpreußen am … 45,15 M.
3. Dem Roten Kreuz ist das Eisenbahnwachgeld der Gemeinde im Betrage von 50 M. überwiesen worden: 50,00 M.
4. Bei der Christfeier im Schulhause sind für die notleidenden Ostpreußen 20,61 M. gesammelt u. an Herrn Oberpfarrer Obricatis abgeliefert worden: 20,61 M.
5. Von den Schulkindern sind 20 Paar Strümpfe und Pulswärmer gestrickt u. an hiesige Krieger gesandt worden, die Wolle dazu ist von den Schulknaben gekauft worden.
6. Im Januar 15 wurden Betten u. neue Decken im ungefähren Werte von 300 M. an die Sammelstelle in Calau geliefert. 300 M.
7. Zur Bekämpfung der Ungezieferplage haben die Schulkinder ges. 3,00 M.
8. Am 28. März 1915 gesammelt beim Jubiläum des Lehrers K. (blinde K.) 16,00 M.
9. Am 22. Okt., dem Geburtstage der Kaiserin, sind getrocknete Früchte, Pflaumenmus und die Sachen gesammelt u. an Herrn Pfarrer Bolte abgeliefert worden.
10. Anläßlich des Geburtstages der Kaiserin sind beim Lehrer K. 38 M. u. 2 Ctr. Äpfel gesammelt worden. (1915): (Diese Sammlung ist an Kottbuser Lazarette abgeliefert worden). 38,00 M.
11. Bei der Christnachtfeier 1915 sind 15,60 Mark eingekommen. (Hierfür haben Krieger unserer Gemeinde Zigarren ins Feld erhalten). 15,60 M.
12. „Deutscher Frauendank“21, gesammelt im Juni 1916 33,70 M.
13. Die Schulkinder gesammelt „Kriegshinterbliebenen Fürsorge“ 26,45 M.
(Ges. und abgel. am 25.3.17)

Bericht über das Dorf Suschow

Witterungsverhältnisse: Der Winter des Jahres 1914 war ein mäßig strenger Geselle, u. zeitig hatte der Frühling mit seinem linden Lüften Einkehr gehalten. Es stellten sich warme Frühjahresregen ein; die Obstbäume entfalteten eine recht reiche Knospen- u. Blütenpracht. Leider stellten sich Anfang Mai Fröste ein, welche die Aprikosen-, Pfirsich- und Kirschblüten teilweise zerstörten. Der Frühling und Sommer waren mäßig warm; es gab wenig Gewitter. Infolge des schönen Herbstwetters konnten sämtliche Früchte und Erzeugnisse des Landmanns leicht unter Dach und Fach gebracht werden. Schlechtes Wetter und etwas Frost hatte der Dezember zu verzeichnen.

Erntebericht. Unsere Landwirte und Bauern konnten 1914 auf eine im Durchschnitt mittelmäßige Ernte zurückblicken. Heu und Grumt waren gut geraten und sind in vorzüglicher Qualität eingebracht worden. Es stellte sich 1 Ctr. Heu auf 3 M., Grumt 2 M. im Preise. Die Roggenernte war mittelmäßig, sowohl im Körner- als auch im Strohertrage; dafür war der Preis ein ziemlich hoher, 1 Scheffel Roggen kostete 18 M. Auch die Kartoffeln brachten nicht die Erträge des Vorjahres, wurden aber pro Centner mit 3 M. und darüber bezahlt. Sie lassen auf Güte nichts zu wünschen übrig. Gut geraten sind die Rübenarten, und da die Lieferanten für Berlin und manche Russenlager große Aufträge hatten, wurden Kohlrüben mit 1,40 M. abgesetzt. Die Obsternte war zufriedenstellend. Es gab reichlich Äpfel, die dafür im Preise niedrig standen, 1 Ctr. gute Äpfel kaufte man für 8 bis 10 M. Die Vieh-, besonders Schweinepreise, waren im Sommer u. Herbst recht gedrückt; besser wurde es hiermit vor Weihnachten.

Unsere Bauern konnten mit Zufriedenheit und Dankbarkeit am Ende des Jahres ihr Soll u. Haben gegenüberstellen. Diesem Dank hatte unsere sonst arme Gemeinde Rechnung getragen bei den wohltätigen Sammlungen für das rote Kreuz, für die verwundeten Krieger und für die notleidenden Ostpreußen. Ein jeder gab sein Schärflein gern, ein jeder auch nach seinem Vermögen. – Gott vergelte es einem jeden. –.

Im Frühjahr trat der neue Schulze, Bauer August Reimann, sein Amt an. Ende Mai hat er den Posten des Verbandsvorstehers u. Kassenführers des Gesamtschulverbandes Suschow übernommen.

Die gesundheitlichen Verhältnisse waren gut. Es starb im Laufe des Jahres Frau Koppatz und Witwe Michel, beide Frauen standen im hohen Alter. Am 11. November starb im Alter von 42 Jahres Frau Tischler Jank. Es starben zwei kleine Kinder; dem Bauer Muschick eine kleine Tochter, ferner starb ein nur wenige Wochen alter Knabe der Pauline Smiel, verehelichte Lehmann, jetzt wohnhaft in Limberg.

Der Schulbesuch ließ in den Kriegsmonaten zu wünschen übrig. Da es an Arbeitskräften mangelte, mußten die größeren Kinder ihren Eltern fleißig mithelfen. Etwaige Lücken im Lehrplan sollen im Winter durch strenge Pflichterfüllung und Arbeit ausgeglichen werden.

Im März revidierte Herr Kreisschulinspektor Oberpfarrer Klintzsch, Lübbenau, die Schule und fand alles in bester Ordnung vor. Die...

Erscheint lt. Verlag 13.4.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber
ISBN-10 3-7562-6057-7 / 3756260577
ISBN-13 978-3-7562-6057-7 / 9783756260577
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