Licht (eBook)

Eine Geschichte
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
464 Seiten
Klett-Cotta (Verlag)
978-3-608-11850-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Licht -  Serge Haroche
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Alle Wunder des Lichts münden im Meisterwerk von Serge Haroche zu einem Panorama, das von den Quantenwelten bis zum Universum alle Dimensionen umfasst. Erzählerisch souverän verbindet der Physiknobelpreisträger die Mythen- und Kulturgeschichte des Lichts mit seiner Erforschung vom Beginn der Menschheit bis heute. Nur wenige Eigenschaften des Lichts waren vor 150 Jahren bekannt. Weder der Laserstrahl noch der Quantenimpuls, weder die elektromagnetischen Wellen noch die Radiowellen. Ohne diese physikalischen Erscheinungen wäre das moderne Leben undenkbar: GPS, Flugzeug- und Medizintechnik, Satelliten- und Lasertechnik, die Zeit- und Entfernungsmessung mit Atomuhren, die Weltraumforschung bis zum Smartphone beruhen auf Phänomenen des Lichts. Serge Haroche erzählt die Geschichte des Lichts seit der Antike, über Galileo bis zu Einstein und macht mit den Gesetzen des sichtbaren Lichts vertraut. Mitreißend beschreibt er, wie Bohr, Schrödinger, Heisenberg, Dirac und Pauli die moderne Physik revolutionierten. Ohne Licht keine Energie, keine Teilchen, keine Materie, keine Wellen kein Weltall, keine Sterne, kein Leben: Konkurrenzlos gelingt es Serge Haroche zu vermitteln, wie notwendig und selbstverständlich uns das Licht erscheint, ohne dass es seine Geheimnisse vollständig preisgibt.

Serge Haroche, geb. am 11. September 1944 in Casablanca, erhielt 2012 den Nobelpreis für Physik für die Wechselwirkung zwischen Licht und Materie und ist Mitglied der französischen Akademie der Wissenschaften. Der Experimentalphysiker unterrichtet am Collège de France in Paris, wo er am Laboratoire Kastler Brossel Grundlagenforschung der Quantenphysik betreibt.

Serge Haroche, geb. am 11. September 1944 in Casablanca, erhielt 2012 den Nobelpreis für Physik für die Wechselwirkung zwischen Licht und Materie und ist Mitglied der französischen Akademie der Wissenschaften. Der Experimentalphysiker unterrichtet am Collège de France in Paris, wo er am Laboratoire Kastler Brossel Grundlagenforschung der Quantenphysik betreibt.

Vorwort


Das Licht erhellt und fasziniert die Menschheit seit Anbeginn der Zeit. Doch erst in den vergangenen vier Jahrhunderten sind wir seinen Geheimnissen allmählich auf die Spur gekommen. Wir haben es uns mit modernen Technologien zunutze gemacht, die unser Leben erst vor Kurzem revolutioniert haben. Nur ein gutes Jahrhundert ist seit der Entdeckung der Mikrowellen vergangen – inzwischen sind diese nahen Verwandten des sichtbaren Lichts aus Kommunikations- und Navigationsgeräten und der medizinischen Radiologie nicht mehr wegzudenken. Knapp sechzig Jahre ist es her, dass wir das sichtbare Licht gezähmt und den Laser erfunden haben. Die außergewöhnlichen Eigenschaften dieser Strahlen haben uns wichtige Entdeckungen ermöglicht und Geräte hervorgebracht, die noch zu meiner Jugendzeit unvorstellbar waren.

Ich habe das Glück gehabt, dieses Abenteuer der Forschung im Laufe des vergangenen halben Jahrhunderts selbst mitzuerleben. Indem ich hier ein dem Licht gewidmetes Forscherleben nacherzähle, versuche ich meinen Lesern zu vermitteln, welche Freude uns Wissenschaftler packt, wenn ein neu entdecktes Phänomen die Welt auf unerwartete und überraschende Weise beleuchtet. Nach langen Jahren des Forschens ist es mir und meinem Team gelungen, Mikrowellenphotonen für eine Zehntelsekunde in einer winzigen verspiegelten Kammer einzufangen. Indem wir die fragilen, flüchtigen Lichtteilchen mit durch Laserstrahlen angeregten Atomen in Wechselwirkung treten ließen, konnten wir in unseren Experimenten sowohl das Wellen- als auch das Teilchenverhalten des Lichts beobachten und so die seltsamen Eigenschaften der Quantenwelt veranschaulichen. Zur Freude über die Entdeckung trat der spannende Gedanke, ob diese Arbeiten nicht irgendwann zu neuen Anwendungen führen könnten – obgleich bisher schwer vorauszusagen ist, wie diese genau aussehen könnten. Jeder Forschende, der etwas Neues und Vielversprechendes entdecken konnte, wird diese Zufriedenheit und Euphorie kennen.

In einer Zeit, in welcher der Bedarf an Forschung größer ist denn je, ist es wichtig, einer nicht über Expertenwissen verfügenden Öffentlichkeit durch persönliches Zeugnis nahezubringen, welche Motive Wissenschaftler antreiben, welche Phänomene ihre Neugierde wecken und welche Rolle das Glück bei ihrem niemals zufallsfreien Vorgehen spielt. Genauso wichtig ist der Hinweis, dass die Forschung in erster Linie Wissen schafft, das ein über Jahrhunderte angewachsenes kulturelles Erbe bereichert. Wissenschaftler sehen die Welt aus einem etwas erhöhten Blickwinkel, denn nach dem Isaac Newton zugeschriebenen Ausspruch sitzen sie ja auf den Schultern von Riesen, nämlich ihren Vorgängern und Wegbereitern. Aus dieser privilegierten Position heraus fungieren sie als Wissensvermittler von einer Generation zur anderen und tragen die für unsere Zivilisation so bedeutende rationale wissenschaftliche Methodik weiter.

Indem ich über Forschung schreibe – über jene, mit der ich selbst mich beschäftigt habe, aber auch über die Arbeiten anderer, die mich bereichert und mir tiefere Einblicke in die Welt gewährt haben –, möchte ich meine Begeisterung mit jungen Menschen, Schülern, Studenten und Wissenschaftsneulingen teilen und sie anstacheln, das immer neue Abenteuer weiterzuführen. Ich hoffe genauso auf das Interesse der breiten Öffentlichkeit und richte mich an alle, die neugierig sind auf eine Geschichte, die unsere Sichtweise auf die Welt tiefgreifend beeinflusst und uns bedeutende Handlungs- und Kontrollmittel über sie gegeben hat. Nicht zuletzt möchte ich Leser ansprechen, welche die Grundzüge dieser Geschichte bereits kennen, indem ich ihnen meinen persönlichen Blick auf die Dinge vorstelle. In diesem Buch möchte ich darlegen, was wir inzwischen über das Licht wissen und wie wir dieses Wissen in Erfahrung gebracht haben. Dabei spreche ich aber auch über das, was uns noch unbekannt ist und für zukünftige Generationen zu entdecken bleibt.

Es erschien mir unmöglich, von meinen Forschungen zu berichten, ohne sie in eine mehrere Jahrhunderte umfassende Erkenntnisgeschichte einzubetten. Diese Geschichte geht über die Optik hinaus, sie berührt sämtliche Wissensgebiete. Wer entdecken wollte, was Licht ist, beschäftigte sich natürlich mit Physik, aber es kamen weitere Felder hinzu: Astronomie, Chemie, Biologie und sogar die Biowissenschaften sind von diesen Forschungen stark beeinflusst worden. So haben auch bei der Erkundung unseres Planeten und der Bestimmung seiner Größe und Form Erkenntnisse über das Licht eine entscheidende Rolle gespielt. Wer sich das Licht zum Thema nimmt, bezieht also alle Wissensgebiete mit ein.

Eine wesentliche Rolle in dieser Geschichte spielen immer präzisere Messmethoden. Die Beobachtung der Natur ist erst wirklich wissenschaftlich geworden, nachdem man Instrumente ersonnen hatte, mit denen sich die untersuchten Phänomene quantifizieren und anhand von Maßzahlen beschreiben ließen, die objektiv und reproduzierbar zuerst Entfernungen und Zeitintervalle und später auch weniger greifbare Größen wie Kräfte, Ladungen und Felder wiedergeben. Der gemeinsame Fortschritt von Mathematik, Geometrie und Algebra hat diese Zahlen in theoretischen Modellen in Beziehung zueinander gesetzt und konnte so scheinbar verschiedene Phänomene unter einen Erklärungsrahmen fassen. In diesem Kontext wird deutlich, wie sich wissenschaftliche Erkenntnisse schrittweise entwickelt haben, und zwar im steten Zusammenspiel von immer fortschrittlicheren Instrumenten und Rechenmethoden. Die Handwerker, welche die ersten optischen Linsen geschliffen und in Fernrohre eingebaut haben, oder auch die Uhrmacher, die erste präzise Pendeluhren konstruierten, sind genauso wichtige Akteure dieser Geschichte wie die Mathematiker, die komplexe Zahlen, Ableitungen und die Integralrechnung entdeckt haben.

Einem Laienpublikum wissenschaftliche Themen zu präsentieren, ist eine schwierige Kunst. Man ist versucht, Bilder und Metaphern zu verwenden, die dann leicht in die Irre führen. Die Erläuterung der Quantenphysik, die ja essentiell für das Verständnis vom Wesen des Lichts ist, läuft so Gefahr, in den Mystizismus abzurutschen. Zugegeben, diese Physik ist verwirrend, denn wir erfahren sie nicht auf direktem Weg über unsere Sinne und unsere intuitive Auffassung der makroskopischen Welt, und doch hat sie tatsächlich gar nichts Mysteriöses. Sie hat sich der Forschung logisch erschlossen und ist in eine strenge mathematische Theorie gemündet, mit der wir beobachtete Phänomene präzise berechnen können, ohne dass Raum für esoterische Verschwommenheit bleibt.

Galileo Galilei ist sicher einer der ersten Wissenschaftler, der es unternommen hat, seine Entdeckungen einer breiten Öffentlichkeit verständlich darzulegen. In seinem Dialog über die beiden hauptsächlichsten Weltsysteme hat er seinen verdutzten und entsetzten Zeitgenossen sein Relativitätsprinzip der Bewegung erläutert. Den festen Glauben an eine im Zentrum der Welt ruhende Erde aufzugeben, war für die Menschen der Renaissance eine schwierige Herausforderung – ähnlich schwierig, wie es für den modernen Menschen ist, mit der Beschreibung einer nichtdeterministischen Welt der Atome und Photonen über die klassische Vorstellung der Newtonschen Bahnen hinauszugehen. Für Galilei war die Gefahr ungleich größer, denn wer sich den Dogmen der Kirche widersetzte, machte sich nach den Regeln der Inquisition der Häresie schuldig. Wenn heutige Wissenschaftler die kontraintuitiven Konzepte einer Physik zu erläutern versuchen, deren Anwendungen unser Alltagsleben revolutioniert haben, droht ihnen zum Glück kein vergleichbares Schicksal wie dem mutigen Forscher des 17. Jahrhunderts.

Dennoch bin ich mir der weniger dramatischen, aber sehr realen Gefahren bewusst, die ein Wissenschaftler eingeht, wenn er sich an Leser außerhalb des Fachpublikums wendet. Man riskiert entweder einen zu technischen oder aber einen zu vereinfachenden Blick. Ich habe mich bemüht, dieses Problem zu umgehen, indem ich die Konzepte zum Licht, zur Relativität und zur Quantenphysik schrittweise darstelle und Gleichungen und Formeln vermeide. Ich verfolge die Entwicklung der Ideen und Theorien über die Jahrhunderte und beleuchte parallel dazu die Fragen, die sie bei den Gelehrten der Zeit ausgelöst haben, und hoffe so, dass diese Konzepte im Laufe der Lektüre immer bekannter und verständlicher werden.

Der historische...

Erscheint lt. Verlag 13.4.2022
Übersetzer Ursula Held
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Natur / Technik Naturwissenschaft
Technik
Schlagworte Albert Einstein • Andrew Young • Erwin Schrödinger • Galileo Galilei • Geschichte der Naturwissenschaften • Geschichte der Physik • Isaac Newton • Michael Faraday • Natur- und Kulturgeschichte des Lichts • Pierre-Simon Laplace • Quantenmechanik • Werner Heisenberg • Wolfgang Pauli
ISBN-10 3-608-11850-0 / 3608118500
ISBN-13 978-3-608-11850-6 / 9783608118506
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