Mein Kind - selbstbewusst und stark (eBook)

Praxisteil – Die Umsetzung kann beginnen

Mit diesem Buch hältst du einen Praxisratgeber für Eltern in den Händen, der dich –in deinem Tempo – kleine oder auch große Schritte gehen lässt, hin zu einer wertschätzenden und einfühlsamen verbalen und nonverbalen Kommunikation, die dem Selbstwertgefühl und dem Selbstbewusstsein deines Kindes zuträglich ist und es innerlich stark macht. Während ich dieses Buch schrieb, fragte mich eine Mutter:

„Was kann ich tun, wenn die Situation zu Hause in den letzten Monaten eher unschön war in Form von Stress, Müdigkeit, Überforderung und schwierigen äußeren Umständen? Ist es dann schon zu spät, mein Kind selbstbewusst und stark zu machen und wie bekomme ich mein Kind gut durch schwierige Lebensphasen?“

Die Antwort ist, dass es ist nie zu spät ist, dein Kind zu stärken. Es gibt in dieser Hinsicht schlicht kein „zu spät“. Du kannst heute beginnen und wenn du dran bleibst, stärkst du dein Kind jeden Tag aufs Neue. Du wirst nicht sofort einen Unterschied bemerken, sei dir jedoch sicher: Jeden umgesetzten Impuls dieses Buches, jede dadurch entstandene stärkende Erfahrung, speichert dein Kind ab. Je nachdem wie leer der „Gestärkt-fühlen-Tank“ deines Kindes ist, musst du kürzer oder länger dranbleiben, bis du ein Leuchten innerer Stärke wahrnimmst. Unabhängig davon, wie lange es dauern sollte oder wie leer der „Tank“ ist, innere Stärke ist erlernbar und wird durch kontinuierlich stärkende Erfahrungen aufgebaut und dann auch erhalten.

Das Erlangen innerer Stärke ist ein Prozess, der die Kindheit und Teenagerzeit hindurch bis ins Erwachsenenalter hinein andauert und NICHT nur einmal durchgeführt wird um ewig anzuhalten. Man kann sich diesen Prozess wie den Tank eines Autos vorstellen, der im Laufe der Zeit leerer und voller ist. Im Kindesalter können die Eltern maßgeblich dazu beitragen, diesen Tank gut zu füllen.

Befindest du dich gegenwärtig in einer herausfordernden Lebensphase und möchtest dein Kind dennoch dabei unterstützen, selbstbewusst und stark zu werden, hast du mit diesem Buch eine sehr gute Wahl getroffen. Ich empfehle dir, mit dem Teil „emotional stärken“ zu beginnen, so dass dein Kind emotional gefestigt wird und sich trotz der Umstände sicher, geliebt und geborgen fühlt. Bei herausfordernden äußeren Umständen kann es natürlich vorkommen, dass dir die Umsetzung nicht immer gelingt, weil du die Impulse im Stress des Alltags vergisst oder weil dich deine eigenen Gefühle (z.B. Überforderung) überrollen. Und das ist vollkommen in Ordnung.

Das möchte ich dir mit einer Metapher näher erläutern. Das Kraulschwimmen ist schwieriger als es aussieht. Dabei achtet man auf Bewegungen von Armen und Beinen, Körperhaltung, Fußstellung und das Atmen. Schnelligkeit ist dabei auch wichtig. Das alles bereits zu Beginn einwandfrei zu beherrschen ist fast unmöglich. Deshalb wird beim Schwimmtraining in Etappen trainiert: Zunächst arbeitet man am Handschlag und wenn man diesen beherrscht, kommen Körperhaltung und Atmung dazu. Mit viel Übung beherrscht man schließlich alle Bewegungsabläufe korrekt und kann sich auf das Wesentliche konzentrieren, nämlich eine bestimmte Strecke in einer gewissen Zeit zu schwimmen, und das mit sauberer Technik.

Was hat Kraulen nun mit dem Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl eines Kindes zu tun? Stell dir die Herangehensweise in diesem Buch wie die Teilschritte beim Erlernen des Kraulens vor. Versuch nicht, von Beginn an alles umzusetzen. Das wird eine große Herausforderung oder sogar Überforderung und kann schließlich dazu führen, dass du das Handtuch wirfst. Beginn mit einem Impuls und wenn du merkst, dass dir dieser gut gelingt, geh zum nächsten über. Mit der Zeit und mit Übung wirst du an einen Punkt kommen, an dem du merkst, dass das Geübte zur Gewohnheit geworden ist. Es wird dir nicht mehr schwerfallen, die Herangehensweisen sicher anzuwenden. Sollte es dir dennoch einmal schwer fallen, denk an das herausfordernde Kraultraining und die vielen guten Schwimmer, die nur deshalb so gut werden konnten, weil sie am Ball geblieben sind.

Gegen das Vergessen kannst du dir selbst eine oder mehrere Erinnerungsstützen überlegen, die dich im Alltag immer wieder darauf hinweisen, was du ab jetzt anders machen möchtest.

Beispiele dafür könnten sein:

• Tägliche Erinnerung in deinen Kalender im Smartphone eintragen.
• Notiz aufhängen an einer prominenten Stelle, an der du mehrmals täglich vorbei gehst.
• Kühlschrankmagneten kaufen, der dich ab jetzt immer an diese Umsetzungsimpulse erinnern soll.

Dass Gefühle dich überrollen und du anders reagierst als du es wolltest, kommt vor und ist ganz normal – besonders dann, wenn du dich gerade in einer angespannten Lebensphase befindest. Dann geh zu deinem Kind und sag ihm, dass dein Verhalten oder die Sprechweise gerade nicht in Ordnung war. Danach setzt du die Impulse wieder um, so gut es dir in dem Moment möglich ist. Gleichzeitig ist es gerade in einer schwierigen Lebensphase wichtig, dass du auf dich selbst achtest. Je mehr du dich selbst im Blick hast, desto besser wirst du mit deinen Gefühlen und der Überforderung zurechtkommen und das wirkt sich auf dein Kind aus. Dabei hilft dir das Kapitel „Starke Eltern“ am Ende des Buches.

Wie du beginnen kannst

Wie schon zu Beginn erwähnt, kannst du dieses Buch klassisch von der ersten bis zur letzten Seite durchlesen und die Impulse umsetzen, die dich ansprechen. Eine weitere Möglichkeit ist, im Inhaltsverzeichnis zu schauen, welches der Themen aktuell bei dir am relevantesten ist und dort zu starten.

Wichtig dabei ist, dass du dich selbst nicht überforderst, indem du zu viele Impulse gleichzeitig umsetzen möchtest. Such dir einen oder mehrere (aber nicht zu viele) Umsetzungsimpulse aus, die zu einem Thema passen und konzentrier dich darauf. Hast du das Gefühl, dass du diese Impulse mit deinem Kind gut in den Alltag integriert hast bzw. dass ein anderes Thema aktuell wird, gehst du über zu weiteren Umsetzungsimpulsen.

Warum ich dir in diesem Buch keinen Selbstbewusstseins-Test für dein Kind anbiete

Sind dir die Tests bekannt, mit denen das Selbstbewusstsein eines Kindes getestet werden kann? Du beantwortest einige Fragen und das Ergebnis sagt dir, ob dein Kind selbstbewusst ist oder nicht und woran ihr ggf. arbeiten könnt. Von dieser Art von Tests halte ich nicht viel und werde dir deshalb in diesem Buch auch keinen anbieten.

Ein allgemein gehaltener Test kann nur eine Art von Selbstbewusstsein identifizieren. Er kennt jedoch keine Nuancen – zumindest dann nicht, wenn sie nicht wissenschaftlich genau arbeiten und einen sehr langen Test konzipieren (den wenige aufgrund von Zeitmangel und Komplexität machen möchten). Kurze Tests gehen zwar schnell, haben jedoch so gut wie keine Aussagekraft.

Ein introvertiertes Kind wird Selbstbewusstsein und innere Stärke subtiler ausdrücken als ein extrovertiertes Kind. Somit könnte es dir bei einem kurzen Test passieren, dass dein introvertiertes Kind als nicht selbstbewusst eingestuft wird, obwohl dem nicht so ist, und das bloß, weil es sein Selbstbewusstsein nicht so offensichtlich zeigt, wie es in dem Test vorausgesetzt wird. Außerdem kann ein kurzer, nicht wissenschaftlicher Test nur einen winzigen Ausschnitt an Fragen zum Selbstbewusstsein in verschiedenen Bereichen stellen. Somit wird nur ein kleiner Teil abgedeckt und nicht auf unterschiedliche Ausdrucksweisen des Selbstbewusstseins eingegangen. Letztlich ist so ein Test, der nicht wissenschaftlich begleitet wird, auch nicht objektiv, weil Eltern ihre Kinder immer subjektiv wahrnehmen. Es spielen, wie sonst auch, Glaubenssätze, Erlebnisse und Erfahrungen, Überzeugungen und natürlich auch die Umwelt eine Rolle und beeinflussen die Wahrnehmung und somit auch das Selbstbewusstsein. Dies mit einem kurzen Test abzufragen und daraus ein valides Ergebnis zu erwarten, wäre unprofessionell und nicht aussagekräftig.

Ich bin jedoch davon überzeugt, dass Eltern ein gutes Gespür dafür haben, ob und in welchem Bereich ihr Kind noch Unterstützung beim Aufbau von innerer Stärke benötigt. Dafür benötigen sie keinen Test, dies geschieht durch die elterliche Intuition und gute Beobachtung. Unabhängig davon, ob dein Kind schon eine gewisse innere Stärke hat oder nicht: Mit dem Umsetzen der in diesem Buch beschriebenen Herangehensweisen stellst du sicher, dass du mit deiner wertschätzenden und einfühlsamen verbalen und nonverbalen Kommunikation dazu beiträgst, dass dein Kind Selbstbewusstsein und innere Stärke aufbaut oder diese behält und noch weiter ausbaut.

Je nach Charaktertyp des Kindes braucht es nämlich etwas anderes, um innerlich stark zu bleiben bzw. zu werden. Je nachdem was für ein Typ Mensch dein Kind ist, benötigt es in einem Bereich ggf. etwas mehr Stärkung als in einem anderen.

Beispiele:

• Einem schüchternen Kind fehlt es oft an Selbstvertrauen, also kannst du mit dem Stärken des Selbstvertrauens beginnen.
• Wenn dein Kind viel an sich zweifelt, beginnst du lieber mit dem Stärken des Selbstwerts und Selbstbewusstseins.
• Hast du ein Kind, das emotional Achterbahn fährt, fängst du mit der emotionalen Stärkung an.

In diesem Buch gehe ich auf unterschiedliche Bereiche des inneren Starkseins ein, damit es dir leicht fällt, den momentan für dein Kind wichtigen Bereich auszuwählen und damit zu beginnen.

Wichtig: Die praktischen Umsetzungstipps, die ich unter jedem Bereich gebe, sind nicht nur für diesen einen Bereich...