Dieses kleine Stück Himmel -  Sandra Geissler

Dieses kleine Stück Himmel (eBook)

Mit allen Sinnen Familie leben
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
208 Seiten
SCM Hänssler im SCM-Verlag
978-3-7751-7553-1 (ISBN)
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Feiern Sie Ihr erfülltes Familienleben mit allen Sinnen! Im Chaos den Zauber sehen. Schmecken, was das Herz satt macht. Den Duft von Zuhause riechen. Einander zuhören. Sich als Familie durch den Dschungel des Lebens tasten. Dieses Buch inspiriert dazu, ein erfülltes Familienleben mit allen Sinnen zu gestalten. Gerade der sechste Sinn, der Herzenssinn, spielt dabei eine besondere Rolle: Er spricht die Sprache der Liebe und ist die Grundlage für alles andere. Eine Einladung, Familie zu sehen, zu schmecken, zu riechen, zu ertasten und auf die Sinne zu vertrauen, die Gott uns geschenkt hat.

Sandra Geissler (Jg 1976) lebt mit ihrer Familie und ihrem Hund in Nierstein am Rhein. Nach ihrem Studium der Kath. Theologie und der Ausbildung zur Pastoralreferentin arbeitete sie als Schulseelsorgerin an einer Mädchenschule. Die Mutter von fünf Kindern liebt es, Gottes Gegenwart in den kleinen Begebenheiten und Wundern des Alltags zu entdecken und darüber auf ihrem Blog 7geisslein.com zu schreiben.

Sandra Geissler (Jg 1976) lebt mit ihrer Familie und ihrem Hund in Nierstein am Rhein. Nach ihrem Studium der Kath. Theologie und der Ausbildung zur Pastoralreferentin arbeitete sie als Schulseelsorgerin an einer Mädchenschule. Die Mutter von fünf Kindern liebt es, Gottes Gegenwart in den kleinen Begebenheiten und Wundern des Alltags zu entdecken und darüber auf ihrem Blog 7geisslein.com zu schreiben.

[ Zum Inhaltsverzeichnis ]

Hören


Seit Kurzem weiß ich alles über Ohren. Das ist ein nicht zu verachtender Vorteil, der Eltern schulpflichtiger Kinder zuteilwird: Wir werden mit ihnen schlauer. Gemeinsam mit meinem Sohn durfte ich alles über den Aufbau des Ohres lernen, seine Bestandteile und ihre Funktionen. Das war schlicht faszinierend. Von außen sieht man nur die unspektakuläre Ohrmuschel. Aber im Inneren offenbart sich ein fein ziseliertes Kunstwerk von schwingenden Membranen, verschlungenen Gängen, Gehörknöchelchen, Pauken und Trompeten. Wir staunten über Schallwellen, Sinnesreize und feinste Härchen, die sich wie durch Zauberhand aufrichten, um uns einen Ton zu schenken. Diese detailverliebte und hochkomplexe Erfindung macht uns das Hören möglich. Was für ein Geschenk doch das Hören ist! Das Zwitschern der Vögel an einem frühen Sommermorgen, die Stimmen deiner Kinder und das Brummen des Staubsaugers. Das Rauschen der Blätter und ein leises »Ich liebe dich!« in dein Ohr geflüstert. Wir hören gute Worte und schiefe Töne, die Geräusche des Alltags und der Welt, die uns umgibt. Manchmal muss ich mir in der Nacht die Ohren mit Watte verschließen, immer dann, wenn Kopf und Herz übervoll sind mit den Klängen eines Tages und nur noch schwer zur Ruhe kommen. Denn was wir hören, findet seinen Weg durch das kunstvoll geschaffene Ohr direkt in unseren Kopf und rutscht von da in unser Herz. Wenn unser Ohr schon verschwenderisch gestaltet ist, dann können wir ahnen, wie kunstvoll wohl unsere Seelen gemacht sind. Deshalb ist es wichtig, was wir hören und worauf wir hören. Es gibt nicht nur die lauten Stimmen, Klänge und Töne, sondern vor allem die leisen Stimmen. Du musst genau hinhören, was sie dir flüstern. Du kannst hören, wie machtvoll Worte sind, was dein Herz dir sagt und welche Geschichten und guten Sätze dir das Leben schenken möchte, dir und deiner Familie.

HÖREN, WAS LEISE STIMMEN FLÜSTERN


Am Abend, wenn die Stille langsam den Weg in unser Haus findet, zögerlich noch, als traue sie dem Frieden nicht, steige ich die Treppen hinauf in Richtung der Kinderzimmer. Ich klaube auf dem Weg noch ein paar verstreute Klamotten auf, die liegen gebliebene Sporttasche, ein Schleich® Nashorn, drei LEGO® Steine und ein Matheheft, all die Überreste und Zeitzeugen eines langen, vollen Tages. Dieser Abendaufstieg gelingt mir selten leichtfüßig, in meinem Kopf summen die Stimmen und Geschichten des Tages, meine Beine sind müde geworden und alles in mir ruft nach Sendepause. Oben angekommen klopfe ich leise an der Mädchenzimmertür und warte auf Einlass, wie es sich gehört. Drinnen erwartet mich das warme Licht des Nachttischlämpchens, ein Mädchen im Bett und ein nicht zu übersehendes Maß an Fußbodenchaos. Ich übersehe es trotzdem, jetzt ist nicht die Zeit für Ermahnungen und Gardinenpredigten, für einen Vortrag über den Wert der Ordnung und die »Broken-Window-Theorie«2.

Jetzt ist Bettkantenzeit. Bettkanten müssen wohl eigens dafür geschaffen worden sein, um sich auf ihnen niederzulassen, einzig dafür gemacht, um am Bett eines lieben Menschen Platz zu finden, seine Nähe zu fühlen und zu warten. Denn wenn du still wirst und einen Moment nur geduldig wartest, dann bekommst du zu hören, was du vielleicht den ganzen bunten, langen Tag nicht hören konntest. Die leisen Töne. Die leisen Töne erzählen von Sorgen und Nöten und der Angst vor Latein. Manchmal singen sie ein Lied von Herzensthemen, von Freundschaften und einer kuriosen Idee, von Sehnsüchten und geheimen Wünschen. Manchmal dauert so ein Abendlied nur einen kurzen Takt lang, aber manchmal entwickelt sich eine ganze Melodie, die nicht zu hören ein echter Verlust gewesen wäre. Wenn ich mein Mädchen wirklich hören möchte, wenn ich wissen will, was ihr Herz bewegt, dann nehme ich auf ihrer Bettkante Platz, halte meinen Mund und nutze nur meine Ohren. Wann ist deine Zeit, was ist dein Ort, dein Moment, wann hörst du die leisen Töne in all dem Alltagslärm?

Meine Ohren gehören gewiss zu meinen strapaziertesten Organen. Sie bekommen viel zu hören, den ganzen lieben langen Tag, von frühmorgens bis spätabends sind sie im Dauereinsatz. Der Kopf schwirrt von all den Dingen, die erzählt, erstritten, diskutiert und ausgefochten werden müssen. An unserem Tisch ist das Stimmengewirr zu Hause, es wird geplappert, gekichert und gezankt, alle stimmgewaltig, alle wortgewaltig. Diese Geräuschkulisse zeugt von pulsierendem Leben in all seinen Facetten, es bringt den Lärm der Schul- und Arbeitswelt mit in unser Haus, die vielfältigen Aktivitäten der Nachmittage und die Fangesänge des FC Bayern München. Und natürlich erzählt sie mir auch jede Menge über das Leben meiner Kinder, meines Mannes und den Weltenlauf. Ich lebe in all diesen lauten Tönen – und mit ihnen – und mag sie wirklich gern, auch wenn ich an manchen Tagen eine deutliche Sehnsucht nach einer Einsiedelei im Wald verspüre. So klingt Daheim. Und doch weiß ich genau, dass wir die Stille der Zweisamkeit suchen müssen, wenn wir einen anderen Menschen wirklich hören wollen. Wenn du erfahren willst, was seine Seele im Innersten bewegt und was ihn wirklich umtreibt, dann musst du auf die leisen Töne hören. Leise Töne sind nur schwer herauszufiltern aus dem Lärm des Alltags, sie drohen oft überhört zu werden von all dem Getöse und all den lauten Worten. Jeder einzelne Tag ist lang, vollgepackt mit Leben und schon allein deswegen laut. Du kannst ohne Mühe jeden gehört haben, ohne ihn wirklich gehört zu haben.

Jeder einzelne Tag ist lang, vollgepackt mit Leben

und schon allein deswegen laut.


Du kannst ohne Mühe jeden gehört haben, ohne ihn wirklich gehört zu haben.

Ich will die Menschen, die mir an mein Herz gelegt wurden, begreifen, verstehen, wahrhaft hören. Aber die wenigsten Menschen, gleich welchen Alters, verspüren wohl das dringende Bedürfnis, vor allen anderen, und seien es die eigenen urvertrauten Geschwister, das innerste Gefühlsleben auszubreiten. Leise Töne sind verletzlich, wie Seifenblasen, der Alltagslärm und unbedachte Kommentare bringen sie umgehend zum Platzen.

Eine Bettkante ist ein idealer Ort, um leise Töne zu hören – aber bei Weitem nicht der einzige. Bestimmt hast du schon Plätze entdeckt, Gelegenheiten und stille Ecken, in denen du dein Kind gut hören kannst.

Willst du wissen, was dein Zweijähriges bewegt, dann lass dich auf den Fußboden plumpsen, werde still und warte ab. Und schon bald wird es dich mitnehmen in die Tiefen seines Herzens, wird es dir Einlass gewähren in die Welt der wirklich dringenden Fragen: ob der Mond runterfallen oder das Christkind fliegen kann und ob die Liebe je endet. Auch Autofahrten sind hervorragende Gelegenheiten zum Nachspüren leiser Töne, zum Beispiel beim Bringen und Abholen deines Kindergarten- oder Schulkindes oder auf dem Weg zum Einkaufen. Vorausgesetzt natürlich, man ist zu zweit im Auto. Vorausgesetzt, man ist bereit, nur zu hören und nicht zu verhören. Da liegt ein entscheidender Unterschied. Leise Töne kommen ganz von selbst an das Außen, sie müssen nur die Gelegenheit dazu bekommen. Sie wollen wahrgenommen, verstanden und gehört werden, sind einfach nur schüchtern und scheuen den Lärm. Und auf gar keinen Fall darf man sie zwingen. Das Hören hat nichts mit Ausquetschen oder Aushorchen zu tun. Du kannst nicht die Herzen deiner Kinder belauschen und auch nicht das deines Mannes, aber du kannst hören, was sie dir anvertrauen wollen, wenn sie die Gelegenheit dazu bekommen.

Will ich hören, was meinen Mann bewegt, dann machen wir einen Spaziergang quer durch hügelige Weinberge, am besten frühmorgens oder am Abend, wenn nichts die Ruhe stört. Im Gehen lösen sich die Töne aus unseren Herzen und blubbern nach oben, singen leise ihr Lied, werden verstehbar, ergeben plötzlich Sinn und ergänzen die Lebensmelodie zu einem harmonischen Ganzen. So bleiben wir einander nahe und gehen uns nicht verloren, auch und gerade in Zeiten, in denen der Dampfkessel Leben unter Druck steht und schon in hohen Tönen pfeift.

Denn ich glaube, genau das wird passieren, wenn wir nicht aufeinander hören, wenn wir diesem Urbedürfnis nicht nachkommen. Wir gehen einander verloren. Schon der Geburtsschrei deines Kindes brüllt in die Welt: »Hörst du mich?! Bist du da? Bitte lasse mich nicht allein, verhungern, verdursten, erfrieren!« Und mit jedem Halten, Tragen und Schaukeln, jeder Melodie, die du summst, und jedem Wort, das du in ein Baby-Ohr sprichst, sagst du: »Ich bin da, du bist nicht allein. Du bist nicht verloren, du wirst nicht verhungern, verdursten, und du wirst nicht erfrieren. Denn ich bin hier und ich höre dich.«

Wenn wir älter werden und dies verstanden haben, verändert sich unser Rufen in die Welt, es wird leiser, unhörbar fast. Das Rufen dreht sich nicht mehr nur um das nackte Überleben, zumindest nicht in unseren Breiten. Aber trotz allem ist es existenziell, wollen wir immer wieder erfahren, dass wir nicht verloren gehen in dieser Welt. Wir brauchen eine Antwort auf unsere Anfragen, unsere Zweifel und Nöte. Wir müssen gehört werden, uns mitteilen und eine Resonanz bekommen auf all das, was wir im Herzen tragen. Als Hörender musst du nicht schon die Antwort parat haben, das Hören an sich ist genug. Vielleicht ist das vermeintliche Antworthaben dem Hören sogar nicht dienlich, denn es verleitet dazu, die leisen Töne an die Wand zu plappern.

Als Hörender musst du nicht schon

die Antwort parat haben,


das Hören an sich ist genug.

Ich bin eher keine laute Beterin, aber in meinem Herzen bete und rufe ich zu meinem Gott, und ich vertraue darauf, dass er diese...

Erscheint lt. Verlag 14.1.2022
Verlagsort Holzgerlingen
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Familie / Erziehung
Schlagworte Achtsam leben • Alltag • Eltern • Eltern-Kind-Beziehung • Entwicklung • Erziehungshandbücher • Erziehungsratgeber • Familienleben • gewaltfrei • Glücklich • Harmonie • Liebe • Liebevoll • Poesie • Praxistipps • Schimpfen • Sprachen der Liebe • Übungen
ISBN-10 3-7751-7553-9 / 3775175539
ISBN-13 978-3-7751-7553-1 / 9783775175531
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