Mein grüner Hund (eBook)

Plädoyer für ein faires Leben mit unseren Vierbeinern
eBook Download: EPUB
2022
240 Seiten
Karl Blessing Verlag
978-3-641-28989-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Mein grüner Hund - Kathrin Hartmann
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Wie geht Weltrettung mit Hund?

Seit ihrer Kindheit träumte die Journalistin und Autorin Kathrin Hartmann davon, einen Hund zu haben. Aber sie hielt es nicht für realistisch, mit einem Vierbeiner ökologisch verantwortlich zusammenzuleben. Erst als sie herausfand, dass es möglich ist, Hunde weitgehend fleischlos zu ernähren, erfüllte sie sich ihren Wunsch.

In MEIN GRÜNER HUND erzählt Kathrin Hartman davon, wie bereichernd das Leben mit einem Hund sein kann. Und sie sucht nach Antworten auf Fragen, die sich immer mehr Hundehalterinnen und Hundehalter stellen:

Welchen Platz räumen wir einem Wesen in unserer Gesellschaft ein, das mit uns seelenverwandt ist?

Wie kann unser Zusammenleben mit Hunden das Verhältnis von Mensch und Tier insgesamt verbessern?

Was können wir von Hunden für ein soziales und solidarisches Miteinander lernen?

Kathrin Hartmann, geboren 1972 in Ulm, studierte in Frankfurt/Main Kunstgeschichte, Philosophie und Skandinavistik. Nach einem Volontariat bei der »Frankfurter Rundschau« war sie dort Redakteurin für Nachrichten und Politik. Von 2006 bis 2009 arbeitete sie als Redakteurin bei »Neon«. 2009 erschien bei Blessing »Ende der Märchenstunde. Wie die Industrie die Lohas und Lifestyle-Ökos vereinnahmt«, 2012 erregte ihr Buch über die neue Armut - »Wir müssen leider draußen bleiben« - großes Aufsehen (»In den USA gäbe es dafür einen Pulitzer-Preis.« Deutschlandradio Kultur). »Die grüne Lüge« (2018) wurde sowohl als Film (zusammen mit Regisseur Werner Boote) wie auch als Buchveröffentlichung ein großer Erfolg. Hartmann schreibt regelmäßig für den »Freitag« und die »Frankfurter Rundschau«. Zuletzt erschien ihr Buch »Öl ins Feuer: Wie eine verfehlte Klimapolitik die globale Krise vorantreibt« (2024). Kathrin Hartmann lebt und arbeitet in München.

VORWORT

Auf den Hund gekommen

Mein Lebenstraum liegt unter meinem Schreibtisch und schnarcht. Sein warmer Kopf ruht auf meinem rechten Fuß, gegen den linken pocht das kleine Herz unter schwarzem Fell. Meine Wangen kribbeln von der Novemberkälte draußen, noch immer habe ich den Geruch von Erde und Herbstlaub in der Nase. Was auch daran liegt, dass auf dem Boden meines Arbeitszimmers braune Blätter verstreut liegen. Ich muss an mein Lieblingskinderbuch denken, Maurice Sendaks Wo die wilden Kerle wohnen: Da stand Max im Wolfskostüm in seinem Zimmer, in dem langsam ein Wald heranwuchs, »bis die Decke voll Laub hing und die Wände so weit wie die ganze Welt waren«. So fühle ich mich gerade, denn eben noch sind wir zwei durch die nebligen Auen die Isar entlanggerannt, über Baumstämme und Wassergräben gehüpft und durch raschelndes Laub gestoben wie unbeschwerte Kinder. Dabei bin ich 49 Jahre alt. Aber gute 40 davon habe ich gebraucht, um mir diesen Traum zu erfüllen. Einen Hund. Mit Toni sind wir jetzt ein Rudel, endlich.

Ich bin auf dem Land groß geworden, in einem kleinen bayerischen Bilderbuchdorf. Wenn man sich diesem nähert und irgendwann der Zwiebelturm der Barockkirche vor den bewaldeten Hügeln auftaucht, sieht es so aus, als wäre man am Ende der Welt angekommen. Das dachte ich als Kind, und manchmal geht mir das noch heute so. Aber natürlich hat auch dieses Dorf einen deprimierenden Niedergang erlebt, der entweder nüchtern »Strukturwandel« oder, etwas romantisierend, »Höfesterben« genannt wird. Als ich in den Siebziger- und Achtzigerjahren dort aufwuchs, staksten auf ungeteerten Wegen Hühner und Enten. Sommergrüne Weizenfelder, gepunktet von Mohn- und Kornblumen, wogten im Wind, über den Äckern kreisten Feldlerchen, auf den Wiesen standen Kühe. Im Wald neben unserem Haus hörte ich nachts die Füchse bellen – und manchmal verirrte sich ein Reh in unseren Garten und teilte sich die Salatköpfe im Gemüsebeet mit den Schnecken.

Heute rattern hausgroße Landmaschinen über Asphaltstraßen, auf den Feldern wächst Energiemais, die kleinen Höfe sind zusammen mit den Kühen verschwunden. Am Ende des Dorfs steht eine Mastanlage, die nicht erkennen lässt, welche Tiere darin ihr kurzes Leben fristen. Und auf den weiten Wiesen wachsen statt Butterblumen und Kuckucksnelken nun Neubaugebiete und Schuldenberge.

Natürlich war auch das Dorf meiner Kindheit kein Bullerbü – erst recht nicht im Umgang mit Tieren. Ich habe düstere Erinnerungen an die Grausamkeiten gegen sie: Das Glück, das neugeborene Kälbchen im Stall besuchen oder mit den Katzenbabys spielen zu dürfen, steht da gegen das Entsetzen, wenn dieses Kalb schließlich zum Schlachter geführt und die unerwünschten Katzenkinder im Bach ertränkt worden waren. Und vor den Hofhunden, die sich bedrohlich in ihre Ketten warfen und bellten, wenn ich vorbeilief, hatte ich ziemlich Angst. Heute weiß ich, dass sie vor Einsamkeit und Langeweile wohl halb wahnsinnig waren.

Zwei Situationen habe ich bis heute nicht vergessen. Beide haben viel damit zu tun, warum ich mir mein Leben lang einen Hund gewünscht habe – und doch so lange zögerte, mir diesen Wunsch zu erfüllen. Einmal sah ich aus dem Schulbusfenster, wie im Nachbardorf Männer ein Schwein aus dem Stall auf den Hof zerrten. Das Schwein sträubte sich mit aller Kraft, es schrie markerschütternd. Als ich aus der Schule zurückkam, stand in der Mitte des Hofs eine Lache Blut. Wenn man mich heute fragt, warum ich keine Tiere esse, dann habe ich sofort dieses Bild vor Augen. Tatsächlich wurde ich kurz darauf Vegetarierin. Jedenfalls probehalber. Ein anderes Mal hatte die Hündin des Bauernhofs, auf dem ich oft mit den Kindern spielte, Junge bekommen. Ich besuchte die Welpen jeden Tag und wollte unbedingt einen haben. Meine Eltern ließen sich aber nicht überreden. Schon gar nicht zu einem Hund, der womöglich so riesig werden würde wie dessen Mutter (Format Irischer Wolfshund), verständlicherweise. Eines Tages waren die Hundebabys verschwunden. Der Bauer hatte sie allesamt totgeschlagen, wahrscheinlich mit dem Kopf gegen die Stallwand, sie waren ihm lästig gewesen. Ich habe tagelang geheult.

Trotz dieser Abgründe habe ich große Sehnsucht nach dem Land. Ich habe zwar mehr Zeit meines Lebens in Großstädten verbracht und genieße dieses Leben. Aber mir fehlt die Nähe zur Natur, die Nähe zu Tieren. Ich habe mir immer gewünscht, mit Tieren zu leben. Deshalb habe ich meinen Hundewunsch auch nie aufgegeben.

Warum ausgerechnet ein Hund? Weil Hunde, anders als Kaninchen, Hamster, Wellensittiche oder Meerschweinchen, die einzigen Tiere sind, die mit Menschen zusammenleben wollen. Katzen suchen zwar auch unsere Nähe, aber nicht so bedingungslos wie Hunde. Katzen kamen für mich nie infrage, schon weil ich allergisch gegen sie bin. Katzen sind aber ohnehin nicht so mein Fall. Viele ihrer Fans bewundern sie ausgerechnet für Eigenschaften, die bei Menschen niemand mag, nämlich dafür, ignorant, egozentrisch, launisch und unzuverlässig zu sein. Die FDP der Tierwelt quasi, Liberalismus pur. Und ja: Seit zwei Katzen aus der Nachbarschaft den Garten meiner Mutter privatisiert haben (»Revier«), ist dort sofort die Vielfalt verschwunden und das Gemeinwesen zum Erliegen gekommen. Die Eichhörnchen haben das Weite gesucht, auf der Terrasse tritt man in Mäusemus, auf tote Maulwürfe und geköpfte Eidechsen, und die Vögel sind aus dem Kirschbaum geflohen. Wahrscheinlich konnten sie sich das Leben dort nicht mehr leisten.

Hunde dagegen sind für mich wie Genossen: solidarisch, loyal, hilfsbereit und mit einem ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit. Irgendwie links halt. Stereotype beiseite: Ich liebe Hunde vor allem, weil man mit ihnen, im Gegensatz zu Katzen, zusammen so viel unternehmen und sogar gemeinsame Hobbys haben kann. Vor allem aber fasziniert es mich, mit einer anderen Spezies kommunizieren zu können und eine enge Bindung einzugehen. Wenn ich Zeit mit Toni verbringe, wenn wir zusammen spielen, im Wasser planschen oder Tricks üben, vergesse ich mittlerweile fast schon, dass er ein Hund ist (und ich erwachsen bin). Denn er ist mein Freund. Dafür ist der Hund im Wortsinne gemacht: Ohne Menschen gäbe es keine Hunde. Sie sind uns in ihrem Wesen und in ihren Gefühlen ähnlicher als jedes andere Tier. Schließlich sind Hunde und Menschen seit mehr als 35 000 Jahren Partner.

Für Kurt Kotrschal, den ich für die Arbeit an diesem Buch getroffen habe, ist die Sehnsucht nach einem Hund auch aus anderen Gründen ganz logisch. Warum, das beschreibt der österreichische Biologe und Verhaltensforscher, der seit vielen Jahren die Beziehung zwischen Menschen, Wölfen und Hunden untersucht, in seinem Buch Hund&Mensch. Das Geheimnis unserer Seelenverwandtschaft: Im »tiefen und dringenden Wunsch nach einem Hund« könne man einen »lebenserhaltenden Instinkt« erkennen, »der in der menschlichen Liebe zur Natur wurzelt«.1 Viele Menschen, die einen Hund haben, beschreiben das auch so: »Mein Hund ist mein Tor zur Natur.« Das geht mir ganz genauso. Tatsächlich haben wir unseren letzten Urlaub danach geplant, was Toni gefallen könnte. Wir entschieden uns für das kroatische Hinterland zwischen Zagreb und den Plitvicer Seen. Zwei Wochen lang schwammen wir drei in Flüssen, schlenderten über Wiesen und streiften über Hügel und Berge und durch Wälder. Dieses besondere Gefühl von Freiheit, das ich nur in der Natur kenne, habe ich mit Toni noch stärker gespürt und mich ihm noch näher gefühlt. Das klingt womöglich recht emotional, aber: Mich darauf einzulassen, die Natur durch seine Augen wahrzunehmen, seiner Neugier zu folgen, das finde ich wahnsinnig bereichernd. Wie er aufgeregt durch frisch gefallenen Schnee tobt, wie er durch hohes Gras hüpft wie ein Reh, in die Isar springt und die Berge hinaufrennt – die Selbstverständlichkeit, mit der er sich in der Natur bewegt, seine Ausgelassenheit und Fröhlichkeit, die er dabei zeigt, sind einfach ansteckend. Deshalb hat Toni meinen dringenden Wunsch nach einer anderen, besseren Welt sogar noch befeuert.

Vielen Menschen geht es ja so, dass sie erst, wenn sie Kinder bekommen, feststellen, in welch dramatischem Zustand sich unser Planet befindet. So ist das bei mir nicht. Das weiß ich schon lange. Außerdem werde ich, wenn es mit rechten Dingen zugeht, meinen Hund überleben (auch wenn mir schon der Gedanke daran die Kehle zuschnürt). Es geht nicht um seine Zukunft auf einer ruinierten Erde, sondern um unser aller Gegenwart. Hunde sind weniger gestern und morgen als heute, sie sind jetzt, jetzt, jetzt.

So wie alles, was lebt – und unmittelbar von der Auslöschung betroffen ist: Nur noch drei Prozent der globalen Ökosysteme sind intakt2. Seit 1970 sind fast drei Viertel der Säugetiere, Vögel, Fische, Amphibien und Reptilien verschwunden. Von den heute bekannten acht Millionen Tier- und Pflanzenarten, die die Erde bevölkern, ist eine Million vom Aussterben bedroht.3 Einige dieser Arten werden bereits in den kommenden Jahrzehnten verschwunden sein, wenn wir nicht jetzt etwas dagegen tun. All das verdeutlicht mir Toni jeden Tag mit seiner ganzen unmittelbaren Lebendigkeit. Und wie er hätte auch ich es gerne jetzt schön. Mir geht es, wenn ich mit ihm unterwegs bin, oft eher so wie damals, als...

Erscheint lt. Verlag 14.3.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Natur / Technik Tiere / Tierhaltung
Schlagworte 2022 • Defektzuchten • eBooks • Haustiere • Hundeernährung, Barf • Hundeerziehung • Neuerscheinung • Rudelführer • Straßenhunde aus Rumänien • Tierfutterkonzerne • Tiermediziner • Vegetarische Ernährung • Welpenhandel
ISBN-10 3-641-28989-0 / 3641289890
ISBN-13 978-3-641-28989-8 / 9783641289898
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