Die heilende Kraft der Ernährung (eBook)
288 Seiten
Gräfe und Unzer (Verlag)
978-3-8338-8174-9 (ISBN)
Hinweis zur Optimierung
Impressum
Wichtiger Hinweis
Vorwort
Kulinarische Medizin
Lanserhof Concept
Einleitung: Was uns nährt
Rezepte
Die Fotografin
Schöne neue Welt – Mangel in Zeiten des Überflusses
In den letzten zweihundert Jahren hat sich die zuvor über lange Zeit nur geringen Veränderungen unterworfene Lebensweise und Ernährung des Menschen auf radikale Weise verändert. Neben der industriellen setzte zu Beginn des 19. Jahrhunderts auch eine landwirtschaftliche Revolution ein – mit weitreichenden Auswirkungen auf die gesamte Nahrungsmittelproduktion. Veränderte Anbaumethoden, der Einsatz von Düngemittel, neue Formen der Zubereitung und Haltbarmachung wie etwa die Erfindung des Kühlschranks und der Konserve gewährleisteten, dass eine rasch wachsende städtische Bevölkerung mit einer ausreichenden Menge an Lebensmitteln versorgt werden konnte. Hungersnöte aufgrund von Klimaeinflüssen oder Schädlingen wurden, zumindest in den entwickelten Nationen, zur Seltenheit.
LEBEN IM SCHLARAFFENLAND
Die Versorgungssicherheit und ökonomischen Vorteile einer nach industriellen Kriterien organisierten Nahrungsproduktion ermöglichen bis heute die Ernährung einer immens gewachsenen Weltbevölkerung. Dank der internationalen Verflechtung der Wirtschaftsräume lassen sich regionale Krisen kompensieren. Hunger gilt als vermeidbar – wo es dennoch zu gravierenden Mangelversorgungen kommt, liegt meist politisches Versagen vor. In den westlichen Industriestaaten leben wir in einer Art Schlaraffenland, in dem alles jederzeit verfügbar ist. Dass Exotenobst saisonunabhängig zu bekommen ist, dass es ganzjährig ein flächendeckendes Angebot an hochwertigem Gemüse gibt und der Fleischpreis niedrig ist, kommt sicher allen zugute. Doch der Ressourcenverbrauch der Agrarindustrie ist hoch, und Produkte von wirklich hoher Qualität sind nur zu einem entsprechenden Preis zu bekommen.
Während der hektische Rhythmus des modernen Alltags mit seinen vielfältigen Forderungen an den Einzelnen regelmäßige Mahlzeiten im Familienkreis zur logistischen Herausforderung macht, lockt die Lebensmittelindustrie mit attraktiven Angeboten in Hülle und Fülle. Essen, das schnell geht, sofortige Sättigung verspricht und den Geldbeutel nur in Maßen belastet – gerade in Gesellschaften mit einem hohen Anteil an Singlehaushalten scheint dies eine konkurrenzlos praktische Option. Anders als unsere Vorfahren müssen wir nicht mehr säen, nicht ernten, oft brauchen wir nicht einmal mehr zu kochen – Take-away-Angebote, Fertigprodukte und Mikrowellengeräte nehmen es uns ab. Wir leiden keinen Mangel und schon gar keinen Hunger mehr. Das Angebot an Nahrung ist riesig und verführerisch, sodass wir jederzeit zugreifen können, schon beim geringsten Anflug von Appetit, ohne jede Not, einfach nur weil mehr als genug vorhanden ist. Dafür zahlen wir einen hohen Preis.
DIE FOLGEN DES ÜBERFLUSSES
Nach Angaben der Global Burden of Disease Study der renommierten medizinischen Fachzeitschrift »The Lancet« sterben jedes Jahr weltweit über elf Millionen Menschen infolge falscher Ernährung. Nachdem die Lebenserwartung im internationalen Durchschnitt über zweihundert Jahre hinweg beständig angewachsen war, stagniert sie inzwischen. In einigen westlichen Nationen wie den USA war sie in jüngster Zeit sogar rückläufig – trotz fortwährend verbesserter medizinischer Möglichkeiten und eines breiten Nahrungsangebots. Gewiss sind die Gründe für solche Entwicklungen sowohl politischer als auch gesellschaftlich-sozialer Natur. Der statistische Zusammenhang mit der Ernährungsweise weiter Bevölkerungskreise ist dennoch offensichtlich und nicht von der Hand zu weisen. Laut 2016 veröffentlichten Daten von Eurostat, dem statistischen Amt der Europäischen Union, ist auch in der Europäischen Union inzwischen bereits über die Hälfte aller Erwachsenen »übergewichtig«, weist also einen Body Mass Index (BMI) von 25 und mehr auf. Jeder sechste Erwachsene gilt mit einem BMI von 30 und mehr sogar als fettleibig (adipös). Übergewicht, dessen Begleiterkrankungen und andere ernährungsbedingte Leiden beschäftigen Medizin, Ernährungswissenschaften aber auch die Politik in zunehmendem Maße. Anders als es die öffentliche Diskussion nahelegt, ist Übergewicht nicht in erster Linie ein ästhetisches oder gar kosmetisches Problem, sondern eine der zentralen Herausforderungen der globalen Gesundheit. Aber auch auf individueller Ebene ist das Verhalten in puncto Ernährung und Essgewohnheiten von kaum zu überschätzender Tragweite: Nicht nur für das persönliche Wohlergehen im Moment, sondern auch in biografischer Perspektive. »Du bist was Du isst«, lautet eine alte Spruchweisheit. Die moderne Ernährung bestätigt sie auf Schritt und Tritt: Was und wie wir heute essen, bestimmt darüber, wie wir morgen leben werden.
MANGEL IN ZEITEN DER ÜBERFÜLLE
Natürlich ist das Problem längst bekannt. Nie war das Angebot an Ernährungsempfehlungen und Diäten größer und vielfältiger als heute. Während die Forschung der vergangenen Jahrzehnte das Wissen um die organischen Zusammenhänge fortwährend ausdifferenziert hat, ist auch das Bewusstsein der Konsumenten für die Tragweite des täglichen Essverhaltens gewachsen. Entsprechend tief ist die allgemeine Verunsicherung darüber, welche Ernährungsweise langfristig nun wirklich gesundheitsfördernd sein mag. Die Furcht, etwas »Ungesundes« zu sich zu nehmen, treibt viele Verbraucher in den schmerzhaften Verzicht. Ohne medizinische Indikation werden ganze Gruppen von Stoffen tabuisiert: Gluten, Laktose, Fett, Kohlenhydrate oder auch tierische Produkte können auf den Index geraten. Was für Menschen mit nachweisbaren Lebensmittelunverträglichkeiten in Absprache mit einem Arzt sinnvoll sein mag oder sich aus ethischen oder ökologischen Motiven aufdrängen kann, ergibt unspezifisch angewendet ernährungsphysiologisch weit weniger Sinn. Der langfristige Schaden überwiegt häufig den Nutzen. Ein kompletter Ausschluss bestimmter Lebensmittel oder sogar ganzer Nährstoffgruppen trägt genau wie einseitige Ernährung zu einer grundsätzlichen »Mangelernährung« bei. Das Weggelassene, gerade wenn es sich dabei um essenzielle Bestandteile der Ernährung handelt, »fehlt« tatsächlich. Dies führt zu der paradoxen Situation, dass Millionen von Menschen an regelrechten Fehlernährungen mit allen möglichen gesundheitlichen Folgen leiden – trotz der grundsätzlichen Verfügbarkeit von großen Mengen an Nahrung. Viele dieser Diätmaßnahmen versuchen sich an notdürftigen Reparaturen, wo im Grunde tiefere Einsichten, Transformationen auf breiter Fläche und fundamentale Änderungen vonnöten wären. Sie gehen von der Annahme aus, die Korrektur einzelner Ernährungsaspekte bewirke die erhoffte Wende des Selbstgefühls. Sinnvoller als derart einseitige Eingriffe auf der Basis von isolierten Erkenntnissen wäre die sehr viel umfassendere Aufmerksamkeit für den Wert gesundheitsfördernder Lebensmittel und ihrer unterschiedlich wirkenden Eigenschaften. »Die heilende Kraft der Nahrung«, die enge Wechselwirkung zwischen den positiven Effekten guter Produkte und dem gesamten Wohlergehen, ist ein Phänomen, das nicht nur einzelne Gruppen von Nahrungsmitteln betrifft, sondern die täglichen Essgewohnheiten im Ganzen. C. J. Murray, einer der Co-Autoren der erwähnten »Global Burden of Disease Study«, beobachtet hier eine grundsätzliche Schieflage in der öffentlichen Diskussion: »Im Mittelpunkt der politischen Debatten standen in den vergangenen Jahrzehnten Fett, Zucker, Salz. Dagegen zeigt unsere Erhebung, dass der Mangel an gesunden Nahrungsmitteln ein größerer Risikofaktor ist.«
In Zeiten des Überflusses ist es schwierig, den Versuchungen zu widerstehen, die an jeder Ecke auf uns warten. Doch die Leckereien liefern unserem Körper nicht immer das, was er wirklich braucht.
ALTE MISSVERSTÄNDNISSE
»Fett macht fett«, lautete lange das Credo. Nicht zuletzt, so die schlichte Rechnung, weil es mit neun Kalorien pro Gramm auf einen doppelt so hohen Brennwert kommt, wie Eiweiß oder Kohlenhydrate mit jeweils nur vier Kalorien. Sogar Fett in Form von gesunden pflanzlichen Ölen und Nüssen geriet zum Tabu. Umgekehrt bildeten Kohlenhydrate – Brot, Nudeln, Reis, Kartoffeln und Getreide – die breite Basis der Ernährungspyramiden. Die Industrie befeuerte den Trend mit einer Flut von Lightprodukten, bei denen die fehlende Sättigungswirkung des Fetts durch einen deutlich höheren Anteil von Kohlenhydraten und Zucker kompensiert wurde. Künstliche Zusatzstoffe sorgten für bessere Konsistenz und besondere Aromareize, aber auch dafür, dass der eben nur »light«, aber nicht vollständig gestillte Hunger innerhalb kürzester Zeit erneut befriedigt werden musste. Die Folgen der langjährigen Kohlenhydratmast sind bekannt. Inzwischen gilt sie weltweit als Hauptursache für Übergewicht sowie für erhöhte Blutfett- und Blutzuckerwerte, die Stoffwechselstörungen und in deren Folge Diabetes mellitus, Herzinfarkte und Schlaganfälle hervorrufen können.
Doch Vorsicht vor vorschnellen Schlussfolgerungen: Eine umgekehrte Pendelbewegung hin zu Konzepten wie »Low Carb« oder »High Fat« erscheint hier zwar folgerichtig. Dogmatisch und undifferenziert angewendet führt eine solche Ernährungsform aber schnell in ein ähnliches Dilemma: Kohlenhydrate an sich sind ebenso wenig zu verteufeln wie Fett. Zusammen mit Eiweiß gehören beide zu den sogenannten »Makronährstoffen«, die unser Körper gleichermaßen dringend benötigt und die er nur über Nahrung aufnehmen kann.
WIE KOHLENHYDRATE IN UNSEREM KÖRPER WIRKEN
Um den Energiebedarf des Körpers zu decken, stehen dem Stoffwechsel zwei Quellen zur Verfügung: Fett und Zucker. Kohlenhydrate bestehen aus einfachen oder mehreren zu Ketten verbundenen Zuckermolekülen. Im Vergleich zu Fett lassen sie sich wesentlich...
Erscheint lt. Verlag | 1.11.2021 |
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Reihe/Serie | GU Autoren-Kochbücher |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Essen / Trinken ► Gesunde Küche / Schlanke Küche |
Schlagworte | Abendessen • Avocado • Backen • Ballaststoffe • Darmgesundheit • Diäten • Entschlacken • Ernährungsform • Ernährungskonzept • Ernährungsmedizin • Essen • Fasten • feldsalat • Gemüse • Gemüsebrühe • Genussrezepte • Gerichte • Gesund • Gesunde • Gesunde Küche • Gewürz • Gewürze • Glutenfrei • GU • Hackfleisch • Hauptgerichte • Hülsenfrüchte • Joghurt • Kalorien • Kartoffel • Kartoffeln • Knoblauch • knoblauchzehen • Kochbuch • Kochen • Kohlenhydrate • Koriander • Koriandergrün • Milchprodukt • Olivenöl • Petersilie • regional • Reis • revitalisieren • Rezept • Rezepte • Saisonal • Salat • Schlanke Küche • Sellerie • Smoothie • Staudensellerie • Superfood • Suppen • Tomate • Tomaten • Tomatenmark • Tomatensauce • Unverträglichkeiten • Vegetarisch • vegetarische • Vorspeisen • Zitrone • Zubereiten • Zubereitung • Zutat • Zwiebel |
ISBN-10 | 3-8338-8174-7 / 3833881747 |
ISBN-13 | 978-3-8338-8174-9 / 9783833881749 |
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Größe: 28,7 MB
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