Die Geschichte der Pasta in zehn Gerichten (eBook)

(Autor)

eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
296 Seiten
Harpercollins (Verlag)
978-3-7499-5134-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Geschichte der Pasta in zehn Gerichten - Luca Cesari
Systemvoraussetzungen
16,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen

»Die einzige Konstante der Tradition ist Veränderung.«

Luca Cesari


Wenn auf unseren Tellern etwas nicht fehlen darf, dann ist es Pasta: all'amatriciana, alla bolognese, alla carbonara, al pomodoro oder al pesto - jeder liebt sie, jeder isst sie. Und doch wissen wir viel zu wenig über das Nationalgericht Italiens. Wie sahen Spaghetti alla bolognese im späten 19. Jahrhundert aus? Wieso hatten es Gnocchi lange Zeit so schwer? Wer steckte die Tomate in die Dose? Welche Nudelsorte bezeichnet man als »Nabel der Venus«?

Luca Cesari, passionierter Koch und food historian, erzählt die Geschichten hinter den Gerichten. Vom historisch erstmals erwähnten Rezept bis hin zu seinen heute teils hitzig diskutierten Varianten und Zutaten. Knoblauch in die Carbonara? Ein Skandal! Eine unterhaltsame und verblüffende Reise durchs Universum der Nudeln, bei der für alle was dabei ist. Schmackhaft, sinnlich, sättigend - Viva la Pasta!


»Im Grunde kann jede Nudelsorte eine Geschichte erzählen. Wir sollten uns nicht wundern, wenn Lasagne oder Spaghetti all'amatriciana heute nicht mehr genauso schmecken wie vor hundert Jahren. Ganz sicher handelt es sich nicht um eine Verschwörung, wenn all die alten Kochbücher unser Lieblingsgericht ganz anders beschreiben, als wir es heute kennen.

Die »echte« Amatriciana von heute ist nicht mehr die »echte« Amatriciana der 1960er-Jahre und ähnelt schon gar nicht mehr der »echten« Amatriciana vom Beginn des vergangenen Jahrhunderts, sondern ist das Ergebnis einer hundertjährigen kulinarischen (und politischen) Entwicklung.

Die interessanteste Veränderung betrifft jedoch weniger die im Lauf der Geschichte wechselnden Zutaten, sondern vielmehr das Narrativ - denn ein Rezept sollte, mehr noch als gut schmecken, vor allem »schön erdacht« sein.«



Im Bologna der Siebzigerjahre geboren, wurde der kleine Luca liebevoll von seiner nonna, einer begnadeten Köchin, mit Tagliatelle und Tortellini großgefüttert. Kein Wunder, dass er selbst leidenschaftlicher Koch wurde und sich mit der Geschichte der Gastronomie und der Entstehung traditioneller italienischer Gerichte beschäftigt. Luca Cesari liebt es, mit historischen Rezepten zu experimentieren und hat es sich zum Ziel gemacht, sie zu bewahren und in die heutige Küche zurückzubringen. Er schreibt für verschiedene Magazine, fürs Radio und auf seinem Blog ricettestoriche.it.

VORWORT

Der Horizont liegt häufig hinter uns.

TONINO GUERRA

Kochen ist heutzutage in Italien keinesfalls ein unverfängliches, sondern ein höchst riskantes Gesprächsthema. Das zeigt sich tagtäglich auf diversen Websites und Blogs zum Thema Küche, und zwar immer dann, wenn es um die sogenannte traditionelle italienische Küche geht – vielleicht kennen Sie dieses Phänomen sogar aus eigener Erfahrung.

Mir selbst ist Folgendes passiert: Ich hatte vergessen, Guanciale 1 einzukaufen, und dummerweise war auch kein Pecorino 2 im Haus.

Ich öffnete also den Kühlschrank, holte geräucherte Pancetta, Eier und Parmesan heraus und kochte mir Spaghetti Carbonara. Bevor ich zu essen begann, postete ich ein Foto meines gefüllten Tellers auf Facebook. Eine Flut von Beschimpfungen ergoss sich über mich, und als ich mich zu verteidigen versuchte, wurden daraus sogar Drohungen. Wer, bitte schön, fiel da über mich her?

Es handelt sich um eine spezielle menschliche Spezies (leider gibt es davon inzwischen ein ganzes Heer), die ich als »Gastropurist: innen« bezeichne. Sie sind die neuen Hohepriester: innen der traditionellen italienischen Küche. Gastropurist: innen wissen immer (oder glauben zu wissen), welches die einzig richtigen und unverzichtbaren Zutaten für jedes beliebige Traditionsrezept sind – weil ihre Großmutter, Urgroßmutter oder noch länger verblichene Vorfahren »es schon immer so gemacht haben«.

Dahinter steckt die Grundüberzeugung, traditionelle Gerichte hätten seit je genau so ausgesehen, wie wir sie heute kennen, wären also über die Jahrhunderte hinweg völlig unbeschadet und unverändert auf unseren Tischen und Tellern gelandet. Ein derart verzerrter und ideologisierter Blick auf die Geschichte des Kochens hat das Ziel, die Geburtsstunde traditioneller Rezepte in eine möglichst graue Vorzeit zu verlegen, weil Alter und Beständigkeit als die zwei Hauptkriterien für die Beurteilung dessen dienen, was als »traditionell« zu gelten hat und was nicht. Also werden mehr oder weniger hanebüchene Märchen darüber verbreitet, wie unsere berühmtesten Pastagerichte entstanden sind – weswegen die italienische Geschichte nur so von arbeitsamen und gewitzten Bauern oder geheimnisumwitterten Hofköchen wimmelt, die aus den wenigen Zutaten, die ihnen zur Verfügung standen, wahrhaft unvergessliche Gerichte zauberten.

Dabei reicht ein kurzer Blick in die Geschichte (in jene, die aus Fakten und schriftlichen Dokumenten besteht), um sich bewusst zu machen, dass all diese traditionellen Spezialitäten praktisch immer jünger sind, als man vermutet; und auch ihre Zubereitung ist alles andere als in Stein gemeißelt. Der Weg, den die zehn »unantastbaren« Ikonen in diesem Buch zurückgelegt haben, ist gepflastert mit Varianten, Rückschlägen und überraschenden Weiterentwicklungen. Man kann daraus schließen, dass sich unsere heutigen Rezepte immer unweigerlich stark von denen entfernt haben, aus denen sie einst entstanden sind, und dass Industrialisierung und Globalisierung dabei eine viel entscheidendere Rolle gespielt haben, als man gern glauben würde. Das lässt sich an zwei anderen Beispielen erläutern, die mit Kulinarik wenig zu tun haben.

Praktisch jede: r kennt die Brüder Lumière, denen es erstmals gelang, bewegte Bilder auf eine große Leinwand zu projizieren, Pioniere jener neuen künstlerischen Ausdrucksform und inzwischen florierenden Industrie, die wir Kino nennen.

Beantworten Sie die folgende Frage, ohne vorher irgendwo nachzusehen: Welche Filme konnte Auguste Marie, der später Verstorbene der beiden Lumière-Brüder, zu seinen Lebzeiten noch sehen? Vielleicht einen der ersten langen Stummfilme? Hat er die Entwicklung des Tonfilms noch mitbekommen? Oder gar einen der ersten Farbfilme gesehen?

Nehmen wir ein anderes Bruderpaar, Wilbur und Orville Wright, Protagonisten einer weiteren bedeutenden Revolution, der des Fliegens: Ahnten sie bereits, dass Menschen sich irgendwann mithilfe eines Motorflugzeugs mit festen Tragflächen in die Lüfte würden erheben können? Der erste Flug der Wrights dauerte nur eine knappe Minute und war doch der Beginn einer neuen Ära. Auch hier wüsste ich gern von Ihnen: Welche Weiterentwicklungen hat Orville, der später Verstorbene der beiden, noch miterlebt? Das Aufkommen des Doppeldeckers? Die Überquerung des Ärmelkanals? Oder des Atlantiks? Flugzeuge mit nur einer Tragfläche?

Nun, Auguste Marie Lumière starb 1954 im Alter von 91 Jahren, war also noch in den Genuss von Meisterwerken wie Ein Herz und eine Krone mit Audrey Hepburn und Gregory Peck oder Boulevard der Dämmerung von Billy Wilder gekommen, die schon den Niedergang von Hollywoods goldenem Zeitalter einläuteten.

So ähnlich sieht es auch bei Orville Wright aus: Er starb 1948 mit 76 Jahren, lebte somit lange genug, um mitzubekommen, wie aus Flugzeugen Atombomben über Hiroshima und Nagasaki abgeworfen wurden – der tragische Schlussakt des Zweiten Weltkriegs.

Beiden Pionieren genügte also ihre Lebensspanne, um mitzuverfolgen, wie sich ihre Erfindungen von den ersten Prototypen bis zur technischen Reife entwickelten und die menschliche Gesellschaft tiefgreifend veränderten.

Wenn wir einen Flug buchen, erwarten wir eine Boeing 747 und bestimmt keinen Doppeldecker. Und doch sind beides Flugzeuge, und mit beiden kann man das Gleiche tun, nämlich fliegen. Abgesehen von kleineren oder größeren technischen Entwicklungen ermöglichen sie uns zwei unterschiedliche Flugerfahrungen. Und selbst wenn wir mit einem Doppeldecker keine längeren Strecken absolvieren möchten, kann ein Flug darin doch seinen Reiz haben – so wie ein alter Stummfilm. Das lässt sich mehr oder weniger auch aufs Kochen übertragen.

Wir sollten uns daher nicht wundern, wenn Lasagne oder Spaghetti all’amatriciana heute nicht mehr genauso schmecken wie vor hundert Jahren. Was wir heute auf den Tisch bringen, ist das Ergebnis einer langen Entwicklung, im Laufe derer sich selbstverständlich vieles verändert hat. Ganz sicher handelt es sich nicht um eine Verschwörung, wenn all die alten Kochbücher unser Lieblingsgericht ganz anders beschreiben, als wir es heute kennen. Vielmehr existierten bereits in der Vergangenheit nebeneinander oder nacheinander unterschiedliche Versionen dessen, was uns heute als unverrückbares Denkmal oder untrennbarer Teil unserer kulinarischen Identität erscheint.

Selbst die Pasta hat sich ihren Platz in der Küchentradition Italiens mühsam erobern müssen – eine Entwicklung, die sich erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts beschleunigte. Heute ist die italienische Küche ohne Pastasciutta 3 nicht vorstellbar, während sie noch vor eineinhalb Jahrhunderten in vielen Kochbüchern einen sehr begrenzten Platz einnahm.

Sehen wir uns ein Beispiel aus der Übergangszeit näher an, nämlich La cuciniera bolognese (Die Bologneser Köchin), ein Rezeptbüchlein, das 1874 in Bologna gedruckt wurde. Es reicht ein kurzer Blick ins Register, um festzustellen, dass kein einziges Nudelrezept enthalten ist, auch keines der Gerichte, die heute als Wahrzeichen der Hauptstadt der Emilia-Romagna gelten: keine Spur von Ragù allabolognese, Tagliatelle oder Cannelloni. Tortellini? Fehlanzeige. Stattdessen stoßen wir auf Rezepte, die wie in vielen anderen Kochbüchern des 19. Jahrhunderts vom Interesse an anderen fremden Küchen zeugen: deutsche, portugiesische und katalanische Suppen, Mailänder Risotto, englisches Roastbeef und Steak, venezianische Leber und Tauben nach Art der Marken.

Wenig überraschend auch, dass noch in Publikationen vom Beginn des 20. Jahrhunderts viele unserer berühmten regionalen Spezialitäten schwer zu erkennen sind. In 100 specialità di cucina italiane ed estere (100 Spezialitäten der italienischen und auswärtigen Küche) von 1908, dem ersten Kochbuch, das nach Kriterien der regionalen Herkunft gegliedert ist, ist die piemontesische Küche mit Rezepten wie Käsefondue, Schafszunge am Spieß, Kalbskopf nach Art von Vercello oder frischem Lachs vertreten. Das sagt meiner Meinung nach alles darüber, welchen Weg die kulinarische Entwicklung seither zurückgelegt hat. Ich bezweifle, dass heute eines der genannten Gerichte auf der Karte eines Restaurants im Piemont zu finden ist.

Kann es also sein, dass Rezepte, die in unseren regionalen Traditionen so fest verwurzelt scheinen, vor einem Jahrhundert noch gar nicht existierten oder ganz anders aussahen? Und wie schmeckten sie damals? Solchen Fragen wird dieses Buch nachgehen.

Abschließend möchte ich noch meine Vorgehensweise vorstellen und einen Wunsch aussprechen. Um die Geschichte der hier versammelten Nudelgerichte zu rekonstruieren, habe ich viele Quellen herangezogen. Die mehr oder weniger alten Kochbücher gehörten dabei ganz sicher zu den reichhaltigsten und ergiebigsten, und doch hat auch ihr Erkenntniswert seine Grenzen. Je weiter man zurückgeht, desto elitärer geben sich diese Rezeptsammlungen, denn in ihnen spiegelte sich anfangs die Küche der Herrscher, dann die des Adels und schließlich die des Großbürgertums. Erst im Lauf des 19. Jahrhunderts erschienen erste Kochbücher, die für den Gebrauch in der Durchschnittsfamilie gedacht waren. Alles in allem sind sie jedenfalls keine...

Erscheint lt. Verlag 23.11.2021
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Original-Titel Breve storia della pasta
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Essen / Trinken
Sachbuch/Ratgeber Sport
Geisteswissenschaften Geschichte Regional- / Ländergeschichte
Geschichte Teilgebiete der Geschichte Kulturgeschichte
Schlagworte Alltagsgeschichte • Buch Pasta • Essenshistoriker • Geschenk für Köche • geschenk pasta • Italien • italien essen • italien geschenk • Italienische Küche • italienische Spezialitäten • Italien Kochbuch • italien nudeln • Kulturgeschichte Italien • Nudeln • nudeln geschenk • nudeln italien • nudeln italienisch • nudeln pasta • Pasta • Pasta Geschichte • pasta italiana • pasta italienisch • Pasta Rezepte • pasta tradizionale • sachbuch pasta
ISBN-10 3-7499-5134-9 / 3749951349
ISBN-13 978-3-7499-5134-5 / 9783749951345
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 1,2 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Anbau, Handel und globale Genusskulturen

von Martin Krieger

eBook Download (2023)
Böhlau Verlag
35,00
Erwachen einer Musikszene

von Michel-Angelo Fédida

eBook Download (2024)
Kohlhammer Verlag
29,99