Happy Hour (eBook)

Wie wir gesund und gestärkt persönliche Krisen durchstehen
eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
223 Seiten
Campus Verlag
978-3-593-44864-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Happy Hour -  Silke Franzen
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Auf einmal ist nichts mehr wie vorher. Ob Trennung, Jobverlust oder Krankheit: In einer Krise wissen wir oft nicht, wie es weitergehen soll. Silke Franzen kennt diese Reaktion gut. Sie betreut seit Jahrzehnten Betroffene traumatischer Ereignisse weltweit, war bei 9/11 und nach dem German Wings-Absturz 2015 im Einsatz. Mit ihrem Buch begleitet sie die Lesenden auf den drei Etappen einer Krise: Sie hilft ihnen zunächst, die eigene Reaktion zu verstehen und unterstützt sie dann, zehn Fähigkeiten zu lernen, die eine aktive Bewältigung ermöglichen. Wie gelingt es etwa, das Grübeln abzustellen und sich auch in der Krise glückliche Stunden zu schaffen? In der letzten Etappe gibt sie Impulse dafür, zielgerichtet ein neues Leben aufzubauen - und stabil aus der Krise hervorzugehen.

Dr. Silke Franzen ist Psychotherapeutin und Beraterin zu den Themen Krisenmanagement und Stressbewältigung. Zuvor hat sie bei der Deutschen Lufthansa AG das sogenannte Special Assistance Team zum Krisenmanagement aufgebaut. Sie hat über 2000 freiwillige (Laien-)Helfende geschult und war bei zahlreichen Kriseneinsätzen zur Unterstützung der Überlebenden, der Angehörigen und der Supervision der Ersthelfenden vor Ort.

Dr. Silke Franzen ist Psychotherapeutin und Beraterin zu den Themen Krisenmanagement und Stressbewältigung. Zuvor hat sie bei der Deutschen Lufthansa AG das sogenannte Special Assistance Team zum Krisenmanagement aufgebaut. Sie hat über 2000 freiwillige (Laien-)Helfende geschult und war bei zahlreichen Kriseneinsätzen zur Unterstützung der Überlebenden, der Angehörigen und der Supervision der Ersthelfenden vor Ort.

Aus dem Nest gefallen


Einschneidende lebensverändernde Ereignisse


Nur ein Wimpernschlag und alles ist mit einem Mal anders. Noch eben schien unsere Welt sicher und vertraut. Auch wenn wir vielleicht hier und da mal gehadert haben, war es doch irgendwie angenehm und beruhigend. Plötzlich fühlen wir uns hilflos, wir sind verunsichert, erleben uns als verletzt und fremd in der Welt. Wir sind herausgefallen aus unserem Nest, erkennen uns selbst, die anderen, die Welt nicht mehr wieder. Wir möchten zurück. Noch nie haben wir unser altes Leben so geliebt.

Wir denken zumeist, dass wir immun sind gegen Schicksalsschläge und in einer sicheren vorhersagbaren Welt leben. Unglücke und Krisen finden woanders statt. Das ist auch gut so und gesund, denn sonst würden wir in ständiger Angst leben. Doch niemand von uns ist vor einschneidenden lebensverändernden Ereignissen geschützt. Persönliche Krisen gehören zum Leben dazu. Die Situationen können so vielfältig sein wie das Leben selbst: die Diagnose, die uns von einem Arzt bei einer Routineuntersuchung mitgeteilt wird; die Kündigung unseres Arbeitsvertrages, die plötzlich und unerwartet auf unserem Schreibtisch liegt; der eigene Partner, der uns ohne Vorwarnung verlässt; die Nachricht, dass unsere Eltern bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen sind; der Einbruch in unserem eigenen Haus oder ein Virus namens Covid-19, von dem wir noch nie gehört haben und das unser eigenes Leben stark einschränkt.

Doch was immer wir auch erleben, unser Kopf schützt uns zunächst vor der Wucht des ganzen Aufpralls. Die Gewissheit des Ereignisses dringt erst allmählich in unser volles Bewusstsein. Tröpfchenweise gibt es den Schrecken für uns frei. Vor der vollständigen Erkenntnis drängen sich Gedanken auf, die der eigenen Beruhigung dienen sollen: »Der Arzt hat die Unterlagen verwechselt«; »Der Chef meint es mit der Kündigung gewiss nicht ernst«; »Bei dem Verkehrsunfall muss es sich um eine Verwechslung handeln, gibt es nicht viele Autos der gleichen Marke und Farbe?«; »Das ist sicherlich ein Missverständnis, das sich ganz schnell aufklären wird«; »Ein so kleines Virus kann doch nicht wirklich so viel Schaden anrichten«; »Mich wird das Ganze sowieso nicht betreffen«; »Es wird schon nicht so schlimm sein«. Wir wissen, dass es schlimme Krankheiten, Kündigungen, Scheidungen, Unfälle, Pandemien und andere Katastrophen gibt. Aber normalerweise gehen wir immer davon aus, dass der Schrecken anderen passiert.

Die erste Selbstberuhigung dauert meist nur einige Sekunden, manchmal hält sie auch länger an. Unser Kopf fungiert als Airbag vor der Realität. Danach kommt der Schock, wir realisieren, dass die katastrophale Nachricht wirklich wahr ist. Wir spüren zunächst eine innere Leere, fühlen nichts, wirken nach außen hin fast emotionslos. Doch die Gefühle lassen nicht allzu lange auf sich warten: Je nachdem was passiert ist und in welchem Ausmaß oder wie wir betroffen sind, spüren wir früher oder später beispielsweise Angst, Verzweiflung, Wut, Traurigkeit, Schuld. Alles gleichzeitig oder auch nacheinander. Nach einiger Zeit werden auch körperliche Reaktionen spürbar wie beispielsweise Reizbarkeit, Konzentrationsschwierigkeiten, Schreckhaftigkeit, erhöhte Wachsamkeit, Schlafstörungen oder auch Interessenverlust und Rückzug.

Bin ich noch normal?


Normale Reaktionen auf unnormale Ereignisse

Ist das normal? Viele sind aufgrund ihrer Reaktionen völlig verunsichert. Sie haben das Gefühl, doppelt gestraft zu sein. Ihnen ist nicht nur das Unfassbare widerfahren, sie erkennen auch sich selbst und ihre eigenen Empfindungen nicht mehr wieder. Sie kennen beispielsweise Konzentrationsschwierigkeiten und Schreckhaftigkeit nicht von sich. Alles fühlt sich irgendwie »falsch« an. Besonders auch dann, wenn sie Wut verspüren (etwa auf einen Angehörigen: »Warum ist er gestorben und lässt mich allein?«), sich schuldig fühlen (»Warum habe ich mich nicht mehr angestrengt und noch mehr Überstunden gemacht?«) oder sich selbst anklagen (»Hätte ich gesünder gelebt, hätte ich die Krankheit nicht bekommen«). So erschüttert uns nicht nur das Geschehen selbst, sondern auch unsere eigene Reaktion darauf – letztere manchmal noch mehr als das Ereignis selbst. Wir haben ein zusätzliches Problem: Zu der Katastrophe kommt noch die Verunsicherung über die eigene Reaktion hinzu, wir trauen uns selbst nicht mehr über den Weg, fordern von uns, dass wir doch eigentlich stärker sein müssten. Somit verlieren wir den Glauben daran, dass wir in schwierigen Situationen selbst etwas bewirken können und fühlen uns zunehmend hilflos. In der Psychologie spricht man davon, dass die Erwartung an unsere Selbstwirksamkeit beeinträchtigt wird.

Diese Reaktionen sind völlig normal, die meisten Menschen empfinden nach einem solchen Ereignis so. Allerdings fühlt es sich für uns selbst nicht normal an, da die Situation und ihr Erleben neu sind. Wären sie alltäglich, könnten wir auch besser damit umgehen. Diese Information ist schon ein erster wichtiger Schritt, um das Erlebte besser einordnen zu können. So haben wir eine Sorge weniger: Die Situation ist unnormal, unsere Reaktion darauf schon – wir sind normal!

Die psychischen Grundbedürfnisse

Sicher ist, dass wir durch eine Krise in unseren Grundfesten erschüttert werden. Der Psychologe Klaus Grawe hat vier neurobiologisch fundierte und wissenschaftlich anerkannte psychische Grundbedürfnisse aufgestellt.1 Das sind das Bedürfnis nach Orientierung und Kontrolle, nach Lustgewinn und Unlustvermeidung, nach Bindung und Zugehörigkeit sowie nach Selbstwerterhöhung. Alle unsere Grundbedürfnisse dienen evolutionär dem Überleben jedes Einzelnen und unserer Art. Dies ist auch heute noch unser übergeordnetes Ziel. Unser Organismus befindet sich noch immer auf Steinzeitniveau, in den vergangenen 2,6 Millionen Jahren hat er sich kaum verändert. Für unser Gehirn laufen wir noch immer im Lendenschurz und mit einer Keule durch die Gegend. Auch unser Körper hat nichts davon mitbekommen, dass wir in einer »zivilisierten« Gesellschaft leben und antwortet auf manche unserer Verfehlungen mit dem, was wir Zivilisationskrankheiten nennen. Unter Übergewicht litten unsere Vorfahren zumindest nicht.

Unsere körperlichen, biologischen Grundbedürfnisse sind uns meist präsent, und wir merken schnell, wenn diese nicht befriedigt sind. Wenn wir Hunger haben, essen wir; wenn wir Durst haben, trinken wir etwas; wenn wir nicht atmen können, ringen wir nach Luft; wenn uns kalt ist, ziehen wir etwas an; haben wir eine Nacht durchgemacht, versuchen wir in der nächsten, etwas mehr Schlaf zu bekommen. Die psychischen Grundbedürfnisse sind ähnlich präsent, werden nur oft nicht so bewusst wahrgenommen. Es gilt als oberstes Prinzip, dass diese psychischen Grundbedürfnisse in einer möglichst guten Balance zueinander stehen. Grawe nennt dies das Konsistenzprinzip. Verspüren wir ein Ungleichgewicht zwischen den Bedürfnissen oder ist auch nur eines von ihnen bedroht, wird unser psychisches Wohlbefinden beeinträchtigt, und es kann sogar zur Entwicklung von psychischen Störungen kommen.

Was sind nun die vier psychischen Grundbedürfnisse?

Das Bedürfnis nach Orientierung und Kontrolle

Zusammenhänge zu verstehen, Ursache und Wirkung der eigenen Handlungen nachvollziehen zu können, war besonders in der Steinzeit wichtig. Dies hat uns vorangebracht, so wurden Werkzeuge entwickelt, das Feuer nutzbar gemacht und vieles mehr, was unser Überleben zunehmend sicherte. Dieses Bedürfnis, die Welt zu verstehen, ist in uns allen angelegt. Denken Sie nur an die endlosen »Warum«-Frageketten von kleinen Kindern, die sich nicht mit einem »Darum« als Antwort abspeisen lassen, sondern sofort weiterfragen: »Warum darum?« Ereignisse möchten wir vorhersagen und auch beeinflussen können. Es ist wichtig für uns zu wissen, dass wir mit unserem eigenen Verhalten und unseren Entscheidungen für uns bedeutende Ziele erreichen können. Das führt zu einer hohen Erwartung an unsere Selbstwirksamkeit: Wir können selbst etwas tun, haben unser Schicksal in der eigenen Hand. Dies gibt uns auch...

Erscheint lt. Verlag 15.9.2021
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Lebenshilfe / Lebensführung
Schlagworte Corona • Depression • Humor • Krisenhilfe • Resilienz • Sinnsuche • Trauer • Unfall
ISBN-10 3-593-44864-5 / 3593448645
ISBN-13 978-3-593-44864-0 / 9783593448640
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