Ein paar Häppchen Abenteurerleben -  Simone Sturm

Ein paar Häppchen Abenteurerleben (eBook)

Aus Fernweh geboren in Anekdoten endend

(Autor)

eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
178 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7534-3097-3 (ISBN)
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Simone Sturm erzählt verrückte, abenteuerliche und berührende Erlebnisse von ihren Reisen - aus der Vor-Handy-Zeit . Sie half mit bei dem Bau eines Gemeinschaftshauses in Kenia - spürte den Wind und die Einsamkeit auf einem Husky-Schlitten in Lappland. Sie jobbte in einem amerikanischen Sommercamp, reiste quer durch die USA - wanderte auf Permafrostboden auf Spitzbergen. Simone flüchtete vor wilden Tieren in Nepal - sie erinnert sich an Liederabende in einem israelischen Kibbuz. Und sie träumt noch gern von den Begegnungen mit Pinguinen in der Antarktis ...

Simone Sturm wollte immer Abenteurer werden. Als Teenager und junge Erwachsene boten ihr Fallschirmspringen und das Reiten von Rennpferden zeitweise einen Kick. Trotz bescheidenen Budgets verwirklichte sie sich in den darauffolgenden Jahren, ihrem Fernweh folgend, ein paar kleine Abenteurerurlaube. Sie lebt in der Nähe von Heidelberg.

2. FINNLAND 2003/2004


Ein Wintertraum

1970 war ich Schülerin der Realschule, Apollo 13 beherrschte die Schlagzeilen. Unser Schulgebäude war ein Flachdachbau aus Beton, zweckmäßig, ohne Charme. Mädchen und Jungs waren in verschiedenen Klassen, was mehr als langweilig war.

Eines Tages erhielten wir in der Schule Unterlagen von einer Agentur, die Brieffreundschaften in alle Welt vermittelte. Die Vermittlung geschah über Briefpost. Bald schrieb ich regelmäßig einer Freundin in Helsinki. Gern hätte ich meine Schreibpartnerin persönlich kennengelernt und glaubte damals, dass wenn ich es jemals bis nach Finnland schaffe, ich weit gereist sei.

Exakt zwanzig Jahre später lande ich bei einem Zwischenstopp eines Fluges nach Moskau in Helsinki. Die Brieffreundschaft hatte ein paar Jahre zuvor geendet. Bei einer Stadtrundfahrt sah ich nun das "Weiße Herz" Helsinkis, den Dom. Das klassizistische Gebäude ist das Wahrzeichen der Stadt. Mehr faszinierte mich die in Nachbarschaft gelegene Nationalbibliothek: Das große Foyer mit Säulen und mehreren darüberliegenden Ebenen mit Rundgängen um nichtendende Bücherregale, die bis zur Decke reichten, das alles faszinierte mich. Die Sammlung von drei Millionen Büchern überforderte meine Vorstellungskraft. Gern hätte ich Bücherwurm an diesem Platz verweilt.

Weitere dreizehn Jahre später, im Jahr 2003, kehrte ich nach Finnland zurück, um mir einen Kindheitstraum zu erfüllen. Ich hatte eine Schlittenhunde-Tour im finnischen Lappland gebucht. Dass ich jemals gedacht hatte, es mit Glück bis nach Finnland schaffen zu können, hatte ich da gar nicht mehr im Sinn. Inzwischen hatte ich viele Länder der Erde bereist. Das Reisen in die Welt war erschwinglich geworden.

Das Husky-Zentrum lag einige Kilometer hinter der Stadt Harriniva am nördlichen Polarkreis. Der Schnee türmte sich überall mindestens einen Meter hoch. Es war Ende Dezember und das Thermometer zeigte jetzt am Nachmittag nur etwa minus 20°C.

Ein kleiner Bus brachte unsere Gruppe zu unserer Unterkunft etwas abseits der Hauptgebäude des Ferienzentrums. Ich war aufgeregt. So hohen Schnee hatte ich bis dahin nur einmal in der Schweiz gesehen. Mein Herz hüpfte. Eine Ruhepause auf dem Hotelbett kam für mich nicht in Frage. Ich suchte mir einen Platz am Fenster und beobachtete, wie die Schneeflocken vom Himmel fielen. Weihnachten lag erst drei Tage zurück. Mit dieser Reise hatte ich mir selbst ein großes Geschenk gemacht.

Nach der Verschnaufpause zeigten uns die Guides, Heikki und Anna, das große Kleidungslager. Für die mehrstündigen Tagesetappen in der Wildnis war unsere mitteleuropäische Kleidung nicht ausreichend, hatte uns der Reiseveranstalter schon vor unserer Tour mitgeteilt. Das Husky-Zentrum hatte deshalb einen enormen Vorrat an Winterkleidung. Mit einem Blick wussten die Angestellten, welche Größe von Latzhose und Jacke wir benötigten. Die Schneestiefel mussten übergroß gewählt werden, damit die Füße und zwei Paar Socken Platz hatten. Drei Paar Handschuhe und zwei Mützen vervollständigten die Ausrüstung. Die Wollmütze wurde über das Gesicht gezogen, nur die Augen schauten heraus. Darüber stülpte man die Fellmütze, mit Fell nach innen.

"Die Fellmütze reicht aus. Ich brauche die dünne Wollmütze nicht.", sagte ich, da ich mich mit der kratzenden Wolle nicht anfreunden mochte.

"Oh, da wirst du noch einiges hinzulernen", antwortete mir Heikki wohlwollend lachend.

"Nimm sie auf alle Fälle mit."

Beim Abendessen teilten uns die Guides in zwei Gruppen ein. In meinem Team waren zwei Ehepaare und eine weitere Allein-Reisende. Ich freute mich darüber, nicht der einzige Single in der kleinen Gruppe zu sein. Katharina, die aus Sachsen kam, erzählte nonstop, warum sie sich von ihrem Freund getrennt hatte, warum sie den Schnee so liebte, warum sie sich für den Beruf als Sportverkäuferin entschieden hatte, und und und. Wir lauschten nach einem langen Tag interessiert und konnten so entspannen. Heikki, blond und eher spindeldürr als schlank, erzählte, als er denn mal zu Wort kam, dass er die Hunde liebte und seit acht Jahren Schlittenhunde-Führer sei. Nach einem köstlichen Abendessen begaben wir uns früh zu Bett.

Am nächsten Morgen nach dem Frühstück stiefelten wir zu den großen Hundezwingern. Die Hunde jaulten, ein jeder in seinem eigenen Ton. - Huskys bellen nicht. Sie hatten alle durchdringend blaue Augen und zumeist ein glattes Fell. Das Jaulen nahm kein Ende, die Hunde freuten sich auf den Auslauf.

Die Schlitten wurden hintereinander in einer Linie aufgestellt, das Geschirr vor jedem Gefährt fein säuberlich ausgebreitet. Anschließend wurden die Hunde einzeln aus den Zwingern geholt und vor den Schlitten gespannt. Zuerst der Leithund, dann weitere drei oder vier Tiere dahinter. Es gab feste Teams.

Die Huskys hatten verschiedene Farbschattierungen. Es war nicht leicht, aber nach zwei Tagen konnte ich die Tiere dann doch unterscheiden. Genauso individuell wie die Fellfarbe entpuppten sich die Charaktere. Da gab es verschmuste Hunde, wie die Leithündin Laika, die stets an mir hochsprang, sich mit ihren Pfoten um die Oberschenkel klammerte und ihren Kopf in meinen Arm legte.

Das schönste Tier in meiner Gruppe. war jedoch der Samojeden-Rüde Samu. Er stach heraus mit seinem buschigen Fell, das zudem glänzend weiß war. Er sah aus wie ein weißer Teddy. Ich verliebte mich sofort in ihn. Samu war der Rangniedrigste in der Gruppe. Er klemmte seinen Schwanz zwischen die Beine, die anderen Hunde dominierten ihn stets. Sie zeigten ihm durch Zähnefletschen, dass er sich zurückhalten musste. - Mein Teddy wiederum war kein bisschen zum Schmusen aufgelegt.

Als alle Tiere endlich in die sieben Schlitten eingespannt waren, war das Jaulen der Tiere inzwischen zu einem vielstimmigen Chor gewachsen. Wir standen jeder am Ende seines Schlittens mit beiden Füßen auf der Bremse, deren auslösende Metallleiste zwischen den Kufen angebracht war. Zusätzlich half eine Eiskralle, die tief in den Schnee eingetreten war, das Gefährt zu stoppen. Das Metallteil war über ein kurzes Seil mit dem Schlitten verbunden und band diesen an. Heikki hob die Hand, das war unser Zeichen, die Tour startete. Er zog die Kralle seines Schlittens aus dem Schnee und stieg von der Bremse. Die Tiere stürmten voraus.

Ich zog ebenfalls an der Kralle, hatte aber nicht genug Kraft, sie aus dem Schnee zu ziehen. Ein Angestellter, der am Zaun des Zwingers stand, half sofort. Die fünf Huskys sprangen nach vorn und zogen den Schlitten voran, obwohl ein Fuß noch auf der Bremse war. Ich öffnete die Bremse. Im nächsten Moment fiel ich um ein Haar rücklings vom Schlitten. Eine wilde Fahrt aus dem Zentrum begann. Die Tiere rannten und rannten. Ich versuchte, einen stabilen Stand auf den Kufen zu erreichen, und klammerte mich mit den Händen am Lauf fest. Mein Puls schlug schnell und ich schwitzte vor Aufregung. So hatte ich mir diese Schlittenfahrt nicht vorgestellt. Ich gehe besser wieder Fallschirmspringen, fuhr es mir in den Kopf.

Nach einer Weile gewöhnte ich mich ein und entspannte mich. Die Route war gespurt, so dass die Hunde einfach dem Weg folgten und sich nicht durch tiefen Schnee vorarbeiten mussten.

Wir hatten fünf Tage vor uns, eine kleine Rundreise in den Weiten Lapplands, mit Übernachtung in vier verschiedenen, einsam gelegenen Holzhütten. Nach etwa neunzig Minuten stoppte Heikki für eine erste kurze Pause. Die Temperaturen lagen bei angenehmen minus 17°C. Die Luft war trocken, die Kälte erträglich. Ein paar Schneeflocken taumelten vom Himmel. Eine Flocke ließ sich auf dem Ärmel meiner Jacke nieder und ich staunte. Bisher hatte ich eine solche Schneeflocke nie gesehen. Der Kristall sah völlig anders aus, als ich dies aus Deutschland kannte. Die Form erinnerte mich an eine Blüte. Inzwischen waren wir alle aus unserer anfänglichen Angespanntheit herausgekommen.

"Ich dachte, die Tour startet ohne mich", gab ich in die Runde. "Ich konnte mich bei der Fahrt um die Kurven im Ferienzentrum kaum auf den Kufen halten."

"Mir war angst und bange", gestand Erna. "Die Huskys haben eine immense Kraft und rennen mit einem unglaublichen Drang nach vorn."

Heikki war nett und sagte: "Ihr habt das alle gut gemacht."

Der Drang, zur Toilette zu müssen, veranlasste mich, etwas abseits der Gruppe zu stapfen. Ich zog in Windeseile die Jacke aus, öffnete den Reißverschluss der Latzhose, schob die Träger von den Schultern und ging in die Hocke. Nur ungern gab ich meinen Po der Kälte preis. Der Schnee verfärbte sich kurz, doch schon als ich wieder angezogen war, war der Urin nicht mehr erkennbar. Der umgebende, flockige Schnee hatte sich über die betroffene Stelle geschoben und die Verschmutzung war für Nachkommende verschwunden.

In der Zwischenzeit hatte Heikki Rentierfelle im Kreis im Schnee ausgelegt, ein Fell für jeden von uns zum Sitzen. In der Mitte hatte er etwas Feuerholz, das er im Schlitten mitnahm, aufgetürmt. Nach einer Weile loderte das Feuer und schnell war eine warme Mahlzeit für uns bereitet. Ich war hungrig...

Erscheint lt. Verlag 24.2.2021
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber
ISBN-10 3-7534-3097-8 / 3753430978
ISBN-13 978-3-7534-3097-3 / 9783753430973
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