Und wenn es doch etwas Schlimmes ist? (eBook)

Wie Sie Ihre Angst vor Krankheiten verstehen und überwinden
eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
240 Seiten
mvg Verlag
978-3-96121-640-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Und wenn es doch etwas Schlimmes ist? -  Barbara Günther-Haug
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Ein Mann, der sicher ist, einen Herzinfarkt zu bekommen - und fast stündlich seinen Blutdruck misst. Eine Frau, die bereits als Kind Angst vor dem Sterben hatte, oder eine junge Mutter, die befürchtet, dass ihr Kind an einer schweren Krankheit leiden könnte. Wenn sich Ängste vor Krankheiten und die Furcht vor Ansteckung zum Selbstläufer entwickeln, wird das nicht nur für die Betroffenen problematisch. Krankheitsängste sind vielseitig und weit mehr als Hypochondrie oder krampfhaftes Googeln nach Diagnosen, denn oft verdecken sie ungelöste Konflikte wie unverarbeitete Trauer oder ein schlechtes Selbstwertgefühl. Die erfahrene Psychotherapeutin Barbara Günther-Haug erklärt auf der Basis ihrer Erfahrungen aus Therapiesitzungen mit Betroffenen, wie Krankheitsängste entstehen. Anhand leicht verständlicher Anleitungen zeigt sie, wie es gelingt, belastende Denk- und Verhaltensweisen zu überwinden, um das Leben wieder genießen zu können.

Dr. med. Barbara Günther-Haug, geboren 1965, ist Ärztin und Psychotherapeutin. Sie arbeitet in ihrer Praxis tiefenpsychologisch fundiert und ist darüber hinaus Fachtherapeutin für spezielle Psychotraumatherapie (DeGPT) und EMDR (EMDRIA). Sie hat bereits fünf Romane veröffentlicht und betreibt den Blog 'Psychoticker' mit Artikeln zur seelischen Gesundheit. Sie lebt mit ihrer Familie im Taunus.

Dr. med. Barbara Günther-Haug, geboren 1965, ist Ärztin und Psychotherapeutin. Sie arbeitet in ihrer Praxis tiefenpsychologisch fundiert und ist darüber hinaus Fachtherapeutin für spezielle Psychotraumatherapie (DeGPT) und EMDR (EMDRIA). Sie hat bereits fünf Romane veröffentlicht und betreibt den Blog "Psychoticker" mit Artikeln zur seelischen Gesundheit. Sie lebt mit ihrer Familie im Taunus.

Kapitel 1


Krankheitsangst: Sinnvolle Warnung oder unnütze Last?


»Ich kann an gar nichts mehr anderes denken.«

Herr A berichtet mir beim ersten Besuch von seiner tiefen Erschöpfung: »Trotzdem tue ich nachts kein Auge zu. Ich bin am Ende. Meine Hausärztin hat gemeint, ich solle mal Sie fragen, aber ich weiß nicht …« Er verstummt.

»Das heißt, Sie leiden unter Schlaflosigkeit? Was könnte denn da los sein? Fühlen Sie sich depressiv?«

»Ach, viel schlimmer. Irgendwas stimmt nicht mit mir, da bin ich sicher.«

Herr A wirkt angegriffen, doch seine mitgebrachten Untersuchungsbefunde sehen gut aus. Er nimmt etwas gegen seinen leichten Bluthochdruck, aber sonst keine Auffälligkeiten. Allerdings schlagen sich psychische Störungen, obwohl sie oft schweres Leiden verursachen, bekanntlich nicht in Laborwerten oder radiologischen Aufnahmen nieder. Sie betreffen mikroskopische Vorgänge des Gehirns, die sich mit unseren technischen Methoden bisher kaum nachweisen lassen. Nur am Krankheitsgefühl und den Einschränkungen der Betroffenen wird deutlich, dass wichtige Funktionen beeinträchtigt sind. Die Ursache dafür können zum Beispiel belastende Lebensumstände sein, die Druck auf die Seele ausüben.

Also frage ich den ratlosen Herrn A: »Haben Sie vielleicht Stress?«

»Wie meinen Sie?«

»Familiäre Schwierigkeiten oder Ähnliches?«

Herr A muss verneinen. Seine Ehe sei außerordentlich gut, Frau und Tochter liegen ihm sehr am Herzen. An Geld kein Mangel. Nur der angehende Schwiegersohn, der neuerdings mit im Haus wohnt, tauge wenig, aber bitte, er müsse ihn ja nicht heiraten.

»Ich verstehe. Und auf der Arbeit?«

Jetzt wird er fast ärgerlich: »Wie soll man mit so einem Kopf arbeiten?« Schließlich sei er von Schlaflosigkeit wie benebelt. »Mein Chef hat kein bisschen Verständnis, im Gegenteil. Erst neulich bei der Teamsitzung …« Herr A erzählt erbittert, wie der Chef ihn vor der ganzen Mannschaft bloßgestellt habe. »Das war zu viel. Jetzt bin ich krankgeschrieben. Da hat man sein Leben lang geschuftet, und das ist der Dank!«

»Ja, es ist hart. Wobei die Probleme im Beruf möglicherweise schon ein Folgeschaden Ihrer Schlaflosigkeit sind. Ich frage mich, wie alles angefangen hat. Was beschäftigt Sie so sehr, was hält Sie wach?«

Herr A, dem bei der Erinnerung an seinen Chef die Tränen gekommen sind, wirft mir einen verzweifelten Blick zu. Und plötzlich platzt es aus ihm heraus: »Na, das Übliche eben. Weiß doch jeder, manchmal geht es schnell. Mein Vater war in meinem Alter schon tot. Herzinfarkt. Hat geraucht wie ein Schlot.«

»Sie selbst rauchen nicht?«

»Nein, um Gotteswillen.«

»Und Ihr Herz?«

»Angeblich ist da nichts, aber ich sage, es ist nur eine Frage der Zeit! Sie sehen ja, Bluthochdruck. Ganz tückisch, sogar morgens um zwei. Trotz der Tabletten.«

»Das heißt, Sie messen auch nachts? Wie oft?«

»Dreimal oder so, je nach Gefühl.«

»Dann wundert mich nicht mehr, dass Sie schlecht schlafen. Ihr Kummer mit dem Blutdruck lässt Sie nicht zur Ruhe kommen.«

»Das stimmt. Eigentlich kann ich an nichts anderes mehr denken.«

Jeder Mensch hat Angst vor Krankheiten – fragt sich nur, wie groß diese Angst ist. Herr A fürchtet, an einem Herzinfarkt zu sterben, weil sein Vater in ähnlichem Alter aus dem Leben gerissen wurde. Da ist es nur vernünftig, wenn er sich vom Arzt untersuchen, die Hochdruckneigung feststellen und medikamentös behandeln lässt. Außerdem lebt er gesund, hat eine liebevolle Familie – warum schlummert er trotzdem nicht friedlich?

Andere Hochdruckpatienten schlafen normal. Sie sagen sich zu Recht, dass eine Blutdruckattacke im nächtlichen Entspannungszustand deutlich unwahrscheinlicher ist als tagsüber im Alltagsstress. Herr A würde vermutlich einwenden, dass bekanntlich schon viele Leute im Schlaf gestorben seien. Garantien gebe es also keine.

Insofern ist es nur folgerichtig, wenn er klagt: »Dass ich wohlbehalten wieder aufwache, können auch Sie mir nicht versprechen.«

Leider nein, gestehe ich ihm ein. Trotzdem können wir, und das weiß auch Herr A, auf unseren Schlaf nicht verzichten. Unser Geist möchte nachts ruhen, denn tagsüber ist er unentwegt gefordert. Wir dürfen nicht ständig über mögliche Schrecken nachdenken, sonst kommen andere wichtige Belange zu kurz; vielleicht der Schlaf, vielleicht aber Aufgaben des täglichen Lebens. Schon der Urmensch musste trotz aller äußeren Gefahren aktiv bleiben und für Nahrung, Kleidung und ein Dach über dem Kopf sorgen, sonst hätte er nicht überlebt.

Sobald Ängste, und wären sie noch so berechtigt, uns nachhaltig einschüchtern und blockieren, werden sie zum Störfaktor.

Herr A ist nicht nur erschöpft, er konnte sich zudem nicht mehr konzentrieren und hatte vor lauter Todesangst die Lebensfreude verloren. Trotzdem ist er sicher, dass er sich richtig verhält, wenn er stets vorsichtig ist. Mehr noch: Menschen, die mit qualmenden Reifen ihren Leidenschaften nachjagen, üben auf ihn eine geradezu abschreckende Wirkung aus. Er persönlich ist bereit, seinen gesundheitlichen Belangen alles unterzuordnen. Nun hat sich seine eigene Strategie der Wachsamkeit zuletzt auch nicht mehr bewährt. Was ist das richtige Maß an Angst? Wir wollen nicht leichtsinnig sein, aber auch nicht von Ängsten tyrannisiert werden. Wie kommt es, dass Krankheitsvorstellungen im Kopf überhandnehmen können?

Von der Macht der Gedanken


Menschen geht viel durch den Kopf, und längst nicht alle Gedanken sind gleich gut. Gelegentlich können unsere Ideen sogar grundverkehrt sein, doch wenn man uns fragt, werden wir sie trotzdem mit Nachdruck und voller Elan vertreten. Falsche Überzeugungen verursachen keineswegs zwingend psychiatrische Symptome wie Antriebsmangel oder Niederstimmung.

Gerade Menschen mit verqueren Vorstellungen sind oft überraschend vital. Leider, könnte man sagen, wenn man an Kriminelle oder Sektenführer denkt. Woher nehmen sie ihre beneidenswerte Energie?

Betrachten wir zum Beispiel einen Dieb: Tief in seinem Herzen glaubt er, schlauer zu sein als wir redlichen Kunden, weil er besser stiehlt und im Kaufhaus nichts bezahlt. In Wirklichkeit ist er natürlich nicht schlauer, sonst würde er ja auf anständige Weise sein Brot verdienen. Er müsste allein deshalb das Gesetz achten, weil es auch ihn, den kleinen Ladendieb, schützt. Denn würde in unserem Land das Faustrecht gelten, wäre er seines Lebens nicht sicher; schließlich gibt es potentere Verbrecher als ihn. Doch all diese Weisheiten liegen ihm fern, und so bekommt er weder Gewissensbisse noch Ängste, sondern klaut weiter, bis die Polizei ihm das Handwerk legt. Überzeugungstäter gibt es in zahlreichen Formen.

Unser ehrenwerter Herr A jedoch, der keiner Fliege etwas zuleide getan hat und lediglich seine Gesundheit schützen will, der bekommt psychische Störsymptome. Er kann nicht mehr schlafen – warum nur?

Der Unterschied zwischen den beiden Männern besteht darin, dass die falschen Ideen des Diebs mit angenehmen Gefühlen einhergehen: Er hält sich für intelligenter und geschickter als seine Mitmenschen, und die damit verbundenen Emotionen von Stolz, Großartigkeit oder Macht beflügeln ihn, sie bewirken, dass sich in seinem Kopf die Räder kraftvoll drehen. Die überzogene Idee von Herrn A, dass sein Leben, wenn überhaupt, nur unter ständigem Blutdruckmessen fortdauern kann, löst dagegen unangenehme Gefühle aus: Angst, Schwäche, Ausgeliefertsein. Negativ bewertete emotionale Zustände vertreiben den Schlaf und ziehen uns runter.

Angst ist nun zunächst einmal ein Zustand, den wir positiv oder negativ bewerten können: Es ist nicht grundsätzlich schlecht, Angst zu empfinden.

Angst ist bei Gefahr lebenswichtig, denn sie kann uns warnen. Der angstbedingte Stresshormonausstoß hat dem Urmenschen bis zu einem gewissen Grad geholfen, denn er steigerte die Flucht- und Kampfbereitschaft. Heutzutage sind in Krisenmomenten allerdings meist weniger die Beine gefragt. Der Kopf muss beweglich bleiben, und da ist zu viel Angst hinderlich. Das gilt erst recht bei eher subjektiv empfundener Gefahr in objektiv gar nicht so schwerwiegenden Krisen.

Das Angstgefühl tritt eben nicht nur bei realen Schwierigkeiten auf.

Es kann zum Beispiel auch eine Art Überbleibsel aus der Vergangenheit sein. Manchmal behalten wir Ängste in uns zurück, weil wir eine traumatische Erfahrung gemacht haben und uns vor neuen Katastrophen fürchten. Der Tod des Vaters hat bei Herrn A offenbar tiefen Eindruck hinterlassen. Man fragt sich dennoch, warum er trotz guter Medikation und überwiegend normalen Werten immer noch alarmiert ist. Bestimmt hat...

Erscheint lt. Verlag 16.5.2021
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Lebenshilfe / Lebensführung
Schlagworte Angst • Angststörung • angststörung buch • Corona • Die Angst vor Krankheit verstehen und überwinden • Generalisierte Angststörung • Hypochonder • hypochondrie test • hypochondrie-therapie • hypochondrisch • Hypochondrische Störung • Krankheitsangst • krankheitsangst besiegen • krankheitsangst buch • krankheitsangst manual • krankheitsangst selbsthilfe • krankheitsangst symptome • mein mann ist hypochondrisch • Psychische Erkrankungen • Psychische Störung • Psychologie • psychologie bücher • Psychologin • Psychotherapie • Ratgeber • Selbsthilfe • selbsthilfe buch
ISBN-10 3-96121-640-1 / 3961216401
ISBN-13 978-3-96121-640-6 / 9783961216406
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