Das Leben ist einfach, wenn du verstehst, warum es so schwierig ist (eBook)

Persönliche Krisen überwinden, innere Freiheit gewinnen

(Autor)

eBook Download: EPUB
2021
288 Seiten
Kösel-Verlag
978-3-641-26697-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Leben ist einfach, wenn du verstehst, warum es so schwierig ist - Holger Kuntze
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Wie es weitergeht, wenn nichts mehr geht
Es gibt Momente im Leben, in denen wir unzufrieden sind, hadern oder fürchten, den Belastungen nicht gewachsen zu sein. Solche existenziellen Krisen treffen uns oft unvorbereitet. Bei ihrer Bewältigung begleitet uns der erfahrene Therapeut Holger Kuntze. Auf der Basis moderner Verhaltenstherapie, neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse und mithilfe zahlreicher Anregungen, Fragebögen und Übungen ermöglicht er uns, unser Denken und Fühlen besser zu verstehen und innere Freiräume zu gewinnen. Wir werden wieder handlungsfähig und können mit Gelassenheit und Zuversicht auf die Herausforderungen des Lebens reagieren.

Holger Kuntze, geboren 1967, arbeitet seit 2001 als Einzel-, Familien- und Paartherapeut in eigener Praxis in Berlin. Studium der Geistes- und Sozialwissenschaften, Ausbildungen zum Heilpraktiker beschränkt auf das Gebiet der Psychotherapie, zertifizierter Coach für Professional Development und Life-Coach. Seine Arbeit basiert auf der Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT) und aktuellsten Erkenntnissen der modernen Hirn- und Bewusstseinsforschung. Er bezieht sich in seiner Therapiearbeit zentral auf die Ansätze und Methoden von Eric Berne, Viktor E. Frankl, Steven C. Hayes und Russ Harris sowie in der paartherapeutischen Arbeit auf Jürg Willi, David Schnarch, John Gottman und Sue Johnson. 2018 veröffentlichte er beim Kösel-Verlag sein erfolgreiches erstes Buch »Lieben heißt wollen« und im Jahr 2021 »Das Leben ist einfach, wenn Du verstehst, warum es so schwierig ist«.

Vor der Geburt war es doch am schönsten …
oder
Der Webfehler des Menschseins


Wie alles beginnt, warum wir deshalb alle eine Macke haben, wir uns auf das Gedächtnis des Körpers verlassen können und dadurch leider nichts besser wird

Beginnen möchte ich bei Ihrer Geburt und auch schon vor Ihrer Geburt. Warum? Weil Sie zu diesem Zeitpunkt Erfahrungen machen, die Ihr gesamtes Leben prägen und Sie begleiten, auch wenn Sie keinerlei bewusste Erinnerung daran haben. Und auch wenn das vielleicht fürs Erste etwas seltsam für Sie klingt: Sie können Ihre aktuelle Krise nicht verstehen, wenn Sie nicht Ihre Geburt verstehen und ein klares Bewusstsein davon entwickeln, was es für uns Menschen bedeutet, auf diese Welt zu kommen und in dieser Welt zu sein.

Im Bauch unserer Mütter geht es uns meist gut. Wir sind in Sicherheit. In einem wunderbaren Fruchtwassermilieu von etwas über 37 Grad entwickeln wir uns über viele Wochen. Um uns schummrige Halbdunkelheit, die Geräusche gedämpft oder in beruhigender Stille, die uns den Herzschlag unserer Mutter hören lässt. Über die Nabelschnur werden wir mit allen wichtigen Nährstoffen und Botenstoffen versorgt: Die Freude der Mutter erleben wir durch einen ersten Kontakt mit Dopamin, die Liebe der Mutter erfahren wir durch das Bindungshormon Oxytocin. Allerdings können auch diese ersten Wochen und Monate unserer Existenz schon davon geprägt sein, dass unsere Mutter voller Angst, Unsicherheit, Wut, Verzweiflung ist, da sie mit der Schwangerschaft nicht gerechnet hatte, unsicher ist, ob sie eine gute Mutter sein wird, ängstlich ist, ob die Schwangerschaft Bestand hat, ob sie ein Kind gut beschützen kann, oder frustriert, weil sich der Partner oder die Eltern nicht über den Nachwuchs freuen. Auch in einer solchen Konstellation wird das Ungeborene durch die Nabelschnur einen Cocktail von Botenstoffen erhalten, der es unruhig, unsicher, ängstlich sein lässt. In Summe bleibt diese Zeit jedoch eine der Sicherheit, des Aufgehoben- und Versorgtseins.

Was dann mit der Geburt und dem Beginn unseres Daseins außerhalb des Mutterleibs beginnt, ändert allerdings alles: Der Geburtsvorgang lässt das Ungeborene ungeahnten stundenlangen Stress erleben. Die Geborgenheit der Fruchtblase verschwindet, alles wird eng, Kopf, Schultern, Körper werden gequetscht und gepresst, der weiche Schädel macht eine Verformung durch, das noch kleine Gehirn kommt mächtig unter Druck, die Herzfrequenz steigt und wird mehr zu einem Rasen als zu einem Pochen. Die Qualen scheinen endlos, sowohl für die Mutter wie auch für das Kind. Doch während die Mutter ein Ziel verfolgt, nämlich die Geburt, und sich immer wieder sagen kann, dass diese irgendwann vorbei sein wird, fehlt uns Noch-nicht-Geborenen jedes Bewusstsein von Einordnung oder Zeitperspektive. Alles ist neu, alles ist jetzt, alles ist Schmerz, alles ist Untergang. Was die Eltern voller Freude als Beginn sehen, erleben das Ungeborene und auch das Neugeborene voller Schmerz und Überforderung als Ende. Nämlich als das Ende der großartigen Zeit im Mutterleib und als Ende seiner Existenz.

Auch nach der Geburt halten die Verwirrung und die Überforderung erst einmal an: Statt des Wassermilieus befinden wir uns ohne Vorwarnung in einem Luftmilieu, es ist kalt, es ist hell, es ist laut, und unsere einzige Verbindung zu Nährstoffen, die Nabelschnur, wird wenige Minuten nach der Geburt durchtrennt. Spätestens in diesem Moment spüren wir ganz sicher: Es ist vorbei. Ich werde sterben. – Sekunden später entdecken wir die Kraft unserer Lungen, liegen auf dem Busen unserer Mutter, hören den vertrauten Herzschlag, finden den Busen und merken: Es wird weitergehen, noch ist nicht alles verloren.

Doch wie geht es weiter? Der Mensch ist in der Sprache der Biologen ein sogenannter sekundärer Nesthocker; das heißt, er braucht nachgeburtlich intensive Betreuung. Das kommt uns normal vor. Wir sind damit aber unter den hoch entwickelten Säugetieren eine absolute Ausnahme. Denn die meisten Säugetiere kommen viel höher entwickelt auf die Welt. Eine Giraffe, ein Affenbaby, ein Fohlen: Sie alle können schon relativ früh nach der Geburt viel besser für sich selbst sorgen, laufen, greifen, sich verteidigen, Nahrung zu sich nehmen. Der Mensch hingegen kommt in völliger Hilfslosigkeit auf die Welt und benötigt unabdingbar Hilfe durch ein Außen. Dies können die Eltern sein, die Großeltern, Geschwister, später Kindergärtner, Lehrer und so weiter. Von Anfang an ist der Mensch darauf gepolt, in einem Kontext mit Erwachsenen, Ausgewachsenen, Eltern, Kompetenteren zu stehen und durch diese versorgt zu werden.

Warum kommen wir so unfertig auf die Welt? Hierzu gibt es zwei Theorien, die für unseren Zweck auch gern nebeneinanderstehen dürfen. Nach der ersten Erklärung liegt das frühe Geburtsalter des Menschen an den schmaler gewordenen Becken der Frauen, seit unsere Vorfahren aus dem Vierfüßlerdasein in den zweifüßigen aufrechten Gang gewechselt sind. Nach der zweiten Theorie ist eine werdende Mutter nach neun Monaten nicht mehr in der Lage, genügend Nährstoffe für das wachsende Ungeborene zur Verfügung zu stellen, egal, wie viel Nahrung sie zu sich nehmen würde. Im Zentrum beider Erklärungen steht die Gehirngröße des modernen Menschen. Nach der ersten Erklärung wäre der Kopf irgendwann zu groß, um durch das Becken der Frau zu kommen und beim Geburtsvorgang nicht überproportional häufig das Leben von Kind wie auch Mutter zu gefährden. Nach der zweiten Erklärung würde eine längere Tragzeit das Wachstum des Gehirns gefährden. Denn auch das unterscheidet uns von anderen Säugetieren: Der Mensch kommt mit einem für seine Verhältnisse sehr niedrig entwickelten Gehirn auf die Welt, und wesentliche Reifungsprozesse des menschlichen Gehirns geschehen erst nach der Geburt und nicht im Mutterleib, wie bei vielen anderen Lebewesen.

Das führt bei allen Menschen in den ersten achtzehn Monaten nach ihrer Geburt zu einem ausgeprägten Gefühl der Ohnmacht, der Hilflosigkeit, des Abhängigseins, des Ausgeliefertseins. Jede Nahrung, jede Flüssigkeit, jeder Windelwechsel, jedes Zwicken, jedes Unwohlsein, jedes störende Kälte- oder Wärmegefühl kann in dieser Zeit nur durch die Regulation eines Außen veranlasst oder verändert werden. Das Neugeborene erlebt nur das Außen als kompetent, sich selbst hingegen als defizitär, hilflos, überfordert und permanent dem Tode geweiht.

Und wir lernen dabei eine sehr effektive Erfolgsstrategie. Wir schnalzen nicht lässig mit der Zunge, zwinkern nicht seelenruhig mit dem Auge, heben nicht unauffällig den linken kleinen Finger oder neigen sanft den Kopf nach vorn, nein, wir brüllen, wir schreien, wir strampeln wie wild, wir gehen in jeder Situation, die uns Unwohlsein bereitet, in eine Eskalation – nicht, weil wir unsere Umwelt ärgern wollen, nein, weil wir kein Bewusstsein davon haben, dass Rettung, Nahrung und so weiter nahe sind. Für uns ist jedes Unwohlsein immer absolutes und totales Unwohlsein, wir wissen nicht, dass unsere Mutter einen Meter neben uns sitzt, wenn wir in der Wiege liegen. Wir wissen nicht, dass umgekehrt unsere Eltern in einer hohen Fokussierung auf uns ihr neues Leben gestalten und genau wissen, dass sie uns in den ersten Monaten nicht allein lassen dürfen, uns nicht unbeobachtet auf dem Wickeltisch liegen lassen können, sich um unsere Ernährung, um unser Wohlempfinden kümmern müssen. Wir wissen nur: »Jetzt habe ich Hunger, jetzt scheint niemand da zu sein, weil ich in meinem Umfeld von 50 Zentimetern niemanden sehe oder spüre«, »Jetzt ist mir zu warm, und ich bin allein damit«, »Jetzt brauche ich Wasser, weil ich zu wenig getrunken habe« … Und wir schreien, denn unsere Systeme sind in Alarmbereitschaft, wenn wir jetzt nicht bekommen, was wir brauchen, werden wir sterben, so glauben wir.

Wie schon bei unserer Geburt folgen wir unseren überlebenssichernden Stammhirnreizen und übergeben die Kontrolle über unseren Körper an die Adrenalinausschüttung. Und der Erfolg gibt uns recht: Immer wenn wir schreien, erreichen und bekommen wir, was wir wollten. Wir lernen: »Den eigenen Alarmsystemen kann und muss ich vertrauen. Diese Strategie führt zum Erfolg und zur Befriedigung meiner unmittelbaren Bedürfnisse.« Wir lernen auch: »Die Regulation meines Gefühls und die Erfüllung meiner Bedürfnisse liegen im Außen, Mama, Papa, Geschwister, Betreuer und so weiter können einzig sowohl mich beruhigen als auch meine Bedürfnisse erfüllen.«

Dieses Muster, diese Prägung, diese Erfahrung gilt für uns alle. Auch für die, deren Eltern oder Bezugspersonen sich diesbezüglich bestmöglich verhalten, die das Kind nicht lange schreien lassen, die sich auf die Geburt und den neuen Menschen freuen und ihn willkommen heißen, die ihn bei sich im Bett schlafen lassen und die viel Körperkontakt initiieren und bestmöglich die Einsamkeit und Verlassenheit, das Drama des Neugeborenen überwinden, die da sind oder eine gute und kompetente Betreuung veranlassen, wenn sie nicht da sind.

Und natürlich erleben die Neugeborenen die Angst, das Drama, die Hilflosigkeit intensiver, frustrierender, deren Eltern sich weniger gut kümmern, das Kind lange schreien lassen, das Kind allein lassen, kaum körperliche Zuwendung initiieren, die den neuen Menschen nicht bei sich positiv willkommen heißen, negativ und ablehnend dem Neugeborenen oder Kleinkind gegenüberstehen.

Die Grunderfahrung der Angst, Überforderung, Hilflosigkeit ist und bleibt die gleiche. Das nenne ich den Webfehler des Menschseins. Gäbe es diese Grunderfahrung und die dabei entwickelte Überwindungsstrategie nicht in uns, gäbe es viele Herausforderungen und...

Erscheint lt. Verlag 22.3.2021
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Lebenshilfe / Lebensführung
Schlagworte Akzeptanz- und Commitmenttherapie (ACT) • Ängste • eBooks • Existenzielle Krise • Gelassenheit • Identität • Kognitive Verhaltenstherapie • Lebenskrise • Persönlichkeitsentwicklung • Psychologie • Psychotherapie • Ratgeber • Sorgen • Unsicherheit • Zufriedenheit
ISBN-10 3-641-26697-1 / 3641266971
ISBN-13 978-3-641-26697-4 / 9783641266974
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