Aikido - Anmerkungen zur Kampfkunst -  Wolfgang Schwatke

Aikido - Anmerkungen zur Kampfkunst (eBook)

eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
160 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7526-9505-2 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
6,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
In diesem Buch finden die LeserInnen zahlreiche Anmerkungen und Wissenswertes zu Themen, welche die traditionelle, japanische Kampfkunst Aikido betreffen und diese friedvolle Form der Selbstverteidigung so interessant machen. Dabei war der Autor bemüht, die Themen in einer leicht verständlichen Form auch den LeserInnen näherzubringen, die bisher noch wenig über Aikido wissen.

Der Autor betreibt seit 40 Jahren die Kampfkunst Aikido und ist seit ca. 36 Jahren bis jetzt ununterbrochen als Trainer, Lehrer und Prüfer ehrenamtlich tätig. Er bekleidet derzeit den Rang eines 6. Dan Aikido.

3 Die Form wahren

Es gibt eine alte aber auch für unsere heutige Zeit noch zutreffende Weisheit, die sinngemäß lautet „Nur was in eine Form gefasst wird hat Bestand".

Dies bedeutet unter anderem, dass nur Handlungen, die in festgelegten Abläufen bzw. Verhaltensformen wiederholt ausgeführt werden, eine Wichtigkeit und Stabilität erlangen, welche negativen Einflüssen von außen relativ lange widerstehen können.

Um nicht alltägliche Handlungen „besonders“ zu machen, werden sie in eine Form gebracht und so lang andauernd bewahrt. Wir finden dieses Bedürfnis und Bestreben weltweit in allen Kulturkreisen, egal ob im Dschungel des Amazonas oder in unserem scheinbar „zivilisierten“ Kulturkreis. Für diese Formgebung spielt es offensichtlich keine Rolle, ob die Handlungen als ehrenwert, verwerflich oder überflüssig zu bewerten sind. Alle diese Geschehnisse bzw. Rituale werden von bestimmten Etiketten ausgefüllt, die sich für diese Zwecke als geeignet bewährten und mitunter über Generationen fast in gleicher Weise angewandt werden.

Etikette

Unter den Begriff „Etikette” verstehen wir in unserem europäischen Kulturkreis „herkömmlich geregelte Gesellschaftsformen". So sollen diese traditionellen Normen zu einem korrekten Verhalten und einem respektvollen Benehmen gegenüber den Mitmenschen verhelfen. Wie bereits erwähnt, wird noch immer eine wichtig erscheinende Angelegenheit in eine Form „gegossen“, damit diese sich von anderen alltäglichen Dingen abhebt. Wenn nun eine Handlung auf diese Weise wertmäßig „gehoben” wird, geschieht dies zunächst aus Respekt und Achtung vor dieser. Den sich damit beschäftigten Personen ist es anscheinend ein Bedürfnis ihren Handlungen - durch die Aufstellung von festgelegten Regeln - eine außergewöhnliche Bedeutung zukommen zu lassen. Dabei ist unvermeidbar und wohl auch menschlich, dass ein Einhalten dieser Formen mitunter auch zur Profilierung der verantwortlichen Akteure genutzt wird.

Der Begriff „Etikette” steht in einem engen Zusammenhang mit dem Begriff „Ritual”.

„Ein Ritual ist eine nach vorgegebenen Regeln ablaufende, meist formelle und oft feierlich-festliche Handlung mit hohem Symbolgehalt. Sie wird häufig von bestimmten Wortformeln und festgelegten Gesten begleitet und kann religiöser oder weltlicher Art sein (z.B. Gottesdienst, Begrüßung, Hochzeit, Begräbnis, Aufnahmefeier usw.)”

(Anmerkung: Auszug aus Wikipedia)

So verfolgen Etiketten und Rituale das gleiche Ziel, nämlich besondere Anlässe in ihrer Bedeutung zu erhöhen und diese auf Dauer wichtig erscheinen zu lassen.

Die festgelegten Etiketten geben den ausgesuchten Handlungen einen Anfang und ein Ende, welche - von außen leicht erkennbar - als eine in sich abgeschlossene Tätigkeit (Form) wahrgenommen werden kann. Damit wird erreicht, dass diese als beachtenswert empfundenen Handlungen nicht in dem alltäglichen Tun untergehen. Bewusst werden sie als etwas Besonderes dargestellt und als etwas nicht Alltägliches empfunden.

Hierzu ein sehr einfaches Beispiel: Wenn wir nach langer Zeit gute Freunde wieder treffen, begrüßen wir sie mindestens mit einem herzlichen Handschlag und verabschieden uns von diesen befreundeten Personen in der gleichen Weise. Für diesen besonderen Moment bzw. Anlass erscheint ein dahingeworfenes „Hey“ oder „Hallo“ zur Begrüßung und ein ebenso kontaktloses Winken zum Abschied als zu wenig, da wir dieses „formlose Verhalten“ für unsere Freunde als zu gering empfinden. So haben Etiketten auch etwas mit der Würdigung von Handlungen und oft mit dem gezeigten Respekt gegenüber den dabei eingebundenen Menschen zu tun.

In den Budo-Disziplinen

Das Aufstellen von Etiketten und ein Leben mit diesen im zwischenmenschlichen Umgang begleitet auch die Menschen in Japan seit Jahrhunderten bis in die heutige Zeit. Daher ist nicht überraschend, dass wir viele Formen der Etikette in den traditionellen japanischen Budo-Disziplinen wiederfinden, die sich in dem Verhalten der ernsthaften Budoka widerspiegeln sollten. Dieses Festhalten an der alten japanischen Tradition ist wohl auch damit zu erklären, dass sich Japan mit seiner über zweihundert Jahre lang dauernden Isolation von den Einflüssen anderer Kulturen rigoros abgrenzte. Wie in allen Kulturen haben Religionen oder andere moralisch geprägte Sittenlehren zum Erhalt von Etiketten und Ritualen ihren nicht zu unterschätzenden Beitrag geleistet. Dies gilt u.a. auch für das Verhalten der japanischen Samurai im gleichen Maße wie das der Ritter in unserer europäischen Kultur.

In den Dojos (Trainingsstätten) der Budo-Disziplinen, so also auch im Aikido, finden wir oft Aushänge, welche das Verhalten der Budoka nach einer festgelegten „Dojo-Etikette“ regelt. An diese haben sich alle Trainierenden zu halten, wenn sie ein Teil der Trainingsgemeinschaft sein wollen. Die Regeln der meist individuell gestalteten Dojo-Etiketten werden zumeist von den Verantwortlichen der Dojos erstellt. Diese werden aber auch in mündlicher Form an die Übenden weitergegeben. Auch wenn die Dojo-Etiketten sich aufgrund unterschiedlich gesetzter Schwerpunkte von einander abheben, regeln alle im gleichen Maße den respektvollen Umgang untereinander in der Trainingsgemeinschaft, wie z.B. die Körperhygiene und den Ablauf des Trainings.

Praktische Anwendung

Aikidoka knien zum Beginn des Trainings in einer Reihe und ihren LehrerInnen zugewandt auf der Matte ab und verharren so in dieser Position, um mit einer bewussten Bauchatmung zur Ruhe zu kommen und sich vom Trubel des Tages zurückzuziehen.

Dies geschieht aus dem Bedürfnis heraus, sich ausschließlich auf die anstehende Trainingseinheit konzentrieren zu wollen. Auch zum Ende des Trainings findet das Knien auf der Matte in der gleichen Weise statt, um die zurückliegende Trainingseinheit geistig zu verarbeiten und in einer angemessenen Form zu beenden.

Mit dieser kurzen Meditation im Kniestand wird weitgehend erreicht, dass die Trainierenden ihre Alltagssorgen o.ä. - zumindest für die Zeit des Trainings - vergessen.

Die geschilderten Formen der Meditation dienen nicht nur dazu, selbst zur Ruhe zu gelangen, sondern dass wir relativ unbelastet unseren TrainingspartnerInnen gegenübertreten und so die Voraussetzungen für ein erfolgreiches, gemeinsames Training schaffen. Bereits mit dieser geistigen Vorbereitung bekunden wir unseren TrainingspartnerInnen unsere Wertschätzung. Denn wir treten diesen nicht unkonzentriert gegenüber, was sich für beide Übenden nachteilig im Trainingsergebnis widerspiegeln würde.

Das Abknien zum Ende soll verinnerlichen, dass jetzt etwas Besonderes abgeschlossen ist und wir uns nun wieder gestärkt und konzentriert den Handlungen des Alltags zuwenden können.

Eine weitere Form der Etikette ist, dass sich im oben genannten Kniestand die LehrerInnen und SchülerInnen zueinander förmlich verbeugen. Mit dieser Handlung bezeugen beide Seiten ihren gegenseitigen Respekt und Dank. So bedanken sich die LehrerInnen dafür, dass ihre SchülerInnen bereit sind ihr Wissen aufzunehmen. Die SchülerInnen wiederum bedanken sich dafür, dass die LehrerInnen sie an ihrem Wissen teilhaben lassen.

Ebenso zum Zeichen des Dankes und Respekts verbeugen sich die Trainingspaare am Anfang und Ende einer partnerschaftlichen Übungssequenz im Stand zueinander. Zum Dank für die Unterstützung in ihren Fortkommen und für ihren respektvollen Umgang beim Ausführen der Techniken.

Wenn die LehrerInnen im Unterricht ihren SchülerInnen Techniken vorzeigen, knien diese ruhig am Boden in Zaho (Kniesitz) oder Agura („Schneidersitz”) ab. Bevor sie sich zum Trainieren der vorgezeigten Techniken vom Boden erheben, verbeugen sie sich zum Dank zu ihren LehrerInnen. Dies hat auch dann zu geschehen, wenn situationsbedingt die Trainierenden im Rang höher stehen als die LehrerInnen.

So finden wir noch weitere Formen der Etikette im Aikido-Training, die anfangs gewöhnungsbedürftig erscheinen aber im Laufe der Zeit von den Übenden als selbstverständlich und wünschenswert empfunden werden. Denn mit der notwendigen Etikette wird im Dojo offenkundig in einer ästhetischen Form der Respekt gegenüber den TrainingspartnerInnen demonstriert.

Handlungen, die aufgrund von Etiketten erfolgen, sollten von den Akteuren ernsthaft ausgeführt und nicht als notwendiges Übel seelenlos empfunden werden. Etikette verschafft uns die Gelegenheit in angemessener Form unserem Respekt zu zeigen, ohne dabei die eigene Persönlichkeit aufzugeben oder unterwürfig zu erscheinen.

Etikette in der richtigen Form eingebunden und angewandt, macht unser Handeln besonders und beständig.

Im Alltag

Wie Vieles im Aikido können wir die Erkenntnisse, die wir im Umgang mit der Etikette im Dojo erfahren, auch außerhalb der Trainingsstätte verwenden. Denn mit dem bewussten Beachten der Etikette fördern wir unsere Sensibilität für nicht alltägliche Handlungen und für das Besondere. Wir erhöhen damit unsere...

Erscheint lt. Verlag 19.10.2020
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Sport
ISBN-10 3-7526-9505-6 / 3752695056
ISBN-13 978-3-7526-9505-2 / 9783752695052
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Ohne DRM)
Größe: 3,0 MB

Digital Rights Management: ohne DRM
Dieses eBook enthält kein DRM oder Kopier­schutz. Eine Weiter­gabe an Dritte ist jedoch rechtlich nicht zulässig, weil Sie beim Kauf nur die Rechte an der persön­lichen Nutzung erwerben.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Bewegungs- und Trainingswissenschaft integrativ betrachtet

von Christian Hartmann; Hans-Joachim Minow; Gunar Senf

eBook Download (2024)
Lehmanns Media (Verlag)
19,99