In den Bergen ist Freiheit (eBook)

Ein wildes Leben

(Autor)

eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
304 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-99857-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

In den Bergen ist Freiheit -  Thomas Huber
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Seit Jahrzehnten steht der Kletterer und Extrembergsteiger Thomas Huber hart am Abgrund, stets am Limit. Er verzeichnet große Erfolge bei Erstbesteigungen und spektakulären Klettertouren, die kein Mensch zuvor wagte, erlitt Niederlagen, überlebte schwere Unfälle und einen Nierentumor. Er machte aus dem Scheitern eine Tugend und stand immer wieder auf. In seinem Buch berichtet er von seiner Kindheit am Fuße der Alpen, von der Kraft des ersten Schrittes, von Leidenschaft, Mut und Zweifel. Das Buch ist die Geschichte eines der berühmtesten Bergsteiger unserer Zeit und eine Hymne auf die Freiheit. Die erste Autobiografie des Weltklassealpinisten: Offen wie nie erzählt der Ältere der berühmten »Huberbuam« über sein Leben.

Thomas Huber, Jahrgang 1966, ist Extremkletterer, Bergsteiger und Bergführer. Mit seinem Bruder Alexander bildet er das erfolgreiche deutsche Kletterduo die »Huberbuam«. Über ihre alpinistischen Meilensteine erschienen mehrere Dokumentarfilme, u.a. »Am Limit« über ihren Speed-Rekordversuch an der »Nose« am El Capitan im Yosemite Valley. Darüber hinaus gelangen Thomas Huber mit seinem Bruder und mit anderen Alpinisten weitere spektakuläre Erstbegehungen, u.a. im Karakorum, in Patagonien und in der Antarktis. Im Juli 2016 stürzte er bei Filmaufnahmen an einer Felswand in der Nähe von Berchtesgaden sechzehn Meter in die Tiefe und erlitt eine Schädelfraktur, bevor er im August 2016 bereits wieder zu einer Expedition aufbrach. Für seine Leistungen wurde er mit dem Piolet d'Or und dem Bayerischen Sportpreis ausgezeichnet. Thomas Huber lebt mit seiner Frau und den drei gemeinsamen Kindern in Berchtesgaden und ist mit Vorträgen unterwegs. Zudem ist er Sänger der bayerischen Rockband »Plastic Surgery Disaster«.

Thomas Huber, Jahrgang 1966, ist Extremkletterer, Bergsteiger und Bergführer. Mit seinem Bruder Alexander bildet er das erfolgreiche deutsche Kletterduo die "Huberbuam". Über ihre alpinistischen Meilensteine erschienen mehrere Dokumentarfilme, u.a. "Am Limit" über ihren Speed-Rekordversuch an der "Nose" am El Capitan im Yosemite Valley. Darüber hinaus gelangen Thomas Huber mit seinem Bruder und mit anderen Alpinisten weitere spektakuläre Erstbegehungen, u.a. im Karakorum, in Patagonien und in der Antarktis. Im Juli 2016 stürzte er bei Filmaufnahmen an einer Felswand in der Nähe von Berchtesgaden sechzehn Meter in die Tiefe und erlitt eine Schädelfraktur, bevor er im August 2016 bereits wieder zu einer Expedition aufbrach. Für seine Leistungen wurde er mit dem Piolet d'Or und dem Bayerischen Sportpreis ausgezeichnet. Thomas Huber lebt mit seiner Frau und den drei gemeinsamen Kindern in Berchtesgaden und ist mit Vorträgen unterwegs. Zudem ist er Sänger der bayerischen Rockband "Plastic Surgery Disaster".

Meine kleine Welt


Die Kindheit


1966: Ich schaute mit neugierigen Augen in die Welt und wusste nicht, dass ich ein wenig übergewichtig war. Wie mir meine Eltern später versicherten, gab es schönere Kinder als mich. Aber mir ging es einfach nur gut, denn ich fühlte mich bestens behütet. So wie mein Vater und auch schon mein Großvater wurde ich nach alter Hoftradition Thomas genannt. Ich bin schon mit zehn Monaten gelaufen, habe bald erste Wörter gesprochen, und es schien so, dass ich nicht lange auf etwas warten konnte.

Als Säugling hatte ich mal eine sehr unruhige Nacht, sodass meine Mutter besorgt zu meinem Bett ging. In diesem Moment bemerkte sie ein ungewöhnlich helles Licht draußen im Hof. Unsere Stallungen brannten lichterloh! Die Pallinger Feuerwehr kam, und versuchte, das Schlimmste zu verhindern. Mithilfe der Nachbarn konnten zumindest alle Tiere vor den Flammen gerettet werden, aber der Hof brannte bis auf die Grundmauern nieder. Die Feuerwehr konnte das Wohnhaus noch retten. Innerhalb eines Jahres wurde alles wieder neu aufgebaut, und meine Eltern stellten auf Bullenmast um. Die Milchwirtschaft bedeutete viel Arbeitsaufwand, und mein Vater wollte die Zeit lieber in den Bergen als auf dem Bauernhof verbringen.

In dieser Zeit kündigte sich ein weiterer Huber an. Kurz vor Silvester 1968 bekam ich einen Bruder, Alexander. Ein schöner Bub, wenn man die Fotos von damals betrachtet. All diese doch sehr einschneidenden Ereignisse sind heute komplett aus meinen Gedanken verschwunden, die erste bewusste Wahrnehmung, die ich aus meinen Erinnerungen filtern kann, ist, dass der neue Bauernhof eine komplett betonierte Hoffläche besaß, die sich später perfekt zum Gokartfahren eignete. Unser Vater baute sich in dieser Zeit ein zweites Standbein auf und machte eine Banklehre, die Mutter erledigte die Stallarbeiten, wir spielten im Garten und auf dem Hof. Damals war uns allerdings nicht bewusst, wie wichtig die Berge für unseren Vater waren. Er war fast jedes Wochenende weg, unterwegs zu einem senkrechten Abenteuer.

Als ich etwa vier Jahre alt war, hatte unser Vater einen Kletterunfall. Er stürzte an der Nordwand der Bischofsmütze im Dachstein 30 Meter ins Seil, zog sich eine tiefe Fleischwunde am Schienbein zu und landete im Krankenhaus. Als wir unseren Vater am Krankenbett besuchten, erklärte er uns, was passiert war. Das war der Moment, in dem ich mir schwor, nie in die Berge zu gehen, und ich wollte auch nicht, dass mein Vater es tat. Berge waren für mich gefährlich und tödlich. Sie wollten mir meinen Vater wegnehmen!

Er ließ sich jedoch von diesem Zwischenfall nicht von seiner Leidenschaft, dem Klettern, abhalten, aber er konfrontierte uns nicht mehr mit seinen Bergabenteuern. Ein Wanderurlaub in den Dolomiten bestätigte meine Abneigung gegenüber den Bergen. Wie sinnlos war es doch, sich mühsam einen Berg hinaufzuquälen, und ich wehrte mich lautstark gegen jede weitere Bergaktivität.

Abgesehen von dieser Abneigung, erlebte ich meine frühe Kindheit wie einen bunten Bilderbogen. Von den Lausbubenstreichen mit meinen Freunden aus dem Dorf über den Kindergarten mit der zornigen Klosterschwester, die uns beim Schwätzen übers Knie gelegt hat, bis hin zu den ersten Skifahrversuchen am Pallinger Berg sowie den unzähligen Besuchen bei unseren Omas. Obwohl es unsere Opas gab, wurden die Häuser unserer Großeltern immer »bei der Pallinger Oma« oder »bei der Tyrlbrunner Oma« genannt. Und die Oma-Häuser waren von ihrer Art sehr unterschiedlich, wie eben auch die beiden Dörfer: Gegen das bäuerliche, wildromantische Tyrlbrunn, fünf Höfe, eine Kirche, war Palling ein modernes, großes Dorf. Es hat eine Kirche, einen Friedhof, eine Schule, ein Kloster, eine Wirtschaft, einen Metzger, einen Bäcker, ein Lebensmittelgeschäft, eine Apotheke, einen Landarzt und sogar einen Zahnarzt. Eben alles, was man zum Leben braucht. Nach Osten erstrecken sich die Felder der Bauern in die leicht hügelige Voralpenlandschaft, nach Westen wird das Dorf vom bewaldeten Pallinger Berg begrenzt, der sich wie ein 100 Meter hoher und 10 Kilometer langer Wall von Nord nach Süd erstreckt und dessen Grund von der letzten Eiszeit geformt wurde.

Die Pallinger Oma lebte in einem kleinen separaten Haus neben unserem Hof und hatte immer etwas zu naschen. Sie erzählte viele Geschichten von damals, Opa hingegen sprach vom Krieg. Er war sowohl im Ersten als auch im Zweiten Weltkrieg als Sanitäter an der vordersten Front gewesen. Er berichtete von der Kameradschaft, aber vor allem von der Sinnlosigkeit des Krieges.

In Tyrlbrunn dagegen lebten wir nur die Gegenwart. Es war ein großer, schöner alter Vierkanthof, draußen vor dem Haus stand eine riesige alte Eiche, und hinter den Stallungen gab es einen großen Bauerngarten, wo es immer süßes Obst und Beeren zu pflücken gab. In meinen Gedanken rieche ich heute noch das Haus, eine Mischung aus Stallgeruch und frisch gekochtem Essen. Wenn ich in Tyrlbrunn übernachten durfte, war ich voll eingebunden in das bäuerliche Leben. Zum Morgengrauen wurden wir vom Hahn geweckt, in der Küche knackte das Holz im Ofen, auf der großen eisernen Kochplatte stand der Milchtopf, und Oma machte mir einen warmen Kakao, auf dem sich durch die frische Milch vom Stall normalerweise eine feine Haut bildete. Auch wenn sie mir oft sagte, es sei gesund und mache mich stark, grauste es mich vor dieser schlabbrigen Süße. Also bekam ich meinen Kakao immer ohne Haut, und dazu gab es meist ein Marmeladebrot. Opa trank frisch gebrühten Kaffee mit viel Milch und drei Esslöffeln Zucker. Dazu rauchte er seine Pfeife. Ich durfte auch einmal Opas Gebräu probieren, und das ist vermutlich der Grund, warum ich bis heute meinen Kaffee nie mit viel Milch und absolut zuckerfrei trinke. Dann ging es in den Stall, Kühe füttern, melken und auf die Weide treiben. Anschließend machten wir uns im Hühnerstall auf die Eiersuche.

Oma war meist in der Küche beschäftigt, sie backte Brot, kochte Marmelade ein und bereitete mindestens einmal meine Leibspeise zu, wenn ich bei ihr zu Besuch war: eine selbst gemachte Rindssuppe mit Nudeln, dazu Schnittlauch, so viel Pfeffer, dass die Augen wässerten, und Dampfnudeln. Da stand dann am Herd ein großer Eisentopf mit einem Holzdeckel und mit Leinentüchern umwickelt, und nur die Oma wusste, wann sie fertig waren, die Dampfnudeln. Oben weiß flauschig und unten eine resche süßliche Kruste, die sogenannte Printsch. Und wehe, es öffnete jemand aus lauter Neugierde den Holzdeckel zu früh, dann war alles umsonst. Dampfnudeln brauchen eben ein Gespür, und das hatte die Oma. Dazu gab es dann noch selbst gemachtes Apfelkompott. Ja, die Oma war die Beste, und Tyrlbrunn war für uns die schönste Zeit.

Kurz nachdem unser Pallinger Opa mit 82 Jahren gestorben war, gab es ein deutsch-amerikanisches Militärmanöver in unserem Dorf, und ich durfte eine Runde mit dem Panzer mitfahren. Daraufhin erzählte mir mein Vater die Geschichte, wie mein Opa auf einen amerikanischen Panzer geklettert war, als Palling von den Nazis befreit wurde.

Im Winter 1944/45 begann sich das Ende des Krieges abzuzeichnen. Immer öfter flogen jetzt die Bomber der Alliierten über Palling Richtung Salzburg. Beim Ton der heulenden Sirenen stiegen die Dorfbewohner in den Kartoffelkeller und warteten bange Stunden bis zur Entwarnung. Oft war in der Nacht der Himmel gegen Osten nach einem Luftangriff hell erleuchtet, und dem kleinen Thomas, meinem Vater, war klar, dass diese Zeit nur den Tod brachte. Der kleine Thomas war froh, dass sein Vater nach einer Verwundung nicht mehr an die französische Front zurückmusste und dass dann endlich der Krieg zu Ende war.

Dorf für Dorf wurde von den Amerikanern eingenommen, und als dieser Moment Palling bevorstand, besaß der Bauer vom Riedlhof, mein Opa, den Mut, mit einem weißen Bettlaken auf den Pallinger Berg zu gehen, um die anrollende amerikanische Panzerkolonne zu empfangen und zu signalisieren, dass sich Palling friedlich ergeben würde. Als die Panzer vom Pallinger Berg rollten, stand der kleine Thomas mit seiner Mutter und den Dorfbewohnern im Dorfzentrum. Auf dem ersten Panzer saß sein Vater, im Rücken die ...

Erscheint lt. Verlag 1.12.2022
Zusatzinfo Mit 16 Seiten Farbbildteil
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Esoterik / Spiritualität
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte Alexander Huber • Angst • Autobiografie • Base Jump • Base Jumping • Berchtesgaden • Berg • Berg-Abenteuer • Bergsteigen • Bergsteiger • Biografie • Buch • Bücher • David Lama • El Capitan • Extrem-Bergsteiger • Extrem-Kletterer • Extremsport • Familie • Frau • free solo • Freiheit • Grenzgänger • Hansjörg Auer • Herausforderung • Huberbuam • Klettern • Latok • Lebens-Geschichte • milchschnitte • Pakistan • Patagonien • Plastic Surgery Disaster • Seven Summits • Steinzeit • Wandern
ISBN-10 3-492-99857-7 / 3492998577
ISBN-13 978-3-492-99857-4 / 9783492998574
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