Jungen & Pubertät -  Reinhard Winter

Jungen & Pubertät (eBook)

In Beziehung bleiben, wenn alles anders wird
eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
316 Seiten
Beltz (Verlag)
978-3-407-86643-1 (ISBN)
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Wo Mädchen reden, schweigen Jungen. Ein Klischee? Ja, aber oft auch Realität. Daher ist es umso bedeutsamer für Eltern, die wenigen Gelegenheiten des Austauschs mit ihrem Sohn zu nutzen. Streit und Konflikte sind dabei eine wichtige Form der Beziehung. Es hilft, wenn Eltern sich als kompetente Gegenüber erweisen und mehr sagen können als »Räum dein Zimmer auf und häng nicht so viel vor dem Computer«. Der bekannte Jungen-Experte Reinhard Winter gibt Antworten auf alle Pubertätsfragen, die speziell mit Jungen entstehen. Er beschreibt, welche fantastischen Prozesse in Gehirn und Körper vor sich gehen, und arbeitet die zehn wichtigsten Dinge heraus, über die Eltern mit ihren Söhnen reden können, damit die neue Balance zwischen Bindung und Loslassen gelingt: Gemeinsam über Vertrauen und Aggression nachdenken, über Medien und Risikoverhalten, Sucht und Sex - das stärkt Jugendliche (und ihre Eltern) für das Erwachsenwerden.

Dr. Reinhard Winter ist der profilierteste Jungenexperte im deutschsprachigen Raum. Er ist Diplompädagoge und in der Leitung des Sozialwissenschaftlichen Instituts Tübingen (SOWIT). Er arbeitet in der Jungen- und Männerberatung, in der Jungenforschung sowie in der Qualifizierung von Lehrern und Fachkräften in der Sozialen Arbeit zu Jungenthemen.

Einleitung


Wachstum braucht Krisen, deshalb ist jede Pubertät krisenhaft. Aber sie ist auch eine fantastische Zeit der Entwicklungschancen – für alle Beteiligten. Jungen nabeln sich in dieser Zeit von ihren Eltern ab; sie werden zu jungen Männern, und ihre Mütter und Väter wachsen mit ihnen.

Erste Anzeichen der Vorpubertät lassen sich oft schon mit neun, zehn Jahren ausmachen, abgeschlossen ist die Nachpubertät je nach Ausbildung und Lebensverlauf irgendwann zwischen 23 und 25 Jahren. Pubertät ist also nicht etwa ein Ausnahmezustand, sondern Alltag während einer langen und interessanten Zeitspanne. Kein Wunder, dass wir Eltern uns darauf einstellen wollen: In fast allen Familien ist die Pubertät ein großes Thema, und besonders für ihre Söhne befürchten viele Eltern, dass sie in dieser Phase schwierig werden.

Auch bei optimaler Vorbereitung und mit den richtigen Informationen im Hintergrund sind die Pubertätsjahre kein Vergnügen, durch das Eltern mit ihren Söhnen einfach so hindurchspazieren können. Es gibt immer mal anstrengendere Zeiten, dann wieder ruhigere Wasser. Auch müssen nicht alle Jungen gleich hart in Auseinandersetzungen gehen, einige durchlaufen ihre Pubertät, ohne erschütternde Krisen bei den Eltern auszulösen. Aber hin und wieder gibt es Zuspitzungen oder Problemverdichtungen, und das ist der Teil, bei dem sich Eltern Sorgen machen.

Grundsätzlich kann man auch bei der Pubertät darauf bauen: Alle kommen rein und alle kommen auch wieder raus. Es ist zwar eine langwierige, manchmal ärgerliche oder unangenehme Angelegenheit, aber insgesamt ist es eine Phase, die wieder vergeht, wenn sie ihren Nutzen gebracht hat. Für Eltern ist es hilfreich, über die männliche Seite der Pubertät gut informiert zu sein, um entspannt durch diese unruhige Zeit zu kommen. Auch wenn der Junge Fragen stellt oder seine Eltern ihm Wichtiges mit auf den Weg geben möchten ist es sinnvoll zu wissen, was in Kopf und Körper unserer pubertierenden Söhne vor sich geht.

Jungenpubertät ist anders


Worum geht es in der Pubertät? Der Blick ins Lexikon verrät: Der Begriff »Pubertät« stammt vom lateinischen »pubertas«, das heißt »Geschlechtsreife«, aber auch »Mannbarkeit«, was man für Jungen als »zum Mann reifen« verstehen darf. Es geht also um zweierlei: einerseits um die körperliche Entwicklung und die Erlangung der Fruchtbarkeit, aber auch um die psychische Reifung zum Erwachsenen, was Wertefindung und Verantwortungsbewusstsein miteinbezieht. Ohne Zweifel gibt es zahlreiche Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen, teilweise grundsätzlich, teilweise in der Tendenz. Mit den Besonderheiten der Pubertät bei Jungen befasst sich dieses Buch.

Unvergleichlich, eindeutig verschieden und damit speziell sind körperliche Unterschiede. Während der Pubertät entwickeln sich Körper prägnant, primäre und sekundäre Geschlechtsmerkmale prägen sich aus, sie wollen in der Sexualität auch »belebt« werden und agieren: Verschieden ist das Erleben des Körpers, die Erfahrung der Körperlichkeit, und damit, wie Pubertierende sich von innen fühlen oder sehen, wie sie ihren Körper wahrnehmen. Das Erleben einer Erektion, eines Samenergusses oder eines Schlags in die Hoden sind spezielle Erfahrungen der Jungen. Auch die Potenz, Kinder zeugen zu können, wächst männlichen Jugendlichen zu, mit der damit zusammenhängenden Verantwortung.

Im Jungenkörper wird vom Beginn der Pubertät an vermehrt Testosteron gebildet, ein Hormon, das bei Mädchen und Frauen ebenfalls nachweisbar ist, nur eben in viel geringerer Dosierung. Dies äußert sich in tendenziellen Verhaltensunterschieden: Jungen reagieren im Durchschnitt impulsiver, sie werden stark von Gleichaltrigen beeinflusst, leben riskanter. Pubertäre Konflikte entladen sich bei Jungen stärker nach außen: Sie schreien herum, drücken sich durch Signale und Gesten aus, gehen in Bewegung und Aktion. Viele Jungen fühlen sich in der Pubertät wie gefangen in den eigenen Beschränkungen, aber auch in den Aufgaben, Regeln und den Grenzen, die Eltern und Schule vorgeben. Das produziert manchmal Energie, die wie Sprengstoff wirkt, um sich etwas Platz zu schaffen. Jungen machen jetzt noch mehr Dummheiten, sie experimentieren mit Grenzüberschreitungen, begehen Regelverstöße oder Gewalttaten, verursachen Unfälle, sie tauchen in virtuelle Spielwelten ab – Phänomene, die auch bei Mädchen, tendenziell aber deutlich mehr bei Jungen vorkommen. Ähnlich bedeutsam ist jedoch, dass es sehr viele Unterschiede unter Jungen gibt, letztlich ist jeder Junge auch mit seinem Männlichsein ganz einmalig, die Zugänge und die Beziehung zu ihm gestalten sich sehr individuell.

»Für jeden brauchst du einen eigenen Schlüssel.«
(Mutter dreier Söhne, zwei in, einer nach der Pubertät)

Pubertierende Jungen taugen nicht für einen Werbeclip fürs Vater- oder Muttersein. Es ist sicher kein Zufall, dass durch Bilder von süßen Babys und kleinen Rackern der Kinderwunsch geweckt werden kann, nicht aber von pickeligen oder gereizten 14-jährigen Jungen. Gäbe es die Möglichkeit, diese Zeit auszulassen, viele Eltern würden die Chance ergreifen. Das ist aber überhaupt kein neues Phänomen, sondern wird anscheinend in jeder Epoche beklagt.

Ich wollte, es gäbe gar kein Alter zwischen zehn und dreiundzwanzig, oder die jungen Leute verschliefen die ganze Zeit:
Denn dazwischen ist nichts als den Mädchen Kinder schaffen,
die Alten ärgern, stehlen, balgen.

William Shakespeare,
Das Wintermärchen, 3. Aufzug, 3. Szene

Die Pubertät zu überspringen, wäre aber natürlich kaum sinnvoll: Jungen brauchen diese Entwicklungszeit genauso, wie sie für die Eltern eine einmalige Chance bedeutet. Nicht zuletzt befördern unsere Kinder auch unsere eigene Weiterentwicklung. Pubertät gehört nun mal zum Gesamtpaket und kann Eltern sogar bereichern. Wir müssen jetzt zwar Probleme bewältigen, die wir ohne Sohn nicht hätten. Aber durch die Jungenpubertät wachsen Eltern nicht zuletzt durch ihre Erkenntnisse, ihre Sorgen und Unsicherheiten; sie bekommen Entwicklungsmöglichkeiten, die sie ohne ihn nicht hätten.

Durch die Pubertät und während dieser Zeit endet Erziehung nicht, im Gegenteil: Sie kommt in ihre entscheidende Phase. Hier bin ich ganz anderer Meinung als Jesper Juul in seinem Buch Pubertät – wenn Erziehung nicht mehr geht. Fürs Gelingen der Jungenpubertät sind Eltern wichtig: In dem, wie sie in Beziehung sind, wie sie mit ihrem Verhalten den Sohn weiter prägen, wie sie ihn verstehen oder was sie ihm vermitteln. Erziehung pur, aber selbstverständlich auf einer anderen Frequenz als in der Kindheit.

Merksatz

Wer glaubt, in der Pubertät sei alles bereits entschieden, liegt falsch. Eltern sind auch in diesem Alter wichtig!

Jede Jungenpubertät ist eine Herausforderung, das stimmt. Aber sie birgt so viele Chancen und positive Folgen, dass wir sie lieben sollten. Das gilt für die Jungen, die in diesem Prozess allmählich zu Männern reifen. Es gilt aber auch für die Eltern, die in dieser Zeit zwar einiges mitmachen, aber viel profitieren können. Wach, mit offenen Augen und bewusst gemeinsam durch die Jungenpubertät zu ziehen, sorgt dafür, dass sie reiche Früchte tragen kann.

Augen auf und durch!


Die gute Nachricht: Ein guter Teil der Pubertätsprobleme ist selbst produziert. Nicht nur von Jungen, die sicher auch ihren Teil dazu beitragen, nein: von den Medien, der Umgebung, von den Eltern selbst. Gerade von der Pubertät ihrer Söhne scheinen heute viele Eltern schon erschöpft, bevor diese richtig loslegen. Ein bisschen Respekt vor dieser Zeit schadet sicher nicht, aber Angst braucht niemand zu haben. Informierte Eltern sorgen für weniger Drama in der Jungenpubertät und sind entspannter. Sicher, Pubertät ist eine dynamische Lebensphase, die männliche Komponente im Kind treibt Pubertätsrisiken auf die Spitze. Aber es ist keine Erkrankung, kein Wahn und auch kein Ausnahmezustand. Es kommt vor allem darauf an, was Eltern gemeinsam mit ihren Söhnen daraus machen.

Sicher ist es hilfreich, dem oft belasteten Thema Pubertät mit etwas Leichtigkeit zu begegnen, aber natürlich verdient es trotzdem ernst...

Erscheint lt. Verlag 16.9.2020
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Familie / Erziehung
ISBN-10 3-407-86643-7 / 3407866437
ISBN-13 978-3-407-86643-1 / 9783407866431
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