Raus aus der Mental Load-Falle -  Patricia Cammarata

Raus aus der Mental Load-Falle (eBook)

Wie gerechte Arbeitsteilung in der Familie gelingt
eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
224 Seiten
Beltz (Verlag)
978-3-407-86633-2 (ISBN)
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Kinder, Küche, Krisenmanagement. Ob sie wollen oder nicht: Immer noch erledigen Mütter einen Großteil der Familienarbeit, haben jedes noch so kleine To-do von Kindern und Partner im Kopf. Mental Load ist das Wort für die Last im Kopf, die Frauen grenzenlos stresst. Patricia Cammarata, Psychologin und bekannte Elternbloggerin, beschreibt konkrete Auswege aus der Mental Load-Falle. Zuständigkeiten gerecht verteilen, Aufgaben loslassen, Freiräume schaffen und vor allem als Paar die Energie darauf verwenden, füreinander da zu sein - das löst langfristig den Knoten. Natürlich gibt es nicht den einen Weg aus der Dauerbelastung. Dieses Buch zeigt viele Wege, um die Arbeits- und Verantwortungslast so aufzuteilen, dass es für die eigene Familie passt. Aber fest steht: Der freie Kopf macht es möglich, endlich durchzuatmen. Geteilter Mental Load eröffnet neue Perspektiven! Ein Buch für Mütter und Väter, die endlich gleichberechtigt leben wollen.

Patricia Cammarata ist Diplompsychologin und gefragte Keynote-Speakerin zum Thema Vereinbarkeit und Gleichberechtigung. Mit ihrem SPIEGEL-Bestseller »Raus aus der Mental Load Falle« machte sie den Begriff Mental Load im deutschsprachigen Raum bekannt und hat eine breite gesellschaftliche Debatte zum Thema Gleichberechtigung angestoßen. Für ihr Blog »dasnuf« gewann sie zahlreiche Preise, ihre Podcasts »Mit Kindern leben« und »Nur 30 Minuten« werden von mehreren Tausend Menschen gehört. Mit ihren Kindern und ihrem Partner lebt sie in Berlin.

Das Symptom: Totale Erschöpfung


Ich war 35 Jahre alt und hatte laut Lohnsteuerkarte 1,5 Kinder. Zwei eigene und ein Kind, das mein Mann mit in die Ehe gebracht hatte. Fünf Jahre arbeitete ich schon als Projektmanagerin bei einem mittelständischen IT-Dienstleister. Ich arbeitete 30 Stunden die Woche Teilzeit, Homeoffice war kein Thema, Start und Ende meiner Arbeitszeiten konnte ich flexibel bestimmen, ich musste fast nie reisen, es wurde zuverlässig dokumentiert, und mir standen Tools zur Verfügung, die es mir möglich machten, orts- und zeitunabhängig zu arbeiten. Vor 10 Uhr und nach 16 Uhr gab es keine Meetings.

Zwei meiner Kinder hatten einen Betreuungsplatz in einer Kita, von der andere nur träumen konnten. Die Kita hatte von 8 bis 17 Uhr geöffnet, es gab keine Ferienschließzeiten, und die Kinder wurden so liebevoll und herzlich umsorgt, dass sie sich fast jeden Tag beschwerten, wenn ich sie abholte. Das älteste Kind besuchte eine Schule mit Hortbetreuung, die so nah war, dass es alleine nach Hause gehen konnte.

Mein Mann war engagierter Vater und half auch im Haushalt mit. An einigen Tagen brachte er die Kinder in den Kindergarten, ein Nachmittag pro Woche war »Papa-Tag«, und wenn es etwas zu tun gab, musste ich ihn nur fragen, und es wurde irgendwann erledigt. Meistens jedenfalls.

Meine Mutter war hin und weg. So viel Glück hatte sie damals nicht. Mein Mann bügelte sogar seine Hemden selbst! Weil ich mich standhaft weigerte, das zu tun (in Berlin kann man sie auch für 99 Cent das Stück in die Reinigung bringen), befürchtete sie, dass er irgendwann die Scheidung einreichen würde.

Ich hatte gerade 14 Monate Elternzeit gehabt. Zwölf davon alleine, zwei gemeinsam mit meinem Mann. Das jüngste Kind war erfolgreich im Kindergarten eingewöhnt, und ich freute mich riesig auf die Arbeit. Ich arbeitete gerne, ich hatte meine Kolleg*innen und meine Aufgaben vermisst. Tatsächlich war ich voller Vorfreude auf den neuen Lebensabschnitt. Denn nach der Geburt meines ersten Kindes hatte die Rückkehr in den Job problemlos geklappt. Ich spürte große Dankbarkeit, denn von vielen Freundinnen hatte ich bislang nur Horrorgeschichten gehört, wie sie nach der Geburt des ersten Kindes aus ihrem Job gemobbt wurden.

So startete ich also ins neue alte Jobleben. Sogar mein Arbeitsweg war kurz. Von Tür zu Tür benötigte ich keine 30 Minuten. Ich musste lediglich einige Stationen mit der U-Bahn bis zum Alexanderplatz fahren. Dort stieg ich aus, lief an einem großen Kino vorbei und war fünf Minuten später in meinem Büro. Es irritierte mich deswegen sehr, dass mich regelmäßig schon in der U-Bahn eine unglaubliche Müdigkeit erfasste. Schon das Aussteigen bereitete mir Mühe. Ich ließ mich von den Menschenmassen der Rushhour mitziehen und nahm immer den Aufgang, der mich vor das Kino führte. Vor dem Kino dann wurden meine Beine wie Blei. Es fühlte sich an, als wäre ich Astronautin und irgendwer hätte die Schwerkraft auf meinem Raumschiff falsch konfiguriert. Ich wurde immer langsamer, stand vor dem Kino, blickte müde an der Fassade hoch und dachte mir: »Wenn ich mich hier kurz auf den Asphalt lege – nur zehn Minuten –, dann geht es mir bestimmt besser.« Der graue Boden sah seltsam einladend aus. Mein Körper fühlte sich heiß und schwer an, und bestimmt wäre es sehr angenehm, nur kurz auf dem Boden auszuruhen und ein wenig Kraft zu tanken. Nur einen Augenblick. Vielleicht, bis die anderen Pendler an mir vorbeigezogen waren? Dann würde ich gestärkt und frisch in den Arbeitstag starten. So ging es Tag für Tag. Ich legte mich nie hin. Mir war schon klar, dass es nicht gesund war, sich in der Öffentlichkeit hinlegen zu wollen. Erwachsene Menschen legen sich nun mal nicht auf Straßen.

Ich musste etwas unternehmen. Mich irgendwie entlasten. Ich betrachtete also meinen Alltag und strich alle Aktivitäten, die nicht unbedingt notwendig waren. Keine Verabredungen mehr mit Freundinnen, auch nicht nach der Kita für den Spielplatz. Ich ging zu keinen Bastelnachmittagen mehr, legte mein Amt als Elternsprecherin nieder, und wenn es in der Schule oder im Kindergarten ein Buffet zu bestücken gab, brachte ich Saft oder einen Aufbackkuchen mit. Permanent hatte ich ein schlechtes Gewissen, aber da es nicht anders ging, war das das kleinere Übel. Nach ungefähr sechs Wochen funktionierte ich wieder. Ich wollte mich nicht mehr auf den kalten Boden vor dem Kino legen und konnte ohne Zwischenfälle arbeiten gehen – was aber nichts daran änderte, dass ich regelmäßig um 20 Uhr im warmen Bett meiner Kinder einschlief.

So vergingen Jahre. Jahre, in denen ich mich kraftlos und ständig müde fühlte. Aber das schien normal. Andere Mütter hatten das auch. Die Dauererschöpfung gehört zum Muttersein, so schien es mir logisch und quasi natürlich. Mütter, die nicht total platt waren, Mütter, deren Kinder durchschliefen, Mütter, die vielleicht nur ein genügsames Kind hatten oder die finanziellen Mittel, sich zu entlasten, entschuldigten sich bei den Müttern, die fix und alle waren. Die anderen Mütter waren Teil eines Geheimbunds. Wir verstanden nur allzu gut, wie gut es denen ging, die mal in Ruhe duschen konnten. Die mal 20 Minuten nur für sich im Bad hatten. Bei denen nicht ein Kind mit in der Wanne saß oder an die Tür klopfte, weil es genau jetzt auch mal dringend die Toilette benutzen musste.

Wir versicherten uns gegenseitig, dass es okay sei, drei Mal die Woche Nudeln mit Tomatensoße zu kochen. Man konnte ja immerhin einen Alibisalat dazu bereiten. Heldinnen waren diejenigen, die noch Zeit hatten, sich mal die Fingernägel zu lackieren oder gar einen Lidstrich zu ziehen. Wie machten die das bloß? Ich wusste es nicht. Erst Jahre später begriff ich, was mit mir los gewesen war.

2017 stieß ich im Internet auf einen Auszug aus dem Comic The Mental Load von der französischen Illustratorin Emma.1 Ich hatte diesen Begriff noch nie gehört. Aber als ich den Comic fertig gelesen hatte, fühlte ich mich regelrecht erleuchtet. Das war es, was mich all die Jahre so fertiggemacht hatte. Es fühlte sich an, als ob das Ende einer jahrelangen Leidensgeschichte in Sicht sei, als ob ich eine Ärztin gefunden hätte, die eine Diagnose stellen konnte. Emma schreibt in ihrem Comic: »Ich hoffe, dass diese Seiten Eingang in Ihre Graswurzelkämpfe finden … Ich hoffe, dass meine Sozialanalyse und meine Bilder ebenfalls einen Nutzen für Sie haben.« Ihr Wunsch ist wahr geworden, denn ihr Comic ging nicht nur in Frankreich, sondern weltweit viral.

Auch mir war jetzt klar: Neben den eigentlichen To-dos, die ich täglich abarbeitete, hatte mich der Mental Load an die Grenzen meiner Belastbarkeit gebracht.

Mental Load – endlich hatte das Kind für mich einen Namen und war dadurch greifbar geworden. Was ich nicht wusste: Dieses Wissen würde mein Leben nachhaltig verändern, und ich spoilere mal: zum Positiven …

Die Diagnose: Mental Load


»Das, was ich tue, ist ohne Bedeutung. Ich bin gut,
um die Wäsche zu waschen, den Kühlschrank aufzufüllen.
Ich bin ein Automat für Futter. Für Liebe.«

Elvira Gianini, Eine kleine Lüge (TV-Serie)

Das Witzige am Thema Mental Load ist: Frauen muss man in der Regel gar nicht erklären, was Mental Load ist. Es reicht eigentlich, dass man sich einige wenige Schlagworte oder Beispiele zuwirft. »Diese unendliche To-do-Liste, die ständig vor sich hin rattert, auch wenn du abends auf dem Sofa sitzt. Die es dir schwer macht, einzuschlafen, und die dich morgens vor dem Weckerklingeln hochschrecken lässt. DAS ist Mental Load.« »Alles klar, verstanden. Geht mir auch so. Wusste nur nicht, dass es dafür einen Namen gibt …« Für Frauen, egal, ob mit oder ohne Kind(er), ist Mental Load normal. Es gehört irgendwie zum Frausein, für alles im Haushalt, in der Beziehung und bezogen auf die Kinder verantwortlich zu sein.

Viele Männer, die das erste Mal von dem Begriff Mental Load hören, haben ein großes Fragezeichen im Kopf: Was ist denn, bitte, das schon wieder? Und ein bisschen haben sie ja recht. Das Phänomen Mental Load gab es eigentlich schon immer. Lediglich der Name ist neu. Wer in den frühen 2000er-Jahren ferngesehen hat, der kennt sogar schon ein Musterbeispiel für Mental Load. Da beschreibt die Firma Vorwerk ganz hervorragend das Phänomen, indem sie aus einer Hausfrau und Mutter einfach eine Familienmanagerin machen.

Ich leite ein
kleines Familienunternehmen.1

Erinnert ihr euch? Im besagten Werbespot wird eine Hausfrau und...

Erscheint lt. Verlag 24.6.2020
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Familie / Erziehung
ISBN-10 3-407-86633-X / 340786633X
ISBN-13 978-3-407-86633-2 / 9783407866332
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