Dem Schmerz die Stirn bieten (eBook)
312 Seiten
Beobachter-Edition (Verlag)
978-3-03875-303-2 (ISBN)
Roland Schreiber, Dr. med, Facharzt FMH für Chirurgie, war jahrelang Leiter der Schmerzklinik des Spitals Bülach. Er verfügt über Zusatzausbildungen in Neuraltherapie, Manualmedizin und Schmerztherapie. Er arbeitet als Schmerzmediziner in Zürich und bei Katastrophen mit der Emergency Response Unit des Roten Kreuzes. 2016 publizierte er das Sachbuch «Gesichter des Schmerzes» im Careum Verlag.
Biologische Behandlungs-möglichkeiten
Chronische Schmerzen führen zu vielfältigen Veränderungen im Körper. Können Schmerzen nicht mehr vollständig eliminiert werden, müssen auch alle diese Veränderungen in der Behandlung berücksichtigt werden, um das bestmögliche Resultat zu erhalten. Dies verlangt eine genaue Analyse der Schmerzsituation und ein differenziertes Behandlungskonzept, wobei praktisch immer mehrere Behandlungen kombiniert werden müssen.
Die zentrale Frage bei chronischen Schmerzen ist: Welche Therapie brauche ich mit meinem Problem im Moment? Und das muss man sich immer und immer wieder fragen! Eigentlich bei jedem Besuch bei einer Ärztin oder einem Therapeuten.
Einleitung
Bevor wir versuchen, den Schmerzen den Garaus zu machen, gleich zu Anfang nochmals die wichtigsten Informationen in der Behandlung chronischer Schmerzen.
Die effiziente Therapie chronischer Schmerzen bedeutet praktisch immer, dass mehrere Behandlungen gleichzeitig durchgeführt werden müssen. Denn auf die Kombination kommt es an:
Therapie der Ursache, wenn möglich, und
medikamentöse Therapie und
nicht medikamentöse Therapie wie Physiotherapie, Akupunktur oder Neuraltherapie und
körperliches Training und
Therapie im psychischen bzw. mentalen Bereich.
Wichtig: Der Behandlungsplan sollte immer wieder überprüft werden, um zu sehen, ob eine Therapie weggelassen werden kann oder ge-wechselt werden muss. Dies gilt ganz besonders für Medikamente. Es kann also durchaus sein, dass sich die Behandlung nicht langfristig planen lässt.
Die sieben Ebenen des integrativen Behandlungsmodells
Wie Sie der Grafik auf Seite 36 entnehmen können, lassen sich die biologischen Behandlungen unterteilen in eine anatomische Ebene, eine biochemische Ebene, eine Informationsebene und eine energetische Ebene. Diese Unterteilung ist sinnvoll, um eine Systematik in der Behandlung zu etablieren.
Unter Behandlungen in der anatomischen Ebene versteht man Methoden, die direkt an der Körperstruktur wirken, d. h. Medikamente, Spritzen (Infiltrationen), Neuromodulation, Operationen, Physio-, Ergo- und Trainingstherapie.
Mit den Behandlungen auf der biochemischen Ebene befassen sich die Kapitel Ernährung, Stress und Hormone, während die Neuraltherapie der Herangehensweise auf der Informationsebene ent-spricht. Die gesamten komplementärmedizinischen Methoden sind auf der Energieebene angesiedelt.
Medikamente Spritzen Neuromodulation und Operation Physikalische Behandlungen
Medikamente: Fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker
Welche Medikamente bei chronischen Schmerzen helfen oder eben nicht, muss für jeden Menschen individuell herausgefunden werden. Insgesamt sprechen jedoch nur 30 bis 40 % der Patientinnen und Patienten auf eine medikamentöse Behandlung gut an.
Bei der Einnahme von Schmerzmitteln (Analgetika) gilt es, zwei Situationen zu unterscheiden. Auf der einen Seite akute Schmerzen: Hier sind Schmerzmedikamente die erste Wahl, insbesondere weil eine Heilung stattfindet, entweder spontan oder durch medizinische Massnahmen. Bei chronischen Schmerzen auf der andern Seite sind sie nur ein Teil des therapeutischen Konzepts, denn Schmerzmittel allein sind nicht erfolgreich. Insbesondere nimmt bei längerer Gabe der Nutzen ab und das Risiko auf zusätzliche Schädigung durch die Medikamente zu.
Prinzipien der medikamentösen Therapie bei chronischen Schmerzen
Schmerzmittel sind bei chronischen Schmerzen also nur ein Hilfsmittel. Wie ein Lift. Sie helfen, etwas zu erreichen. Es ergibt wenig Sinn, in einen Lift zu steigen und nirgends ankommen zu wollen.
Das Erste, was bei der Diskussion um die Verschreibung von Schmerzmitteln getan werden sollte: nach dem Zweck, dem Ziel zu fragen. Es müssen also einmal mehr realistische Ziele gesetzt werden, zum Beispiel:
eine Schmerzreduktion von mehr als 30 % (bei chronischen Schmerzen nicht zuverlässig bzw. nur in der ersten diagnostisch-therapeutischen Phase – siehe Seite 33 – ein gutes Kriterium)
eine Leistungssteigerung, die genau definiert werden sollte: z. B. Fähigkeit, ein Training durchzuführen, Arbeitsaufnahme bzw. bei der Arbeit bleiben können, Sozialkontakte pflegen können usw.
Den Zielsetzungen müssen die Gefahren gegenübergestellt werden. Diese sind vielfältig und bei den verschiedenen Medikamenten unterschiedlich ausgeprägt.
INFO Anerkannte Medikamente für die Behandlung chronischer Schmerzen sind Antidepressiva, Antiepileptika und Opioide. Antirheumatika haben in der Langzeitbehandlung eigentlich keinen Platz (mehr dazu auf Seite 57).
Die Wirkung von Schmerzmitteln ist von verschiedenen Faktoren abhängig: Zum einen gibt es ein individuelles Ansprechen, das zum Teil genetisch bedingt ist. Zum anderen ist die Wirkung abhängig vom Stoffwechsel, den Organfunktionen und der Durchblutung. Bei der Wahl der Schmerzmittel müssen neben der Ursache auch die Begleiterkrankungen, insbesondere Nieren-/ Leberfunktion, Herzerkrankungen und auch psychische Erkrankungen berücksichtigt werden. Es ist deshalb wichtig, dass Sie dies Ihrem Arzt auch wirklich mitteilen. Daneben ist zentral, dass Sie ihm sagen, welche Medikamente Sie sonst noch nehmen, weil diese die Wirkung von Schmerzmitteln verändern können und die Kombination für die Gesundheit gefährlich sein kann. Nennen Sie restlos alle Medikamente, die Sie einnehmen, auch solche, die Sie rezeptfrei erhalten.
TIPP Behalten Sie die Fäden in der Hand! Sie sollten Ihrer Ärztin, auch wenn sie nicht nachfragt, immer über Ihre aktuellen Medikamente informieren. Da bei chronischen Schmerzproblematiken häufig verschiedene Ärzte und Ärztinnen involviert sind, übernehmen Sie am besten selbst die Information aller Beteiligten, denn nur dann geht wirklich nichts schief. Nehmen Sie zu jeder Konsultation eine Medikamentenliste mit, die dann von der jeweiligen Ärztin, dem betreffenden Arzt ergänzt oder korrigiert wird. Natürlich sollten sich die Ärzte und Ärztinnen gegenseitig absprechen, aber Sie wissen ja, wie es im Alltag so zugeht. Also, die Kontrolle nicht abgeben!
Daneben gilt es, einige ganz wichtige Grundsätze einzuhalten. Bei Medikamenten gegen chronische Schmerzen ist Folgendes wichtig:
Einnahme nach Zeitplan, nicht bei Bedarf (sonst brauchen Sie viel mehr Schmerzmittel und haben mehr Nebenwirkungen)
individuelle Dosierung, da die wirksame Dosis für jeden und jede unterschiedlich hoch ist
bevorzugt Tabletten oder Pflaster (keine Spritzen oder Infusionen von Akutschmerzmitteln, da sonst die Wirkung rasch wieder vorbei und die Suchtgefahr hoch ist)
bevorzugt Retardpräparate (diese geben den Wirkstoff über längere Zeit gleichmässig ab, sodass die Konzentration im Blut konstant ist)
gleichzeitige Behandlung der Nebenwirkungen (wie z. B. Verstopfung bei Opioiden)
TAKE-AWAY Eine Behandlung mit Schmerzmitteln muss immer Teil eines umfassenden Behandlungskonzeptes sein. Dazu braucht es eine Zieldefinition und wie bei jeder medizinischen Behandlung eine Risiko-Nutzen-Rechnung unter Berücksichtigung der biologischen, psychischen und sozialen Faktoren. Wirksamkeit und Verträglichkeit müssen regelmässig überprüft werden. Keine Schmerzmittel nehmen, die nichts nützen!
Im Folgenden erfahren Sie das Wichtigste über die unterschiedlichen Medikamentenklassen.
Saure antiphlogistisch-antipyretische Analgetika: NSAR, Coxibe
Allen Antirheumatika gemeinsam ist die Langzeitunverträglichkeit. Sie sind deshalb für die Langzeittherapie bei chronischen Schmerzen nicht geeignet. Die routinemässige Ulkusprophylaxe kann die Verträglichkeit kaum verbessern und schafft häufig neue Probleme.
Klassische nicht steroidale Antirheumatika (NSAR)
Indikation: Akute entzündliche Schmerzzustände, Knochenschmerzen, Weichteilschmerzen, viszerale Schmerzen.
Nebenwirkungen: Beeinflussung der Blutgerinnung, Blutdruckerhöhung, erhöhtes Risiko für Herzinfarkt, Asthmaanfälle und Magen-Darm-Geschwüre/Blutungen.
Selektive Cyclooxygenase-2-Hemmer (Coxibe)
Selektive COX2-Inhibitoren, kurz Coxibe, verursachen weniger Nierenschäden und Magen-Darm-Blutungen, es kommt jedoch gehäuft zu hohem Blutdruck und Herzinfarkten bei langfristiger Einnahme.
TAKE-AWAY Ich gebe Ihnen hier kein Patientenbeispiel, weil sich diese Medikamente für die Behandlung chronischer Schmerzen nicht eignen. Trotzdem nehmen viele Leute sie über längere Zeit. Das ergibt keinen Sinn. Diskutieren Sie das wegen der häufigen (und...
Erscheint lt. Verlag | 1.5.2020 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Gesundheit / Leben / Psychologie |
Schlagworte | Komplemenärmedizin • Schmerzpatienten • Schmerztherapien • Schulmedizin • Therapiemöglichkeiten |
ISBN-10 | 3-03875-303-3 / 3038753033 |
ISBN-13 | 978-3-03875-303-2 / 9783038753032 |
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