Der Bullerbü-Komplex -  Lars Mandelkow

Der Bullerbü-Komplex (eBook)

Und die Kunst, es gut sein zu lassen
eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
208 Seiten
SCM Hänssler im SCM-Verlag
978-3-7751-7494-7 (ISBN)
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Manches wird erst dann richtig gut, wenn wir es gut sein lassen. Brave Kinder, gelassene Eltern, ein ausgeglichener Alltag - so geht Familie. Bei Ihnen etwa nicht? Dann ist dieses Buch genau das richtige für Sie! Denn in welcher Familie sind die Kinder schon immer brav und die Eltern immer ausgeglichen!? Lars Mandelkow nimmt sie mit in die heile Welt von Astrid Lindgrens Bullerbü. Er zeigt auf, warum Bullerbü von unserer eigenen Familien-Realität oft meilenweit entfernt liegt. Und: Dass das überhaupt nicht schlimm ist! Wir müssen nicht ständig einem Idealbild hinterherlaufen. Es reicht vollkommen, 'es gut sein zu lassen'. Ein Buch, das vom Druck befreit, perfekt sein zu müssen - endlich!

Lars Mandelkow (Jg. 1971) lebt seit 2017 mit seiner Frau und zwei seiner vier Kinder in Kiel. Als Psychologe und Theologe unterrichtet er an einer christlichen Hochschule in Kristiansand/Norwegen Psychologie und Kommunikation. Daneben arbeitet er an einer Promotion im Fach Religionspsychologie mit dem Thema: 'Spirituelle Fragen in der Psychotherapie'. Zuvor war er als Paartherapeut, Referent und Supervisor in Schleswig-Holstein viel unterwegs, u.a. in der Hospiz- und Palliativarbeit und als Leiter der Christlichen Beratung Kiel. Die Frage der Übersetzung geistlicher Fragen ins Alltägliche hat ihn dabei immer fasziniert. Jetzt freut er sich, neben dem Leben in der Landeshauptstadt regelmäßig auch mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren zu können und genießt dabei die Natur und die ruhigere skandinavische Lebensart.

Lars Mandelkow (Jg. 1971) lebt seit 2017 mit seiner Frau und zwei seiner vier Kinder in Kiel. Als Psychologe und Theologe unterrichtet er an einer christlichen Hochschule in Kristiansand/Norwegen Psychologie und Kommunikation. Daneben arbeitet er an einer Promotion im Fach Religionspsychologie mit dem Thema: "Spirituelle Fragen in der Psychotherapie". Zuvor war er als Paartherapeut, Referent und Supervisor in Schleswig-Holstein viel unterwegs, u.a. in der Hospiz- und Palliativarbeit und als Leiter der Christlichen Beratung Kiel. Die Frage der Übersetzung geistlicher Fragen ins Alltägliche hat ihn dabei immer fasziniert. Jetzt freut er sich, neben dem Leben in der Landeshauptstadt regelmäßig auch mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren zu können und genießt dabei die Natur und die ruhigere skandinavische Lebensart.

[ Zum Inhaltsverzeichnis ]

Kurztest

Nehmen Sie sich ein Blatt Papier und einen Stift und zeichnen Sie in 10 Sekunden eine Familie und ihr Zuhause. Denken Sie dabei möglichst nicht nach!
Nehmen Sie es, bevor Sie mit dem Abschnitt »Die heile Familie« starten, wieder hervor – was sehen Sie?

Bullerbü ist eine heile Welt für Kinder. Drei Höfe mitten in der Natur, gesunde und fröhliche Menschen, Arbeit und Freizeit fließen friedlich ineinander. Die Mütter versorgen lächelnd die Familien, die Männer kümmern sich kraftvoll und klar um Land und Tiere. Und für die Kinder: viel, viel Raum zum Spielen und Entdecken.

Für all diejenigen, die die Bücher schon lange nicht mehr in der Hand hatten: In dem schwedischen Örtchen Bullerbü gibt es drei Höfe, die nebeneinander an einem Weg liegen – den Nordhof, den Mittelhof und den Südhof. Im Nordhof wohnen Britta und Inga, im ersten Bullerbü-Buch 9 und 7 Jahre alt, zusammen mit ihren Eltern Erik und Greta und dem Knecht Kalle. Außerdem noch der blinde Großvater. Im Mittelhof wohnt Lisa, 7 Jahre, die die Erzählerin der Bullerbü-Geschichten ist. Ihre Brüder sind Lasse (9 Jahre) und Bosse (8 Jahre). Dann gibt es noch Vater und Mutter sowie die Magd Agda. Auf dem Südhof schließlich lebt Ole (8 Jahre) mit seinen Eltern Nils und Lisa, seiner kleinen Schwester Kerstin, die noch nicht sprechen kann, und dem Knecht Oskar. Weitere Figuren in der kleinen Welt von Bullerbü sind die Lehrerin, die im Schulgebäude wohnt, der garstige Schuster Nett, die alte, freundliche Kristin in ihrem Waldhaus, andere Kinder in der Schule und ein Lumpensammler. Lisa schildert aus unschuldiger, heiterer Kinderperspektive ein Leben auf dem Land am Anfang des 20. Jahrhunderts. Es gibt keine Autos, die Väter fahren mit Pferd und Wagen und betreiben Landwirtschaft, zusammen mit den Knechten wird gesät, geerntet und das Vieh versorgt. Die Mütter und Mägde kümmern sich um das Haus, um Wäsche, Essen und Feste, es wird genäht, gebacken und Marmelade eingekocht. Die Kinder sind mittendrin und genießen das friedliche, vielfältige Leben. Die Schilderungen passen gut in die Kindheitstage von Astrid Lindgren, die 1907 geboren wurde. Die Geschichten aus Bullerbü sind märchenhaft schön, es geht um Kinderthemen wie Geheimverstecke, das Versorgen kleiner Tiere, Streiche und schöne Feste. »Mir tun alle Menschen leid, die nicht in Bullerbü wohnen«, sagt Inga zu Lisa.7

Das ist natürlich ausgedacht, ein Kinderbuch. Keine dieser Familien gab es wirklich. Aber nicht nur das: Es ist auch völlig von gestern, ein romantisches, altes Bild. Es ist ein Teil des »Bullerbü-Syndroms«, das Berthold Franke 2007 als »den sehr speziellen deutschen Traum von Schweden« beschrieben hat, den »Traum einer verlorenen, dafür umso intensiver ausgemalten Kindheit«.8 Die deutschen Schweden-Bilder sind eng verwoben mit der unheilvollen deutschen Geschichte. Das Bild von Bullerbü ist schön, aber auch gefährlich.

BULLERBÜ HEUTE


Bullerbü heute, das könnte sehr anders aussehen. Zum Beispiel so: Der Vater von Lasse, Bosse und Lisa hält sich mit Kurzzeitverträgen in der nächsten Großstadt über Wasser und ist tageweise nicht zu Hause. Ihre Mutter ist damit sehr unzufrieden. Sie versucht, von zu Hause aus Aufträge als freiberufliche Architektin zu übernehmen. Das ist aber schwer vereinbar mit den Aufgaben, die Haus und Kinder mit sich bringen. Selbst gekocht wird nur zweimal in der Woche. Eigentlich hatten sich die Eltern vorgenommen, sich Arbeit und Familie zu teilen, fünfzig-fünfzig. Es gibt oft Streit: um die Arbeit, um die Verantwortung zu Hause, darum, wer es am schwersten hat und mehr Zeit für sich braucht. Und weil die Stimmung vom Streiten nicht besser wird, gibt es mehr und mehr Streit um alles Mögliche.

Oder so: Britta und Inga haben es im schwedischen Jugendreitsport weit gebracht. Sie sind viel unterwegs zum Training und auf Turnieren und Messen. Ihre Mutter fördert das sehr und nimmt die langen Fahrten auf sich. Der Vater hat auf dem Hof jede Menge zu tun, probiert ökologische Futtermittel aus und engagiert sich in der lokalen Politik. Gemeinsame Familienzeit gibt es dadurch immer seltener. Die Eltern reden nur noch wenig miteinander. Irgendwie fehlt dafür die Kraft, vielleicht auch die Lust. Alles läuft – nebeneinander her. Das Leben ist voll und leer zugleich.

Oder noch einmal ganz anders: Oles Mutter (zusammen mit der kleinen Kerstin) ist mit dem Vater von Britta und Inga in den Südhof gezogen. Nach einer heftigen Krisenzeit und vielen, vielen Gesprächen haben die Eltern sich auf ein Modell geeinigt, mit dem sie es erst einmal versuchen wollen: Oles Vater lebt weiterhin im Nordhof, seine neue Partnerin und ihre zwei Kinder aus erster Ehe (Sinan und Laila) sind oft da. Ole und Kerstin haben zwei Zimmer, eins in jedem Hof. Im Grunde läuft das Miteinander einigermaßen gut, Absprachen um Geld haben sie gefunden. Es gibt immer mal Konflikte, zum Beispiel um das Thema »Handy und Hausaufgaben«: Ole kann sich nämlich auch vom Nordhof aus in das WLAN des Südhofs einloggen, aber Oles Vater würde die Sache gern strenger handhaben.

Hoffnungsschimmer

Brauchen Sie jetzt schon ein Happy End? Dann können Sie am Schluss des Buches eine kurze Szene aus »Bullerbü morgen« lesen. Das ist eine hoffnungsvollere Variante als diese drei möglichen Bullerbü-heute-Familien …

Kann so Glück aussehen? Die Erfahrung in der Familienberatung sagt: Viele Eltern haben diese Frage schon mit »Nein« beantwortet, bevor sie es überhaupt probiert haben. Weil Lebensglück eben so aussehen muss wie in den Bullerbü-Büchern von Astrid Lindgren. Und es muss rund um die Uhr stattfinden, Glück 24/7. Wenn das Leben dann irgendwie aus dem Rahmen fällt, wenn es anders läuft als erwartet, dann wird es extra kompliziert. Dieses Bullerbü-Glücksbild ist dann eine zusätzliche Belastung. Ehen werden dann als »gescheitert« betitelt, Familien als »zerbrochen« oder zumindest als »schwierig«. Eltern versuchen schamhaft, ihre Lebensumstände zu verstecken, und spielen heile Welt. Insgeheim fühlen sie sich aber schuldig, weil sie ihren Kindern kein Bullerbü bieten können. Diese »Schuld« laden sie dann meistens beieinander ab.

Natürlich – und zum Glück! – erleben viele Menschen heute immer wieder schöne Momente. Etlichen Familien geht es gut. Hier und da und dann und wann ist es immer wieder so lustig wie in Bullerbü, und die Welt ist schön. Ich stelle hier bewusst Kontraste zwischen Bullerbü als der schönen heilen Welt und unseren heutigen Lebensumständen her, die oft kompliziert und bedrohlich sind. Das soll nicht die vielen Zwischentöne überdecken, die das Leben zu bieten hat, und auch nicht das Glück vieler Menschen kleinreden. Dennoch: Auch Menschen, denen es heute gut geht, sind umgeben von solchen, denen es anders geht. Kein Tag ohne schlechte Nachrichten und besorgniserregende Berichte über Kinder und Familien in unserer Gesellschaft. Wir leben nicht in Bullerbü, aber viele Menschen träumen nach wie vor davon.

Es lohnt sich, ein paar Hauptunterschiede zwischen dem alten Bullerbü-Traum und unserer Wirklichkeit unter die Lupe zu nehmen. Aber keine Sorge: In den Winkeln und Brüchen unserer Lebenswelt versteckt sich doch mehr Glück, als wir vermuten.

Liebe Frau Lindgren,

ich liebe Ihre Bücher. Als Kind habe ich sie selbst gelesen, und meinen Kindern habe ich sie vorgelesen. Rasmus und der Landstreicher, Die Brüder Löwenherz, Mio, mein Mio, Ronja Räubertochter, Kalle Blomquist, Die Kinder aus der Krachmacherstraße – wundervolle Geschichten! Mit Pippi Langstrumpf und Karlsson vom Dach konnte ich nicht so viel anfangen, die waren mir als Kind wohl zu frech. Mit den Kindern aus Bullerbü umso mehr.

Es ist, als würde eine Grenze durch Ihre Bücher laufen. Eine Grenze zwischen einer heilen Welt voller Glück und Spiel und einer bedrohten Welt voller Angst und Trauer. Manche der Bücher finden sich auf der einen, manche auf der anderen Seite. »Mio, mein Mio« ist ein Buch voller Angst und Dunkelheit. In dem dunklen Ritter Kato zeigt sich das Böse, so wie Sie es auch gesehen haben, als Adolf Hitler die Welt in den Krieg stürzte. »Die Brüder Löwenherz« sind voller Trauer und Kampf, die Sie auch kennenlernen mussten. In der Krachmacherstraße aber und in Bullerbü gibt es das Böse nicht, keine Zweifel und keine Trauer.

Was ist das für eine Grenze? Sie haben berichtet, dass Ihre eigene, glückliche Kindheit früh zu Ende war. Sie waren schwanger geworden, ohne verheiratet zu sein, und mussten aus Ihrem Heimatdorf verschwinden, um Ihren Eltern die Schande zu ersparen. Ihren Sohn (Lars, genannt Lasse) haben Sie in Kopenhagen anonym geboren, ihn dort bei einer Pflegemutter gelassen, dann bei Ihren Eltern, weil Sie ihn in Stockholm selbst kaum versorgen konnten. Erst später hat sich Ihr Leben wieder etwas sortiert mit der Heirat und Ihrer zweiten Tochter. Aber auch das war nicht leicht. Ihr Mann war nicht immer treu, hat getrunken und ist früh gestorben. Es gab viel Schweres in Ihrem Leben, und das spiegelt sich in etlichen Ihrer Bücher wider. Nicht aber in Bullerbü. Als wollten Sie die Welt der Kindheit vor dem Erwachsenwerden schützen.

In einem Interview wurden Sie einmal gefragt, ob es Bullerbü wirklich gibt. Viele Kinder haben Ihnen geschrieben, um zu erfahren, wo es liegt. Sie haben geantwortet, dass es in Ihrem Herzen zu finden sei. Ein Sehnsuchtsort.

Ich glaube, dass viele Menschen diese Sehnsucht mit Ihnen teilen. Viele wünschen sich einen Ort, wo sie...

Erscheint lt. Verlag 2.9.2020
Verlagsort Holzgerlingen
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Familie / Erziehung
Schlagworte Alltag • Annahme • Arbeit • Arbeit und Familie • Astrid Lindgren • Bindungen • christliche Sicht • Druck • Ehe • Elch • Entlastung • Entschleunigung • Entwicklung • Erwartungen • Familie • Familien • Familienratgeber • Förderung • Freiheit • Geschichte • Glückliche Kindheit • Gnade • Gottesbild • Gottes Gnade • Gottes Liebe • gottgegeben • Hamsterrad • Heile Welt • Humor • Idealbild • Idylle • Kinder • Kommunikation • Lebenshilfe • Lebensmodell • Lebensrhythmus • Liberal • Liebe • Loslassen • Maßstab • Norwegen • Optimierungswahn • pädagogisch • Patchwork • Perfekt • Perfektionismus • Religion • Ruhe • Schweden • Selbstliebe • spirituelle Fragen • Therapeut
ISBN-10 3-7751-7494-X / 377517494X
ISBN-13 978-3-7751-7494-7 / 9783775174947
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