Spiel des Lebens (eBook)

Auf der Suche nach den größten Fußballtalenten Afrikas
eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
272 Seiten
Edel Sports - ein Verlag der Edel Verlagsgruppe
978-3-8419-0712-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Spiel des Lebens -  Sebastian Abbot
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'Football Dreams' hieß das größte Scoutingprojekt der Geschichte, initiert vom Scheichtum Katar. Jahrelang wurden in Afrika Millionen jugendlicher Fußballer getestet, mit dem Ziel, die größten Talente nach Europa zu bringen und dort zu Profis zu formen. Sebastian Abbot hat dieses System kritisch unter die Lupe genommen und drei afrikanische Jungs auf ihrem Weg vom heimischen Sportplatz über eine Akademie in Katar bis nach Europa begleitet. Ein erhellendes Schlaglicht auf die zwielichtige Welt des internationalen Talentscoutings im Milliardengeschäft Fußball.

Sebastian Abbot studierte Wirtschaftswissenschaften in Princeton und Public Policy in Harvard. Er arbeitete u.a.  in Kairo und Islamabad und leitete dort das Büro von Associated Press. Heute lebt und arbeitet Sebastian Abbot in New York.

Sebastian Abbot studierte Wirtschaftswissenschaften in Princeton und Public Policy in Harvard. Er arbeitete u.a.  in Kairo und Islamabad und leitete dort das Büro von Associated Press. Heute lebt und arbeitet Sebastian Abbot in New York.

PROLOG


Im Fußball kennt sich Josep Colomer aus. Schon als Teenager gründete er in Spanien sein erstes Trainingszentrum. 2002 war er im brasilianischen Trainerstab und half, den WM-Titel zu holen. Später wurde er Jugendleiter beim Fußballgiganten FC Barcelona und wirkte am Karrierestart eines ganz Großen mit. Die Rede ist von Lionel Messi.

Mit nigerianischen Aktivisten kannte sich Colomer deutlich weniger aus. (Es fängt schon damit an, dass sie es nicht mochten, wenn man sie „Aktivisten“ nannte. Sie bevorzugten den Begriff „Freiheitskämpfer“.) Bei seiner Arbeit als Scout und Trainer in den höheren Gefilden des internationalen Fußballs war er, nachvollziehbarerweise, noch keinem über den Weg gelaufen. Jetzt stand er an einem halbverfallenen Anleger im unruhigen Nigerdelta. Ganz in der Nähe trieb auf einem Teppich aus grünen Wasserhyazinthen ein kleines graues Yamaha-Motorboot. Einer der Insassen war Clemente Konboye, ein gestandener Kämpfer mit Schmerbauch, Zahnlücke und aggressiver Ausstrahlung. Seine Augen fixierten Colomer.

Konboye war nicht der Einzige, der den Fremden ins Visier nahm. Einheimische lugten aus Blechverschlägen und verbeulten Motorbooten und musterten den gedrungenen, kahlköpfigen Mann. Wie immer sah der Enddreißiger aus, als wäre er auf dem Weg ins Fitnessstudio. Colomer schien nie etwas anderes zu tragen als T-Shirt, Fußballshorts und Laufschuhe. Auch hier in Warri – einer der größten Städte im Delta State – machte er keine Ausnahme. Er versuchte gar nicht erst, sich kleidungsmäßig an die Umgebung anzupassen.

Der Sommer 2007 war nicht der beste Zeitpunkt, um als Weißer an einem Anleger im Nigerdelta zu stehen. Der Kampf für eine faire Beteiligung der Bevölkerung am enormen Ölreichtum der verarmten Region war in vollem Gange. Die Aktivisten rasten, mit Kalaschnikows und Panzerbüchsen bewaffnet, in kleinen Motorbooten durch die Gegend, griffen Regierungstruppen an und kidnappten ausländische Ölarbeiter. Wenn sie verfolgt wurden, brachten sie sich in dem Labyrinth aus Wasserläufen und Mangrovenwäldern in Sicherheit, die das Bild in dieser Gegend bestimmten. Konboye gehörte wie viele andere zu den Gefolgsleuten des schillernden Kommandanten Tompolo, der die „Bewegung für die Emanzipation des Nigerdeltas“ mitgegründet hatte. Seine Getreuen hatten 2006 unweit der kleinen Fischerstadt Ogulagha, in der Tompolos Mutter lebte, neun ausländische Ölarbeiter von einem Schiff entführt und für ihre Freilassung Lösegeld verlangt. Der Zufall wollte es, dass Colomer an diesem bewölkten Augustnachmittag ebenfalls nach Ogulagha unterwegs war. Konboye hatte sich am Anleger eingefunden, weil er und seine Mitstreiter entsprechend instruiert worden waren. Er war allerdings nicht hergekommen, um Colomer zu entführen. Er war hier, um ihn zu schützen.

Colomer interessierte sich nicht für das Öl im Nigerdelta. Er war auch nicht auf Diamanten und Gold aus, die seit jeher die Ausländer an die Küsten und ins Hinterland des Kontinents locken. Was in Afrikas Erdreich verborgen lag, war für ihn uninteressant. Er hoffte auf einen oberirdischen Schatz. Dieser Schatz war vielleicht abseits einer Ausfallstraße in Nigerias vor Menschen wimmelnder Hauptstadt Lagos zu finden, vielleicht auf einer spärlich besiedelten Insel im Nigerdelta. Er konnte überall sein. Der unbekannte Aufenthaltsort war aber nur eine von vielen Schwierigkeiten, die er zu bewältigen hatte.

Die erste lag darin, genau zu wissen, wonach er eigentlich suchte. Ob man Gold oder Diamanten gefunden hat, lässt sich leicht feststellen, aber in Colomers Metier waren die Analyseergebnisse weit weniger eindeutig. Lange Zeit verließen sich die Experten auf diesem Gebiet vor allem auf Erfahrung und Intuition statt auf harte Fakten, auch wenn sich das allmählich ändert. So oder so konnte die Suche Jahre dauern. Aber wenn sie erfolgreich wäre, war ihm weltweite Anerkennung sicher. Öl und Diamanten? Geschenkt. Colomer jagte etwas anderem hinterher: Er war auf der Suche nach dem nächsten Messi.

Die Fahrt nach Ogulagha war eine von vielen hundert Reisen, die Colomer und sein Scouting-Team 2007 kreuz und quer durch Afrika unternahmen. Sie waren dabei, die größte Talentsuche in der Sportgeschichte auf die Beine zu stellen. Allein 2007 sichtete Colomers Team 400.000 Jungs in sieben afrikanischen Ländern, und das war erst der Anfang. Später wurde die Nachwuchssuche, die den Namen „Football Dreams“ trug, auf mehr als zwei Dutzend Länder in Afrika, Lateinamerika und Südostasien und auf über 5 Millionen Kids ausgeweitet. Jedes Jahr wählte Football Dreams eine Handvoll aus, um sie an einer speziellen Fußballakademie auszubilden, mit der Absicht, Profis aus ihnen zu machen. Diese Auserwählten einfach nur als handverlesen zu bezeichnen, wäre untertrieben: Die Chance, aufgenommen zu werden, war eintausendmal geringer als die Chance, in Harvard studieren zu dürfen.

Als Zielgruppe wählten die Scouts 13-jährige Jungs. Die Trainer an der Akademie sollten genug Zeit haben, sie zu Fußballern auszubilden, die dann im Alter von 18 Jahren an der Weltspitze mitspielen konnten. Um eine Vorstellung von der Größenordnung zu geben: Die Scouts von Football Dreams sichteten jedes Jahr im Schnitt rund 500.000 Jungs. Das waren mehr als der Bevölkerungsanteil an 13-jährigen Jungs in jedem der 20 Länder, die ganz oben auf der FIFA-Weltrangliste stehen. In manchen dieser Länder lebten nicht einmal ein Zehntel so viele 13-Jährige. Wie viele angehende Messis, Pelés, Beckenbauers oder Zidanes würde man wohl ausfindig machen, wenn man in Argentinien, Deutschland oder Frankreich jedes Jahr alle 13-jährigen Jungs von Scouts sichten lassen würde? Colomer suchte aber nicht in Europa oder Südamerika, jedenfalls vorerst nicht. Er weitete seine Suche zwar auf einige wenige lateinamerikanische und asiatische Länder aus, aber sein Schwerpunkt war Afrika.

Der spanische Schriftsteller Manuel Vázquez Montalban bezeichnete den Fußballsport einmal als „Religion auf der Suche nach einem Gott“. Nirgends trifft diese Beschreibung mehr zu als in Afrika. Einige ostafrikanische Länder sind zwar eher für ihre Weltklasse-Läufer bekannt, aber fast überall sonst sind vor allem die Kinder unbändige Fußballverehrer. Die meisten von ihnen leben in bescheidenen Verhältnissen, und auch die Orte, an denen sie ihre Verehrung ausleben, sind bescheiden, trotzdem träumen sie davon, Götter zu werden – Fußballgötter.

Wenn man in der senegalesischen Hauptstadt Dakar am späten Nachmittag an der Corniche entlangspaziert und von den Felsklippen in die Tiefe schaut, sieht man auf einem schmalen Strandstreifen Dutzende barfüßige Männer und Jungs mit vollem Einsatz spielen, als stünden sie im Finale der Champions League. Sie tragen nachgemachte Trikots ihrer europäischen Lieblingsmannschaften und feuern den Ball auf ein paar alte Autoreifen, die sie halb in den Boden eingegraben haben und die das Tor darstellen sollen. Sie spielen gegen die Zeit, denn irgendwann wird die einsetzende Flut ihr Spielfeld davonspülen, wobei auch das Wasser sie nicht am Weiterspielen hindert. Sie rennen in den Ozean und schlenzen den Ball höchst gekonnt aus dem knöcheltiefen Wasser, während ihre Körper vor der untergehenden Sonne allmählich zu Silhouetten werden.

Szenen wie diese spielen sich überall in Afrika ab. In den zunehmend übervölkerten Städten des Kontinents nehmen die Kinder jede noch so kleine Freifläche in Beschlag und spielen dort Fußball. Sie stellen unter einer Autobahnbrücke in Lagos Bambustore auf. Auf einem mit Schotter bedeckten Friedhof in Accra wieseln sie zwischen den scharfkantigen Grabsteinen hindurch. Wenn sie auf einem quirligen Markt in Abidjan aus Versehen Teller mit kleinen roten Tomaten und Bratfisch von den Tischen kicken, entschuldigen sie sich brav. In den ländlichen Gebieten haben die Kids es etwas leichter, jedenfalls wenn es darum geht, einen Sandplatz zum Fußballspielen zu finden. Dann gibt es aber immer noch ein Problem: Wie kommt man an einen Ball? In diesem Punkt sind afrikanische Kids erfinderisch: Mal behelfen sie sich mit einer leeren Wasserflasche, mal mit Plastiktüten oder Kleidungsstücken, die sie mit einer Schnur zum Knäuel zusammenbinden.

Trotz der primitiven Rahmenbedingungen entwickeln junge afrikanische Spieler in vieltausendstündiger Fußballpraxis oft ein Ballgefühl, einen Instinkt und ein athletisches Können, die ihresgleichen suchen. Forscher sind sogar der Meinung, dass genau diese Erfahrung ein Grund ist, warum zum Beispiel brasilianische Fußballer so gut sind. Beim Straßenfußball trainieren sie ihren Körper und – noch wichtiger – schulen ihr Gehirn. Es gilt als erwiesen, dass die Spielpraxis, die sie beim Kicken auf der Straße oder auf Sand sammeln, ein entscheidender Faktor sein kann, wenn es darum geht, es bis zum Profi zu bringen.

Vor diesem Hintergrund ist es kein Wunder, dass Afrika in den vergangenen Jahren einige der größten Fußballstars hervorgebracht hat, darunter Samuel Eto’o aus Kamerun, Didier Drogba und Yaya Touré aus der Elfenbeinküste. Europäische Vereine setzten schon zu Kolonialzeiten auf afrikanische Spieler, aber in den letzten 20 Jahren – seit Unsummen in den Profifußball fließen und die Globalisierung dieser Sportart immer weiter voranschreitet – ist die Zahl der Fußballer aus Afrika, die nach Europa und anderswo auswandern, explosionsartig angestiegen. Inzwischen sind fast zehn Prozent aller Spieler in der englischen Premier League Afrikaner. Auch aus anderen wichtigen Fußballligen der Welt, sogar aus der US-amerikanischen Major League Soccer sind die Afrikaner nicht wegzudenken. Die Clubs haben bereits dreistellige Millionenbeträge für afrikanische Spieler ausgegeben, und die...

Erscheint lt. Verlag 7.5.2020
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Sport
Schlagworte Afrika • Afrikanische Fußballspieler • Ausnahmetalent • Buch über Talentscouting • Der Mann • der Messi entdeckte • Doha • Football Dreams • Fußball • Fußball in Afrika • Fußballscout • Fußballspieler • Fußballtalente in Afrika • Fußball und Wirtschaft • Geschenk für Fußballnerds • Hinter den Kulissen des Talentscoutings • Hoffnung • Josep Colomer • Katar • Nachwuchs • Nachwuchsspieler • Scouting • Talent • Talentsuche • Talentsuche in Afrika • Weihnachtsgeschenk für Fußballnerds
ISBN-10 3-8419-0712-1 / 3841907121
ISBN-13 978-3-8419-0712-7 / 9783841907127
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