Corona und wir (eBook)

Denkanstöße für eine veränderte Welt - Texte von Augstein und Blome, Thea Dorn, Esther Duflo, Gerd Gigerenzer, Yuval N. Harari, Reinhard K. Sprenger, Nicholas N. Taleb u.v.a.

Penguin Verlag (Herausgeber)

eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
260 Seiten
Penguin Verlag
978-3-641-27123-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Corona und wir -
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Denkanstöße für eine veränderte Welt: Die wichtigsten aktuellen Positionen
Nichts wird danach mehr sein, wie es war - und wir werden nicht mehr dieselben sein. Die Corona-Pandemie hat uns in kurzer Zeit in eine weltumspannende Krisensituation gebracht. Jeden Einzelnen, aber auch uns alle als Gesellschaft, als Nation, als Weltgemeinschaft. Mit hoher Geschwindigkeit bilden sich momentan neue Formen des Lebens und Arbeitens, aber auch neue Ängste und Sorgen, andere Prioritäten und Werte als zuvor, neue Hoffnungen. Dieser Band versammelt die wichtigsten aktuellen Texte zum Leben während und nach der Krise und bietet spannende Impulse zum Nachdenken über das, was uns allen momentan widerfährt:

Yuval Noah Harari: Die Welt nach dem Coronavirus

Nassim Nicholas Taleb / Mark Spitznagel: Die Corona-Pandemie ist kein schwarzer Schwan

Dana Grigorcea: E come vivo? Vivo!

Bas Kast: Wie wollen wir nach Corona leben?

Abhijit V. Banerjee / Esther Duflo: Glaubt an den Staat!

Luca D'Andrea: Die Söhne von Aeneas

Thea Dorn: Es gibt Schlimmeres als den Tod. Den elenden Tod

Ulrike Draesner:Von realer Gegenwart

Gerd Gigerenzer: Corona, Sars und Schweinegrippe: Warum wir Risikokompetenz brauchen

Matthias Glaubrecht: Demographische Katastrophen der Menschheit

Stephen Greenblatt: Der Tod in Rom

Annett Gröschner: Schlendern verboten

Matthias Horx: Die Welt nach Corona

Philipp Hübl: Die Zukunft nach der Pandemie: Solidarität oder autoritärer Reflex?

Martin Korte: Einsamkeit und Angst als soziale Schmerzen, und wie wir in Zeiten der Krise noch lernen können

François Lelord: Das Schuppentier, die Katze und der kleine JungeGeert Mak: Und auf einmal sind wir an der Reihe

Annette Mingels: Wild Life

Ian Morris: Covid-19 - Antworten aus der Vergangenheit

Mareike Ohlberg: China, Corona und »wir«: Chronologie einer politischen Krise

Boris Palmer: Corona-Krise: Erst die Analyse, dann die Moral

David Quammen: Die Corona-Epidemie haben wir uns selbst zuzuschreiben

Richard C. Schneider:Die neue Freiheit

Martin Schröder: Wie schlimm ist es, zu Hause zu bleiben?

Frank Sieren: Hinab in den Maelström

Peter Spork: Alles wird gut

Reinhard K. Sprenger: Schuldloses Verschulden - Der Konflikt zwischen Gesundheit und Freiheit

Erlöse dieser Anthologie gehen an das Sozialwerk des deutschen Buchhandels, das unverschuldet in Not geratene Buchhändler unterstützt und die berufliche Aus- und Weiterbildung bedürftiger junger Buchhändler fördert.

Mit Beiträgen von Anne Applebaum, Jakob Augstein, Abhijit V. Banerjee, Nikolaus Blome, Luca d'Andrea, Thea Dorn, Ulrike Draesner, Esther Duflo, Gerd Gigerenzer, Matthias Glaubrecht, Stephen Greenblatt, Dana Grigorcea, Annett Gröschner, Yuval Noah Harari, Matthias Horx, Philipp Hübl, Bas Kast, Martin Korte, François Lelord, Geert Mak, Annette Mingels, Ian Morris, Mareike Ohlberg, Boris Palmer, David Quammen, Richard C. Schneider, Martin Schröder, Frank Sieren, Mark Spitznagel, Peter Spork, Reinhard K. Sprenger, Nassim Nicholas Taleb

Jakob Augstein / Nikolaus Blome

Warum lassen die Leute das alles mit sich machen?


Blome: Lieber Augstein, wir reden in einem Moment, in dem die Corona-Krise eher noch auf dem Vormarsch ist. Das Virus verbreitet sich in atemberaubendem Tempo über die ganze Welt. Die Regierungen sind alarmiert und reden von der »größten Bedrohung seit dem Krieg«, die IWF-Chefin nennt es die »dunkelste Stunde«. Wie finden Sie das? Angemessen?

Augstein: Das sind dramatische Formulierungen, in der Tat. Aber wenn man die Maßnahmen, die getroffen werden, rechtfertigen will, muss man so dramatisch formulieren. Unterhalb dieser Schwelle können Sie den Leuten kaum erklären, warum sie über Nacht eines großen Teils ihrer Bürgerrechte verlustig gegangen sind, warum das öffentliche Leben stillgelegt wurde, Kultur, Sport, Einkaufen – eigentlich geht nichts mehr, was unsere Gesellschaft ausmacht. Es sind sogar die Kirchen und Moscheen geschlossen!

B: Okay, das ist die taktisch-instrumentelle Erklärung des Polit-Insiders. Aber wie empfinden Sie die Rhetorik persönlich? Und natürlich die Krankheit.

A: Das hier ist kein Krieg, und es ist nicht die dunkelste Stunde der Menschheit – da fallen mir noch ein paar dunklere ein. Diese Rhetorik hat vor allem den Sinn, die Leute auf diese Maßnahmen einzuschwören. Nach allem was wir wissen, handelt es sich um eine Krankheit, die eine Minderheit der Menschen ernsthaft bedroht. Wir haben uns dazu entschlossen, zugunsten dieser Minderheit der Mehrheit sehr schwere Lasten aufzubürden. Das ist eine ehrenhafte ethische Entscheidung.

B: Komisch, mir geht es irgendwie ähnlich. Die Krankheit als solche macht mir – noch – keine Angst, ich habe bislang so gut wie keinen Infizierten im Bekannten- oder Familienkreis. Aber das Unabsehbare der ökonomischen Folgen bis hin zum Auseinanderfallen des Euro verunsichert mich sehr, da wird mir echt mulmig. Das alles reicht weit hinter den Horizont, zu dem ich heute blicken kann.

A: Können Sie sich überhaupt vorstellen, dass man nach dem Ende dieser Krise sagen dürfte: Die Regierung hat zu schnell und zu scharf reagiert? Oder werden wir gewissermaßen gezwungen sein, das alles gutzuheißen, ganz einfach, weil so viel auf dem Spiel steht?

B: Natürlich wird die Debatte kommen. Hinterher wird abgerechnet, bis hinunter in die Mitnahmeeffekte der Milliarden-Hilfen, die jetzt wie im Wettlauf der Bundesländer verteilt werden. Ich wette, es wird dann auch – wie nach der Flüchtlingskrise 2015/16 – von zeitweiligem »Kontrollverlust« die Rede sein. Aber worauf wollen Sie hinaus? Hinterher ist man doch immer schlauer.

A: Ich glaube der Vergleich mit der Flüchtlingskrise geht fehl. Die Einreise so vieler vorwiegend muslimischer Ausländer sprach damals ein ohnehin vorhandenes Ressentiment an, und dieses Ressentiment hat nachher dringend auf einer Abrechnung bestanden. Das ist heute anders. Diese Krise spaltet nicht – die Leute sammeln sich alle hinter der Fahne. Nachher wird man es als schlechten Stil ansehen, wenn jemand Kritik übt – das ist jetzt schon so.

B: Der Vergleich zur Flüchtlingskrise stimmt eben doch: In beiden Fällen hatte sich die Krise in einem kurzen Zeitraum so weit verschärft, dass sie der Staat kaum bewältigen konnte. Und bis der Staat unter öffentlichem Druck zu Kontrolle zurückfand, war eben eine ganze Zeit verstrichen. Zweitens spaltet die Corona-Krise am Ende auch: Der schwere Wirtschaftseinbruch zieht eine Nord-Süd-Spaltung der Europäischen Union nach sich und eine nationale Spaltung in Verlierer und halbwegs unbeschadet Davongekommene. Darum und wegen der schieren Milliarden-Summen, die jetzt ganz schnell bei der Hand sind, wird hinterher nach Fehlern und Verantwortlichen gesucht werden.

A: Ich finde, wir könnten damit jetzt schon anfangen.

B: Sie fanden die Reaktion der Bundesregierung von Anfang an überzogen, oder?

A: Wir haben mit einem totalen Stopp des gesamten öffentlichen Lebens reagiert – in Italien sind sogar die Fabriken und Unternehmen geschlossen worden. Ich frage mich tatsächlich, ob nicht auch weniger einschneidende Maßnahmen ausgereicht hätten. Wir haben uns beinahe vollständig dem Primat der Epidemiologie untergeordnet und die hat – zwangsläufig – ein totalitäres Weltbild: Alles, was der Bekämpfung des Virus dient, ist gerechtfertigt.

B: Naja, eine sehr spezielle Krise rückt halt sehr spezielles Wissen in den Vordergrund. Wenn es ein echter Krieg wäre, würden die Militärs das Wort führen und die Politik beraten. Der entscheidende Punkt ist für mich: In so einer Krise kann niemand genau wissen, welche Maßnahme zu welchem Zeitpunkt ausreicht. Und bei dem wenig bekannten Corona-Virus scheinen die Konsequenzen bei zu wenig und zu spätem Handeln wesentlich härter zu sein als bei zu viel und zu frühem Handeln. Also handelt die Politik lieber schnell und früh und weitreichend.

A: Darf ich Sie etwas fragen? Warum hat es beinahe niemanden interessiert, als im Winter 2017/18 in Deutschland ungefähr 25.000 Menschen an der Grippe gestorben sind?

B: Dafür gibt es ganz viele Gründe, menschliche Gründe: Wir kennen Grippe, aber wir kennen Corona nicht. Wir wissen, was eine schlimme Grippewelle anrichten kann, aber wir wissen nicht, wie viele Tote eine ungebremste Ausbreitung von Corona bringen würde. Wir wissen viel über Grippe-Impfungen und -Medikamente, aber wir haben keinen Impfstoff und so gut wie kein Medikament gegen Corona.

A: Halten Sie die größere Angst vor Corona also für eine rationale Reaktion?

B: Mindestens für rational nachvollziehbar und keineswegs für überwiegend hysterisch. Weil die Bedrohung so global und zugleich so diffus ist, wenden sich die Menschen an den Staat, an ihren Staat. Sie wollen, dass er sie irgendwie beschützt, dafür ist er da.

A: Sie erlauben aber, dass ich es für mindestens überraschend halte, dass alle Menschen sich in einen enormen Akt der Solidarität stürzen, obwohl die allermeisten von ihnen von den Maßnahmen gegen die Krankheit viel stärker bedroht werden als von der Krankheit selbst. Überall sind plötzlich lauter Altruisten, wo wir zuvor nur Selbstoptimierer wähnten.

B: Ich glaube nicht, dass Corona 80 Millionen Deutsche, schwupps, in gute Menschen verwandelt hat. Was die Leute antreibt, was vielen auch Angst macht, das ist das Gefühl von Kontrollverlust und Ausgeliefertsein. Die Geschwindigkeit der Infektion, die Bilder von den überforderten Intensivstationen, die ganze globale Verfolgbarkeit der Epidemie mündet in ein Gefühl: Ohnmacht, und zwar unabhängig von der persönlichen Gefährdung. In so einem Moment suchen die Menschen nach einer Instanz, der sie Macht und Kontrolle zutrauen. Und wenn der Staat beides dann ausübt, mit Augenmaß, geht die große, große Mehrheit erst einmal mit. Aber natürlich nur, weil die Menschen von einem einmaligen, befristeten Zeitraum der Einschränkungen und Kosten ausgehen.

A: Das finde ich interessant. Die Leute tragen die Maßnahmen also letztlich vor allem deshalb mit, weil sie unzureichend informiert sind.

B: Hä?

A: Wenn sie wüssten, dass die Krankheit für sie in der großen Mehrheit ungefährlich ist, würden sie der Obrigkeit die Gefolgschaft verweigern, oder wie?

B: Nein. Die Leute machen mehrheitlich mit, solange die Übung nicht endlos erscheint. Und weil sie nicht schuld sein wollen an der ungebremsten Ausbreitung einer Epidemie, über die man eben nicht alles weiß, weil man über diese Krankheit derzeit nur einen Bruchteil wissen kann. Ihre Frage geht ins Leere.

A: Vielleicht geht die Frage im Frühjahr 2020 ins Leere – aber sie wird im Herbst 2020 oder im Frühjahr 2021 nicht mehr ins Leere gehen. Denn dann haben wir zuverlässige Zahlen, die uns im Moment ja noch fehlen. Und ich frage mich, wie man dann die Leute in eine Solidarität mit dem Schwachen zwingen will, die so verheerende Kollateralschäden verursacht.

B: Stimmt. Nehmen wir an, die Epidemie kommt jetzt einmal unter Kontrolle, aber es entsteht einige Monate später eine zweite Welle. Dann würde trotzdem nicht noch einmal dasselbe umfassende Set von Maßnahmen angewandt. Warum? Wegen des Gewöhnungseffekts bei den Menschen, auch wenn das zynisch klingt. Corona würde beim zweiten Ausbruch weniger Angst machen, denke ich. Auch würde der Staat zurückhaltender reagieren müssen, weil er sich noch massivere wirtschaftliche Folgen einfach nicht leisten kann. Schließlich aber auch wegen des Lerneffekts: Die Politik könnte beim zweiten Mal viel genauer steuern, als sie das jetzt in der so plötzlich hereingebrochenen Krise getan hat. Noch einmal wird der gesamte deutsche Einzelhandel nicht geschlossen. Kein zweites Mal.

A: Ich bin gespannt, ob wir aus dieser Krise etwas lernen werden. Mir fallen auf Anhieb ein paar Sachen ein: Man sollte zum Beispiel endlich Airbnb verbieten, weil dieses Unternehmen viele Städte zerstört und den Wohnraum dort unerschwinglich macht. Man sollte endlich die Pflegeberufe und all die anderen, die in Wahrheit unsere Gesellschaft aufrechterhalten, so bezahlen und wertschätzen, wie...

Erscheint lt. Verlag 15.4.2020
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte Abhijit V. Banerjee • Annett Gröschner • Ansteckung • Ausgangssperre • Autorinnen • Bas Kast • Bestseller-Autoren • Boris Palmer • corona deutschland • Covid-19 • eBooks • Homeoffice • liberale Demokratie • Luca d’Andrea • Mental Health • Nassim Nicholas Taleb • Pandemie • Risiko • shutdown • Stephen Greenblatt • Überwachung • Ulrike Draesner • Wirtschaft • Zukunft
ISBN-10 3-641-27123-1 / 3641271231
ISBN-13 978-3-641-27123-7 / 9783641271237
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