Was tun, wenn Kinder nicht hören? -  Eskil Burck

Was tun, wenn Kinder nicht hören? (eBook)

Wie die psychologische Forschung Eltern und Lehrern dabei hilft, die beste Erziehung zu finden (Erziehungspsychologie, Klassenführung, Pädagogische Psychologie)

(Autor)

eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
264 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7519-3876-1 (ISBN)
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Für wen ist dieses Buch geeignet? Für Eltern, Lehrer und Erziehende, die das viele Schreien und Schimpfen leid sind! Weit über 1000 Studien hat der renommierte Diplom-Psychologe Eskil Burck ausgewertet... Sie erfahren, wie wirksam gängige und neue Erziehungsansätze wirklich sind: - Achtsame Erziehung - Bindungs- bzw. beziehungsorientierte Erziehung - Emotionsfokussierte Erziehung - Verhaltensfokussierte Erziehung Theorie allein hilft nicht weiter! Daher erhalten Sie eine Vielzahl von in der Praxis bewährten - und durch wissenschaftliche Studien gestützte - Tipps, die es Ihnen ermöglichen werden, zu "erziehen" und gleichzeitig die Beziehung zu Ihrem Kind (oder Ihren Schülern) sogar noch zu vertiefen.

Der Diplom-Psychologe Eskil Burck zählt zu den renommiertesten Wissenschaftsjournalisten im Fachgebiet Psychologie. Dank seines regen Austauschs mit Wissenschaftlern auf der ganzen Welt befinden sich seine Bücher immer auf dem neuesten Stand der Forschung. Allein auf YouTube wurden seine Psychologie-Lernvideos bereits mehr als 4 Millionen Mal angeschaut. Sein Audio-Podcast (psychologie-lernen.de) belegte immer wieder Platz 1 in den iTunes-Charts in der Kategorie "Bildung". Die Bücher "Neue Psychologie der Beeinflussung", "Angst - was hilft wirklich..." und "Das manipulierte Gehirn" wurden zu Amazon-Bestsellern. Weitere Informationen finden Sie auf www.psychologie-lernen.de. Youtube-Kanal: https://www.youtube.com/user/PsychologiederSchule

3 Einleitung


Zwei Erlebnisse aus grauer Vorzeit


Als ich noch über kein psychologisches Wissen verfügte und mir als Tennistrainer neben dem Studium etwas dazu verdiente, schlitterte ich im Umgang mit „meinen" Kindern immer mal wieder in äußerst „brenzlige“ Situationen. Zwei dieser Ereignisse sind mir noch besonders gut im Gedächtnis:1

 

Jacqueline! Es reicht jetzt!

Jacqueline (12 Jahre) war eigentlich ein liebes und aufgewecktes Mädchen. Aber heute hatte sie es irgendwie darauf angelegt, mich zur Weißglut zu bringen. Wenn ich etwas erklärte, plapperte sie immer dazwischen oder äffte mich sogar nach. Wenn Bälle eingesammelt werden sollten, drückte sie sich: „Das können die anderen Kinder ja machen“. Und wenn ich nicht hinschaute, schoss sie Bälle kreuz und quer über das Feld. Einer dieser Bälle verfehlte den Kopf eines der anderen Kinder so knapp, dass ich völlig die Geduld verlor. Ich nahm einen Ball und schoss aus 4 Metern Abstand mit aller Gewalt in Richtung ihres Kopfes. Selbstverständlich hatte ich nicht vor, sie zu treffen. Schließlich stand sie noch hinter einem Netz, welches zum Abhalten von Bällen in der Tennishalle aufgehängt worden war. Ich wollte ihr einfach nur einen Schreck einjagen. Umso geschockter war ich, als der Ball mit einem lauten Knall haarscharf neben ihrem Kopf gegen die Holzwand der Halle krachte. Sofort herrschte absolute Stille in der Halle. Alle Anwesenden – insbesondere ich selbst – waren völlig erstarrt. Ich hatte einen unfassbar dummen Fehler gemacht: Jacqueline hatte sich hinter jenem Netz befunden, welches aufgrund seiner grobmaschigen Struktur lediglich Handbälle zurückhält, aber keine Tennisbälle! Hätte ich sie damals wirklich ins Gesicht getroffen... Ich darf gar nicht darüber nachdenken.

 

Jonas! Jonas! Hey! JONAS! 

Jonas (10 Jahre) reagierte nicht. Er war in einer Wut-Trance. Mit zur Drohung erhobenem Tennisschläger jagte er Nicolas hinterher. Kein Zweifel: Wenn er ihn erwischen würde, würde er auf ihn eindreschen. Die Lage war ernst. Ich sprintete zu den beiden und stellte mich demonstrativ zwischen die beiden Streithähne. Jonas! Was ist denn passiert? Jonas! Warum machst du das?

Doch Jonas war zu tief in der Wut-Trance. Er war nicht länger gesprächsbereit und versuchte stattdessen wild entschlossen an mir vorbeizukommen, um Nicolas die Tracht Prügel verpassen zu können, die Nicolas in seinen Augen verdient hatte.

Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis ich meine Hilflosigkeit überwand und Jonas entwaffnete. Die restlichen fünf Minuten der Stunde bestanden nur darin, dafür zu sorgen, die beiden Streithähne soweit wie möglich voneinander zu trennen. Ich war einfach nur noch froh, als diese Trainingsstunde endlich vorbei war... 

 

Falls Sie auch über derartige Erinnerungen verfügen, kann ich Sie beruhigen. Sie werden in diesem Buch viele wissenschaftlich getestete Strategien kennenlernen, die mir – und auch unzähligen anderen Erziehenden – das Leben unglaublich erleichtert haben.

Mithilfe dieser Strategien können Sie schwierige Situationen elegant entschärfen (z.B. durch Musterunterbrechungen, siehe Kapitel 18) oder noch besser: langfristig dafür sorgen, dass derartige Situationen gar nicht erst entstehen.

Erziehung in Deutschland: Zwischen Super-Nanny (Katharina Saalfrank) und Michael Winterhoff 


In den letzten Jahrzehnten wurden weltweit zehntausende Forschungsarbeiten in der Erziehungs- und Bildungsforschung publiziert. Eigentlich müssten wir also heute mehr denn je wissen, was unseren Kindern „gut tut“. 

Trotzdem sind viele Eltern (und Lehrer) verunsichert, denn sie hören teilweise völlig entgegengesetzte Ratschläge.

Während auf der einen Seite die Vertreter einer vermeintlichen „Kuschelpädagogik“ (Katharina Saalfrank) eine „Kindheit ohne Strafen“ fordern, wird von dem Psychiater Michael Winterhoff („Deutschland verdummt“)2 empfohlen, für mehrere Stunden in einen Wald zu gehen(!), um auf diese Weise zu einem intuitiven Erziehungsstil (tendenziell autoritär) zu finden.3 Selbstverständlich gibt es keine einzige wissenschaftliche Studie, in der man nachweisen konnte, dass ein Waldspaziergang den Erziehungsstil im Sinne von Michael Winterhoff kurieren könnte.4 Überhaupt scheint die Kenntnis wissenschaftlicher Arbeiten dieser von den Medien allzu gern eingeladenen „Experten“ äußerst dünn zu sein. Im Literaturverzeichnis beider Bücher findet sich gerade mal eine einzige (!) empirische Studie. Ein mit mir befreundeter Psychologie-Professor kommt daher zu einem vernichtenden Urteil: „Diese Bücher würden selbst als Psychologie-Hausarbeit eines Erstsemester-Studenten komplett durchfallen.“

Natürlich möchte ich nicht absprechen, dass es in beiden Büchern auch sinnvolle Überlegungen gibt. So hat Katharina Saalfrank vollkommen Recht, wenn sie betont, wie wichtig die frühkindliche Bindung und Beziehung zum Kind ist. Auf der anderen Seite hat auch Michael Winterhoff nicht unrecht, wenn er darauf hinweist, dass viele Eltern aus Angst, die Beziehung zum Kind zu schädigen, zu sehr davor zurückschrecken, bei massivem Fehlverhalten notwendige Konsequenzen durchzusetzen.

Dennoch finden sich leider in beiden Büchern – und in vielen weiteren Ratgebern ohne wissenschaftliche Fundierung – viele Behauptungen und Ratschläge, die äußerst fragwürdig sind. Wenn also beispielsweise die Super-Nanny schreibt, dass Loben „aus entwicklungspsychologischer Sicht nicht sinnvoll“ ist (Saalfrank, 2019; Seite 161), ohne dafür auch nur eine einzige Studie als Beleg anzuführen, beraubt sie Eltern einer der wichtigsten und effektivsten Erziehungsmaßnahmen. Denn die positive Wirkung von Lob (vor allem, wenn man es richtig macht; siehe hier) konnte bereits in hunderten Studien nachgewiesen werden (siehe z.B. Leijten et al., 2019; Mueller & Dweck, 1998).

Auf der anderen Seite formulieren viele wissenschaftliche Handreichungen leider ihre Anleitungen viel zu vage. Dort lesen wir dann solche Tipps wie „Sorgen Sie für ein gutes Klassenklima“ oder „Achten Sie auf die Klarheit der Instruktion“, ohne auch nur den geringsten Hinweis zu liefern, wie das genau funktionieren soll.

Ziel dieses Buches ist es daher, praktische Tipps und Handreichungen zu geben, die auch wirklich wissenschaftlich überprüft wurden.

Hierzu wurden tausende Studien gesichtet und nur die methodisch besten Studien ausgewählt. Wann immer möglich, wurde nicht nur auf Einzelstudien zurückgegriffen, sondern auf große Meta-Analysen, in denen teilweise hunderte Studien mit manchmal hunderttausenden Versuchspersonen zusammengefasst analysiert wurden (siehe z.B. Pinquart & Kauser, 2018). Zudem wurden die wissenschaftlichen Datenbanken zu jedem Thema nach den neuesten Forschungsartikeln durchsucht, um wirklich nur den aktuellsten Stand der Forschung abzubilden.

Warum ein Buch für Eltern UND Lehrer?


Während meiner Zeit im Fachbereich für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie der Universität Koblenz-Landau und während meines Praktikums in der Schulpsychologie wurde eines immer wieder klar: Angehende Lehrer lernen im Studium leider viel zu wenig über Erziehungspsychologie und Classroom Management (Klassenführung). Ein befreundeter Lehramtsanwärter sagte mal zu mir: „Im Grunde sind wir Fachidioten. Wir lernen über unser Fach zehnmal mehr, als wir jemals unseren Schülern beibringen werden, aber wie man z.B. mit ‚schwierigen‘ Schülern umgeht, darüber lernen wir nichts.“

Noch deutlicher macht es die Aussage einer gestandenen Lehrerin nach einer Fortbildung zum Thema Klassenführung:

„Also, ich bin völlig geflasht. Dass ich als Lehrerin einen Einfluss auf die Störungen während des Unterrichts haben kann, war für mich völlig neu!“

Auch in einer Umfrage des Allensbach-Instituts (2012) gaben 62% der jungen Lehrer5 an, dass sie sich durch das Lehramtsstudium unzureichend auf die Schule vorbereitet fühlen. Die Lehrer beschwerten sich jedoch nicht, dass sie zu wenig Fachwissen erworben hätten, sondern dass sie zu wenig über den Umgang mit Schülern und Eltern gelernt hätten.

Selbst die vielbeachtete Hattie-Studie (2012) bescheinigt der universitären Lehrerausbildung leider praktisch keine Wirkung auf den Lernerfolg der Schüler (Effektstärke d =.11). Hier muss man jedoch einschränkend sagen, dass viele der von John Hattie berücksichtigten Studien aus den 80er und 90er Jahren stammen. Aber hat sich die Lehrerausbildung seither wirklich so viel verbessert?

Das größte Problem der Lehrerausbildung besteht sicherlich in der großen zeitlichen Distanz zwischen Theorie und Praxis. Selbst wenn Lehrer im Studium gute Klassenführungstechniken erlernen würden, so ist es doch sehr wahrscheinlich, dass sie diese viele Jahre später – zur Zeit des Berufseintritts – wieder vergessen haben. Stellen Sie sich zum Vergleich vor: Jemand hätte Ihnen in einer (langweiligen) Vorlesung vor fünf Jahren erklärt, wie man ein Flugzeug fliegt. Könnten Sie jetzt deswegen ein Flugzeug fliegen?

Glücklicherweise ergab die Hattie-Studie auch, dass Lehrerfortbildungen (also, wenn Lehrer schon im Beruf sind) sehr effektiv sein können (Effektstärke d =.62). Viele Lehrer haben verstanden, dass, wenn sie sich weiterentwickeln, nicht nur ihre Schüler profitieren, sondern auch sie selbst. Denn eine gute Klassenführung ist auch eine sehr gute Burnout-Prävention (Aloe et al., 2014; Dicke et al.,...

Erscheint lt. Verlag 27.3.2020
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Beruf / Finanzen / Recht / Wirtschaft Bewerbung / Karriere
ISBN-10 3-7519-3876-1 / 3751938761
ISBN-13 978-3-7519-3876-1 / 9783751938761
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