Savoir - Vivre à l a Curnonsk -  Inge Huber

Savoir - Vivre à l a Curnonsk (eBook)

Köche, Künstler, Kurtisanen oder die Geheimnisse eines Gourmets

(Autor)

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2020 | 1. Auflage
400 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7504-6540-4 (ISBN)
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SAVOIR-VIVRE à la Curnonsky Paris, zur Zeit der Belle Époque CURNONSKY - Prinz der Köche KÖCHE, KÜNSTLER, KURTISANEN oder die Geheimnisse eines Gourmets

Inge Huber geb. 1949 in Eching am Ammersee. In Frankreich bekannt unter dem Pseudonym Jeanne B. Barondeau. Sie erwarb im Jahre 2003 eine Pariser Bibliothek. Während sie die Bücherladung sortierte, entdeckte sie zufällig den verschollen geglauten Nachlass von Maurice-Edmond Sailland, dem "Prinz der Gastronomen". Als Ergebnis ihrer fünfjährigen Recherche veröffentlichte sie 2007 eine dreiteilige Serie in französischer Sprache: L'Héritage de Curnonsky - Das Erbe von Curnonsky. Tome I. - Curnonsky à la carte ... wurde 2008 in Paris mit dem Gourmand World Cookbook Awards ausgezeichnet. Kategorie: Best French cuisine Book. Die Gewinnerin für Deutschland: Jeanne B. Barondeau. Inge Huber zeichnet im vorliegendem Buch (2. erweiterte Auflage) die spannende Lebensgeschichte von Curnonsky nach. Ein Leben zwischen Genuss und Leidenschaft, Gastronomie und Tourismus.

„Ich war sowohl Romancier, als auch Chronist, Revueschreiber, Humorist, gastronomischer Werbetexter, Varietétheater-Kritiker, Novellist, Klatschkolumnist, Essayist, Sekretär, freier Mitarbeiter und Lohnschreiber, Nègre für Willy. Ich schrieb in einer Zeitung für Jugendliche. Ich habe alles Mögliche geschrieben. Ich schrieb für die ganze Welt...

Erschöpft verließ Curnonsky am späten Nachmittag die Pariser Rentenbehörde. Noch ganz benommen von den Anstrengungen, die der Versuch mit sich brachte, sowohl die Angestellten dieses schwerfälligen Verwaltungsapparates zu verstehen und selbst verstanden zu werden als auch die Tragweite seiner prekären Situation zu begreifen. Angesichts der Hoffnungslosigkeit, seine miserablen Zukunftsaussichten tatsächlich zu verbessern, fühlte er sich von aller Welt verlassen, mutlos. Langsam fiel die schwere Eichentüre hinter ihm ins Schloss. An seinen Kleidern haftete noch immer der penetrante Geruch dieser kleinen gewienerten Amtsstube, dieses abscheuliche Gemisch aus Bohnerwachs und Moder. Einen Augenblick verharrte er noch nachdenklich auf dem Treppenabsatz, dann zündete er sich eine Zigarre an. Genussvoll nahm er einen kräftigen Zug und begab sich gedankenversunken, umhüllt vom Duft der Rauchwolken, auf seinen Heimweg.

Curnonsky konnte sich aber kaum beruhigen, er war in höchstem Maße verärgert und noch immer wütend über das unangemessene Benehmen und die unflätigen Bemerkungen der beiden Staatsbediensteten. Besonders entrüstete ihn dieses missgelaunte Frauenzimmer mit ihrem blassen Gesicht, die in ihrer grauen Strickjacke so teilnahmslos an ihrem klapprigen Behördentisch gesessen und in Seelenruhe ihren übel riechenden Kräutertee geschlürft hatte. Eine halbe Stunde lang hatte sie ihn vor ihrer Amtsstube, auf dieser harten Holzbank, in diesem unangenehm riechenden Flur warten lassen. Gestank, ja hätte er einen Behörden-Guide verfassen müssen, wäre übelster Gestank sein vernichtendes Urteil gewesen. Kaum hatte er vor ihrem Schreibtisch Platz genommen, herrschte sie ihn gereizt an:

„Ich sehe hier, Sie beantragen also eine Rente, eine Autorenpension, Herr ...? wie heißen Sie eigentlich wirklich? – Herr Maurice-Edmond Sailland, Prinz Curnonsky, wir haben hier ja einige Möglichkeiten.“

Spöttisch grinsend drehte sie sich ihrem Kollegen zu, der zustimmend nickte. Ein kleiner dickbäuchiger Staatsdiener mit strähnigen Haaren, die seine schwitzende Glatze säumten und der sich in der Ecke des Büros zu schaffen machte, wiederholte kopfschüttelnd:

„Ein Prinz also ..., ein Prinz der Gastro-no- mie!“

Vor einigen Monaten schon hatte Curnonsky einen ihrer Fragebögen beantwortet und dabei bekundet, dass er in seinem gesegneten Alter von alledem, was hier auszufüllen sei, absolut nicht das Geringste verstünde. Genau deshalb hatte er um dieses persönliche Gespräch gebeten. Ohne sein Antwortschreiben je gelesen zu haben, befragte ihn die Frau wiederholt, ob er denn tatsächlich ein echter Prinz sei. Die Feststellung, dass ein wahrhafter Prinz, wenn auch ein gewählter, um seine Autorenpension kämpfen müsse, machte sie offensichtlich fassungslos. Behutsam platzierte Curnonsky seinen zerknitterten Personalausweis auf ihrem Schreibtisch, strich ihn glatt, dabei wiederholte er langsam und deutlich, mit übertriebener Freundlichkeit:

„Ich heiße Maurice-Edmond Sailland, mein Fräulein, ich werde Curnonsky genannt, und zum Prinz der Gastronomen haben mich im Jahre 1927 mehr als 3.000 Köche Frankreichs gewählt.“

„Adresse?“

Ihr ruppiges und unfreundliches Wesen ließ ihn zutiefst erschaudern. Schließlich musste er seine Identität nachweisen, sie von der Tatsache überzeugen, dass er weder ein Russe noch ein Pole sei, sondern aus einer alteingesessenen französischen Familie stammte, die seit Jahrhunderten im Anjou lebte, womit es sich bei seiner Person folgerichtig um einen echten Franzosen handelte. Er untermalte diese unumstößliche Feststellung, indem er mehrmals energisch auf die Daten in seinem Ausweis tippte.

„Ja, ja, schon gut, ich habe verstanden!“

Anhand einer seit Langem vorbereiteten Liste belegte er seine Autorenidentität, er erklärte in aller Deutlichkeit die Gründe, die ihn veranlasst hatten, viele Jahre mit unzähligen Pseudonymen zu signieren, als Nègre, Journalist, Gastronomiekritiker, Theaterkritiker, Co- oder Romanautor. Darunter befanden sich noch etliche Fantasienamen, die er nicht mehr alle im Gedächtnis hatte: Willy, Perdiccas, Radinois, Gaudivier, S'en-bat-œil, Monsieur Fred, Bibendum und viele weitere.

„Ja, mein Fräulein, ich war gezwungen, mich sogar etliche Jahre hinter dem berühmten Reifen-Maskottchen Bibendum zu verstecken, und dafür besitze ich keinerlei Beweise. Madame, es gab so gut wie keine Zeitschrift in Frankreich, für die ich nicht geschrieben hätte! Ich kann Ihnen hier unmöglich alle aufzählen. Außerdem habe ich jahrzehntelang als Gastronomiekritiker gearbeitet, habe unzählige Artikel und Chroniken in bedeutenden Restaurant- und Reiseführern veröffentlicht, ich bin ein alter Journalist und wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir so bald wie möglich diese wohlverdiente Pension bewilligen würden.“

„Ich verstehe, mein Herr, Sie sind also ein Journalist, aber was bitte ist denn ein Gastronomiekritiker, könnten Sie mir das erklären, ist das etwa ein Beruf, nichts als Restaurants zu besuchen? Diese Art von Tätigkeit ist mir unbekannt, was macht man da? Womöglich ununterbrochen essen, nichts als essen, und das den ganzen Tag?“

Dem Kollegen, der gerade sein mager belegtes Pausenbrot aus einer Blechdose nahm, fiel sein Monokel von der Nase, und ihm entwich ein keuchendes, kaum vernehmbares: „Mon Dieu! Jeden Tag in einem Restaurant!“

Curnonsky besann sich kurz, er wollte diesen Amtspersonen gerade eine plausible Erklärung zurechtlegen, erkannte jedoch plötzlich die Sinnlosigkeit, die vergebliche Mühe und entschloss sich, ihnen diese spezielle Darlegung schuldig zu bleiben. Ungläubig, gelangweilt und mit äußerster Missbilligung begann nun die Beamtin die Ermittlungen fortzuführen und seinen weiteren Ausführungen Gehör zu schenken. Zur Vervollkommnung seiner Unterlagen legte Curnonsky einen zweiten Zettel auf den Tisch. Eine präzise Zusammenfassung aller Titel seiner mehr als 60 veröffentlichten Bücher. Sein Gegenüber stöhnte genervt. Während sie ihn gleichzeitig durch ihre Nickelbrille kritisch musterte, ergriff sie mit gequälter Freundlichkeit die Unterlagen und seinen Personalausweis.

Gut, gut, endlich einmal konkrete Angaben, dann sehen wir uns das mal an, nein, nein, so geht das nicht, mein Herr, ich brauche Beweise! Finden Sie amtliche Dokumente, am besten einen Autorenvertrag, Honorarnoten, Bankbelege, bringen Sie mir jemanden Vertrauensvollen, der Ihre Angaben beweisen kann, einflussreiche Leute, wenn möglich einen Politiker, einen Minister. Mein Herr, wir benötigen hier Fakten, keine beliebigen Listen.“

Während Curnonsky sich Schritt auf Schritt seinem Zuhause näherte, wiederholte er wieder und wieder dieselben Worte: keine beliebigen Listen! Fakten, Beweise, Verträge, Belege. In seiner Hand hielt er noch immer den Zettel mit den Notizen von tausend unsinnigen Fragen, Fragen, die er nun in kürzester Zeit beantworten musste. Missmutig steckte er ihn in seine Jackentasche. Niemals, so schien ihm, war er derart miserabel behandelt worden wie heute, das erste Mal in seinem Leben befand er sich tatsächlich in der Gewalt derartiger Banausen. Diese unbedarften Leute kannten ihn, Curnonsky, nicht, hatten keines seiner Bücher je gelesen, noch niemals von ihm gehört. Sie wussten nichts von den enormen Festlichkeiten zu seinem achtzigsten Geburtstag im Oktober 1952, nichts von diesen grandiosen Feiern, die nicht enden wollten und bis ins nächste Jahr andauerten. Ebenso hatten sie nichts gelesen von diesen voluminösen Galadiners, über die alle Pariser Zeitungen in groß aufgemachten Artikeln berichteten. Sogar ein eigenes Sonderheft war aus diesem Anlass erschienen. An diesem 22. Oktober hatten achtzig Pariser Restaurants ihm zu Ehren einen Tisch, seinen Stammplatz, deutlich sichtbar mit einem Blumenstrauß geschmückt, ein Gedeck aufgelegt und dazu eine Karte mit folgendem Text gestellt:

Dieser Platz gehört Maurice-Edmond Sailland Curnonsky,

gewählter Prinz der Gastronomen, Verteidiger und Illustrator

der französischen Küche, Ehrengast dieses Hauses.

Auf seinem endlos scheinenden Heimweg wurde ihm plötzlich klar, dass die Menschen nach den traumatischen Erlebnissen langer entbehrungsreicher Kriegsjahre tatsächlich andere Sorgen quälten, als sich für ihn, diesen Curnonsky, zu interessieren, diesen uralten Literaten mit dem idiotischen, russisch klingenden Pseudonym. Vermutlich kümmerten sich die Pariser Behörden um Wichtigeres, um die tragischen Schicksale der Kriegsopfer, um die Renten der...

Erscheint lt. Verlag 2.3.2020
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber
ISBN-10 3-7504-6540-1 / 3750465401
ISBN-13 978-3-7504-6540-4 / 9783750465404
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