Im Dienste der Zukunft unseres Volkes (eBook)
288 Seiten
Morawa Lesezirkel (Verlag)
978-3-99093-323-7 (ISBN)
Elisabeth Kobald-Delpos ist 1950 im Waldviertel als 2. von 3 Kindern in einer Beamtenfamilie geboren. Bis 1968 hat sie verschiedene Schulen besucht. Ab 1968 beginnt sie die Ausbildung zur Hebamme die 3 Semester dauert. 1970 tritt sie in das Berufsleben ein. Sie übt den Beruf der Hebamme über 30 Jahre aus und hat deshalb einen gewissen Überblick wie sich im Laufe eines halben Jahrhunderts die Methoden in der Geburtshilfe verändert haben. 1977 tritt sie in den Ehestand und 1978 erfolgt die Geburt ihres einzigen Sohnes. Die Tätigkeit des Schreibens hat sie seit ihrer frühester Jugend fasziniert. Der optimale Einsatz in Familie und Beruf, einige Schicksalsschläge und die entsprechende fehlende Ausbildung hinderten sie daran, das Schreiben anzugehen. Jetzt ist sie in Pension und wagt sich ohne Germanistik Studium an das Abenteuer "Schreiben" heran. Selbst erlebte Geschichten sind am leichtesten zu erzählen. Damit beginnt sie jetzt.
Zweites Kapitel
Schwester Madam
Wie wird Elisabeth die ersten Jahre in ihrem Beruf erleben? Kann sie den Tod eines siebzehnjährigen Mädchens während ihrer ersten Jahre der Berufsausübung verkraften?
Der erfolgreiche Abschluss der Ausbildung von Elisabeth zur Hebamme, fand Anfang März 1970 statt. Damit Elisabeth ihren Beruf überhaupt ausüben konnte, benötigte sie zuerst einmal einen Führerschein. Denn das Landeskrankenhaus in der Bezirks-Hauptstadt, in dem Elisabeth demnächst arbeiten würde, war fünfzehn Kilometer weit von ihrem Heimatort entfernt. Die freien Wochen, die Elisabeth hiermit noch bis zum vereinbarten Dienstantritt zur Verfügung standen, nützte sie also dazu, um für die Führerscheinprüfung zu lernen.
Die Dienstantrittszeiten des Hebammendienstes im Landeskrankenhaus, ließen sich mit den Abfahrtszeiten der öffentlichen Verkehrsmittel nicht vereinbaren. Denn Bahn und Bus hatten ihre Abfahrtszeiten derart gestaltet, dass zwar die Schüler, um acht Uhr morgens, die höheren Schulen in der Bezirkshauptstadt erreichen konnten, Elisabeth aber nicht rechtzeitig ihr Krankenhaus, wo schon um sieben Uhr morgens der Dienst anzutreten war. Da Elisabeth die Fahrprüfung, nach nur zehn Fahrstunden, gleich beim ersten Versuch bestanden hatte, konnte nun endlich der „Ernst des Lebens“ beginnen. Mit sehr viel Enthusiasmus und mit dem Auto ihres Vaters, welches er ihr für die Fahrten zum Dienst zur Verfügung stellte, fand sie sich zu ihrem ersten Dienst, im Sinne der Worte auf ihrer Diplomnadel ein.
Die neuen Kolleginnen erwarteten Elisabeth schon voller Ungeduld. Diese hatten ja seit einem Jahr aus Personalmangel ihre gewohnten Urlaube nicht antreten können. Nach einer einwöchigen Einführungszeit musste Elisabeth ihren Dienst also sofort mit Überstunden beginnen.
Einem „Dreierradel“, mit vierundzwanzig Stunden ununterbrochenen, durchgehenden Diensten und achtundvierzig Stunden Freizeit. Der zweite Schock!
Der erste Schock ereilte Elisabeth gleich an ihrem ersten Einführungstag. Es gab nur ein winziges Kreiß-Zimmer, in dem zwei Entbindungsbetten standen, die lediglich durch einen weißen Vorhang voneinander getrennt waren. Es war hier üblich alle ganz normalen Geburten ohne Gummihandschuhe und im offenen Querbett durchzuführen. Das offene Querbett wurde in der Schulzeit nur für Pathologien verwendet. Dadurch, dass man keine Handschuhe trug, hatte man zwar minimal mehr Gefühl in den Händen, trotzdem sind frisch geborene Babys immer glitschig und schwer zu halten. Das Hochhalten des Kindes an den Füßen, dass sich aus dem offenen Querbett ergab, fand Elisabeth sowieso unsanft und erschwerte zusätzlich auch noch das Abnabeln.
Außerdem gab es keine Möglichkeit die Geburten-Lavoirs vor Ort zu sterilisieren. Die Lavoirs wurden mit achtzigprozentigem Alkohol ausgegossen und dieser dann angezündet. Die offenen Flammen riefen in Elisabeth eine Assoziation zum Mittelalter hervor. Alle zur Gebär-Abteilung gehörenden Abteilungen wie Kreiß-Saal, Kinderzimmer und Wochenbettstation waren in eine chirurgische Station eingebettet und wurden von einem Chirurgen chefärztlich geleitet. Die gesamte Verantwortung für Kinderzimmer, Wochenbettabteilung und Kreißsaal oblag der an Dienstjahren ältesten Hebamme. Diese Oberhebamme war die erste Kollegin, die Elisabeth mit einem ringförmigen Haarausfall sah, den diese vom langjährigen Tragen der übersteifen Diensthaube bekommen hatte.
Schon auf Grund der Jugend und der Kinderlosigkeit von Elisabeth ergab sich, bei ihren Kolleginnen, die im Durchschnitt um zwanzig Jahre älter waren als sie selbst, eine gewisse Voreingenommenheit. Die Begrüßung von Elisabeth, durch die neue vorgesetzte Oberhebamme des Landes-Krankenhauses, war schon dem entsprechend. Ohne sich selbst vorzustellen, giftete die „Ober-Schwester Madam“, mit geringschätzendem Blick, Elisabeth entgegen: „Na, jetzt werden wir ja sehen, was die jungen Hebammen besser können als wir Alten.“. Als die „Schwester Madam“ diese Worte von sich gab, hob sie Ihren Kopf und sah Elisabeth dabei hämisch in die Augen. Die mindestens doppelt so alte Hebamme musste den Kopf heben, um mit ihren ebenholzschwarzen, funkelnden Augen, die Augen von Elisabeth zu treffen. Diese Kollegin war um zwanzig Zentimeter kleiner als Elisabeth und hatte außerdem eine stark ausgeprägte Rückgratverkrümmung. Erst durch diese für Elisabeth völlig unbegreiflichen Worte, an ihrem ersten Dienst-Einschulungstag, wurde der jungen Schwester Madam bewusst, wie ausgebrannt diese Frau, tief im Innersten ihrer Seele und ihres Körpers, tatsächlich sein musste. Die junge Hebamme schwor sich in diesem Augenblick, niemals eine alte „grantige“ Hebamme zu werden.
Dass die Hebammen hier mit „Schwester Madam“ angesprochen wurden, - und nicht mit dem Familiennamen, so wie Elisabeth es aus der Bundeshebammen-Lehranstalt gewohnt war, fand die junge Hebamme. sehr befremdlich. Doch daran konnte sie sich schnell gewöhnen, nicht aber an die anderen Gegebenheiten.
Die junge Schwester Madam
Es gab, im gesamten Ortsgebiet und im Krankenhaus, keinen Gynäkologen. Die Hebamme war quasi die höchste Instanz für die Geburtshilfe. Die Sekundarärzte wurden meistens auch durch die Hebammen in die Technik des Dammschnitt-Nähens eingeführt und angeleitet und nicht durch den Oberarzt. Ein chirurgischer Oberarzt oder der Primar hatten für solche „belanglosen“ Dinge keine Zeit. Man hatte genug andere chirurgische Eingriffe, wie Blinddarm-, Mandel-, Tumor-, Zwölffingerdarmgeschwür-Operationen und viele andere mehr, zu bewältigen. Aus diesem Grunde war es im Landeskrankenhaus oberstes Gebot, Episiotomien und Dammrisse zu vermeiden. Die Sekundarärzte konnten überhaupt erst, wenn einmal notwendig, frühestens ab acht Uhr morgens zur Nahtversorgung zur Verfügung stehen. Es gab zwar den Dienst habenden Sekundararzt auch in der Nacht, aber dieser war mit so vielen anderen Dingen beschäftigt, dass erst der nächste Tagdienst, die „Näharbeiten“ früh morgens, üblicherweise übernehmen musste.
Die Hebammen konnten hier also alle ihre Kenntnisse und Fähigkeiten zum Einsatz bringen, damit so selten wie möglich Dammschnitte durchgeführt wurden. - Wenigstens ein erfreulicher Nebeneffekt für die Frauen. - Dammrisse ersten Grades wurden häufig gar nicht genäht und verheilten immer problemlos. Dammrisse zweiten Grades vermied Elisabeth, bei den Frauen, die in ihrem Dienst ein Kind auf die Welt brachten, indem sie einen Schnitt setzte. Einen Dammriss dritten Grades hatte Elisabeth, glücklicherweise, während ihrer gesamten Kreißsaal-Tätigkeit bei den Geburten die von ihr selbst geleitet wurden, niemals erlebt. Ab und an sah Elisabeth aber die dramatischen Folgen eines Dammrisses dritten Grades, bei Frauen die ein weiteres Kind bei Elisabeth zur Welt brachten. Diese Patientinnen erzählten dann voller Verzweiflung, von den massiven Problemen nach so einem Zwischenfall und wie sehr sie unter den Spätfolgen litten. Manchmal versuchte dann ein Arzt, mit einem komplizierten, kosmetischen Dammaufbau, den Damm wiederherzustellen. Selten war diesen Versuchen auch ein sehr guter Erfolg beschieden.
Bei anderen eventuell auftretenden Notfällen, wie der kindlichen Asphyxie oder einer maternalen akuten Blutung, mussten die Hebammen, den chirurgischen Primararzt aus seiner Privatwohnung, zur Sectio Caesarea (Kaiserschnitt) oder zum Forceps (Zange) rufen, wenn der zum Dienst eingeteilte Oberarzt, zufällig mit einem anderen chirurgischen Eingriff beschäftigt war. Wo in der Geburtshilfe doch oft nur wenige Minuten über Leben und Tod entscheidend waren! - Für die junge Hebamme begann ein Albtraum. - Häufig wachte sie in der Nacht schweißgebadet auf und hatte davon geträumt, dass der Oberarzt und der Primararzt, für eine akute Sectio nicht abkömmlich waren.
In den Wochenbettzimmern lagen bis zu acht Patientinnen. Es gab zwar Pflegepersonal, das täglich und im Nachtdienst zur Verfügung stand, um die Hebammen bei Bedarf zu unterstützen und zu entlasten, damit sie ungestört die Geburten leiten und die Gebärenden betreuen konnten. Tatsächlich musste sich die Hebamme intensiv um alle drei „geburtshilflichen“ Einheiten kümmern.
Eine ältere, geistliche Schwester, namens Sigbertine, führte die chirurgische Abteilung, wo ebenfalls die Wöchnerinnen untergebracht waren. Sie war die gute Seele dieser Abteilung und wirklich selbstverständlich bemüht ihr Wissen, welches sie sich durch langjährige Erfahrung angeeignet hatte, weiterzugeben. Von ihr hat Elisabeth die perfekte Venenbandage und einige andere brauchbare, chirurgische Tricks gelernt. Auf dieser so genannten Wöchnerinnen-Abteilung gab es auch in der Nacht eine diensthabende Schwester, nicht aber im Kinderzimmer. Die Neugeborenen wurden in der Nacht, nämlich von der diensthabenden Hebamme betreut. Selbst verständlicherweise...
Erscheint lt. Verlag | 7.11.2019 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber |
ISBN-10 | 3-99093-323-X / 399093323X |
ISBN-13 | 978-3-99093-323-7 / 9783990933237 |
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