Getrennte Eltern - gemeinsame Kinder -  Eva Schmelz

Getrennte Eltern - gemeinsame Kinder (eBook)

Ein Ratgeber für alleinerziehende Mütter und Väter. Obsorge und Kontaktrecht - Unterhalt - staatliche Hilfen

(Autor)

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2019 | 1. Auflage
216 Seiten
Linde Verlag Wien Gesellschaft m.b.H.
978-3-7094-1008-0 (ISBN)
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Der Ratgeber für Single-Eltern

Nach einer Trennung haben Mütter und Väter mit großen Herausforderungen zu kämpfen. Zum Schmerz über das Scheitern der Beziehung kommt oftmals der Kampf um die Kinder. Auch wenn es das Paar, das man einmal war, nicht mehr gibt, soll den gemeinsamen Kindern ein unbeschwertes Aufwachsen mit beiden Elternteilen ermöglicht werden. Doch das ist leichter gesagt als getan. Die Realität des österreichischen Familienrechts konfrontiert getrennt lebende Mütter und Väter mit oft ungeahnten Schwierigkeiten.

Familienrechtsexpertin Eva Schmelz bespricht in ihrem Ratgeber alle Themen, die für alleinerziehende Mütter und Väter wesentlich sind: Welche Schritte sind in Bezug auf Namensrecht und Vaterschaftsfestellung zu setzen? Wie können so essenzielle Punkte wie Obsorge, Kindesunterhalt und Kontaktrecht geregelt werden? Welche Unterstützungsleistungen gibt es und wie bekommt man sie? Was ist zu tun, wenn der Ex-Mann nicht zahlt? Welche Möglichkeiten hat man, wenn die ehemalige Partnerin einem die Kinder vorenthält? Welche Hilfen können Mediation, Elternberatung oder Kinderpsychologen geben?

Mit vielen Fallbeispielen, rechtlichen Hintergundinformationen und Mustervereinbarungen unterstützt dieses Buch gentrennt lebende Mütter und Väter bei der Bewältigung ihres herausfordernden Alltags als Single-Eltern.



Rechtsanwältin und Mediatorin mit Schwerpunkt Familien- und Scheidungsrecht in Wien.

Grundsätze des Kindschaftsrechts


Das Kindeswohl


Im Jahr 1977 führte das Gesetz über die Neuordnung des Kindschaftsrechts das Kindeswohl als Rechtsbegriff ein, dem heute eine ganz zentrale Bedeutung bei allen gerichtlichen Entscheidungen hinsichtlich Obsorge und Kontaktrecht zukommt. Ausschlaggebend bei der Beurteilung des Kindeswohls ist immer die jeweilige individuelle Situation, in der sich die Familie bzw. das Kind befindet. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass die gerichtlichen Entscheidungen stets gegenwarts- und zukunftsgerichtet getroffen werden. Den 16Gerichten geht es also nicht um eine Beurteilung der Vergangenheit, sondern sie setzen sich intensiv damit auseinander, welche Entscheidung jetzt und in Zukunft bestmöglich dem Wohl des Kindes entspricht.

Welche Kriterien die Gerichte bei der Beurteilung des Kindeswohls zu berücksichtigen haben, regelt § 138 ABGB (Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch). Wichtige Punkte sind:

Angemessene Versorgung bzw. Lebensverhältnisse


Gemeint sind hier insbesondere die Versorgung mit Nahrung, die medizinische und sanitäre Betreuung, die Zurverfügungstellung von Wohnraum sowie eine sorgfältige Erziehung des Kindes. Hierbei spielt auch die finanzielle Situation der Eltern eine Rolle sowie die Frage, welche zeitlichen Ressourcen sie haben, sich um das Kind zu kümmern, wie groß ihre Wohnung ist, ob diese sauber ist und dergleichen.

Beispiel


Christoph und Tina trennen sich, gemeinsam haben sie Tochter Leonie, die zwei Jahre alt ist. Christoph zieht in ein Studentenheim, wo er ein Zimmer mit einem Freund bewohnt. Er wünscht sich, dass Leonie auch bei ihm übernachtet. Da er im Moment jedoch kein eigenes Zimmer und auch keine Schlafmöglichkeit für seine Tochter hat, entspricht ein Kontaktrecht, bei dem Leonie auch über Nacht bleibt, nicht dem Kindeswohl.

Ein wichtiges Kriterium bildet aber auch das Umfeld. Ob das Kind in einem geschützten Umfeld aufwächst, wird genau untersucht. Drogenprobleme im unmittelbaren Umfeld sind beispielsweise ein Kriterium, das dem Kindeswohl widersprechen kann.

Die Grundbedürfnisse des Kindes dürfen zu keiner Zeit gefährdet werden. Der Kinder- und Jugendwohlfahrtsträger, der, wie weiter unten dargestellt, das Wohl der Kinder zu überprüfen hat, wenn es zu gerichtlichen Verfahren kommt oder eine Gefährdungsmeldung von Dritten wie zum Beispiel von der Schule eingebracht wird, hält in fast allen Fällen in den Haushalten Nachschau, die zumeist unangekündigt erfolgt.

17Körperliche und seelische Integrität des Kindes


Bei diesem Punkt geht es um emotionale Wärme, Wertschätzung und Akzeptanz des Kindes durch die Eltern sowie eine gewaltfreie Erziehung:

Wird das Kind in seiner Entwicklung unterstützt? Nehmen sich die Elternteile Zeit für ihr Kind oder wird es den ganzen Tag vor den Computer gesetzt und kaum mit ihm gesprochen?

Werden die Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten des Kindes gefördert? Wenn die Schule beispielsweise bemerkt, dass das Kind undeutlich spricht und eine Logopädin bzw. einen Logopäden vorschlägt, wird darauf geachtet, ob die Eltern diese Empfehlungen aufnehmen können und sich um eine entsprechende Förderung des Kindes kümmern. Probleme sehen und angemessen darauf reagieren ist hier ein wichtiger Punkt.

Wie ist der Umgangston mit dem Kind und wird die Meinung des Kindes in Abhängigkeit von dessen Verständnis und Fähigkeit zur Meinungsbildung berücksichtigt? In diesem Zusammenhang werden sehr oft anhand der Kompetenz des Kindes, zu kommunizieren, Rückschlüsse auf die innerfamiliäre Kommunikation gezogen.

Wird das Kind vor negativen Einflüssen wie Gewalt geschützt? Wenn der/die neue Lebensgefährte/in des Elternteils zu Gewalt neigt, was tut der jeweilige Elternteil, um das Kind zu schützen? Ist er/sie einsichtig und tut er/sie alles, um das Kind, aber auch sich selbst vor Gewalt zu schützen?

Bindungstoleranz


Als Bindungstoleranz wird die Fähigkeit und Bereitschaft eines Elternteils bezeichnet, die Bindung des Kindes zum anderen Elternteil bzw. zu anderen wichtigen Personen zu respektieren und zu fördern bzw. die Aufrechterhaltung des Kontakts wenigstens zu tolerieren. Die Eltern haben danach zu trachten, dass das Kind verlässliche Kontakte zu allen wichtigen Bezugspersonen halten kann, und zwar ohne dadurch in Loyalitätskonflikte zu kommen.

Dass die Bindungstoleranz vor allem in der Trennungsphase meist Zeit benötigt, ist verständlich. Dennoch ist es essenziell, dass auch dann, wenn Trennungen mit Kränkungen und Vertrauensverlust einhergehen, diese Gefühle hintangestellt werden, damit das Kind bzw. die Kinder das Gefühl und 18die Sicherheit bekommen, dass es in Ordnung ist, zu allen Betreuungspersonen weiterhin Kontakt zu haben. Zentral ist hier, dass vor dem Kind nicht schlecht über andere Bezugspersonen geredet wird oder diese abgewertet werden. 

Beispiel 1


Karl und Anna haben einen zehnjährigen Sohn. Fabian hält sich sehr gerne beim Vater auf. Dieser geht mit ihm Fußball spielen und außerdem versteht sich Fabian gut mit dem Sohn der neuen Ehefrau von Karl, der im selben Alter ist wie er. Die Beziehung zwischen Karl und Anna ist jedoch nach vielen Jahren der Konflikte und Enttäuschungen sehr angespannt, vor allem Anna fällt es schwer, die Vergangenheit zu vergessen und Karls Rolle als Vater wertzuschätzen. Sie redet kein Wort mit Karl und wertet ihn vor Fabian ab. Immer wieder sagt sie vereinbarte Kontakte ab. Ein Gericht könnte in diesem Fall durchaus zu dem Schluss kommen, dass es dem Kindeswohl von Fabian entspricht, wenn er künftig hauptsächlich im Haushalt von Karl betreut wird, weil dieser besser in der Lage ist zu gewährleisten, dass Fabian ein gutes Verhältnis zu beiden Elternteilen haben kann.

Beispiel 2


Luis ist sechs Jahre alt. Seine Eltern Mia und Joseph haben sich getrennt, als Luis vier alt Jahre alt war. Nachdem Joseph ein halbes Jahr beruflich im Ausland tätig war, werden ein paar Kontakte im Besuchscafé abgehalten. Mia erscheint dort selten, sie begründet dies damit, dass Luis dort nicht hinwolle, er wolle seinen Vater nicht sehen.

Natürlich hat Mia auf die Bedürfnisse von Luis Rücksicht zu nehmen, nichtsdestotrotz hat sie auch die Pflicht, positiv auf Luis einzuwirken, wieder Kontakt zu seinem Papa aufzubauen, was laut herrschender Judikatur jedenfalls in seinem Wohl gelegen ist. Im Übrigen ist es bei jüngeren Kindern sehr schwierig zu beurteilen, wie sehr ihre Wünsche und Ansichten von jenen des jeweiligen Elternteils gefärbt sind.

...

Erscheint lt. Verlag 12.11.2019
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Lebenshilfe / Lebensführung
ISBN-10 3-7094-1008-8 / 3709410088
ISBN-13 978-3-7094-1008-0 / 9783709410080
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