Erste Hilfe für Hypochonder (eBook)

Weshalb Ihre Symptome nicht immer das Schlimmste bedeuten müssen. - Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt und nicht das Internet!
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2020
Goldmann Verlag
978-3-641-24101-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Erste Hilfe für Hypochonder - Michel Cymes, Patrice Romedenne
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Ist das Pochen im Kopf das erste Zeichen eines Gehirntumors? Geht das noch als starkes Herzklopfen durch oder stehe ich vor einem Infarkt? Nur allzu oft konsultieren wir bei Krankheitssymptomen heutzutage Doktor Google, nur um dann die denkbar schlimmsten Krankheiten präsentiert zu bekommen. Der französische Mediziner und Bestsellerautor Michel Cymes liefert die Überlebenshilfe bei solchen Wehwehchen und Zipperlein - nicht nur für Hypochonder. Aus Erfahrung weiß er: In den meisten Fällen ist die Krankheit nicht annähernd so schlimm, wie befürchtet, interpretiert man ihre Anzeichen richtig. Auf leicht verständliche und humorvolle Weise erklärt er, was die häufigsten Symptome bedeuten und stellt klar: Ja, wir alle müssen sterben - aber in der Regel nicht sofort.

Michel Cymes, Jahrgang 1957, arbeitet als Arzt in einem Pariser Krankenhaus. Seine bisherigen Bücher wie »Großhirn an Kleinhirn« wurden allesamt Bestseller und in mehrere Sprachen übersetzt. Seit 2018 moderiert er eine Talkshow zu Gesundheitsthemen im französischen Fernsehen.

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Meine zehn großen existenziellen Ängste

Das Hypochondertum, so lehrt uns die Volkskultur, ist die betrüblichste aller Krankheiten, vielleicht, weil sie alle anderen Krankheiten einschließt, zumindest in der Vorstellung derjenigen, die die harmlosesten Symptome als Anzeichen einer lebensbedrohlichen Krankheit deuten. Und schon wird der Drang, ihre Ängste auszudrücken, unüberwindlich. Diese Angst nötigt uns, die Stimme der Vernunft zu suchen, ihr zu lauschen und ihre Worte schnell wieder zu vergessen. Denn ein Mensch, der sich elend fühlt, wenn es ihm eigentlich gut geht, der überzeugt ist, dass er sich bald noch viel schlimmer fühlen wird, wenn es ihm besser geht, verschließt ganz automatisch sein Ohr für alles, was ihm seine Ängste nehmen könnte! Und welche Rolle spielt der Arzt dabei? Die des Zuhörers. Er hört zu, weil er weiß, welches Leid diese Angst auslösen kann, auch wenn sie völlig unbegründet ist. Er hört zu, weil es zum einen sein Stolz, zum anderen sein Kreuz ist, dass er ständig von seinen Mitmenschen, von Freunden, Bekannten, Unbekannten angesprochen wird, um in der Intimität der ärztlichen Praxis, aber auch in aller Öffentlichkeit wegen dieser oder jener physiologischen Anomalie Ratschläge zu geben. Er hört zu, ohne zu werten. Er hört zu, ohne zu unterbrechen. Und das ist es, was er zu hören bekommt: eine Aufzählung der tausend existenziellen Ängste, von denen ich Ihnen nun jene zehn vorstellen möchte, die am weitesten verbreitet sind.

Angst Nr. 1: Herzinfarkt

Krankheiten des Herz-Kreislauf-Systems sind weltweit Todesursache Nr. 1. Kein Wunder also, dass ich zuallererst Angst vor einem Herzinfarkt habe, selbst wenn ich irgendwo gelesen habe, dass von den fünfzehn bis zwanzig Millionen Opfern, die jedes Jahr auf sein Konto gehen, mehr als drei Viertel in Ländern mit niedrigem oder mittlerem Einkommen sterben. Und dass Frankreich in dieser Statistik ohnehin besser abschneidet als zum Beispiel Großbritannien oder die Länder im Norden Europas. Ja, dass Frankreich einen erstaunlichen Rückgang der Letalitätsrate nach dreißig Tagen (Anzahl der an einer bestimmten Erkrankung nach dreißig Tagen Verstorbenen) vorweisen kann: 13,7 Prozent im Jahr 1995, 4 Prozent seit dem Jahr 2010. Auch in Deutschland ist die Sterblichkeit aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen in den vergangenen fünfzig Jahren um 60 Prozent gesunken.

Ich drehe trotzdem durch. Welche meiner lebenswichtigen Arterien wird sich verschließen? Eine Herzkranzarterie, was meinem Herzen den lebenswichtigen Sauerstoff nimmt? Eine Hirnarterie, deren Ausfall mein Gehirn dem einer Schnecke gleichmacht? So oder so, das Ende wird schrecklich sein! Ich stelle mir die Szene lebhaft vor: Ist es eine Herzkranzarterie, bekomme ich mörderische Schmerzen in der Brust, die bis in die Arme und in die Kiefer ausstrahlen. Ich habe darüber schon so viel gelesen, dass ich an dem Tag, an dem Fall X vielleicht eintritt, schlicht ausflippe. Ich werde wissen, was los ist. Verstehen, was mit mir passiert. Dann kommt zum Infarkt noch die Panik! Verschließt sich dagegen ein Blutgefäß im Gehirn, stürze ich zu Boden, um danach bestenfalls im Rollstuhl aufzuwachen, weil ich gelähmt bin und nur noch vor mich hin vegetieren kann. Ein Pflegefall. Ich träume nur noch davon, eines Abends endlich friedlich und für immer einzuschlafen. Ohne den Tod kommen zu sehen …

Angst Nr. 2: Krebs

Sollte ich wie durch ein Wunder dem Herz-Kreislauf-Versagen entkommen, dann wird mich bestimmt der Krebs holen. Ich habe einfach so ein Gefühl, als sei er in mir bereits am Werk, fresse sich heimlich durch meine Eingeweide, bis dann endlich seine Stunde kommt. Wie viele Leitartikel in Zeitschriften beschäftigen sich mit dieser Krankheit? Wie viele Fernsehberichte werden Woche für Woche über diese Geißel der Menschheit gesendet? Um vom Radio erst gar nicht zu sprechen, denn schon das Wort erinnert mich an die Radiologie und die Untersuchungen, denen man sich seinetwegen unterzieht. Das Thema ist ein Dauerbrenner. Es macht immer wieder Schlagzeilen, weil man so mehr Hefte verkauft. Ist das nicht der beste Beweis, dass der Krebs heute allgegenwärtig ist?

Ich kenne unzählige Verwandte und Bekannte, bei denen man dieses unsägliche Krabbeltier diagnostiziert hat. Unzählige Freunde, denen man die halbe Lunge entfernt hat oder die eine zermürbende Chemotherapie hinter sich haben. Brustkrebs? Davon hört man doch täglich. Ich weiß, dass er die häufigste Krebsart bei Frauen ist. Der Prostatakrebs? Dito, nur halt bei Männern. Immer wenn meine Gesundheit angeschlagen ist und ich mich nach der Ursache frage, fällt automatisch auch dieses Wort: Krebs! Wie ein Fallbeil, das herabsaust.

Wie viele Menschen aber befinden sich nun im Fadenkreuz der Krankheit? In Frankreich sind es pro Jahr rund 380 000. In Deutschland etwa 470 000, was pro Kopf in etwa dieselbe Rate ergibt. Mehr Männer als Frauen. Und das sind nur die Neuerkrankungen. Freilich, es heißt, dass die Sterblichkeit zurückgeht, dass man Krebs behandeln kann und es sogar Remissionen gibt, was bedeutet, dass der Tumor vorübergehend oder dauerhaft verschwindet. Na klar …

Ich sehe die Dinge anders. Ich sehe, dass in Frankreich Jahr für Jahr ungefähr 150 000 Menschen an Krebs sterben, in Deutschland sind es circa 220 000). Das sind zwei (oder drei) Riesen-Fußballstadien bis an den Rand voll mit Menschen! Da ist es doch nur verständlich, dass ich meinen Schönheitsfleck misstrauisch betrachte. Er könnte ja auch ein Melanom sein. Und sobald ich Kopfschmerzen habe, vermute ich einen Hirntumor. Wenn ich kaum noch pinkeln kann, nehme ich an, dass meine Prostata den Geist aufgibt. Ich fühle mich, als würde ich bei lebendigem Leib gehäutet!

Angst Nr. 3: Aids

Mittlerweile sind es vierzig Jahre, dass Aids mir das Leben vergiftet. Nein, ich bin nicht HIV-positiv. Das Virus, das aussieht wie ein Tennisball mit Härchen, quält mich trotzdem. Über Aids habe ich alles gelesen. Ich weiß also, dass homosexuelle Männer eher daran erkranken als heterosexuelle. Dass Drogensüchtige stärker gefährdet sind als andere Menschen. Und dass Leute, die eine Bluttransfusion brauchen, dieser geheimnisvollen Krankheit mitunter einen mörderischen Tribut zahlen müssen, auch wenn sie nie auch nur das geringste Risikoverhalten gezeigt haben. Trotzdem lebe ich in ständiger Angst vor Ansteckung.

Ich schlafe seit Jahren mit derselben Person. Aber gilt das auch für meine Partnerin? Und wenn wir über das Thema so gut informiert sind, wie kommt es dann, dass es Jahr für Jahr Tausende Neuinfektionen gibt? Man behauptet, dass das Virus nur durch Blut übertragen wird, also nur beim Geschlechtsakt oder wenn zwei Leute dieselbe Spritzennadel verwenden, um sich einen Schuss zu setzen. Aber dann heißt es wieder, dass das Virus im Speichel überlebt. Und der Speichel, der kommt schon eher herum. Ein Küsschen hier, ein wenig Speichel am Tassenrand da oder ein Niesen – was weiß ich denn? Und wenn ich hundertmal vernommen habe, dass ich es nicht bekommen kann, wenn ich auf einem Toilettensitz Platz nehme, verkneife ich mir das Pinkeln eher, als an der Autobahntankstelle aufs Klo zu gehen. Die Bedrohung durch diese Krankheit hat mich zum Ayatollah der Prophylaxe werden lassen.

Und natürlich ängstige ich mich auch um meine Kinder, seit ich gelesen habe, dass drei von zehn Jugendlichen eine völlig falsche Vorstellung von Aids und seinen Übertragungswegen haben. Ein Beispiel: 17 Prozent aller Jugendlichen glauben, dass es reicht, nach dem Geschlechtsverkehr eine »Pille danach« einzunehmen, um sich gegen eine HIV-Übertragung zu schützen! Schön wär’s ja. Und noch ein Beispiel: Mehr als ein Erwachsener von fünf ist überzeugt, dass man Aids behandeln kann! An diesem Punkt werden meine Träume zu Albträumen.

Angst Nr. 4: Alzheimer

Ich hatte ja immer schon Gedächtnislücken, habe vergessen, Rechnungen zu bezahlen, wusste nicht mehr, wo ich meine Geburtsurkunde aufbewahre, habe ein Rendezvous versäumt – aber jetzt, das schlägt dem Fass echt den Boden aus! Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht kopflos wie ein Huhn durch die Wohnung renne, weil ich die Autoschlüssel nicht finde, oder dass ich Gott und die Welt verdächtige, mir mein Handy geklaut zu haben, obwohl es in der Innentasche meines Mantels steckt. Ich kann die vage vertrauten Gesichter kaum noch zählen, die mir in den Bürokorridoren begegnen und denen ich ein leises »Hallo« zuflüstere, bevor ich mich schleunigst verdrücke, weil ich nicht mehr weiß, wer das eigentlich ist. Oder die Worte, die mir auf der Zunge liegen, ohne dass ich sie von dort herausbrächte. Oder die Titel der Filme, die ich gesehen, der Bücher, die ich gelesen habe. Denn ich lese ganz schön viel. Und nicht nur das: Ich gehe aus, ich plaudere mit Freunden, ich spiele Sudoku, mache Kreuzworträtsel. Mit einem Wort: Ich halte meine Neuronen fit.

Dennoch weiß ich, dass Alzheimer auf mich lauert. Die Krankheit lauert ja schließlich auf alle Welt. Warum sollte sie mich verschonen? Die einzige Frage, die sich da noch stellt, ist doch: Bin ich fit genug, dass ich nur normalen Alzheimer bekomme? Oder erwartet mich vielleicht die Frühform? Denn diese Frühform gibt es …

Ich mag Ihnen ja gar nicht erzählen, wie es mir ging, als ich das herausgefunden hatte. Ungefähr 3 Prozent aller Alzheimer-Erkrankten sind davon betroffen. Und schließlich bin ich bei solchen Sachen immer der Gelackmeierte. In meinen Augen gibt es keinen Zweifel, die kleinen Gedächtnislücken, die ich anfangs erwähnt...

Erscheint lt. Verlag 21.9.2020
Übersetzer Elisabeth Liebl
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Chers Hypocondriaques
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Krankheiten / Heilverfahren
Schlagworte Angststörung • Angst vor Krankheit • Chronische Krankheiten • Diagnose • Dr. Google • eBooks • Gesundheit • gesundheitliche Beschwerden und Symptome • Infektion • Krankheitssymptome von A–Z • Medizin • Ratgeber • Tod • Unerklärliche Beschwerden
ISBN-10 3-641-24101-4 / 3641241014
ISBN-13 978-3-641-24101-8 / 9783641241018
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