Das Kuckucksfohlen -  Michl Graf

Das Kuckucksfohlen (eBook)

Eine wahre Geschichte

(Autor)

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2019 | 1. Auflage
260 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7481-8019-7 (ISBN)
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Wie ein Blitz aus heiterem Himmel tritt Molly, das Kuckucksfohlen, in das Leben von Martina und Michl Graf. Eines Morgens liegt sie im Stroh. Einfach so. Niemand hatte bemerkt, dass ihre Mutter trächtig war. Mit Mollys Geburt beginnen für Martina und Michl spannende und ereignisreiche Jahre, die sie um nichts in der Welt mehr missen möchten. Ein hinreißendes und lehrreiches Buch über ein wundervolles Pferd ... auch für Pferdelaien geeignet. Michl erzählt Mollys packende Geschichte vom Tag ihrer Geburt bis zum Alter von sechs Jahren. Das Buch enthält zudem viel Wissenswertes über das Leben von Wildpferden und die Pferdesprache, die Aufzucht und die Erziehung von Fohlen, sowie das Anreiten von Jungpferden.

Michl Graf wurde 1959 in München geboren. Pferde sind Michls große Leidenschaft. Die auf einer wahren Begebenheit beruhende Erzählung "Das Kuckucksfohlen" ist sein Erstlingswerk.

Die Überraschung


An einem Sonntag Ende September klingelte in aller Herrgottsfrüh das Telefon. Obwohl es erst halb sieben war, war Martina schon im Bad, während ich mich noch einmal genüsslich im Bett umdrehte. Das Gespräch bekam ich daher noch im Halbschlaf vor mich hin dösend mit.

„Frau Martina, Macy Gray hat kleine Pferd!“ Mirek, einer der polnischen Pferdepfleger aus unserem Stall, konnte seine Aufregung kaum unterdrücken.

Martina hatte Schwierigkeiten, den Sinn hinter Mireks Worten zu verstehen. „Wie, Mirek? Ich versteh’ nicht recht. Ich weiß, Macy ist ein kleines Pferd.“

„Nein, nein!“, verzweifelt versuchte Mirek zu erklären. „Zwei Pferde in der Box!“

„Wie? Zwei Pferde in der Box?“

Ich konnte mir auf den Teil des Gesprächs, den ich bis dahin mitbekommen hatte, keinen rechten Reim machen und rief Martina schlaftrunken zu: „Welcher Idiot hat seinen Esel zu Macy in die Box gestellt?“

Martina hingegen dämmerte es allmählich. „Michl, ich glaube, das geht in eine ganz andere Richtung“, raunte sie mir zu. Und an Mirek gewandt fragte sie: „Baby?“

„Ja.“

„Nein!“

„Doch!“ Mirek war erleichtert, endlich verstanden worden zu sein.

Auch bei mir war nun der Groschen gefallen. Ich sprang aus dem Bett. Die Müdigkeit war wie weggeblasen. Der plötzliche Ausstoß einer nicht zu geringen Menge an Adrenalin hatte ihr nicht den Hauch einer Chance gelassen. Martina und ich sahen uns fassungslos an. Macy Gray, Martinas Stute, die erst vor wenigen Wochen zu uns gekommen war, hatte ein Fohlen zur Welt gebracht.

Meine Gefühle fuhren Achterbahn mit mir.

Mein Kopf begann, im Bruchteil einer Sekunde alle möglichen und unmöglichen Fragen aufzulisten. Wie um alles in der Welt konnte das sein? Wieso hatten wir die Trächtigkeit nicht bemerkt? Wie ging es Macy? Wie ging es dem Fohlen? Während des Telefonats war Martina angesichts der überraschenden Nachricht so geschockt gewesen, dass sie total vergessen hatte, nach den beiden zu fragen. Auch wussten wir nicht, ob Macy ein Stutfohlen oder ein Hengstfohlen geboren hatte.

Und schon ratterten die Gedanken weiter. Was kam da jetzt alles auf uns zu? Bislang waren wir ganz normale Pferdebesitzer gewesen, die keinerlei Ambitionen gehabt hatten, ins Zuchtgeschäft einzusteigen. Und nun steckten wir plötzlich mitten drin. Wir hatten doch nicht die geringste Ahnung von der Fohlenaufzucht. Wie sollten wir das alles schaffen? Fragen über Fragen türmten sich vor mir auf. Und auf keine einzige wusste ich auch nur im Ansatz eine Antwort.

In meinem Kopf schwirrten die Gedanken, mein Herz aber jubelte. Ein Fohlen, ein eigenes Fohlen! Das war der heimliche Traum jedes Pferdebesitzers. Bei den meisten, so auch bei uns, siegte aber die Vernunft, und man versagte sich die Erfüllung dieses Traumes. Uns hatte das Schicksal nun aber ohne Vorwarnung vor vollendete Tatsachen gestellt. Wahnsinn! Manchmal muss man zu seinem Glück einfach gezwungen werden.

Aber Sorgen und Freude hatten jetzt erst einmal hintanzustehen. Zunächst mussten wir schnellstmöglich zu Macy und ihrem Fohlen.

Martina und ich umarmten uns mit einem ungläubigen Kopfschütteln und einem breiten Grinsen auf dem Gesicht, als hätten wir gerade erfahren, dass wir im Lotto gewonnen hatten. Dann machten wir uns fertig. Fürs Zähneputzen und eine Katzenwäsche sollte es noch reichen. Das Frühstück musste warten. Im Eiltempo fuhren wir in den Stall.

Als wir kurz darauf dort ankamen, hatte Anni, die damalige Bereiterin auf dem Waldnerhof, bereits alles Erforderliche in die Wege geleitet. Mutter und Kind waren in eine freie Nachbarbox gebracht worden, damit Macys Box von den Spuren der Geburt gereinigt und frisch eingestreut werden konnte. Der Tierarzt war bereits verständigt, die Nachgeburt für die Beschau gesichert. Was hätten wir nur gemacht, wenn Anni nicht für uns da gewesen wäre? An den Tierarzt hätten wir wohl noch gedacht. Aber alles andere ...?

Zumindest für den Moment gab es für uns nichts zu tun, als noch immer um Fassung ringend Macys Nachwuchs in Augenschein zu nehmen. Wir standen vor der Box und kamen aus dem Staunen nicht heraus.

Macy hatte ein wunderschönes Stutfohlen zur Welt gebracht. Die Kleine hatte rehbraunes Fell mit einem leicht angedeuteten Aalstrich, der am Hals in eine strubbelige kurze Stehmähne überging. Auch die Haare, die ihre Schweifrübe zierten, waren nicht viel länger. Bis zu einem richtigen Schweif war es noch ein weiter Weg. Umso länger waren dafür die Beine der Kleinen. Und das war auch gut so, denn so hatte sie keine Probleme, an Macys Euter heranzukommen. Allerdings war sie dadurch auch noch etwas unsicher unterwegs. Wie auf Stelzen stakste sie durch ihre neue Welt.

Selbstbewusst blickte uns die Kleine aus ihren großen dunkelbraunen Augen an, denen die kokettesten Wimpern, die ich je bei einem Pferd gesehen habe, eine ganz besondere Ausstrahlung verliehen. Die Kleine ähnelte ihrer Mutter sehr. Wie diese hatte sie drei weiße Fesseln. Ihren Kopf zierte eine Blesse, die allerdings deutlich breiter war als jene ihrer Mutter. Aber wie bei Macy erstreckte sie sich von der Stirn bis zur Oberlippe. Dort teilte sie sich an einem schwarzen Punkt, der für immer ihr Markenzeichen bleiben sollte.

Wir waren hin und weg, völlig verzaubert von dem kleinen Wesen. So muss es sich anfühlen, wenn man Großeltern wird.

Sollte uns auch nur für den Bruchteil einer Sekunde der abwegige Gedanke gekommen sein, die Kleine wegzugeben, so war uns dies nun gänzlich unmöglich geworden. Im Grunde war ja schon bei unserer Umarmung kurz nach Mireks Anruf alles klar gewesen. Auf der Fahrt zum Waldnerhof hatten wir – mehr pro forma – die beiden Möglichkeiten nochmal rasch abgewogen. Das Fohlen behalten und selbst aufziehen oder Mutter und Kind an den Händler zurückgeben? Einige wenige Worte hatten genügt. Ohne es konkret aussprechen zu müssen, war uns beiden klar gewesen, dass wir an diesem Morgen Familienzuwachs bekommen hatten.

Es wäre mit unserer Auffassung von der Verantwortung, die man für ein Tier beim Kauf übernimmt, nicht vereinbar gewesen, Macy nur deshalb zu verstoßen, weil sie uns ein lediges Kind auf die Schwelle gelegt hatte. „Einmal Graf – immer Graf!“ war schon immer unsere Devise gewesen. Und die Kleine konnte am allerwenigsten dafür, dass es sie gab. Warum hätte also gerade sie die Suppe auslöffeln sollen? Auf einen solch abwegigen Gedanken hätte nur jemand kommen können, der Pferde ausschließlich als Sportgerät nicht aber als Kamerad oder gar als Familienmitglied betrachtete.

„So gegen halb eins hat’s im Stall mal etwas Unruhe gegeben. Hat sich aber alles schnell wieder beruhigt. Auch Lydia hat gleich weitergeschlafen. Darum hab’ ich mir nichts weiter dabei gedacht und bin nicht ’runter zum Nachsehen.“

Anni wohnte in dem Wirtschaftsgebäude, das an den Stall angrenzte. Sie hatte uns schon öfter berichtet, dass ihre Hündin Lydia nachts sehr aufmerksam war, wenn es im Stall ungewöhnliche Geräusche gab. Vergangene Nacht waren die Geräusche wohl nicht ungewöhnlich genug gewesen.

Der Grund für die kurze Unruhe stand nun vor uns und sah uns aus seinen Rehaugen neugierig an.

Vom ersten Augenblick an versuchte die Kleine, Kontakt mit uns aufzunehmen. Nur zu gerne hätten wir die Kontaktaufnahme erwidert. Zunächst hielten wir uns jedoch zurück, weil wir nicht wussten, ob Macy dies gut heißen würde. Vielleicht wollte sie ihre Tochter ja lieber abschirmen. Rasch merkten wir aber, dass Macy keine Einwände hatte. Sie ließ ihr Baby auf Erkundung gehen, während sie sich selbst in aller Seelenruhe dem Fressen widmete. Ab und zu wandte sie ihren Kopf zu der Kleinen, um sie zu beschnuppern, oder zu uns, um sich ein paar Streicheleinheiten abzuholen. Sie zeigte auch nicht das geringste Anzeichen von Unbehagen. Im Gegenteil. Sie schien mit sich und der Welt sehr zufrieden zu sein.

Eine alte Pferdeweisheit besagt: „Das Fohlen bestimmt den Tag, die Stute die Stunde der Geburt.“ Und in der Tat können Stuten nicht nur in der freien Natur, sondern auch in der Obhut des Menschen den Zeitpunkt der Geburt beeinflussen.

In freier Wildbahn ist das wichtig, um die Überlebenschancen des Fohlens zu erhöhen. So kann die Stute beispielsweise verhindern, dass die Geburt in die Hauptjagdzeit von Fressfeinden fällt. Außerdem kann sie eine Ruhephase der Herde abwarten. Es wäre fatal, wenn das Fohlen gerade während eines Standortwechsels der Herde zur Welt käme. Zwar können Fohlen fast von Anfang an auf eigenen Beinen stehen und mit der Herde mitziehen. Während des Geburtsvorgangs aber sind die Stute und das Fohlen auf den Schutz der Herde angewiesen.

Auch Macy hatte gewartet, bis sich keine Menschen mehr im Stall befunden und sich auch ihre Artgenossen zur Nachtruhe begeben hatten. Erst dann hatte sie entschieden, dass die Zeit reif sei.

Unmittelbar nach der Geburt lecken Stuten ihre Fohlen trocken. Hierdurch wird der Kreislauf der Kleinen angeregt, damit sie...

Erscheint lt. Verlag 16.10.2019
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Sport
ISBN-10 3-7481-8019-5 / 3748180195
ISBN-13 978-3-7481-8019-7 / 9783748180197
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