Gefährliche Wahrheiten (eBook)

Ein Psychothriller der Extraklasse
eBook Download: EPUB
2017 | 1. Auflage
336 Seiten
Carlsen Verlag Gmbh
978-3-646-92933-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Gefährliche Wahrheiten -  Megan Miranda
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Überall lauert Gefahr! Das weiß die 17-jährige Kelsey nur zu gut. Denn ihre Mutter hat das Haus seit Kelseys Geburt nicht verlassen - seit sie mehreren Kidnappern entkommen konnte. Zu ihrem Schutz verhält Kelsey sich möglichst unauffällig. Doch ein Autounfall, bei dem sie von einem Mitschüler gerettet wird, löst ein wahres Medienfeuer aus. Als Kelsey wenig später abends nach Hause kommt, ist ihre Mutter verschwunden. Und auf dem Gelände verstecken sich Fremde. Aber das Böse wartet nicht im Dunkeln, sondern in der Vergangenheit. --- Aufregend, atemlos und voller Überraschungen - der perfekte Thriller von New-York-Times- und Spiegel-Bestseller-Autorin Megan Miranda ---

Megan Miranda hat mehrere Jugendbücher geschrieben und zwei Thriller für Erwachsene. Sie wuchs in New Jersey auf, besuchte das Massachusetts Institute of Technology und lebt heute mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern in North Carolina. Mehr über die Autorin auf meganmiranda.com.

Megan Miranda hat mehrere Jugendbücher geschrieben und zwei Thriller für Erwachsene. Sie wuchs in New Jersey auf, besuchte das Massachusetts Institute of Technology und lebt heute mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern in North Carolina. Mehr über die Autorin auf meganmiranda.com.

1. KAPITEL


Früher war mir das schwarze eiserne Gittertor das Liebste am Haus.

Als ich noch jünger war, erinnerte es mich an geheime Gärten und versteckte Schätze, an all die großen Rätsel, die ich aus Kinderbüchern kannte.

Der ganze Zaun war wie aus dem Märchen. An manchen Stellen kletterten Pflanzen empor, Efeu und Unkraut umrankten die Stäbe, und wenn er bei Gewitter rings um das Haus aufleuchtete, bildete er einen scharfen Kontrast zur Dunkelheit.

Und wir waren drinnen.

Es war besser, den Zaun von dort aus zu betrachten, auf dem Weg nach draußen. Als ich älter wurde, begann ich ihn mit anderen Augen zu sehen. Von der anderen Seite, durch einen anderen Filter. Wenn ich im Hinausgehen einen Blick über die Schulter warf, sah ich nur die Kameras über den Eingängen. Die sterilen, kompakten Mauern des dahinterliegenden Hauses. Den Schatten hinter dem getönten Fenster.

Lange war mir nicht klar, dass genau darin das Geheimnis lag.

Trotzdem hatte der Eisenzaun etwas Vertrautes, und wenn ich morgens an ihm vorbeiging, musste ich ihn unwillkürlich berühren, ein banaler Abschied, wenn ich in den Tag aufbrach. Im Sommer waren die Stäbe heiß von der Sonne. Und im Winter, wenn ich meinen Wollmantel trug, spürte ich manchmal einen Funken unter der Kälte, als könnte ich den Strom fühlen, der oben hindurchfloss.

Aber meistens gab er mir ein Gefühl von zu Hause.

Als ich heute die Hand zurückzog, war sie feucht vom Morgentau. Alles glitzerte in der Sonne, die hinter den Bergen aufging.

Da ich mich jetzt jenseits des Zauns befand und weil ich am Fenster den Schatten meiner Mutter sah, galt es einen strikten Ablauf einzuhalten:

Vor dem Aufschließen der Autotür einen Blick auf die Rückbank werfen.

Den Motor starten und bis zwanzig zählen, damit er gleichmäßig lief.

Meiner Mutter winken, die mich aus dem Fenster beobachtete.

Mit beiden Händen am Steuer von der Kiesauffahrt rollen und dann über die gewundenen Bergstraßen in die Schule fahren.

Der Rest des Tages bestand aus abzuhakenden Stunden, einem altbekannten festen Ablauf. Man konnte diesen Mittwoch gegen jeden anderen tauschen, niemand hätte es bemerkt. Meiner Mutter zufolge bedeuteten feste Abläufe Sicherheit, aber ich sah das etwas anders. Feste Abläufe ließen sich lernen, sie waren vorhersehbar. Aber so etwas durfte man nicht aussprechen. Man durfte es noch nicht mal denken.

Der Rest meiner Mittwochsroutine ging so:

Früh genug in der Schule ankommen, um einen Parkplatz neben einer Straßenlaterne zu ergattern, da ich erst spät wieder losfahren würde. Den vollen Flur meiden und hoffen, dass Mr Graham das Klassenzimmer schon früh aufsperrte. Vor dem Matheunterricht auf meinem Platz in der letzten Reihe sitzen und weitgehend unbemerkt durch den Tag gleiten.

Weitgehend.

Ich hatte meine Bücher schon ausgepackt und war gerade mit den morgendlichen Aufgaben durch, als Ryan Baker ins Klassenzimmer rauschte.

»Hey, Kelsey«, sagte er und rutschte genau mit dem Läuten auf seinen Stuhl.

»Hi, Ryan«, erwiderte ich. Auch das gehörte zur Routine. Ryan sah aus, wie er immer aussah, nämlich: braune Haare, die jeden Tag anders fielen; Beine, die für sein Pult zu lang waren, sodass er sie nach vorne oder in den Gang zwischen uns streckte (heute: Gang); Jeans, braune Schnürstiefel, T-Shirt. Herbst in Vermont hieß für mich Sweatshirt-Wetter, aber für Ryan war es offensichtlich noch zu früh dafür.

Heute trug er ein dunkelblaues T-Shirt, auf dem FREIWILLIGER stand, und er merkte, wie ich die Aufschrift anstarrte. Ich wusste nicht, ob es ironisch gemeint war.

Er trommelte mit den Fingern auf der Tischplatte. Wippte mit dem Fuß im Gang.

Ich hätte ihn beinahe danach gefragt, aber dann rief Mr Graham mich zum Vorrechnen an die Tafel, und Ryan fing an mit blauer Tinte auf sein Handgelenk zu malen, und als ich auf meinen Platz zurückkehrte, war es zum Fragen zu spät.

Die ersten beiden Stunden verliefen meistens ruhig und weitgehend leise. Alle gähnten und streckten sich, manchmal legte jemand den Kopf auf den Tisch und hoffte, dass Mr Graham es nicht merkte. Im Laufe der neunzig Minuten erwachten alle langsam zum Leben.

Aber Ryan war das genaue Gegenteil – er sprühte schon um acht Uhr früh vor Energie. Er stürmte ins Klassenzimmer, wippte in einem fort mit dem Bein und kritzelte ständig irgendwelche Muster. Seine Energie war ansteckend, denn wenn es endlich klingelte, sprang ich jedes Mal wie von der Tarantel gestochen auf. Ich winkte zum Abschied, ging durch den Flur zum Englischunterricht und tat so, als hätten er und ich nicht einst das peinlichste Gespräch meines Lebens geführt.

Der Rest der täglichen Routine: Englisch, Mittagessen, Naturwissenschaften, Geschichte. Gesichter, an deren Anblick ich mich im Lauf der letzten zwei Jahre gewöhnt hatte. Namen, die ich gut, Leute, die ich flüchtig kannte. Der Tag verging angenehm gleichförmig. Einmal zu lange blinzeln, und schon hätte man ihn verpasst.

Mittwoch hieß auch, dass ich nach der Schule Nachhilfe gab, um auf die für den Abschluss nötige Stundenzahl Freiwilligenarbeit zu kommen. Da ich den meisten aus meiner Stufe weit voraus war und hauptsächlich Leistungskurse besuchte, war das der einfachste Weg.

Heute hatte ich meine erste Stunde mit Leo Johnson – einem Zwölftklässler, der in Naturwissenschaften einen Grundkurs belegte. Ich kannte ihn mehr oder weniger aus der Lodge. Mehr oder weniger, weil Leo (a) zu den Leuten gehörte, die jeder mehr oder weniger kannte, und (b) mit Ryan befreundet war, mit dem ich im Sommer zweimal die Woche in der Lodge Dienst geschoben hatte. Das hieß, dass Leo mir, wenn er dort vorbeikam, manchmal zugenickt und mich noch seltener mit Namen begrüßt hatte.

Er warf sein Notizbuch auf den Tisch und setzte sich mir gegenüber. »Hi, ich bin Leo und falle durch.« Er lächelte.

»Hi, ja, wir kennen uns schon.«

Er lehnte sich zurück und kniff die Augen zusammen. »Ja, aber wusstest du auch, dass ich durchfalle?«

»Da du an einem Mittwoch nach der Schule hier aufkreuzen musst, hab ich mir das fast gedacht. Und noch aufschlussreicher ist, dass du keine Bücher dabeihast.«

Er legte den Kopf schief und kaute auf der Unterlippe, als würde er etwas überlegen.

Ich schaute auf die Uhr. Es waren erst zwei Minuten vergangen. Er hatte nicht mal einen Stift. »Hör zu, ich bekomme meine Punkte, egal ob ich dir Nachhilfe gebe oder wir nur dasitzen und uns anstarren. Sag mir einfach, was dir lieber ist.«

Er unterdrückte ein Lachen. »Okay, Kelsey Thomas. Ich hab’s kapiert.« Er deutete auf meinen Bücherstapel. »Legen wir los. Man hat mir gesagt, dass ich den Kurs für meinen Abschluss brauche.«

Wie sich herausstellte, war Leo nicht der schlechteste Schüler aller Zeiten, aber vielleicht der am schnellsten ablenkbare. Er redete mit jedem, der am Eingang der Bibliothek vorbeilief, und schaute ungefähr alle fünf Minuten auf die Uhr.

Als er nach einer Stunde Schritte auf dem Gang hörte, hob er sofort den Kopf und schrie: »Hey, Baker!«, ungeachtet der Tatsache, dass wir in der Bibliothek saßen und seine Stimme widerhallte. Leo war so jemand, dem es nichts machte, aufzufallen – positiv oder negativ.

Ryan wurde langsamer, blieb aber nicht stehen. »Ich hab’s eilig. Wir sehen uns später.« Dann trafen sich unsere Blicke und er hob kurz die Hand. »Mach’s gut, Kelsey.«

Ich winkte schüchtern zurück.

Leo kicherte leise. Als ich ihn ansah, grinste er immer noch.

»Was ist?«

»Nichts.«

Ich spürte, wie ich rot anlief, also packte ich den Bleistift fester, klopfte damit aufs Papier und wartete, dass Leo sich wieder auf die Aufgabe konzentrierte.

Dank meiner Mutter war ich dem Unterrichtsstoff weit voraus, in allem anderen dagegen hinkte ich gnadenlos hinterher. Wahrscheinlich ging es Leo bei diesen Aufgaben so ähnlich: Sie kamen ihm vor, als wären sie in einem unbekannten Code geschrieben.

Ich dagegen hatte Mühe, den Code der Highschool zu knacken.

Leo und ich ließen unsere Scheine von der Bibliothekarin unterschreiben, die es genauso eilig hatte wegzukommen wie wir und hinter uns abschloss.

»Es war mir ein Vergnügen, Kelsey«, sagte er und machte sich aus dem Staub, einer Windbö gleich, während ich in meiner Tasche nach dem Handy kramte.

Die abendliche Routine: Mom anrufen, mir was zu trinken holen und schnurstracks heimfahren.

»Bin auf dem Weg«, sagte ich, als sie abhob.

»Bis gleich.« Ihre Stimme war wie Musik. Ein Zielsuchgerät. Das Klappern der Teller im Hintergrund verriet mir, dass sie schon mit dem Abendessen angefangen hatte. Sie hatte auch ihre Routine.

Als ich auflegte, war Leo verschwunden. Die Bibliothekarin ebenfalls. Die Gänge lagen leer und stumm da, nur die Getränkeautomaten in der Ecke brummten. Ich zog einen glatten Dollarschein aus der Geldbörse und steckte ihn in einen Automaten. Das Getriebe setzte sich ratternd in Bewegung und in der Leere stellte ich mir vor, was ich nicht sehen konnte.

Ich merkte, dass ich im Kopf die Ausgänge durchging, eine alte Angewohnheit: die Doppeltür im Foyer, die Notausgänge am Ende jedes Flurs, Fenster in den Klassenzimmern, die nicht abgeschlossen waren …

Ich schüttelte den Gedanken ab, schnappte mir mein Getränk und trabte mit hallenden Schritten durchs Foyer zur Eingangstür; die Schlüssel in meiner Tasche klimperten. Erst als ich auf dem nahezu leeren Parkplatz den...

Erscheint lt. Verlag 21.12.2017
Übersetzer Birgit Maria Pfaffinger
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Psychologie
Kinder- / Jugendbuch Jugendbücher ab 12 Jahre
Schlagworte Alarmanlage • Angst • Autounfall • Bankraub • dem glaubt man nicht • Entführung • Falsche Fährte • falsche Identität • Familie • Familiengeheimnis • Festung • Furcht • Geheimgänge • Krimi • Krimi ab 14 • Krimi für Jugendliche • Liebe • LITTLE LIES – Wer einmal lügt • LITTLE LIES – Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht • Lügen • Neurosen • Panic Room • Panikattacke • Psychothriller • Sicherheit • Spiegel-Bestseller-Autorin • TICK TACK - Wie lange kannst du lügen? • Vergangenheit • Vergangenheitsbewältigung
ISBN-10 3-646-92933-2 / 3646929332
ISBN-13 978-3-646-92933-1 / 9783646929331
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