Kopfkino (eBook)

Kapitel 1: Vom Urknall zum Leben

Wer bin ich?

Jetzt nochmal höflich und ganz offiziell. Hallo, meine lieben Menschen, ich bin’s, das Universum. Wow, es tut so verdammt gut, hier zu sein, um euch endlich zu erzählen, wie eure Wirklichkeit so wirklich wirklich wird. Doch bevor ich mich der Entstehung der Wirklichkeit widme, beginnen wir doch zunächst beim Anfang meiner Geschichte. Wir legen sozusagen den Grundstein für das weitere Verständnis – ich hörte, das sagt man so unter euch Menschen. Also habe ich dieses Buch durch die beiden Autoren verfassen lassen, um euch in einer interessanten und witzigen Geschichte zu erklären, wer ich bin, wie ich funktioniere und welche Rolle ihr, ja ihr, die Menschen und eure Wirklichkeit, in mir spielt. Nun gut, macht es euch ruhig noch etwas gemütlich und los geht’s.

Im Grunde bin ich ziemlich einfach gestrickt. Ich bestehe genau genommen nur aus Energie – ja, ihr hört schon richtig, nur aus Energie. Ihr denkt jetzt vielleicht: Oh wie langweilig, nur poplige Energie. Aber genau genommen ist das alles andere als langweilig! Warum? Noch etwas Geduld, das werdet ihr schon bald feststellen. Meine Energie durchdringt meinen gesamten Raum. Und mit Energie hat auch alles begonnen, damals vor so rund 13,8 Milliarden Jahren: Da war ich plötzlich da. Bitte seht es mir nach, wenn ich es in meinem fortgeschrittenen Alter nicht auf den Tag genau hinbekomme. Ich erinnere mich nicht mehr, was vorher war. Alles begann damit, dass ich in einer so mächtigen Energieexplosion geboren wurde, dass diese Explosion selbst meine Vorstellungskraft völlig übersteigt.

Ich verfüge seit meiner Geburt über eine konstante Menge an Energie. Denkt euch meinetwegen eine beliebige Zahl aus für meine Energie, denn es spielt im Grunde überhaupt keine Rolle, wie viel Energie das ist. Offen gesagt, ich weiß es auch selbst nicht so genau. Viel wichtiger: Meine Energie kann nicht vernichtet werden. Und genauso kann keine zusätzliche Energie von mir erzeugt werden. Ich muss mit dem auskommen, was da ist – was allerdings auch mehr als genug ist. Als ich geboren wurde, war meine gesamte Energie noch in einem Punkt konzentriert. Den Moment meiner Geburt bezeichnet ihr, die zu den wenigen Lebewesen in meinem Raum gehört, die mich erforschen können, als „Urknall“ (im Bild links). – Urknall? Ehrlich jetzt? Na ja, okay, meinetwegen, das hat sich bekanntermaßen so unter euch Menschen rumgesprochen. Seit meiner Geburt recke und strecke ich mich, dehne mich in alle Richtungen aus. Jenseits meiner Grenzen befindet sich nichts. Zumindest nichts, was ihr erfahren könnt oder von Interesse für uns ist.

Die Grundbausteine aller, und wenn ich euch „aller“ sage, dann meine ich auch wirklich, wirklich aller Materie, nennt ihr Elementarteilchen. Und jetzt wird’s richtig spannend, also haltet euch fest. Denn damit sind Elementarteilchen auch die Grundbausteine von wirklich allem Leben, also absolut allen einzelnen Organismen, die sich in meinem Raum befinden. Wenn ihr mögt, dann nehmt euch gerne einen Augenblick Zeit, das einmal sacken zu lassen und über die immense Bedeutung dessen nachzudenken: Der Grundbaustein für die Materie wirklich ALLEN Lebens sind die euch bekannten Elementarteilchen.

Verarbeitet? Ja? Dann weiter.

Elementarteilchen haben sich seit meiner Geburt aus meinem Bewusstsein manifestiert. Oder anders gesagt: Sie sind für mich und viel später für euch sichtbar geworden. In den ersten Sekunden meines Lebens sind sie mit anderen Elementarteilchen kollidiert und haben sich ausgelöscht oder in komplexere Teilchen umgewandelt. Damit sich jedoch Materie und daraus wiederum Leben wie das eure bilden konnte, musste ich mich zunächst viel weiter ausdehnen, sodass sich meine Energie über einen größeren Raum verteilen konnte. – Stellt euch vor, ihr wolltet ein Leben gebären, während ihr komprimiert in einem Überraschungs-Ei sitzt. Eher schwierig, wie ihr euch denken könnt. Damit ihr euch das besser vorstellen könnt, habe ich euch ein schönes Bildchen dazu gemalt.

Nach den ersten Minuten meines Daseins hatte mein Bewusstsein durch Teilchenkollisionen in meinem Raum und durch dessen Ausdehnung bereits alle Grundbausteine erschaffen, aus denen alles – ihr wisst ja bereits, wie ich das mit dem „alles“ genau meine – aufgebaut ist, was ihr heute als Materie und Leben bezeichnet.

Die wesentlichen dieser Grundbausteine, aus denen ich alles – ihr wisst Bescheid – erschaffe, nennt ihr Elektronen, Photonen (Lichtteilchen), Neutronen und Protonen.

Okay, noch mal für euch zum Setzen lassen: Meine Geburt nennt ihr „Urknall“ und meine wesentlichen Grundbausteine, aus denen alle Materie und gleichbedeutend auch alles Leben entsteht, nennt ihr Elektronen, Photonen, Neutronen und Protonen.

Ist das spannend? Ja? Gut, dann weiter im Text.

Die oberen beiden der vier Grundbausteine aus der alle Materie und das Leben hervorgehen, sind selbst Elementarteilchen. Das Proton und das Neutron setzen sich jeweils aus mehreren Elementarteilchen zusammen, die man Quarks nennt (das ist nicht die Mehrzahl von Quark, den ihr aus Milch herstellt, und hat hiermit nichts zu tun). Genau genommen sind Proton und Neutron auch kein eigenes Teilchen im Sinne des Wortes. Sie bestehen aus jeweils drei Quarks, die sich in einer gemeinsamen Schwingung befinden. Diese neue gemeinsame Schwingung hat andere Eigenschaften als die der ursprünglichen Quarks. Diese neuen Eigenschaften sind auch nicht aus dem Verhalten der einzelnen Quarks vorhersagbar. Die gemeinsame Schwingung verhält sich wie ein eigenständiges Teilchen. Daher bezeichnet ihr es als ein neues Teilchen mit eigenem Namen.

Anmerkung: Es gibt verschiedene Arten von Quarks. Sie werden mit Farben und den Begriffen UP und DOWN auseinandergehalten.

Die im Bild gezeigten sind nur einige der euch heute bekannten Elementarteilchen, die in meinem gesamten Raum an jedem Ort zu jeder Zeit aus meiner Energie hervortreten und in ihr wieder verschwinden können. – Ja, mir ist bekannt, dass das für die meisten von euch Menschen mit dem Hervortreten und wieder Verschwinden meiner Elementarteilchen etwas seltsam ist. Noch etwas Geduld, wir kommen gleich dazu.

Elementarteilchen sind die kleinste Erscheinungsform meiner Energie, die ihr wahrnehmen könnt. So könnt ihr zum Beispiel meine Lichtteilchen alias Photonen über eure Sinneskanäle der Haut und der Augen wahrnehmen und erfahren. Meine Energie drückt sich in meinem Raum in verschiedenen unsichtbaren Energiefeldern aus. Felder wie zum Beispiel das Schwerkraftfeld oder das Feld der elektroschwachen Kraft durchdringen meinen gesamten Raum und haben an jedem Punkt meines Raums eine gewisse Schwingung (Feldstärke), die räumlich und zeitlich variieren kann. Die Grundbausteine dieser Felder sind die Elementarteilchen (zum Beispiel Photon und Elektron im Bild oben), die aus meiner Energie hervorgehen und in ihr wieder verschwinden. Sie sind die geringsten Schwingungsstufen meiner Felder.

Was ist mein Raum?

Mein Raum dehnt sich seit meiner Geburt aus. Mein Raum dehnt sich aber nicht in einen vorhandenen Raum aus, sondern dehnt sich selbst aus. Überall im Universum. Um wie viel, beschreibt die sogenannte Hubble-Konstante. Genau genommen ist sie aber gar keine Konstante, weil die Geschwindigkeit, mit der sich mein Raum ausdehnt, zunimmt. Aktuell dehnt sich mein Raum mit circa siebzig Kilometer pro Sekunde und pro 3,3 Millionen Lichtjahre aus (Ein Lichtjahr ist die Entfernung welche das Licht in einem Jahr zurücklegt).

Okay, das ist vielleicht etwas schwer vorstellbar. Stellt euch eine Kugel meines Raums vor, die ungefähr den Durchmesser eurer Erde hat. Ein Volumen meines Raums dieser Größe dehnt sich um circa einen Kilometer pro Jahr aus.

Mein gesamter Raum ist durchdrungen von meiner Energie. Selbst in den Bereichen meines Raums, wo sich das befindet, was ihr Vakuum nennt, befindet sich meine Energie. Sie wird von euch als Nullpunktenergie oder auch als Vakuumenergie bezeichnet. Sie unterscheidet sich aber nicht von meiner alles durchdringenden Energie. Ich vermute, ihr nennt sie nur so, weil ihr noch nicht versteht, wie es sein kann, dass sich im Vakuum Energie befindet. Etwas nicht zu verstehen, muss ja nicht bedeuten, dass es nicht da ist.

Aus meiner Nullpunktenergie entstehen fortwährend Elementarteilchen aus dem Nichts und verschwinden wieder in ihr. Dass Elementarteilchen aus dem Nichts entstehen, mag sich zunächst seltsam anhören. Ihr könnt dies aber beobachten: Die Nullpunktenergie kann mithilfe des Casimir-Effekts (Abbildung 4) indirekt experimentell nachgewiesen werden. Dazu sperrt ihr einen Teil meines Raums in eine luftdichte Kammer. In dieser Kammer befinden sich zwei unglaublich dünne Platten in einem unfassbar geringen Abstand. Anschließend saugt ihr die in dem abgetrennten Teil...