Wem gehört die Welt? (eBook)
680 Seiten
Knaus (Verlag)
978-3-641-19582-3 (ISBN)
Sie heißen Larry Fink, Stephen Schwarzman oder Abdullah bin Mohammed bin Saud Al-Thani. Mit ihren Billionen schweren Fonds legen Blackrock, Blackstone oder Qatar Investment mehr Geld an als Deutschland erwirtschaftet. Sie dominieren längst die zentralen Felder der Weltwirtschaft und konzentrieren Geld und Einfluss wie nie zuvor. Doch wer sie wirklich sind und welche Ziele sie verfolgen, wusste bisher niemand.
Die 200 mächtigsten Akteure des Weltfinanzwesens, die hier im Porträt vorgestellt werden, versammeln zusammen mehr als 40 Billionen US-Dollar - das sind 60 Prozent des Buttoinlandsprodukts der Welt oder fast das Dreifache der Wirtschaftsleistung der EU.
Das Gesamtbild dieses neuen Kapitalismus ist bedrohlich: Denn die nächste große Krise wird vom »grauen« Kapitalmarkt und den »Schattenbanken« ausgehen, die in der Gier nach Renditen ungeregelt und ungezügelt wachsen.
Mit über 50 Infografken und Tabellen.
Hans-Jürgen Jakobs, geboren 1956, ist Volkswirt und einer der renommierten Wirtschaftsjournalisten des Landes. Er arbeitete u.a. für den 'Spiegel' und war Chef der Online-Ausgabe und der Wirtschaftsredaktion der 'Süddeutschen Zeitung'. Seit 2013 ist er in verschiedenen Funktionen für die Verlagsgruppe Handelsblatt tätig, bis 2015 war er Chefredakteur, seit 2016 ist er Senior Editor des 'Handelsblatts'. Seit 2018 ist er zudem Herausgeber des 'Handelsblatt Morning Briefing' mit über 130.000 Lesern. Zuletzt erschien 'Wem gehört die Welt?' (2016, Knaus Verlag).
Wem die Welt wirklich gehört
Die Geschichte beginnt mit dem Mann, den sie »Joe« nannten. Mit jenem Schweizer Manager, der für einige Jahre das Gesicht der Deutschen Bank war und damit auch das Gesicht der deutschen Wirtschaft. Einer der maßgeblichen Männer der späten Deutschland AG also, der mithelfen sollte, den neuen Geist des amerikanischen Investmentbankings in die Bundesrepublik zu bringen. Der in der Finanzkrise 2007/2008, symbolisiert durch die Lehman-Pleite, zusammen mit anderen Geldinstituten, der Zentralbank und der politischen Führung, eine ökonomische Kernschmelze verhindert hat. Und der dann, im Herbst 2011, nicht das werden konnte, was er werden wollte: Aufsichtsratsvorsitzender seiner Deutschen Bank. Josef (»Joe«) Ackermann, der mächtige Vorstandschef, scheiterte.
Was war passiert? Wer hatte die Mittel und die Macht, Ackermanns Wechsel in den Aufsichtsrat zu verhindern? Mit anderen Worten: Wer hatte noch mehr Macht als Joe Ackermann? Oder anders gefragt: Wer bestimmt die Geschicke der Deutschen Bank wirklich?
Die Suche nach einer Antwort führt schnell auf die Spur des weltweit größten Vermögensverwalters, der über die unvorstellbar große Summe von 4,9 Billionen Dollar (4.900.000.000.000) disponiert. Das entspricht dem Anderthalbfachen der Wirtschaftsleistung des Exportweltmeisters Deutschland. Dieses Bruttoinlandsprodukt (BIP), der Wert der gesamten Industrieproduktion und aller erbrachten Dienstleistungen der viertgrößten Wirtschaftsnation der Welt, ist rechnerisch nur ein Teil des verwalteten Vermögens einer einzigen Finanzfirma. Im Vergleich zur Wirtschaftsleistung der Schweiz bringt diese Firma das Siebenfache, im Vergleich zu Österreich das Dreizehnfache in den Wirtschaftskreislauf ein. Der Schlüssel für die Nichtnominierung Ackermanns lag, das ergaben Recherchen, bei der Firma Blackrock in New York und bei deren Chef Lawrence (»Larry«) Fink. Der mächtige Chef der Deutschen Bank, auf dessen Wort in der Finanzkrise Premierminister, Staatspräsidenten und eine Bundeskanzlerin gehört hatten, war in Manhattan durchgefallen. Ackermann, einst auch Präsident des Weltbankenverbands, hatte nicht das Plazet einer geheimnisumwitterten Kapitalfirma gefunden, die weltweit an Hunderten Aktiengesellschaften beteiligt ist, die wie selbstverständlich bei allen Konzernen des Deutschen Aktienindexs (Dax) mitmischt und die selbstredend auch bei der Deutschen Bank in Frankfurt mit einem Anteil von sechs Prozent einer der größten und wichtigsten Großaktionäre ist. Und die in der Schweiz zum Beispiel bei Swiss Re (vier Prozent) und Glencore (7,5 Prozent) sowie in Österreich bei der Erste Group Bank (vier Prozent) mitmischt.
»Larry« stoppte »Joe«, das ist die schlichte Wahrheit hinter der Personalie. Fink verhinderte Ackermann. Es ging nicht darum, dass der Blackrock-Stratege den Deutschbanker persönlich nicht schätzte oder sogar offen ablehnte. Nein, die Regeln, die sich der gewaltige Kapitalverteiler aus New York und seine Gleichgesinnten gegeben haben, sehen nun einmal den direkten Wechsel eines Firmenchefs in den Aufsichtsrat nicht vor. Wo immer sie so etwas stoppen können, verhindern die Gewaltigen des weltweiten Finanzkapitalismus eine solche Personalie. In diesem System zählten Ackermanns Wünsche so viel wie aktuell ein Sparbuch bei der Vermögensbildung.
Mit diesem Fall wurde klar: Hier gibt es ein Netzwerk der Macht in der Weltwirtschaft, eine Riege ganz neuer Kapitalisten, einen Klub der wirklich Einflussreichen, der seit der Lehman-Pleite immer mehr Macht erlangt hat und weiter erlangt. Und, was mindestens genauso bemerkenswert ist, dieses Netzwerk gibt sich seine eigenen Spielregeln – und setzt sie, wo immer möglich, auch durch. In der Öffentlichkeit sind diese neuen Kapitalisten weitgehend unbekannt, auch wenn sie mit ihren Entscheidungen über Hunderte Milliarden, ja Billionen von Dollar ganze Unternehmen, Märkte und sogar Volkswirtschaften bewegen. Hinter dem Rücken großer Teile der Bevölkerung und der Öffentlichkeit hat sich so eine Phalanx von Finanzfirmen eine dominante Stellung in der globalisierten Wirtschaft erarbeitet. Sie trifft dort auf das geballte Kapital von Staaten wie China, von arabischen Fürstentümern und russischen Oligarchen, die ebenfalls in der Wirtschaft expandieren wollen, sowie auf die Milliarden von Pensionsfonds und von großen Familienunternehmer-Dynastien, denen es um neue Produkte und neue Märkte geht, die andererseits aber auch ihr Geld zwecks Vermögensanlage teilweise Spezialisten wie Larry Fink überlassen.
Dieser über Finanzmärkte gesteuerte Neokapitalismus spiegelt einen geostrategischen Wettbewerb, bei dem Geld den Charakter einer Waffe bekommen hat. Wer sind die Protagonisten dieser weltweiten Auseinandersetzung um Märkte, Rohstoffe, Firmen? Welche Ziele verfolgen sie? Wie transparent agieren sie? Wie stabil ist dieses System? Wie sehr kann es Krisen abfedern? Oder verstärkt es Ausschläge nach oben und unten? Vergrößert es am Ende die Risiken?
Dieses Buch will über die wahren Herren des Geldes und damit die wirklich Wichtigen dieser Welt aufklären. Während die politisch Mächtigen tagtäglich die Schlagzeilen bestimmen, haben die meisten von uns von den Handelnden im Neokapitalismus noch nie gehört. Denn Diskretion ist das oberste Motto dieses Gewerbes. »Wem gehört die Welt?« – ein »wirklich« ist immer mitzudenken – stellt dar, wie viel Kapital an welcher Stelle angesammelt ist, wer darüber nach welchen Kriterien verfügt und wie die Entscheider denken. Welche Eigentümer stehen hinter den einzelnen Märkten und ihren »Champions«? Dieses Buch stellt die zugespitzte Frage nach den wirklichen Strippenziehern, nach jenen wenigen dominanten Figuren, von deren Klugheit und Umsicht, Launen und Idiosynkrasien, womöglich auch Angst oder Gier, das Wohlergehen oder auch das »Schlechtergehen« von so vielen auf diesem Erdball abhängt.
Im Lichte der alltäglichen Berichterstattung über Wirtschaft stehen zumeist die obersten Angestellten des Systems, die Vorstandschefs. In der angelsächsisch geprägten Konzernökonomie firmieren sie als Chief Executive Officer (CEO). Vieles in dieser Sphäre des Erwerbsstrebens ist transparent: ihr Gehalt, ihre Boni, ihre Rentenansprüche, ihre Firmenpolitik, ihr Vorleben. Von den meisten Aufsichtsräten allerdings weiß das breite Publikum schon deutlich weniger. Und über die Eigentümer schließlich ist in der Öffentlichkeit oft sehr wenig bekannt. Über diejenigen also, die die Kapelle bezahlen, nach deren Musik das Saalpublikum tanzt, über die Chefs der Chefs. Das ist fatal in einem System, in dem der Faktor Kapital übergewichtig und extrem dynamisch geworden ist, in dem Anlageentscheidungen global in Nanosekunden automatisch fallen, gesteuert von Computerprogrammen und Algorithmen.
Diese breite Dokumentation wirtschaftlicher Macht will für mehr Transparenz sorgen. Dabei geht es nicht allein um die Beschreibung des Faktischen, sondern auch um Hinweise darauf, wer im Kampf der Kräfte die Oberhand gewinnen könnte: privates Investorenkapital, Staatskapitalismus oder das alte oder neue Vermögen erfolgreicher Dynastien? Die USA mit ihren wirtschaftlichen Hauptattraktionen Wall Street und Silicon Valley? Die Volksrepublik China als Sinnbild einer gelenkten politischen Macht, die Wirtschaft als Zone der Eroberung strategisch nutzt und deren Unternehmen im Jahr 2016 wie nie zuvor als Aufkäufer von Firmen auf den Weltmärkten unterwegs sind, von Hotels, Hollywood, Industrie 4.0 bis Fußball? Oder das uneinig-vereinte Europa mit seinen vielen Traditionsunternehmen und Patriarchen?
Dieses Buch stellt 200 der einflussreichsten Kapitaleigner und Macher des Neokapitalismus vor mit Foto und einem kurzen Essay. Dabei geht es nicht allein um schiere Größe, sondern auch um Macht in Schlüsselbereichen. So wird dem anonymen Kapital, das man sonst im Dunkeln nicht sieht, ein Gesicht gegeben. Entscheidend war die Verfügungsgewalt, also das Stimmrecht, das jemand mobilisieren kann. Vorstandsvorsitzende kamen in Betracht, wenn sie im Zusammenspiel mit Aktionärsgruppen eine prägende Rolle spielen. Eine Kurzbeurteilung der 200 Akteure und ihrer Institutionen nach fünf Kriterien – Nachhaltigkeit, Unbestechlichkeit, Steuerehrlichkeit, Humanität, Transparenz – gibt eine Einordnung. Das Urteil von Nichtregierungsorganisationen ist hier eingeflossen.
Im ersten Teil des Buchs werden die großen Akteure klassifiziert: Wie ist der Faktor Kapital organisiert? Wer sind die Schlüsselfiguren bei Vermögensverwaltern (»Asset Management«), Pensionsfonds, Staatsfonds, Private-Equity-Firmen, Hedgefonds, Banken, Versicherungen und großen Unternehmervermögen? Welche Strategien werden hier verfolgt?
Im zweiten Teil geht es darum, wer sein Kapital wie verwendet. Wie wirken sich die Investments in den einzelnen Märkten aus? Wer beherrscht welche Länder? Und wie ist die Beziehung zu den großen Aktionären? Tabellen und Statistiken sowie Grafiken illustrieren die Dimension der Macht. Die Geschichte schreibt sich mit jeder neuen Bilanz von alleine fort, doch die Strukturen der Macht bleiben.
Das klassische oder auch neoklassische Modell der Marktwirtschaft beruht – idealtypisch, nicht als Beschreibung der Wirklichkeit – auf Annahmen wie jener der vollständigen Information. Transparenz soll in diesem Modell dem Handelnden die Grundlage für Entscheidungen bieten. »Wem gehört die Welt?« ordnet sich diesem Orientierungsrahmen zu. Das Buch will mehr Informationen bieten, damit Entscheidungen und Handlungen besser werden und damit ein Verständnis für die globalen Zusammenhänge von Wirtschaft wächst. Auch deshalb werden im dritten Teil in einem ausführlichen Essay...
Erscheint lt. Verlag | 17.11.2016 |
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Zusatzinfo | Mit zahlreichen Fotos und Infographiken, durchgehend vierfarbig |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Geschichte / Politik ► Politik / Gesellschaft |
Sozialwissenschaften ► Politik / Verwaltung | |
Schlagworte | Alibaba • Atlas der Globalisierung • Bill Gates • Blackrock • Disney • eBooks • Finanzkapitalismus • Forbes Liste • Jeff Bezos • Joe Kaeser • Larry Fink • Mark Zuckerberg • Norwegischer Staatsfond • Wer regiert die Welt • Wirtschaft • Yngve Slyngstad |
ISBN-10 | 3-641-19582-9 / 3641195829 |
ISBN-13 | 978-3-641-19582-3 / 9783641195823 |
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