ADHS im Erwachsenenalter (eBook)
64 Seiten
Schulz-Kirchner Verlag GmbH
978-3-8248-9982-1 (ISBN)
Lisa Geuecke ist seit 2010 Ergo- und seit 2011 Diplom-Ergotherapeutin. Sie arbeitete zunächst drei Jahre in einer Düsseldorfer Ergotherapiepraxis mit den Schwerpunkten Pädiatrie und Erwachsene mit ADHS, bevor sie ins LVR-Klinikum-Düsseldorf - Kliniken der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf wechselte. 2014 wurde ihre Arbeit zum Thema 'ADHS im Erwachsenenalter' als eine von zwei Arbeiten mit dem Ergotherapiepreis ausgezeichnet.
ADHS im Erwachsenenalter
Geschichte
Manch einer hat den Eindruck, dass die Anzahl der Kinder und auch Erwachsenen mit ADHS in den letzten Jahren explodiert ist. Jedoch ist das Störungsbild an sich bereits seit 200 Jahren bekannt. Betrachten wir die historischen Biografien von berühmten und erfolgreichen Persönlichkeiten aus der Vergangenheit, so finden wir in ihnen auch schon Anzeichen für Unkonzentriertheit, Hyperaktivität und Impulsivität. Die bekanntesten Beispiele sind Thomas Alva Edison, Albert Einstein, Benjamin Franklin, Wolfgang Amadeus Mozart, Ludwig van Beethoven, Edgar Allan Poe, George Bernhard Shaw, Salvador Dali, Henry Ford oder Bill Gates (Hamm & Berger 2010).
Bereits im Jahr 1798 beschrieb der schottische Arzt Alexander Crichton in seinem Buch ‚mental restlessness‘ seine Beobachtungen zu hyperaktiven Menschen (Palmer & Finger 2001). Seine Beschreibungen zur Unaufmerksamkeit kommen dem heutigen Bild einer ADHS sehr nahe. Er spricht von der Unfähigkeit, sich konstant mit einer Aufgabe zu befassen. Die innere Unruhe, die er bei Menschen beobachtet, führt er auf eine krankhafte Sensibilität der Nerven, die angeboren oder Begleiterscheinung einer andern Krankheit sein könnte, zurück. Er dokumentiert zudem, dass sich die Aufmerksamkeitsstörung im Laufe des Lebens lediglich abschwächt, jedoch nicht verschwindet.
Im Jahr 1845 stellte der Psychiater Heinrich Hoffmann in seinem Buch ‚Struwwelpeter‘ erstmals Charaktere dar, die dem heutigen Bild eines an ADHS leidenden Kindes ähneln (Hausotter 2010). Hoffmann beschreibt in seinen Geschichten Kinder, die nicht brav sind, nicht auf ihre Eltern hören und denen folglich allerlei grausames Unheil widerfährt: Der bitterböse Friederich quält Tiere und wird bestraft, indem ihn ein Hund ins Bein beißt; Paulinchen verbrennt, da sie mit Streichhölzern spielt; die Kinder, die den Mohren verspotten, werden in ein riesiges Tintenfass gestopft und eingefärbt und Philipp, der nicht still am Tisch sitzen kann und mit dem Stuhl schaukelt, fällt letztlich mitsamt der Tischdecke, dem Essen und Geschirr auf die Erde. ‚Zappelphilipp‘, ‚Hans-Guck-in-die-Luft‘ und ‚Suppenkasper‘ sind dadurch als Begriffe in den deutschen Sprachgebrauch eingegangen.
Der englische Arzt G. Still beschrieb dann im Jahr 1902 das heutige Erscheinungsbild einer ADHS als ‚abnormal psychical condition‘. In seiner wissenschaftlichen Arbeit über verhaltensauffällige und hyperaktive Kinder sind teilweise Hinweise auf das weitere Bestehen der Erkrankung über die Kindheit hinaus zu finden.
In den 60er und 70er Jahren wurde überwiegend angenommen, dass es sich bei ADHS um eine leichte frühkindliche Hirnschädigung handelt – ‚Minimal cerebral Dysfunction‘ (MCD). Die Wissenschaftler gingen dabei davon aus, „dass mit den damals zur Verfügung stehenden Methoden noch nicht nachweisbare, minimale neurologische Veränderungen ursächlich für die psychischen Auffälligkeiten seien“ (Hesslinger et al. 2004, S. 12). Diese Theorie stellte sich als problematisch heraus, da erkannt wurde, dass viele Kinder auch ohne Anzeichen von Hirnschädigungen Symptome einer ADHS aufwiesen. In dieser Zeit häuften sich die Hinweise, dass ADHS über die Kindheit hinaus weiter besteht und mehrere Wissenschaftler kamen in Follow-up-Studien zu der Erkenntnis, dass auch Erwachsene an einer ADHS leiden können (Menkes, Rowe & Menkes 1967; Douglas 1972; Quitkin & Klein 1969).
Im Jahr 1978 wurde die Diagnose ‚Hyperkinetisches Syndrom des Kindesalters‘ im ICD-9, dem Diagnosesystem der Weltgesundheitsorganisation, eingeführt (Möller, Laux & Kapfhammer 2005). Es bestand damals nicht die Möglichkeit, die Diagnose auch für Erwachsene zu stellen. Im amerikanischen Diagnosesystem der psychischen Erkrankungen (DSM-III) wurde 1980 der Typ ‚ADD Residual Typ‘ für Erwachsene eingeführt, jedoch ohne Kriterien der Symptombeschreibung für Erwachsene zu ergänzen.
Das gleiche Krankheitsbild wird in den beiden Diagnosesystemen unterschiedlich bezeichnet:In der ICD der WHO als Hyperkinetische Störung und im DSM der US-Amerikaner als ADHS.
1992 wurde die ICD-10 erweitert. Die Diagnose konnte von nun an auch bei Erwachsenen gestellt werden, allerdings mit den gleichen Kriterien wie für die Kinder. Die Wender-Utah-Kriterien für das Erwachsenenalter wurden veröffentlicht und bezogen dabei das subjektive Empfinden der Klienten mit ein (Wender 1995) (s. Kapitel ‚Symptomatik‘). In der aktuell veröffentlichten Neuauflage DSM-V geht die American Psychiatric Association (2013) erstmals, neben den bereits existierenden Kriterien von Wender, auf die ADHS-Symptomatik und Diagnostik bei Erwachsenen ein. Es wurden folgende Änderungen gegenüber dem DSM-IV vorgenommen:
¦ Erwachsene (über 17 Jahre) müssen fünf, Kinder sechs der Symptome aus den Kategorien Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität zeigen
¦ Beispiele zur Beschreibung des Verhaltens bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen wurden ergänzt
¦ Einige Symptome müssen vor dem 12. Lebensjahr aufgetreten sein, nicht wie bisher vor dem 7. Lebensjahr
Auch das deutsche Diagnosesystem wird überarbeitet und laut WHO (2016) soll 2018 die aktualisierte Version ICD-11 erscheinen. Sie wird wahrscheinlich auch modifizierte Kriterien für die Diagnose ADHS bei Erwachsenen enthalten
Erscheint lt. Verlag | 23.9.2016 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Gesundheit / Leben / Psychologie ► Psychologie |
Geisteswissenschaften | |
ISBN-10 | 3-8248-9982-5 / 3824899825 |
ISBN-13 | 978-3-8248-9982-1 / 9783824899821 |
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