Hilfe. Ein Erlebnisbericht einer psychosomatischen Reha -  Harry Hinz

Hilfe. Ein Erlebnisbericht einer psychosomatischen Reha (eBook)

(Autor)

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2016 | 1. Auflage
284 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7392-8727-0 (ISBN)
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In unserer heutigen Zeit nehmen die Arten der psycho­somatischen Krankheiten wie Depressionen und Angstzustände drastisch zu. Sicher gibt es hierfür mehrere Gründe. Zwei der häufigsten Auslöser sind die Situationen am Arbeitsplatz und die oftmals völlig überforderten Führungskräfte im Punkte Sozialkompetenz. Nur wer mag schon gerne darüber reden, wenn die betroffene Person nicht einmal im Freundeskreis, geschweige denn unter Kollegen, Verständnis und Unterstützung erfährt? Mit diesem Buch möchte ich allen Betroffenen und Nichtbetroffenen Mut machen, sich zu öffnen, Hilfe anzunehmen und anzubieten. Ich berichte über meine Erlebnisreise einer psychosomatischen Reha mit allen Höhen und Tiefen, mit Erfahrungen nach der Reha und deren Auswirkungen auf mein Leben. Vielleicht denken Sie jetzt, Depressionen, Angstzustände? Das kann mir nicht passieren. Den Gedanken hatte ich auch viele Jahre, bis es mich kalt erwischte. Vielleicht finden Sie sich als Leser in einigen Passagen des Buches wieder und vielleicht macht es Ihnen Mut Hilfe anzunehmen oder in Ihrem Bekanntenkreis offener über diese Krankheit zu reden. Es kann uns alle treffen.

Im Jahre 1959 kam ich in der wunderschönen Stadt Lübeck zur Welt. Als Einzelkind verbrachte ich eine behütete, aber nicht verwöhnte Kindheit. Schon als Kind faszinierte mich immer das Außergewöhnliche und nicht der Standard, so auch in Sachen Kinderbücher. Nach der Schulzeit absolvierte ich die Lehre in meinem Traumberuf als Radio- und TV-Techniker. Nach kurzer Zeit als Geselle packte mich der Ehrgeiz der schulischen Weiterbildung. Es folgte das Fachabitur an der Fachoberschule in Lübeck und anschließend der Beginn eines Studiums der Elektrotechnik. Nach einigen privaten Schicksalsschlägen beendete ich mein Studium nach dem vierten Semester und fand als Angestellter in einem großen Lübecker Unternehmen mein Glück in der Technik. Im Laufe der Jahre änderte sich mein Bild des Berufslebens und auf eigenen Wunsch wechselte ich in den kaufmännischen Bereich. Viele Jahre arbeitete ich im Vertrieb eines EMS-Dienstleisters. Bis heute bin ich als Key Account Manager tätig, wie lange noch, es wird sich zeigen, denn meine letzte Reha hat vieles bewirkt ... ... unter anderem auch, dass meine privaten Interessen wie Kunst, Design, Bücher lesen, Fotografieren und vieles mehr wieder in den Vordergrund rücken und die Achtsamkeit des Körpers mir mehr wert ist als Geld oder ein "Täglich grüßt das Murmeltier"-Arbeitsleben. Meinen ersten großen Schritt aus der Umklammerung der Angepasstheit habe ich mit meinem ersten Buch "HILFE. Ein Erlebnisbericht einer psychosomatischen Reha" verwirklichen können. Weitere schöne Ereignisse werden folgen.

Kapitel 1


Nach nunmehr jahrelangen Depressionen und mehrfachem Anraten meines Arztes, einem sehr ruhigen, einfühlsamen und mit Menschenkenntnis ausgestattetem Psychologen, hatte ich mich entschlossen, seinen Ratschlägen zu folgen.

Noch am gleichen Tage besorgte ich mir alle notwendigen Antragsformulare.

Ein Jahr zuvor hatte ich einer guten Freundin beim Ausfüllen dieser Formulare geholfen und mich schon über die eine oder andere Formulierung im höchsten Beamtendeutsch geärgert.

Sofort stellte sich mir die Frage, wie wohl einige andere Mitmenschen mit weniger Schulbildung diese Formulare richtig ausfüllen sollten.

Oder ist ein gewisses Scheitern von den Behörden gewollt?

Da war er wieder, mein unbändiger Drang zum Perfektionismus und Gerechtigkeitssinn, der mir das Leben in einigen Bereichen sehr schwer machte.

An dieser Stelle kann ich nur jedem raten, der lange und verwirrende Formulare ausfüllen muss, Freunde oder Bekannte nach Tipps zu fragen. Schnell ist es geschehen und Sie fügen das ein oder andere Worte ein, welches genau die falsche Bedeutung hat und zum Gegenteil des eigentlich Angestrebten führen kann.

Mir fielen die Worte meines ehemaligen alten Meisters in der wunderbaren Lehre zum Radio- und TV-Techniker ein: »Klaus, du bist zu ehrlich, der Kunde will beschissen werden.«

Dieser Ausspruch verfolgt mich bis heute und ist Grund für meine Lebensumstellung, die ich Ihnen am Ende des Buches mitteilen werde.

Nach einigen Tagen Taktiererei mit den von mir gewählten Formulierungen ließ ich mir einen Termin bei meinem Arzt geben.

Seit fast zehn Jahren war ich bei diesem phantastischen Arzt gewesen. Anfangs wegen leichter Depressionen, Schwindel, Kopfschmerzen und teilweise, wenn es sehr stark wurde, litt ich auch unter leichten Sprachstörungen.

Im Laufe der Jahre verschlimmerten sich diese Zustände allerdings.

Wenn ich zurückdenke, ist es schon eigenartig: Bei meinem vorigen Arbeitgeber hatte ich fast nie unter gesundheitlichen Problemen gelitten, doch seit dem Verkauf unserer Sparte an meinen jetzigen Arbeitgeber nahmen die Probleme ihren Lauf.

Beim Gespräch vor ein paar Wochen hatte mir der Psychologe seine Hilfe für die schwierigen Formulierungen angeboten.

Diesen Termin nahm ich jetzt endlich wahr.

Diesen Besuch im Wartezimmer werde ich wohl nie vergessen.

Es war ein grauer Tag mit leichtem Nieselregen, wie es bei uns in Norddeutschland üblich ist. Für mich war das normales Wetter, bei dem ich mir keine Gedanken machte, wie wohl die »glücklichen Menschen« diesen Tag mit Freundin, Frau und Kindern verbringen. Üblicherweise hatte ich bei schönem Wetter oft schlechte Laune.

Ich malte mir in solche Situationen oft aus, wie es wohl wäre, wenn mein Leben nach der »Norm« verlaufen wäre: Frau, Kinder, Haus und toller Job. Ich stellte mir bei Sonnenschein vor, was ich alles unternehmen würde und wie schön der Tag zu Ende gehen könnte. Alles eine Blase, die im Laufe der Jahre zerplatzte.

So hatte ich wenigstens bei schlechtem Wetter die Gewissheit, dass diese Normmenschen jetzt wohl auch zu Hause sitzen und Trübsal blasen würden.

Manch einer von Ihnen wird jetzt sicherlich sagen: aber es gibt doch Freunde.

Dazu kann ich nur aus jahrelanger Erfahrung sagen: Freunde zu erkennen ist sehr schwer. In aller Regel gibt es keine Freunde. Diese Menschen sind meist nur als Bekannte zu bezeichnen. Freundschaft hört bei Geld und schwerwiegenden Problemen auf. Viele von den sogenannten Freunden wollen sich nicht belasten oder werden von ihrem Partner so manipuliert, dass sie keinen eigenen Willen mehr haben.

Leider muss ich auch heute noch diese Erfahrungen machen. Denn wo sind Sie, an den Feiertagen? Keiner von den sogenannten Freunden hat es bisher geschafft, trotz ihres Wissens um meine Situation, einmal die Worte:« Na Klaus, was machst du heute? Wollen wir etwas unternehmen?« Um Gottes willen, ich könnte mich ja besser mit dem Partner verstehen als sie selbst oder der Partner könnte Spaß mit mir haben. Nein, die festlichen Tage sind einfach grausam, grausam wegen der Einsamkeit und Ignoranz der Menschen, auf die ich sonst zählen würde.

Sicher wird jetzt manch Leser fragen:« Warum gehen sie nicht auf die Freunde zu?« Tja, alles probiert, habe mir sogar vor den Anrufen Gedanken darüber gemacht, was dem Pärchen denn so gefallen könnte. Nein, alles probiert. Sie leben einfach in einer anderen Welt. In der Welt der Brüder Schwesterlein Pärchen Lethargie. Ich habe es deshalb einfach aufgegeben, mich diesen Menschen anzubieten.

Und dann gibt es die Menschen, von denen ich glaubte: Ach, du bist ein entfernter Bekannter, von dem kannst du dir nichts erhoffen.

Aber gerade diese Menschen haben mich aufgefangen, Verständnis für meine Lebenslage gezeigt und sind mit mir einige schwierige Wege mitgegangen.

Dies empfinde ich als Freundschaft und vielleicht entwickelt sich mit diesen herzensguten Menschen auch eine wirkliche Freundschaft. Zu diesen Menschen gehörte auch meine damalige Freundin Cora.

Der graue Tag neigte sich dem Ende und ich betrat das Wartezimmer. Eine meiner Lieblingsbeschäftigungen war – und ist es immer noch- Menschen zu beobachten und zu analysieren.

Der Warteraum, ein Zimmer in einer runden Altstadtvilla mit hohen Decken, schönem Stuck und altem Kamin, löste in mir immer eine gewisse Behaglichkeit aus.

Ich platzierte mich immer neben dem Kamin, so konnte ich den ganzen Raum und die Eingangstür sehen.

Die Tür öffnete sich und eine weitere Patientin nahm Platz. Sie hielt sich ihre Hände vor die Augen und weinte ständig. Dieses Weinen kannte ich auch, aber nicht in der Öffentlichkeit: Es überkommt mich oft grundlos oder aufgrund von Kleinigkeiten. Sehe ich zum Beispiel ältere Menschen auf der Straße, die hilflos, gebrechlich oder traurig wirken, kommen mir oft die Tränen. Vielleicht sind es meine Zukunftsängste, die dies auslösen oder einfach Wut auf unsere derzeitige Gesellschaft. Ich kann es nicht bestimmt sagen. Dann gibt es wiederum andere Beispiele, wo die Tränen fließen, wenn Kinder sich über etwas freuen und von ihren Eltern gelobt werden.

Ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich mich als Kind jemals gefreut habe, sicher ist dies auch ein Produkt meiner dressierten Erziehung.

Die Traurigkeit während einer Depression ist einer der schlimmsten Begleiterscheinungen, die man sich vorstellen kann.

Ich hatte Mitleid mit der Dame. Dachte nur: Oh man, gut, dass du jetzt hier bist und diesen Schritt gehst, sonst sitzt du irgendwann genauso da wie sie.

Allerdings sollte dies nicht mein letzter Eindruck an diesem Tag gewesen sein.

Wieder öffnete sich die schwere große Holztür. Ein junger Mann betrat den Raum. Große glasige Augen, wie es eben so ist, wenn ein Mensch Psychopillen nimmt. Der junge Mann war höchstens 25 Jahre alt. Was mochte ihn nur zu diesem Punkt getrieben haben? Die Schule, die Eltern, die Lehre, das Studium, der Job? Tausend Gedanken gingen mir durch den Kopf.

Nachdem er sich gesetzt hatte, starrte er auf eine Kachel des Kamins und wandte seinen Blick nicht mehr ab. Nicht einmal das Weinen der Dame konnte ihn in irgendeiner Form beeindrucken.

Wieder dachte ich: Hoffentlich kommst du da nie hin.

Bisher hatte ich Psychopillen immer abgelehnt. Wie ist es jedoch, wenn es gar nicht mehr geht und man jeden Tag zusammenbricht? Nicht wie zurzeit nur einmal die Woche nach der Arbeit oder auf dem Weg nach Hause? Dann müsste wohl auch ich diese Mittel zu mir nehmen.

Meine Gedanken kreisten und gingen gleichzeitig ins Nirwana.

Wieder beobachtete ich die Frau.

Eine attraktive Erscheinung, die sicher mit der Männerwelt keine Probleme hatte. Oder kamen ihre Probleme gerade wegen der Männer?

Leider fallen viele Frauen immer auf den gleichen Typ Mann herein. Marke Don Geilo: Groß, breit und dunkelhaarig. Im Hirn ein Weichei, aber nach außen der Obermacho. Hauptsache groß und der Wagen stimmt.

Heimlich aber wünschen sich diese Frauen, wie ich aus vielen Gesprächen mit mir bekannten Damen erfahren habe, einen verständnisvollen Mann, der ihnen zur Seite steht und auch Gefühle zeigen kann.

Das Fleisch jedoch zieht es immer zu Don Geilo, aber Mädels, denkt daran: Irgendwann ist euer Fleisch welk und kein Latino wird Euch mehr anschauen, aber ein ganz normaler netter Typ wird euch auf Händen tragen.

Denn wie heißt es so schön? Frauen werden älter, Männer interessanter.

Kurz nahm die Frau eine Hand vom Gesicht, um sich mit einem Taschentuch die Tränen zu trocknen.

Ein wirklich hübsches Gesicht, jedoch etwas ausgemergelt und hungrig und schreiend nach Ruhe und Liebe.

Wieder öffnete sich die Tür. Ich dachte nur: Bitte nicht noch einen schweren Fall, das kannst du heute nicht verarbeiten.

Es war der Psychologe, der mich aufrief.

Mein Arzt, ein großer, sehr angenehm ruhig wirkender Mittvierziger, begleitete mich in sein Sprechzimmer. Ein nüchtern eingerichteter Raum mit schönem Teppich, der auf mich bei jedem meiner Besuche eine entspannende Wirkung hatte.

Das Überschreiten des Teppichs zum Stuhl hin gab mir das Gefühl, als ginge ich den Wolken entgegen und alles würde gut.

Wie immer war sein erste Frage: »Wie geht es Ihnen?«

Auch an diesem Tage plagte mich eine depressive Stimmung, ausgelöst durch...

Erscheint lt. Verlag 22.1.2016
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie
ISBN-10 3-7392-8727-6 / 3739287276
ISBN-13 978-3-7392-8727-0 / 9783739287270
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