Sprachförderung (eBook)
76 Seiten
Schulz-Kirchner Verlag GmbH
978-3-8248-0988-2 (ISBN)
| Störungen der Sprachentwicklung
Sprachstörungen können angeboren (z. B. im Rahmen von Behinderungen) oder erworben sein (z. B. als Folge einer Erkrankung oder eines Unfalls). Aber auch sozio-kulturelle Faktoren wie die Art und Intensität des sprachlichen Angebots im Umfeld des Kindes können eine Rolle spielen. Die psycho-physiologische Veranlagung des Kindes hat ebenfalls einen Einfluss. Hierzu gehören Wahrnehmungseigenschaften, wie die Hör- und Wahrnehmungsfähigkeit, psychische Faktoren, wie Sprechhemmungen und -ängste, und motorische Komponenten, wie eine gut ausgebildete Gesichts- und Sprechmuskulatur. Wenn mehrere Bereiche gleichzeitig betroffen sind, handelt es sich um komplexe Kommunikationsstörungen. Sie sind oft Folgen angeborener (z. B. bei Behinderungen) oder erworbener (z. B. nach Schlaganfall) Erkrankungen. Man unterscheidet unterschiedliche Bereiche der Kommunikation, die beeinträchtigt sein können: die Sprache allgemein, das Sprechen, die Stimme und das Schlucken.
Welche Sprachentwicklungsstörungen gibt es?
Der Übergang zwischen einer normalen und gestörten Sprachentwicklung bei Kindern ist fließend. Von einer Störung der Sprachentwicklung spricht man, wenn sich die Sprachfunktion auch nach dem 3. Lebensjahr nicht normal entwickelt und sich keine zusätzlichen Beeinträchtigungen im Bereich der Wahrnehmung, Intelligenz oder keine organischen Defizite finden lassen. Sprachentwicklungsstörungen können die Kommunikation, das Sprachverständnis, den Wortschatz und die Laut-, Wort- und Satzbildung betreffen. Oft sind mehrere Bereiche gleichzeitig betroffen. Ca 7–8 % aller Kinder im Vorschulalter sind von einer Störung der Sprachentwicklung betroffen, egal ob sie einsprachig oder mehrsprachig aufwachsen. Manchmal liegt z. B. auch eine Hörstörung vor oder anhaltende Mittelohrentzündungen beeinträchtigen den Spracherwerb.
Ein gutes Hörvermögen ist eine grundlegende Voraussetzung für den Spracherwerb.
Ein verlangsamter Erwerb des Wortschatzes kann ein frühes Symptom für eine Sprachentwicklungsstörung sein. Diese Kinder nennt man bis zum dritten Lebensjahr Late Talker: späte Sprecher. Es ist aber auch möglich, dass ein Kind den Rückstand in der Sprachentwicklung zwischen dem 2. und 3. Geburtstag aufholt.
Kinder mit einer Sprachentwicklungsstörung sind in hohem Maße gefährdet, im Schulalter eine Lese-Rechtschreibschwäche oder eine Lese-Rechtschreibstörung (Legasthenie) zu entwickeln.
Bei Kindern können auch Beeinträchtigungen des Redeflusses oder des Schluckens auffallen.
Stottern ist eine Unterbrechung des Redeflusses, die sich in Wiederholungen einzelner Laute, Silben oder Wörter und/oder Dehnungen sowie Blockaden äußert. Stottern lässt sich nicht auf eine einzige Ursache zurückführen, sondern beruht auf der Kombination organischer und psychischer Faktoren.
Stottert ein Kind längere Zeit, können noch Folge-Symptome hinzukommen: Mitbewegungen von Armen oder Beinen, Verkrampfungen der Mimik, gestörter Atemfluss, die Verwendung von Füllwörtern (z. B. äh) und das Vermeiden von Sprechanlässen (Sprechangst).
Viele Kinder sind im Laufe der Sprachentwicklung von Sprechunflüssigkeiten betroffen, die sich häufig jedoch von selbst verlieren, ohne zu einem Stottern zu werden. Wichtig ist jedoch, ein echtes Stottern frühzeitig zu erkennen.
Poltern ist eine weitere Störung des Redeflusses, die charakterisiert wird von einer schnellen, unregelmäßigen, ruckhaften Sprechgeschwindigkeit, Lautverschmelzungen und Auslassungen von Silben und Wortteilen.
Schluckstörungen/Störungen der Mundmotorik
Funktionelle Schluckstörungen stellen eine Schwäche der Zungen-, Mund- und Gesichtsmuskulatur dar. Sie können mit fehlendem Mundschluss, Mundatmung, einem falschen Schluckmuster und Lautfehlbildungen einhergehen. Eine gestörte Kau-, Beiß- und Schluckentwicklung, eine „verwaschene“ Aussprache, Probleme bei der Bildung der Zischlaute wie /sch/ und /s/ sowie Zahn- und Kieferfehlstellungen können die Folge sein.
Weitere Kommunikationsstörungen
Weitere Störungen, die bei Kindern auftreten können, sind z. B. komplexe Störungen: Autismus, Hörstörungen, Näseln (Rhinophonie), Auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörungen, freiwilliges Schweigen (Mutismus), Sprachstörungen im Rahmen von Behinderungen, z. B. bei Down-Syndrom, Lippen-Kiefer-Gaumensegel-Fehlbildungen, sowie erworbene zentrale Störungen wie kindliche Aphasien und Dysarthrien oder zentrale Schluckstörungen. Ausführlich beschrieben sind diese Störungsbilder auf der Homepage des Deutschen Bundesverbandes für Logopädie (dbl).
Eine Übersicht zu allen Störungsbildern bei Kindern findet sich unter http://www.dbl-ev.de/kommunikation-sprache-sprechen-stimme-schlucken/stoerungen-bei-kindern/stoerungsbereiche.html |
Ob wir bei einem Kind von einer Störung der Sprachentwicklung sprechen, hängt von seinem Lebensalter ab. Art und Umfang der Sprachstörungen können bei Kindern völlig verschieden aussehen. Kein besonderes Problem bereitet beispielsweise ein isoliert auftretendes Lispeln, eine Fehlbildung des S-Lautes. Völlig anders stellt sich eine Sprachentwicklungsstörung dar, in der mehrere der oben beschriebenen Äste (siehe Abbildung 1: Sprachbaum) der Sprache betroffen sind. In einem solchen Fall bedarf es in der Regel intensiver therapeutischer Hilfen, um dieses Kind bis zum Schuleintritt so weit zu fördern, dass der Schulbesuch mit Erfolg verlaufen kann.
Auch Probleme im Redefluss können bei Kindern auftreten und sich bis hin zum Stottern verfestigen. Es handelt sich hierbei nicht um eine schlechte Angewohnheit, sondern um eine behandlungsbedürftige Sprachstörung. Auch hier ist dringend der Rat einer Therapeutin erforderlich. Die Stimme eines Kindes kann ebenfalls betroffen sein, diese Kinder sind dann dauerhaft heiser und „krächzen“.
Ob Ihr Kind normal entwickelt ist oder ob es eine Sprachstörung hat, können Ihnen Logopädinnen und Sprachtherapeutinnen in Zusammenarbeit mit Kinderärzten, Hausärzten oder Hals-Nasen-Ohrenärzten sagen. Logopädinnen sind Spezialistinnen für Kommunikation und können mit geeigneten Testverfahren den Sprachstand des Kindes feststellen. Sie werden Sie beraten, ob eine Therapie nötig ist oder ob noch abgewartet werden sollte.
Warnsignale für Sprachentwicklungsstörungen
Bei einsprachigen Kindern:
Ein Hinweis auf eine mögliche Sprachentwicklungsstörung kann sein, wenn das Kind:
mit einem halben Jahr verstummt und aufhört zu lallen
mit einem Jahr noch kein mehrsilbiges Lallen zeigt (ohrö, daga)
mit zwei Jahren nur wenige Wörter spricht und noch keine Zweiwortäußerungen bildet (Papa weg, Ball da)
mit drei Jahren noch unverständlich spricht und keine Mehrwortsätze bildet
mit vier Jahren mehrere Sprachlaute falsch bildet und viele Grammatikfehler macht
mit fünf Jahren noch nicht alle Sprachlaute richtig bildet oder viele Grammatikfehler macht (Suchodoletz, 2013)
Bei mehrsprachigen Kindern:
Bei mehrsprachig aufwachsenden Kindern kann als grober Hinweis für das Vorliegen einer Sprachentwicklungsstörung gelten:
beide (alle) Sprachen sind betroffen (möglicherweise in unterschiedlichem Ausmaß)
nach durchgängigem Kontakt zum Deutschen von 1 bis 1 ½ Jahren (z. B. durch einen regelmäßigen Kitabesuch) sind keine wesentlichen Verbesserungen im Deutschen zu erkennen
Das Auftreten einer umschriebenen Sprachentwicklungsstörung bei einem mehrsprachig aufwachsenden Kind ist kein Grund, die mehrsprachige Erziehung aufzugeben. Sehr wohl braucht das Kind dann aber Sprachtherapie. Sprachförderung allein ist nicht ausreichend.
Außerdem sollten Eltern mit ihrem Kind (einsprachig oder mehrsprachig) immer dann einen Arzt aufsuchen, wenn:
das Kind unflüssig spricht, Silben oder Laute wiederholt, Laute mit Anstrengung herauspresst
das Kind ständig den Mund auf hat, durch den Mund atmet, Speichelfluss zeigt, ungern feste Nahrung kaut, schnarcht
das Kind mit fünf Jahren noch „lispelt“ oder die Zunge beim Schlucken und Sprechen zwischen, an oder durch die Zähne sichtbar ist
Und:
Immer dann, wenn Sie sich Sorgen um die Sprachentwicklung Ihres Kindes machen.
Einige Eltern scheuen den Gang zur Therapeutin und lassen sich mit einem „Das kommt schon noch“ vertrösten. Wenn Sie mit Ihren Fragen in Bezug auf die Sprachentwicklung Ihres Kindes zu einer Sprachtherapeutin/Logopädin gehen, heißt das noch nicht, dass Ihr Kind eine Therapie braucht....
Erscheint lt. Verlag | 27.5.2015 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Gesundheit / Leben / Psychologie |
ISBN-10 | 3-8248-0988-5 / 3824809885 |
ISBN-13 | 978-3-8248-0988-2 / 9783824809882 |
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