Die Wurzeln von Krieg und Herrschaft (eBook)
100 Seiten
Nachtschatten Verlag
978-3-03788-227-6 (ISBN)
Dr. Ralph Metzner ist einer der bekanntesten Pioniere der Bewusstseinsforschung. Er arbeitet als Psychotherapeut und ist emeritierter Professor des 'California Instituts of Integral Studies' und während 10 Jahren dessen Leiter. Er ist Gründer und Vorsteher der 'Green Earth Foundation, einer ökologischen Bildungseinrichtung, und lehrt ein Trainingsprogramm in 'alchemistischer Divination'. Ralph Metzner promovierte in den 60er Jahren in Oxford und Harvard zum Doktor der Philosophie und der klinischen Psychologie. Metzner ist ein Urgestein der psychedelischen Forschung: Zusammen mit Timothy Leary und Richard Alpert war er an einer Studie im Rahmen eines Psilocybin-Forschungsprojekts an der Harvard Universität beteiligt. Während den 70er Jahren widmete er sich zehn Jahre lang intensiv dem Agni Yoga, einem Meditations-System, bei dem das Prinzip von Feuer und Licht in geistige Energie verwandelt wird. Er schrieb in den letzten dreissig Jahren zahlreiche Bücher und Publikationen zur psychedelischen Bewusstseinsforschung und ist ein profunder Kenner dieser Szene.
Dr. Ralph Metzner ist einer der bekanntesten Pioniere der Bewusstseinsforschung. Er arbeitet als Psychotherapeut und ist emeritierter Professor des "California Instituts of Integral Studies" und während 10 Jahren dessen Leiter. Er ist Gründer und Vorsteher der "Green Earth Foundation, einer ökologischen Bildungseinrichtung, und lehrt ein Trainingsprogramm in "alchemistischer Divination". Ralph Metzner promovierte in den 60er Jahren in Oxford und Harvard zum Doktor der Philosophie und der klinischen Psychologie. Metzner ist ein Urgestein der psychedelischen Forschung: Zusammen mit Timothy Leary und Richard Alpert war er an einer Studie im Rahmen eines Psilocybin-Forschungsprojekts an der Harvard Universität beteiligt. Während den 70er Jahren widmete er sich zehn Jahre lang intensiv dem Agni Yoga, einem Meditations-System, bei dem das Prinzip von Feuer und Licht in geistige Energie verwandelt wird. Er schrieb in den letzten dreissig Jahren zahlreiche Bücher und Publikationen zur psychedelischen Bewusstseinsforschung und ist ein profunder Kenner dieser Szene.
Vorwort des Autors
Mein lebenslanges, nahezu zwanghaftes Interesse an den Ursachen des Krieges und ihrer Beseitigung hat seine Wurzeln – nicht überraschend – in meiner persönlichen Geschichte. Ich glaube, dass ich dem Leser eine Erklärung dafür schulde, wie ich zu meiner besonderen Faszination für dieses uralte, tief sitzende und tragische Charakteristikum menschlichen Lebens kam. Ich bin 1936 in Deutschland geboren und lebte dort mit meiner Familie bis 1947, danach emigrierten ich und meine zwei Brüder mit meiner Mutter nach England. Mein Vater war ein Deutscher, meine Mutter stammte aus Schottland; so waren während des Zweiten Weltkriegs die Verwandten meines Vaters und meiner Mutter damit beschäftigt, sich gegenseitig zu vernichten. Wir lebten in Berlin, wo mein Vater das erfolgreiche Verlagsgeschäft seiner Familie leitete. Als die alliierten Bombenangriffe begannen und wir die Luftalarmsirenen heulen hörten, immer in der Nacht, wurden wir mit Decken und heisser Schokolade in Schlafanzügen in den Keller gescheucht und lauschten dem Nachrichtensprecher im Radio, bis die Entwarnung kam. Unser Haus wurde von keiner Bombe getroffen, und aus der Sichtweise eines Kindes änderte der Krieg wenig an unserer sicheren bürgerlichen Existenz – zumindest nicht, bis er endete. Anfang 1945 erhielt unsere Familie die Nachricht, dass der jüngere Bruder meines Vaters, ein Pilot der «Luftwaffe», an der Ostfront abgeschossen worden war. Sein Tod war ein Ereignis, das nie erwähnt wurde und das von einer merkwürdigen Aura der Unbegreiflichkeit und stiller Trauer umhüllt war.
Aufgrund der Verhältnisse in meiner Kindheit hatte ich das Glück, eine frühe Lektion über die wahnhafte Seite von Kriegspropaganda zu lernen. Während des Zweiten Weltkriegs in Berlin war die Öffentlichkeit in der Schule und den Medien von Gesprächen wie «Die Engländer sind unsere Feinde», «Wir werden sie ins Meer jagen» und ähnlichem erfüllt; in der privaten Umgebung meiner Familie und der Freunde gab es solches Gerede dagegen natürlich nicht. Wir sprachen über den Krieg und über die schrecklichen Nachrichten von Schlachten und Toten. Als Kind akzeptierte man das als etwas Unpersönliches, das einfach geschah, ähnlich wie Gespräche über Unwetter, die sich nicht hier, sondern irgendwo anders ereigneten.
Als ich dann als Jugendlicher in einem Internat im Norden Schottlands lebte, erfuhr ich, dass für die englischen Kinder die Deutschen, auch ich, «der Feind» oder «die Bösen» waren. Im Bann des Feindbilds wurde ich zum Ziel von Sticheleien und verbalen Schikanen meiner Mitschüler. Aus diesen Erfahrungen zog mein kindlicher Geist die Folgerung, dass es «Feinde» eigentlich gar nicht gibt – sie sind subjektiv bestimmte, projizierte Bilder. Wir etikettieren oder kategorisieren ein anderes Wesen als «Feind», so dass es zum Ziel unseres projizierten Hasses und unserer Feindschaft wird. Später, als junger Erwachsener, war ich meinen Eltern dankbar dafür, dass sie mir unabsichtlich diese frühe Möglichkeit verschafft hatten, etwas über die Subjektivität und Relativität von «Feinden» zu lernen. Noch etwas später begann ich es zu schätzen, dass diese aus meiner Kindheit erwachsenen Erfahrungen eine schicksalhafte und wundersame Folge der leidenschaftlichen internationalen Friedensarbeit meiner beiden Eltern waren.
Im Frühjahr 1945, als die alliierten Truppen von Westen nach Deutschland vorstiessen und die Russen von Osten her, kursierten unter den Erwachsenen unfassbar finstere Gerüchte von russischen Soldaten, die Frauen und Mädchen im Alter von sieben bis siebzig vergewaltigten. Ich wusste nicht, was «vergewaltigen» heisst, aber ich verstand die mit dem deutschen Wort «Vergewaltigung» verbundene Drohung. Es wurde unausweichlich, nach Westen zu flüchten, in die Richtung der Alliierten, die angeblich weniger bestialisch waren und weniger auf Rache sannen als die Russen, die immense Verluste durch die deutsche Wehrmacht erlitten hatten. Meine Mutter fuhr mit uns drei Kindern nach Hamburg, wo wir Verwandte hatten, und danach in ein Kinderheim in Schleswig-Holstein, zur Sicherheit. Mein Vater war in die Reservearmee eingezogen worden, und man hatte ihn seiner Französischkenntnisse wegen nach Paris in die Besatzungsarmee beordert. Als sich die Deutschen aus Frankreich zurückzogen, bemühte er sich darum, der Armee zu entkommen und eine Exekution als Deserteur zu vermeiden.
Meine stärkste und bedrückendste Erinnerung aus dieser Zeit stammt von einer Zugfahrt, wahrscheinlich auf der Abreise von Berlin in den Westen. Wir waren in einem vollen Zugabteil mit anderen Erwachsenen. Es muss gegen Ende des Krieges gewesen sein, denn einige Männer sprachen darüber, wie der Krieg verlief und was danach käme, wenn «wir» (Deutschland) verlieren würden. Ein Mann, der in einer Ecke sass und bis dahin geschwiegen hatte, wurde plötzlich laut, blickte den Mann an, der von Niederlage gesprochen hatte, und sagte: «Wie meinen Sie das?» Der Ton seiner Stimme löste in meinem Nacken eine eiskalte, prickelnde Empfindung aus, eine lastende Atmosphäre der Angst breitete sich im Abteil aus und beendete die Gespräche. Als achtjähriger Junge, der ich war, verstand ich erst sehr viel später, warum in einer faschistischen Diktatur die Rede von einer Niederlage als Verrat betrachtet wird und diese scheinbar unschuldige Frage so bedrohlich unterbunden wurde. Das Gefühl eines namenlosen Terrors aber war unverkennbar.
Nachdem der deutsche Staat zusammengebrochen war, wurden wir von unseren Verwandten aus Hamburg aufs Land gebracht, um den Bombenangriffen zu entgehen. Ich erinnere mich an Hunderte von Menschen, die sich mit all ihrem Gepäck in einen überfüllten Zug drängten. Einmal fuhren wir ein Stück Weg in einem offenen Güterwagen voller Kohlenstaub. Im Kinderheim an der Küste war es einigermassen friedlich, auch wenn wir die englischen Bomber am Nachthimmel immer noch hören konnten. Es herrschte allerdings Hungersnot, da die dicke Matrone und ihre Helfer viele von den spärlichen Essensrationen für sich selber horteten und sie damit ihren Schützlingen vorenthielten. Ich erinnere mich an den nagenden Hunger, der einmal so intensiv wurde, dass ich eine alte Brotkruste, die nach Hundepisse stank, von der Strasse aufhob.
Wir vier, meine Brüder, meine Mutter und ich, wohnten, assen und schliefen alle in einem Raum im Obergeschoss, den uns ein Bauer aus der Gegend vermietet hatte. Lange Reihen von russischen Gefangenen wurden von deutschen Wächtern durch die Strassen geführt, zu einem Arbeitslager. Einmal kam ein SS-Offizier zu unserer Tür und stellte Fragen. Seine Uniform war vollständig schwarz, von der Kopfbedeckung bis zu den schwarzen Lederstiefeln; auf seinem Helm trug er einen Totenschädel mit gekreuzten Knochen, das Zeichen der SS-Totenkopfverbände. Nachdem wir einige Monate in diesem Dorf verbracht hatten, war der Krieg zu Ende, und britische Truppen befreiten die Kriegsgefangenen aus dem Lager. Jetzt kamen Gewalt und Gefahr von der anderen Seite, denn die befreiten Russen randalierten in den Dörfern und Bauernhöfen, schlachteten auf der Suche nach Nahrung das Vieh auf den Feldern und bedrohten die Bauern, die sie daran hindern wollten. Unberechenbare Gewalt und die Angst davor beherrschten das Dorf. Doch dann bekam meine Mutter, da sie britischer Abstammung war, eine Stellung bei den britischen Besatzungstruppen, und das Leben nahm wieder normale Konturen an. Die Geschäfte allerdings waren alle mehr oder weniger leer, und mir fiel es schwer zu glauben, was meine Mutter sagte: dass «normal» bedeutete – und wieder bedeuten würde –, dass die Geschäfte wieder gefüllt wären, mit Kleidern, Schulmaterial und frischen Lebensmitteln, den wesentlichen Gütern eines Kinderlebens.
1947 erhielten wir dann die Erlaubnis, nach Schottland zu fahren, wo ich zuerst bei den Verwandten meiner Mutter und später in einem Internat lebte. Und auf dieser Überfahrt lernte ich als elfjähriger Junge eine nächste tiefgehende, entscheidende Lektion über die Bedeutung des Kriegs (auch wenn ich erst viel später so darüber dachte). Die kindliche Vorstellung vom Krieg, die ich von meiner Familie und anderen Erwachsenen übernommen hatte, war, dass es sich dabei um eine Art Wettstreit handelte, bei dem es «Sieger» und «Verlierer» gab. Ich glaubte erfahren und verstanden zu haben, was es für ein Land oder eine Nation bedeutet, einen «Krieg zu verlieren» – es bedeutete zerstörte Häuser, willkürliche Gewalt, fremdsprachige Besatzungsarmeen, Lebensmittelrationierung und Knappheit an Bekleidung. Ich glaubte, dass das in einem Land, das «den Krieg gewonnen» hat, anders wäre und es den Kindern und der Bevölkerung einfach «besser» ginge. Aber als wir in England und Schottland ankamen, sah ich dort ebenfalls zerstörte Gebäude, und es herrschten schwere Einschränkungen und Knappheit. Ich erinnere mich an den kindlichen Gedanken: «Was für ein merkwürdiges Spiel, bei dem es dem Sieger genau so schlecht geht wie dem Verlierer!» Was sollte das Ganze dann?
Die Sinnlosigkeit gegenseitiger Zerstörungen und Verluste im Krieg und die Relativität und Subjektivität von Feinden – diese Beobachtungen aus meiner Kindheit ergaben eine bedrückende Reihe von Fragen, die mich mein ganzes Leben lang umgetrieben haben. Späteres Lernen und Erfahrungen haben die Eindrücke, die ich damals gewann, nur vertieft und bestätigt, und sie haben mich in meinen Versuchen...
Erscheint lt. Verlag | 1.1.2012 |
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Reihe/Serie | Ökologie des Bewusstseins |
Übersetzer | Mathias Bröckers |
Verlagsort | Solothurn |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Geschichte / Politik ► Politik / Gesellschaft |
Sozialwissenschaften ► Politik / Verwaltung | |
Wirtschaft | |
Schlagworte | Bewusstsein • Forschung • Geschichte • Kampf • Krieg • Lehren • Mythen • prähistorisch • Sumerer • Weisen |
ISBN-10 | 3-03788-227-1 / 3037882271 |
ISBN-13 | 978-3-03788-227-6 / 9783037882276 |
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