Vereint (eBook)
544 Seiten
cbt Jugendbücher (Verlag)
978-3-641-13312-2 (ISBN)
Um ihre Familie zu beschützen, verließ Violet vor zwei Jahren ihr altes Leben. Doch die Grigori, die Wächter-Engel, brauchen ihre Hilfe. Als Violet wieder mit Lincoln, ihrem ehemaligen Partner und Seelenverwandten, zusammenarbeitet, kommen sie sich gefährlich nahe. Doch ihre Liebe darf immer noch nicht sein. Als auch noch Phönix wieder vor der Tür steht und der alles entscheidende Kampf beginnt, muss Violet endlich herausfinden, wozu sie wirklich fähig ist. Denn sie ist alles, was dem Untergang der Welt noch im Wege steht ...
Band 5 ist das fesselnde Finale der packenden YA-Fantasy-Reihe mit einem epischen Kampf von Himmel gegen Hölle und einer großen Entscheidung - für alle Fans von Marah Woolf und Julia Kuhn.
Alle Bücher der Embrace-Reihe:
Band 1 - Erwacht
Band 2 - Verlockt
Band 3 - Gebannt
Band 4 - Entbrannt
Band 5 - Vereint
Jessica Shirvington hat eine Kaffeeimportfirma gegründet und geleitet und nebenbei zu schreiben begonnen. Sie lebt mit ihrem Mann Matt, einem bekannten australischen Leichtathleten, und ihren zwei Töchtern in Sydney. Neben ihrer Familie widmet sie sich mittlerweile ganz dem Schreiben.
Kapitel Eins
»Doch ich muss tun, was ich versprach,
und Meilen gehn, bevor ich schlaf,
und Meilen gehn, bevor ich schlaf.«
Robert Frost
Mein Pulli war klamm und feucht – wieder mal –, eine Nebenwirkung des Lebens in London. Ich bemerkte den ständigen Nieselregen schon gar nicht mehr. Die Kälte störte mich nicht. Schließlich war ich die Kälte selbst.
Was mich störte, war der Geruch. Ein Fleischmarkt riecht bei Nacht irgendwie übel. Vor allem, wenn man im Dachvorsprung eingekeilt ist und sich fragt, was über die Jahre hinweg hier alles verspritzt und nie weggeputzt wurde. Ich schauderte.
Der Smithfield Market war gerade ziemlich angesagt, doch ein zäher Hauch von Geschichte hing in der Luft, der ihm eine Atmosphäre verlieh, die darauf hindeutete, dass dieser Ort nicht zum ersten Mal für üble Machenschaften genutzt wurde. Und im Moment war Jagdzeit. Zumindest war ich auf der Jagd.
Ich beobachtete schweigend, wie die Verbannten in die Mitte der riesigen Halle kamen, und registrierte, dass es sechs waren anstatt der vier, die ich erwartet hatte. Kein Problem, wie ich annahm. Ich hatte immer noch das Überraschungsmoment auf meiner Seite.
Die letzten zwei Jahre hatten mich gelehrt, die Banalitäten des Alltags nicht an mich heranzulassen. Natürlich würde der eine oder andere Muskel schmerzen, aber nur körperlich, und damit konnte ich leben. Prügel austeilen und einstecken war notwendig, wenn man eine Grigori – eine Kreuzung aus Mensch und Engel – war, eine Waffe gegen die ständig anwachsende Zahl verbannter Engel auf Erden. Vor allem für mich, der sie einen so farbenfrohen Spitznamen verliehen haben. Ich bin der Keshet – der Regenbogen. Ich hatte es nicht darauf angelegt, doch ich habe meine Entscheidungen getroffen und stehe dazu.
Hier war ich also. Obwohl ich noch immer dahinterzukommen versuche, was genau es bedeutete, der Keshet zu sein, habe ich inzwischen herausgefunden, dass der Wunsch, es zu wissen, mit dem anhaltenden Bedürfnis, überhaupt nicht darüber nachdenken zu müssen, in Konflikt stand. Eins wusste ich jedoch: Irgendwie war ich in der Lage, mit den Engeln einen Raum zu schaffen – einen unbekannten Ort, an dem wir Form annehmen und kommunizieren konnten. Der Engel, der mich gemacht hat und dessen Namen ich noch immer nicht kenne, sagte, dies sei ein Ort der neuen Möglichkeiten. Wofür, wusste ich nicht.
Aber ich weiß, dass es das ist, was ich bin. Das, was ich sein werde.
Die letzten beiden Verbannten schlenderten zu den vieren, die bereits warteten. Früher war es unmöglich für mich gewesen, so nah an Verbannte heranzukommen, ohne dass sie in helle Aufregung gerieten, weil sie meine Anwesenheit spürten. Aber ich hatte im vergangenen Jahr viele Lektionen gelernt, und die nützlichste davon war, meine Schutzmauern aufrechtzuerhalten und so fest zu verschließen, dass Verbannte mich nicht wittern konnten, wenn ich mich wirklich darauf konzentrierte.
So wie jetzt – dem dünnen Schweißfilm nach zu urteilen, der sich auf meiner Stirn gebildet hatte.
Die Verbannten ließen den riesigen Baumwollsack fallen, den sie über den Boden geschleift hatten, und machten ihn auf. Zum Vorschein kamen drei verstümmelte Leichen, die zu den anderen drei entstellten gelegt wurden, die bereits da lagen.
Von meinem Blickwinkel aus war es schwierig zu sagen, wie alt die Leichen waren, und ob der Geruch einen Hinweis darauf geben konnte, wusste ich nicht – der Gestank nach Tod und Fleisch beherrschte diesen ganzen Ort.
Kein Wunder, dass es den Verbannten hier so gut gefiel.
Normalerweise machten sich Verbannte nicht die Mühe, hinter sich aufzuräumen – es spielte keine Rolle, ob man Spuren hinterließ. Normalerweise genossen sie das Chaos und die Verzweiflung, die sie hinterließen. Doch diese hier nicht. Diese Verbannten der Finsternis arbeiteten für jemand anderes. Sie waren einem Plan gefolgt, nach einer Abschussliste vorgegangen; das alles war zu gut durchdacht, als dass einer von ihnen der führende Kopf hätte sein können. Laut unseren Informationen waren sie angeheuert worden. Eigentlich war so etwas unter ihrer Würde, doch offenbar hatte diese Gruppe von Verbannten den Auftrag für spannend genug befunden, um die Demütigung, für den Höchstbietenden zu arbeiten – selbst wenn es ein Mensch war –, in Kauf zu nehmen.
Was den milliardenschweren Geschäftsmann angeht, nun ja, das fällt nicht in mein Ressort, aber irgendjemand wird ihm einen Besuch abstatten. Gleich danach werden sämtliche Beweise für seine Vergehen – abzüglich der Aktivitäten der Verbannten – an die Behörden weitergegeben, und seine Bankkonten werden erheblich abgeschöpft werden, um für die Zukunft der Familien seiner Opfer zu sorgen. Und für unser Honorar, natürlich.
Das, dank gewisser Leute, völlig maßlos ist.
Zwei der Verbannten waren makellos gekleidet: Einer von ihnen trug einen stahlgrauen Anzug und hatte sein Haar in Gaunermanier nach hinten gegelt; der andere trug einen schwarzen Anzug mit schmalem Revers, der seine groß gewachsene Gestalt umschmeichelte und seine modisch zerzausten hellbraunen Haare zur Geltung brachte. Die übrigen vier trugen Freizeitkleidung und waren weniger bemerkenswert, aber auch sie gaben ein perfektes Bild ab. Alle sechs sahen sich die Leichen an wie Fischer, die Größe und Qualität ihres Fangs vergleichen. Meine Hand streifte meinen Dolch, die Klinge, die ich erhalten hatte, nachdem ich vor drei Jahren meine Kräfte empfangen hatte und eine Grigori geworden war. Ich trug ihn immer bei mir. Ich hatte sogar ein Futteral an meinem Bett, damit ich ihn, wenn nötig, rasch ziehen konnte.
Ich hatte auf die harte Tour gelernt – durch den Tod und das Leiden von Menschen, die ich liebte, und seltsamerweise durch meinen eigenen Tod und mein eigenes Leiden –, dass Verbannte vor nichts zurückschrecken. Ihr Wahnsinn und ihre fehlgeleiteten Missionen kennen keine Grenzen, und es macht ihnen Spaß, der Menschheit großen Kummer und Schmerz zu bereiten.
Zumindest heute Nacht würde ich nur Verbannten der Dunkelheit begegnen. Vor ein paar Jahren hatten die beiden entgegengesetzten Seiten – die Verbannten des Lichts und die der Finsternis – einen Waffenstillstand geschlossen. Doch ich bemühte mich natürlich, nicht mehr an diese Zeit zurückzudenken.
Ich bemühte mich die ganze Zeit.
Eine Schrift, die allen Grigori ein Ende setzen konnte, war entdeckt worden und mir in die Hände gefallen. Das an sich war schon ein Teil der Begründung, weshalb mich der Rat abgelehnt hatte. Man beschuldigte mich, mit dem dunklen Verbannten Phoenix verhandelt zu haben. Meine Entscheidung hatte es ihm erlaubt, Lilith – seine Mutter, die erste Verbannte der Finsternis – von den Toten auferstehen zu lassen, und sie hatte sich der Grigori-Schrift bemächtigt. Meine Entscheidung war zu diesem Zeitpunkt einfach gewesen. Phoenix hatte Steph, meine beste Freundin, in seiner Gewalt gehabt, und ich war nicht bereit gewesen, ihr Leben aufs Spiel zu setzen. Ich habe diese Entscheidung niemals bereut – anders als viele andere Entscheidungen, die ich getroffen habe.
Letztendlich war es dadurch leichter, einen Platz in der Akademie abzulehnen, nachdem Josephine ihre Meinung geändert hatte. Das geschah natürlich erst, nachdem ich mein Leben aufgegeben hatte, Lincolns Seele zerbrochen und Phoenix gestorben war – wodurch er bewiesen hatte, dass er nicht nur der Sohn von Lilith war, sondern auch der menschliche Sohn Adams, des ersten Menschen. Das alles war geschehen, damit ich Lilith töten konnte. Und das waren nicht mal die Gründe, über die ich mich bemühte, nicht nachzudenken.
Aber mit ihnen kann ich mich im Moment nicht befassen.
Ich ertappte mich selbst: Ich war bei der Arbeit, und das Letzte, was ich mir jetzt leisten konnte, war, mir einzugestehen, dass ich an ihn dachte.
Die sechs Verbannten machten sich daran, die Überreste der Leichen auf den Verbrennungsofen zuzuschieben, und warfen sie dann achtlos mit ihren übernatürlichen Kräften hinein. Fast hätte ich erwartet, dass sie versuchen würden, Hackfleisch aus ihnen zu machen und es auf Tabletts zu häufen, um es am nächsten Tag zu verkaufen. Ihnen würde ich alles zutrauen.
»Vergesst nicht, ihnen den Zeigefinger abzuschneiden«, befahl einer der Verbannten im Anzug. »Mr George erwartet, dass ich sie ihm heute Abend liefere.«
Was für ein Pech. Aber ich bin mir sicher, dass trotzdem jemand an Mr Georges Tür klopfen wird.
»Ich verstehe immer noch nicht, warum wir ihn nicht auch einfach umbringen«, sagte ein anderer.
»Willst du mich herausfordern?« Der Verbannte, der zuerst gesprochen hatte, trat vor.
Der, der gefragt hatte, tat es ihm nach.
Na also.
»Wenn es sein muss.«
Verbannte geben nie nach. Ihr Stolz und ihre Ichbezogenheit, kombiniert mit ihrem ganz eigenen Wahnsinn, lassen sich einfach nicht ignorieren. Engel sind nicht dafür gemacht, körperliche Gestalt auf der Erde anzunehmen. Obwohl sie schon seit Ewigkeiten existieren, entwickeln sie in einem menschlichen Körper Gefühle, die ihr ursprüngliches Wesen nicht verkraften kann. Das macht sie instabil. Und nahezu unaufhaltsam.
Ich rutschte in eine bessere Position und wartete geduldig, weil ich wusste, dass sich dies zu meinen Gunsten auswirken würde.
Und wirklich: Der Verbannte, der zuerst gesprochen hatte, schlug auch als Erster zu und legte sich mit dem Verbannten im Anzug an. Es dauerte nicht lang. Der Anzugträger war eindeutig...
Erscheint lt. Verlag | 12.5.2014 |
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Reihe/Serie | Die Embrace-Reihe |
Übersetzer | Sonja Häußler |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | Empower #5 von 5 |
Themenwelt | Literatur |
Sachbuch/Ratgeber | |
Reisen ► Bildbände | |
Kinder- / Jugendbuch ► Jugendbücher ab 12 Jahre | |
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ISBN-10 | 3-641-13312-2 / 3641133122 |
ISBN-13 | 978-3-641-13312-2 / 9783641133122 |
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