Der Logikverführer (eBook)

Schlussfolgerungen für alle Lebenslagen
eBook Download: EPUB
2012 | 1. Auflage
240 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-47481-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Logikverführer -  Christoph Drösser
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Logik für alle Lebenslagen Kann ein Mensch ständig lügen? Ist «Sein oder Nichtsein» wirklich die Frage? Und wie findet man den optimalen Gebrauchtwagen? - Von der klassischen Logik bis zu ihren modernen Nachfolgern, von Beweistheorie, Mengenlehre und theoretischer Informatik bis zur fuzzy logic führt Bestsellerautor Christoph Drösser Sie in die Welt des richtigen Schließens ein. In spannenden und lehrreichen Geschichten vermittelt er zwanglos Grundlagen, Besonderheiten und Fallstricke dieser formal strengeren Schwester der Mathematik. Dazu gibt es einen Überblick über die wichtigsten logischen und rhetorischen Fehlschlüsse, mit dem Sie jede Talkshow durchschauen, und eine ganze Reihe pfiffiger logischer Knobeleien.

Christoph Drösser, Jg. 1958, ist Redakteur im Ressort Wissen der «Zeit» und verfasst für sie seit 1997 die Kolumne «Stimmt's?», in der er Fragen seiner Leser nach Mythen und Legenden des Alltags nachgeht. «Stimmt's?» gibt es auch als werktägliche Radiokolumne auf Radio Eins und NDR 2 und bei Rowohlt in einer Reihe von Sammelbänden. Seine «Verführer»-Bücher («Der Mathematikverführer», «Der Physikverführer», «Der Musikverführer», alle bei rororo) sind Bestseller. Christoph Drösser wurde vom «Medium Magazin» als Wissenschaftsjournalist des Jahres ausgezeichnet und erhielt den Medienpreis der Deutschen Mathematiker-Vereinigung für seine Verdienste um die Popularisierung der Mathematik.

Christoph Drösser, Jg. 1958, ist Redakteur im Ressort Wissen der «Zeit» und verfasst für sie seit 1997 die Kolumne «Stimmt's?», in der er Fragen seiner Leser nach Mythen und Legenden des Alltags nachgeht. «Stimmt's?» gibt es auch als werktägliche Radiokolumne auf Radio Eins und NDR 2 und bei Rowohlt in einer Reihe von Sammelbänden. Seine «Verführer»-Bücher («Der Mathematikverführer», «Der Physikverführer», «Der Musikverführer», alle bei rororo) sind Bestseller. Christoph Drösser wurde vom «Medium Magazin» als Wissenschaftsjournalist des Jahres ausgezeichnet und erhielt den Medienpreis der Deutschen Mathematiker-Vereinigung für seine Verdienste um die Popularisierung der Mathematik.

Die Wahrheit und nichts als die Wahrheit


Was hat der Assistent Hufnagel da auf seinen Notizblock geschrieben? Er hat die Aussagen der drei Beschuldigten auf ihren logischen Kern reduziert und sie dann anhand einer Tabelle ausgewertet. Bevor wir das nachvollziehen, müssen wir allerdings einen kleinen Umweg machen und uns mit den Grundlagen der Aussagenlogik beschäftigen.

Die Aussagenlogik ist das einfachste logische System, auch wenn man damit schon recht komplexe Aussagen codieren kann. Sie beschäftigt sich, wie der Name sagt, mit Aussagen: Das sind normalerweise vollständige deutsche Sätze, die entweder wahr oder falsch sind. «Berlin ist die Hauptstadt von Deutschland», «Nächsten Montag wird es regnen», «Es gibt Elfen und Trolle». Es gehören also durchaus Sätze dazu, deren Wahrheitswert ich nicht bestimmen kann (etwa weil eine Aussage über ein Ereignis in der Zukunft getroffen wird, wie im zweiten Beispiel, oder weil ich die Behauptung nicht vollständig nachprüfen kann, wie im dritten Beispiel). Nicht zu den Aussagen gehören etwa Befehle («Iss dein Abendessen auf!») oder Fragen («Wirst du mich immer lieben?»). Eine gute Faustregel: Wenn man vor den Satz die Worte «Der folgende Satz ist richtig:» stellen kann und das Ganze zusammen Sinn ergibt, dann handelt es sich um eine Aussage.

Die Beschränkung auf zwei Wahrheitswerte ist ein wichtiges Merkmal der Aussagenlogik – dadurch wird sie sehr überschaubar. Im täglichen Leben zögern wir manchmal, die Welt so schwarzweiß zu sehen. «Der HSV ist ein erstklassiger Fußballclub» lässt sich sehr gut in die Wahr/falsch-Logik einordnen, wenn man «erstklassig» definiert als «spielt in der ersten Bundesliga». Wenn es dagegen um die Bewertung der Spielweise der Mannschaft geht, dann wird man manchmal zögern, ihr das Attribut «erstklassig» zu geben, und vielleicht nach einem besonders mäßigen Spiel sagen, dass dieser Satz nur halb wahr ist. Um solche «mehrwertigen» Logiken geht es in Kapitel 13.

In der Aussagenlogik werden die Aussagen nicht weiter zerlegt, man bezeichnet sie meist mit großen Buchstaben (A, B, C, …). Neue Aussagen erhält man, wenn man Aussagen durch logische Operatoren miteinander verknüpft.

Ein wichtiger Operator ist der «Nicht»-Operator – er verkehrt jede Aussage in ihr Gegenteil. So wird aus «Morgen wird es regnen» der Satz «Morgen wird es nicht regnen». Wenn A eine Aussage ist, dann schreibt man statt nicht-A auch ¬A, und man kann eine sogenannte Wahrheitstafel aufstellen, die den Wahrheitswert von ¬A beschreibt:

Die Werte «w» und «f» stehen für «wahr» und «falsch», und die Tabelle sagt: ¬A ist falsch, wenn A wahr ist, und wahr, wenn A falsch ist.

Interessant wird es aber erst, wenn man zwei Aussagen miteinander verknüpft. Dazu gibt es (unter anderem) die Operatoren «und», «oder», «wenn … dann» sowie «genau dann, wenn …». Diese Operatoren werden vollständig durch ihre Wahrheitstafeln definiert. Da es für zwei Aussagen vier Kombinationen von wahr und falsch gibt, reichen vier Zeilen aus, um den jeweiligen Operator zu beschreiben, etwa den Operator «und», der auch durch ein Dach-Symbol repräsentiert wird:

Der Operator macht genau das, was wir von ihm erwarten: Die Aussage «A und B» ist nur dann wahr, wenn A und B beide wahr sind – in allen anderen drei Fällen ist sie falsch.

Der Oder-Operator, der an den Buchstaben v erinnert, hat die folgende Wahrheitstafel:

In der Umgangssprache verwenden wir zwei Sorten von «oder». Da ist einmal das sogenannte ausschließende Oder: «Zum Mittagessen gibt es Reis oder Nudeln» – den Satz werden die meisten so interpretieren, dass es entweder Reis gibt oder Nudeln, aber keine zwei Sättigungsbeilagen auf einmal. Der Satz «Morgen kann es regnen oder schneien» dagegen schließt nicht aus, dass beides passiert, also zum Beispiel ein Regenschauer am Morgen, der später in Schnee übergeht. In der Logik wird fast immer das einschließende Oder verwendet, das auch dann wahr ist, wenn beide Aussagen wahr sind.

Wie schon in Kapitel 1 erwähnt, macht vielen Studentinnen und Studenten die Implikation, die «wenn … dann»-Verknüpfung, am meisten Probleme. «Wenn … dann», das suggeriert immer einen inhaltlichen Zusammenhang zwischen den beiden Aussagen, im strengsten Fall sogar eine Kausalität: «Wenn es regnet, wird die Straße nass». Aber auch hier geht es nur um eine rein formale Verknüpfung, die vom Inhalt der beiden Aussagen völlig absieht. Folgendermaßen ist die Implikation definiert:

Sie lässt sich am besten beschreiben mit zwei Bedingungen: Aus etwas Wahrem darf man nichts Falsches folgern – und aus etwas Falschem darf man alles folgern.

Gleich ein verwirrendes Beispiel: Wie sieht es aus mit dem Satz «Aus nicht-A folgt A»? Dafür kann man schnell eine Tabelle aufstellen, die nur zwei Zeilen hat:

Und das heißt: Der Satz «Wenn Christian Wulff nicht Bundespräsident ist, dann ist Christian Wulff Bundespräsident» war während Wulffs Amtszeit ein wahrer Satz, heute ist er falsch! Verrückt, oder?

Der Operator «A genau dann, wenn B» wiederum ist einer, der ziemlich exakt dem Gebrauch in der Umgangssprache entspricht. Man darf sich nur wieder nicht zu viele Gedanken über den Zusammenhang zwischen A und B machen – die Logik schert sich nicht darum, sie ist nur an den Wahrheitswerten interessiert. Die Aussage ist wahr, wenn A und B denselben Wahrheitswert haben, und falsch in den anderen beiden Fällen.

Gibt es noch mehr logische Operatoren? Man sieht leicht, dass man für einen Operator, der zwei Aussagen miteinander verknüpft, genau 16 verschiedene Wahrheitstafeln aufstellen und entsprechend 16 Operatoren definieren kann. Aber so viele braucht man nicht, denn alle lassen sich durch Kombinationen der bisher definierten Operatoren darstellen. Und nicht einmal die bräuchte man alle – zum Beispiel lässt sich der Operator «wenn A, dann B» auch darstellen als «B oder nicht-A». Das soll der erste logische «Satz» sein, den wir beweisen. Dazu stellen wir die Wahrheitstafel für «B oder nicht-A» auf:

Das ist genau dieselbe Wahrheitstafel wie in der Definition der Implikation. Die lässt sich also auch beschreiben als «B ist wahr oder A falsch oder beides».

Man kann leicht zeigen, dass sich alle logischen Operatoren als Kombination von «nicht» und «oder» darstellen lassen. Und man kann die Reduzierung noch weiter treiben. Dazu braucht man allerdings einen neuen Operator, den «NAND-Operator», auch als «Sheffer-Strich» bezeichnet. Mit ihm lassen sich sämtliche anderen Operatoren einschließlich des «Nicht» konstruieren! «NAND» kommt vom englischen not-and, und das ist genau das, was der Operator darstellt: Die Aussage «A NAND B» ist das exakte Gegenteil der Und-Verknüpfung – sie ist nur dann falsch, wenn A und B beide wahr sind. Als Wahrheitstafel:

Hier sind die Umschreibungen der anderen Operatoren mit dem Sheffer-Strich:

 

Probieren Sie es ruhig einmal und stellen Sie ein paar der entsprechenden Wahrheitstafeln auf!

So wichtig diese Kenntnis theoretisch ist, so wenig nützt sie in der Praxis – die entsprechenden NAND-Ausdrücke werden einfach zu lang. Nehmen wir zum Beispiel die Aussage:

«Wenn es regnet, dann verlasse ich das Haus nur mit Regenschirm.»

Setzen wir R für «Es regnet», H für «Ich verlasse das Haus» und S für «Ich habe einen Regenschirm dabei», dann kann man die Aussage schreiben als

 

Das ist eine recht übersichtliche logische Formel. Mit dem Sheffer-Strich würde sie so aussehen:

 

 

Da muss man schon zählen, ob es genauso viele rechte wie linke Klammern gibt! Und einen intuitiven Sinn ergibt der Ausdruck nicht.

 

Aber zurück zum Bankraub: Was hat Hufnagel auf seinen Zettel geschrieben? Er hat eine vollständige Wahrheitstafel aufgestellt für die drei Aussagen «Arnie war am Raub beteiligt», «Bodo war am Raub beteiligt» und «Chris war am Raub beteiligt», kurz A, B und C. Es gibt insgesamt acht mögliche Kombinationen von Wahrheitswerten (siehe Tabelle).

Wie lassen sich die drei Aussagen der vorbestraften Mitbürger darstellen? Jeder von ihnen behauptete, dass er selber unschuldig sei, und beschuldigte dann einen oder zwei seiner Kumpel.

Arnies Aussage: [4]

Bodos Aussage:

Chris’ Aussage:

Was bedeutet die letzte Spalte, die Hufnagel mit «kongruent?» überschrieben hat? In dieser Spalte wird die Annahme codiert, die der Assistent am Anfang seiner Überlegungen gemacht hat, nämlich dass jeder Schuldige lügt und jeder Unschuldige die Wahrheit sagt. Das heißt: Der Wahrheitswert der Aussage von Arnie muss genau der umgekehrte der Aussage A sein, Entsprechendes gilt für die Aussagen von Bodo und Chris. Und wenn man dies für jede Zeile der Tabelle untersucht, dann bleiben nur drei Zeilen übrig, in denen das für alle drei Beschuldigten der Fall ist. Die drei Zeilen sind grau unterlegt, und in jeder von ihnen hat die Aussage B den Wahrheitswert w – also schließt Hufnagel messerscharf, dass Bodo auf jeden Fall an dem Bankraub beteiligt war.

Die zweite und dritte graue Zeile...

Erscheint lt. Verlag 1.12.2012
Zusatzinfo Zahlr. s/w Abb.
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Natur / Technik Naturwissenschaft
Mathematik / Informatik Mathematik
Technik
Schlagworte Alltag • Alltagsfragen • Beispielsammlung • Beweistheorie • Denksport • Fuzzy Logic • Knobeleien • Logische Rätsel • Mengenlehre • Rätsel
ISBN-10 3-644-47481-8 / 3644474818
ISBN-13 978-3-644-47481-9 / 9783644474819
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