Die Zuckerbäckerin (eBook)

Eine historische Saga über russische Königinnen an deutschen Höfen
eBook Download: EPUB
2012 | 1. Auflage
480 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-0414-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Zuckerbäckerin -  Petra Durst-Benning
Systemvoraussetzungen
9,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Die Zarentochter Katharina wird 1815 mit dem württembergischen König Wilhelm verheiratet. Sie fühlt sich fremd in Stuttgart, bis sie den lebhaften Schwestern Eleonore und Sonia begegnet. Die beiden leben in ärmlichen Verhältnissen, kennen Hunger und Zurückweisung. Bis Katharina sie als Mägde ins Schloss holt, wo Eleonore das Handwerk der Zuckerbäckerin lernt. Die drei ungleichen Frauen halten den Hof in Atem. Bald mischen sich Liebe, Verrat und Intrigen unter die süßen Düfte, die Eleonore als Zuckerbäckerin kreiert. »Petra Durst-Benning versteht es wunderbar, zu unterhalten und vergessene Orte mit Leben zu füllen.« SWR

Petra Durst-Benning ist eine internationale Bestsellerautorin. Seit ihrem Debütroman begeistern ihre mutigen Frauenfiguren die Leserinnen und laden sie zu großen Abenteuern ein. Viele ihrer Romane werden verfilmt. Petra Durst-Benning lebt mit ihrem Mann bei Stuttgart.

Petra Durst-Benning ist eine internationale Bestsellerautorin. Seit ihrem Debütroman begeistern ihre mutigen Frauenfiguren die Leserinnen und laden sie zu großen Abenteuern ein. Viele ihrer Romane werden verfilmt. Petra Durst-Benning lebt mit ihrem Mann bei Stuttgart.

1


Verstohlen schaute Eleonore sich um. Sie hatte das Gefühl, als sei ihr Herzschlag über das ganze Marktgetümmel hinweg für jedermann zu hören. Sie atmete tief durch, doch nichts auf der Welt hätte es in diesem Augenblick vermocht, die Spannung in ihrer Brust zu lösen.

»Was wir vorhaben, ist der blanke Wahnsinn! Sonia! Ich flehe dich ein letztes Mal an: Laß uns verschwinden! Noch haben wir Zeit!«

Mit angezogenen Knien, den Rücken an die alte Friedhofsmauer gelehnt, kauerte Sonia neben ihr, den Kopf in scheinbarer Erschöpfung auf den Knien abgestützt.

Als keine Antwort kam, rüttelte Eleonore am Arm ihrer Schwester. Wie konnte sie nur hier und jetzt eindösen?

Nach außen hin immer noch den Anschein schläfriger Gleichmütigkeit erweckend, drehte Sonia ihr endlich den Kopf zu. Ein Blick in ihre Augen verriet Eleonore, daß sie hellwach war.

»Halt endlich deinen Mund, du feige Nuß«, zischte sie Eleonore zu. »Wenn’s nach dir ginge, würden wir heute wieder mit knurrendem Bauch schlafen gehen! Dazu habe ich jedoch keine Lust! Mir ist schon ganz schwindlig vor lauter Hunger.« Voller Selbstmitleid blickte Sonia an ihren viel zu weiten Röcken hinab, durch die sich ihre mageren Knie wie zwei spitze Keile bohrten.

Für einen Augenblick war Eleonore versucht, ihren Widerstand aufzugeben. Auch sie hatte Hunger. Beinahe unerträglichen Hunger. Doch den ganzen Tag darüber zu jammern wie Sonia nutzte niemandem etwas. Jeder hatte Hunger. Das ganze Land hungerte. Doch niemand tat dies so laut und heftig wie Sonia. Eleonore seufzte. Vielleicht konnte Sonia das beißende Gefühl in ihrem Körper wirklich schlechter ertragen als andere. Hilflos suchte sie nach ein paar tröstenden Worten, als die Schwester sie erneut anfauchte:

»Außerdem – wo hast du deinen Schneid gelassen? Denk an unsere Mutter! Die hätte nie gekniffen!« Ihre dunkelbraunen Augen funkelten kalt wie zwei Sterne am winterlichen Himmel.

Wer die beiden Schwestern nicht näher kannte, staunte oft darüber, wie ähnlich sie sich äußerlich waren, und murmelte etwas von »aus dem gleichen Holz geschnitzt«. Wer sich aber die Mühe machte, genauer hinzuschauen, mußte dieses Urteil zwangsläufig revidieren. Es stimmte, Eleonore und Sonia hatten beide das gleiche kastanienbraune Haar, die gleichen dunkelbraunen Augen. Nur, daß Sonias Haar eine Spur störrischer zu sein schien als Eleonores. Dafür glänzten deren Augen eher wie warmer Milchkaffee, während die Augen ihrer Schwester einen kühlen Schimmer ausstrahlten. Und obwohl beide den gleichen rostroten Mund hatten, wirkten Sonias Lippen fleischiger, fester, ihre gewagte Wölbung auf eine seltsame Art herausfordernder als bei Eleonore.

»Mutter!« gab diese müde zurück. »Die hätte sich nie an eine solche Tollheit gewagt!« Eleonore schüttelte den Kopf. Sie war zwar nur ein Jahr älter als Sonia, doch manchmal hatte sie das Gefühl, als habe die Schwester ihre Mutter nicht wirklich gekannt, sondern immer nur mit den Augen einer Fremden betrachtet. Die große Räuberin Columbina, »die schwäbische Sackgreiferin«, wie sie genannt wurde. Selbst die rauhesten Burschen hatten Respekt vor ihr, das stimmte schon! Aber wies drinnen in Columbina aussah, davon hatte Sonia nie etwas gewußt. Sie war von der Mutter immer geschont worden. Wenns darum ging, über die immer schärferen Verordnungen gegen die Vaganten zu lamentieren, dann war es Eleonore, der sie die Ohren vollheulte. Wenn sie im Rausch ihre drei Ehemänner beklagte, die sie durch den Strick oder das Fallbeil verlorenen hatte, dann war es Eleonore, die ihr zuhören mußte. Sonia wurden immer nur aufregende Geschichten von Columbinas früheren Taten erzählt, bei denen sie stets mit fetter Beute und höchstens einem blauen Auge davongekommen war. Oftmals hätte Eleonore ihr dann ins Gesicht schreien mögen: »Sei still, Mutter, hör endlich auf, uns mit deinen Märchen einzulullen!« Doch gesagt hatte sie nie etwas. Welchen Sinn hätte es auch gehabt? Sonia war den Geschichten ihrer Mutter längst verfallen, weigerte sich, die Armseligkeit von Columbinas Dasein zu erkennen. Selbst nach ihrem Tod im letzten Winter war es Sonia nicht in den Sinn gekommen, Stuttgart zu verlassen und aufs Land zu gehen. Immer wieder hatte Eleonore auf sie eingeredet, doch von einem Leben als Tagelöhnerin wollte Sonia nichts hören. »Kartoffeln in der Erde verbuddeln und Rüben setzen? Nie und nimmer! Soll denn alles umsonst gewesen sein, was Columbina uns beigebracht hat?« Stur wie eine alte Ziege hatte sie ein ums andere Mal die gleiche Antwort gegeben. Daß es bei der ganzen Armut im Land für Sackgreiferinnen so gut wie nichts mehr zu holen gab, davon wollte sie erst recht nichts hören. »Dann müssen wir uns eben neue Wege überlegen, um ans Geld der Leute zu kommen«, war ihre Antwort gewesen. Und deshalb saßen sie heute hier. Tagelang hatte Sonia nichts anderes getan, als auf dem Marktplatz herumzulungern und zu beobachten: Wer machte hier seine Besorgungen? Wann kamen die Leute, die aussahen, als hätten sie etwas Geld im Sack? Die Dienstboten und Küchenmägde, das hatte sie schnell heraus, waren die ersten, die frühmorgens auf dem Markt auftauchten. Mit abgezählten Kreuzern in der Hand machten sie die ihnen aufgetragenen Einkäufe, um dann schnell wieder nach Hause zu hasten, wo ein langer Tag voller Arbeit auf sie wartete. Von denen war nichts zu holen, erkannte Sonia und schaute sich weiter um. Etwas später am Morgen, gegen acht Uhr, kamen die Frauen der Handwerker und Ladenbesitzer. Sie, die erst aufstehen mußten, nachdem ihre Mägde das Feuer geschürt und das Morgenmahl für die Familie zubereitet hatten, nahmen sich für die Markteinkäufe mehr Zeit als die Dienstboten. Sie stellten ihre sperrigen Körbe mitten im Weg ab, hielten hier ein Schwätzchen, lauschten da einem Scherz, um sich dann langsam auf den Weg in einen arbeitsamen Tag zu machen. Nein, auch diese Weiber waren es nicht wert, Kopf und Kragen zu riskieren. Trotzdem hielt Sonia mit zäher Verbissenheit an ihrer Überzeugung fest, der Stuttgarter Wochenmarkt biete ein neues und erträgliches Betätigungsfeld für ihre Diebstähle. Am Samstag war es endlich soweit gewesen: Sie hatte die geeigneten Opfer entdeckt.

Eleonore seufzte erneut.

»Da kommen sie!« Wie eine Katze glitt Sonia aus ihrer zusammengekauerten Stellung in die Hocke und suchte dann hinter der Kirchenmauer Deckung. Ihre Augen bewegten sich blitzschnell hin und her, um nur ja kein noch so unbedeutendes Detail zu übersehen.

Da waren die Bediensteten der königlichen Hofküche: Wie jeden Samstag um die gleiche Zeit wälzte sich die kleine Gruppe mühevoll über den Stuttgarter Markt, um das zu kaufen, was die königlichen Gärten und Gewächshäuser nicht selber herzugeben vermochten. Angesichts des mageren Angebots der einzelnen Marktstände fand Eleonore dies jedoch mehr als verwunderlich: hier ein paar ausgemergelte Hasen, da ein paar Körbe mit Rüben und Kraut, dort kleine Bündel getrockneter Pfefferminze oder Kamille – mehr konnte man auf dem Markt schon lange nicht mehr erstehen. Und trotzdem: Woche für Woche kamen sie samstags aus dem Stuttgarter Schloß hierher, um einzukaufen. An vorderster Stelle marschierte dabei immer derselbe Mann. Von kräftiger Statur, mit fleischigen Armen und einem Blick wie ein Geier, der seine nächste Aasmahlzeit erspäht, musterte er die feilgebotene Ware. Eleonore vermutete, daß er der Küchenvorsteher oder der Koch war. Jedenfalls hatte er den anderen etwas zu sagen, denn auf sein Geheiß hin wurde Ware eingepackt und den Trägern mit ihren großen Körben übergeben. Was darauf folgte, hatte es Sonia besonders angetan: Die zweite Person des Küchentrupps – ein unscheinbares Weib mit fahlblonden Haaren, die sie unter einer wollenen Schute versteckte – öffnete die große, lederne Geldkatze, die sie am Gürtel trug, und bezahlte für die erhaltenen Waren. Auf diese Geldkatze hatte Sonia es abgesehen, seit Tagen sprach sie über nichts anderes mehr. Wieviel Geld wohl darinnen wäre, und was sie damit alles machen und kaufen könnten. Eine Verrücktheit! Schon wenn Eleonore die fleischigen Arme des vordersten Mannes sah, tat ihr alles weh. Mit den Trägern hätten sie es ja noch aufnehmen können. Erstens hatten die alle Hände voll mit ihren Körben, und zweitens sahen sie nicht so aus, als wäre eine Verfolgungsjagd über den Markt in ihren Augen etwas besonders Erstrebenswertes. Obwohl – der letzte von ihnen war gar nicht so übel geraten. Hochgewachsen mit langen Beinen, ebenfalls kräftigen Armen und großen Händen, die sicherlich wußten, wie man eine Frau anzupacken hatte. Sein erdbeerrotes Haar gefiel Eleonore nicht sonderlich gut, aber waren nachts nicht alle Katzen grau? Was denke ich da eigentlich, schalt sie sich. Als ob so einer sich mit ihresgleichen abgeben würde! Der trieb’s doch sicherlich mit den feinen Mägden, Küchenweibern und wer sonst noch auf dem Schloß zu schaffen hatte.

»Lorchen, paß auf!« Erregt stieß Sonia sie in die Seite. Der Küchentrupp hatte nun nur noch einen Marktstand zu begutachten.

Lorchen. Wütend biß Eleonore ihre Zähne zusammen. Wenn es überhaupt etwas gab, wofür sie Columbina dankbar war, dann war es ihr Name. Eleonore. Ein vagabundierender Gelehrter, der sein Lehramt bei einer Adelsfamilie verloren hatte, nachdem er einer der Töchter zu nahe getreten war, hatte ihr einst erklärt, daß der Name aus dem Arabischen stamme und soviel wie »Gott ist mein Licht« bedeute. Zum Ärger von Sonia wußte er über deren Namen nichts zu berichten. Seitdem nannte...

Erscheint lt. Verlag 10.8.2012
Reihe/Serie Die Zarentochter-Saga
Die Zarentöchter-Saga
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Romane / Erzählungen
Sachbuch/Ratgeber Essen / Trinken
Schlagworte 1816 • Alte • Amerika • Baden-Württemberg • Band • Bayern • Beginn • Berlin • Bremen • Buch • Bücher • Bundesrepublik • Deutsch • Deutsche • Deutschland • eleonore • Ende • England • Erinnerungen • Europa • Familie • Fantasy • Flüchtlinge • Frankfurt • Frankreich • Französische • Frau • Frauen • Frauenunterhaltung • Gefühl • Geschichte • Gott • Gottes • Große Gefühle • Grund • Hall • Historical • Historische • Historischer • Historischer Roman • Hof • Hofstaat • Jahr • Jahre • Jahrhundert • Kind • Kinder • Kirche • König • Königin • Königin Katharina • Kopf • Krone • Land • Leben • Leidenschaft • Lieb • Liebe • Lieber • Liebesroman • Macht • Mädchen • Mensch • Menschen • Migration • Mittelalter • mittelalters • Namen • Philosophie • Politik • Recht • regional • Rezepte • Ritter • Roman • Romane • Romantik • Salzburg • Samenhändlerin • Schicksal • Schweiz • Schwestern • Spannung • Staaten • Stories • Stuttgart • Süßspeisen • Taxi • Thriller • Verrat • verraten • Welt • Weltweit • Wilhelm I. • Wort • Württemberg • Zarentochter • Zeit • Zeiten • Zucker
ISBN-10 3-8437-0414-7 / 3843704147
ISBN-13 978-3-8437-0414-4 / 9783843704144
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Die Geschichte eines Weltzentrums der Medizin von 1710 bis zur …

von Gerhard Jaeckel; Günter Grau

eBook Download (2021)
Lehmanns (Verlag)
14,99