Total besteuert (eBook)

Wie ich einmal ganz alleine den Staatshaushalt retten sollte

(Autor)

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2010 | 1. Auflage
160 Seiten
dtv Deutscher Taschenbuch Verlag
978-3-423-40310-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Total besteuert -  Ursula Ott
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Wie ich einmal ganz alleine den Staatshaushalt retten sollte Als Durchschnittsverdiener ist man hierzulande arm dran. Da zahlt man nämlich so viel Steuern wie in keinem anderen Land der Welt. Was Wunder also, dass drei Viertel aller Deutschen das Steuersystem ungerecht finden und Steuern auf Platz 5 der Auswanderungsgründe rangieren. Als persönlich leidvoll Betroffene - kürzlich hat eine Steuerprüfung sie ereilt - geht Ursula Ott das Thema mit viel Verve und auch Ironie an. Sie schreibt, warum man sich seinen Steuerberater mindestens so sorgfältig aussuchen sollte wie seinen Friseur. Warum mit Finanzbeamten auf Partys keiner reden will. Warum schon allein der Anblick eines Steuererklärungsformulars entschiedene Unlustgefühle auslöst. Und fragt sich vor allem: Warum bloß verbringen wir so viel wertvolle Lebenszeit damit, unsere Bücherquittungen über ? 7,90 zu sortieren, während der Staat den Banken gerade 20 Milliarden Euro überweist?  

Ursula Ott, geboren 1963, studierte Diplom-Journalistik und Politik und besuchte die Deutsche Journalistenschule. Danach arbeitete sie u.a. als Gerichtsreporterin und >Brigitte<-Kolumnistin, als Redakteurin bei >Emma< und >Die Woche<. Seit Ende 2005 ist sie stellvertretende Chefredakteurin von >chrismon< und lebt in Köln.  Neben ihrem aktuellen Werk >Total besteuert< finden Sie bei dtv auch Otts Ratgeber für selbstbewusstes Scheitern.    

Ursula Ott, geboren 1963, studierte Diplom-Journalistik und Politik und besuchte die Deutsche Journalistenschule. Danach arbeitete sie u.a. als Gerichtsreporterin und ›Brigitte‹-Kolumnistin, als Redakteurin bei ›Emma‹ und ›Die Woche‹. Seit Ende 2005 ist sie stellvertretende Chefredakteurin von ›chrismon‹ und lebt in Köln.  Neben ihrem aktuellen Werk ›Total besteuert‹ finden Sie bei dtv auch Otts Ratgeber für selbstbewusstes Scheitern.    

Lustkiller Steuererklärung


Warum uns die Steuer so nervt

Wolfgang M. ist Professor für Soziologie, wohnt in Köln und arbeitet in Frankfurt. Wenn er am Freitagabend nach Köln kommt, hat er genau 48 Stunden bei seiner Familie. Davon gehen jeden Samstag zwei Stunden für Abrechnungen drauf. Welche Ausgaben sind diese Woche für die doppelte Haushaltsführung angefallen, welchen Anteil der Stromrechnung und der Umlagen kann er steuerlich geltend machen? Wie viele Kilometer spuckt der Routenplaner im Internet für die Dienstreisen nach München, Wiesbaden und Mainz aus? Sind wirklich alle Briefmarkenquittungen komplett, hat der Hilfsverein für verfolgte Journalisten seine Spendenquittungen endlich geschickt, und welche Summe bei der Fensterputzer-Rechnung entfällt auf Lohnanteil inklusive Mehrwertsteuer? Seine Frau hasst das Thema »Steuer«. »Erst wenn er am Samstag gegen zwei mit dem Kram durch ist, kann man ihn für irgendwas gebrauchen«, sagt sie, »vorher hat er nur schlechte Laune.«

Sabina F. ist freischaffende Künstlerin in Hamburg. Sie verdient wenig, Geld für einen Steuerberater hat sie nicht. Aber ständig ein schlechtes Gewissen, sie müsste sich eigentlich um die Steuer kümmern. »Aber immer, wenn ich samstags die Schuhschachtel angucke, in der die Quittungen vom Farbengeschäft liegen«, sagt sie, »dann fällt mir ein, dass Geschirrspülen auch ganz schön ist.« Alles besser als Steuer.

Volker N. ist Teamleiter bei einem Autozulieferer in Karlsruhe. Er hat ein paar stressige Jahre hinter sich, Scheidung, Streit ums Kind, neuerdings Angst um den Arbeitsplatz. Die Steuer hat er einfach verdrängt, Briefe vom Finanzamt ungeöffnet auf einen Stapel geworfen. Geht natürlich nicht, jetzt hat das Finanzamt ihn geschätzt. »Steuererklärung« ist für ihn ein Reizwort. Oder soll man sagen: das Gegenteil. »Wenn ich im Fitnessstudio bin und diese Mädels in ihren ultraknappen Sportsachen sehe«, sagt er, »wusste ich früher nie, wie ich meine Blutzirkulation in den Griff kriege.« Jetzt hat er eine Methode gefunden. »Mir reicht der Gedanke an die Steuererklärung«, sagt er, »und nichts rührt sich mehr bei mir. Echt praktisch.«

Steuer ist – bah. Lustkiller, Spaßbremse, Nervpotenzial. So lästig wie ein Pickel. Warum ist das so? Warum bekommen fast alle Menschen schlechte Laune, wenn sie an ihre Steuererklärung denken?

Da kommen drei Dinge zusammen: erstens das tief sitzende Gefühl, dass es ungerecht zugeht mit unseren Steuern, dass irgendwie alles ein großer Beschiss ist. Zweitens das diffuse schlechte Gewissen, sich im Dickicht von Paragrafen, Steuernovellen und unleserlichen Benzinquittungen verheddert und doch irgendwas falsch gemacht zu haben. Gepaart mit der stillen Wut, dieser Fehler könnte durchaus auch zu unseren Ungunsten sein. Mist, doch was übersehen, was wir noch hätten absetzen können? Und drittens – die große Sinnfrage: Warum müssen wir überhaupt so viele kostbare Stunden unserer Lebenszeit mit diesen Schuhkartons voller unleserlicher Quittungen verbringen? Uns die Laune von diesen hässlichen grauen Briefen vom Finanzamt verderben lassen? Hätte ich in derselben Zeit nicht den neuen Krimi von Martin Suter lesen können, mit meinen Kindern Englischvokabeln pauken, ein Glas österreichischen Rotwein trinken oder entspannten Sex haben können?

Das erste Gefühl – UNGERECHT! – sitzt tief in der deutschen Seele. Was sagen die Deutschen auf die Frage, welche Bereiche in Politik und Sozialem sie als ungerecht empfinden? Nein, es ist nicht die böse, kalte, kinderfeindliche Politik, die so schnöde mit Familien umgeht, es sind noch nicht mal die Managergehälter oder die zu mageren Renten, die ganz vorne genannt werden. Es ist das Steuersystem, das auf dieser Skala auf Platz eins kommt: 82 Prozent der Deutschen finden, dass das deutsche Steuersystem ungerecht ist.

 

Kein Wunder, dass so viele versuchen, ihm zu entkommen. Fragt man deutsche Auswanderer, warum sie das Land verlassen haben, sagt jeder fünfte, wegen der hohen Steuern und Abgaben in Deutschland. Dieser Auswanderungsgrund rangiert noch vor den Motiven »Lebensqualität« und »Lebensstandard«. Goodbye, Deutschland.

175 000 Deutsche haben 2008 das Land verlassen – eine Rekordzahl seit Kriegsende. Aber selbst wenn einer sich ein Herz gefasst hat und sein Bündel schnürt, entkommt er dem Finanzamt nicht so ohne Weiteres. Besitzt ein Auswanderer zum Beispiel Aktien, hält das Finanzamt flugs die Hand auf: Kaum hat man das Visum für Neuseeland in der Tasche, schon erhebt der deutsche Fiskus Steuern auf bis dahin entstandene Wertsteigerungen. Und das ist auch ganz in Ordnung so, hat der Bundesfinanzhof vor Kurzem entschieden und damit einen Auswanderer zurechtgewiesen, der sich den modernen Wegezoll nicht gefallen lassen wollte. Pech gehabt – je nachdem, in welches Land er zieht, muss der Deutschlandmüde sein Kapital sogar doppelt versteuern, das haben die obersten Richter hiermit bestätigt. Einmal als »Wegzugsteuer« in Good old Germany, einmal als Kapitalsteuer in der neuen Heimat.

Und so wandern viele Deutsche gar nicht selbst aus. Sondern lassen lieber ihr Geld auswandern. Eine Heerschar von Anlagebetrügern lebt vom generellen Steuerfrust der Deutschen. Hauptsache Steuern sparen – mit diesem Argument lassen sich selbst die dubiosesten Investmentfonds verkaufen.

Medard Fuchsgruber ist Wirtschaftsdetektiv in München, er spürt seit 20 Jahren Anlagebetrüger auf der ganzen Welt auf. Manchmal wundert er sich, welchen windigen Geldanlagen die Kunden aufgesessen sind. Im wahrsten Sinne des Wortes. »Ein Betrüger verkaufte Beteiligungen an Windkraftanlagen, die er auf ein Schiff stellte«, erzählte Fuchsgruber der ›Süddeutschen Zeitung‹. »Das Schiff fiel um, das Geld war weg.«

Ja, sind die Leute denn total blöd? Nein, sie wollen Steuern sparen. »Das ist den Deutschen wichtiger als Sex«, weiß Fuchsgruber, »drum werben Betrüger fast immer mit steuerlichen Vorteilen.«

Das Gefühl der Ohnmacht überkommt nicht nur Normalverdiener, die auf eben diese Betrüger hereinfallen. Selbst ein mutmaßlicher Großverdiener wie der Karlsruher Philosophie-Professor Peter Sloterdijk wütete auf zwei Seiten in der ›Frankfurter Allgemeinen Zeitung‹ über den Staat als »geldsaugendes und geldspeiendes Ungeheuer«. Klar, einer wie er verdaddelt wahrscheinlich kein Geld mit Windrädern und Schiffen. Nein, der Professor wundert sich vielmehr, dass nicht längst ein »antifiskalischer Bürgerkrieg« der Steuerzahler ausgebrochen ist. Aber der Deutsche macht so schnell keine Revolution. Er schimpft und zahlt. Und ist stinksauer.

Denn zum Gefühl des großen Beschisses kommt noch das Gefühl der eigenen Unzulänglichkeit. Denn eines ist doch klar: Wie du es machst, machst du es falsch. Machst du es dir leicht und erledigst deine Steuererklärung an einem Nachmittag, kannst du sicher sein: Da wär noch was gegangen. Hättest du nicht doch den Verlust aus diesem abgestürzten Investmentfonds angeben können? Wäre es nicht doch besser gewesen, statt des eigenen Autos die Bahntickets abzusetzen für die Fahrten zum Arbeitsplatz?

Bist du hingegen der Typ »Optimierer«, wirst du erst recht unglücklich sein, wenn der Steuerbescheid kommt. Klar, du hast das letzte Urteil zur Pendlerpauschale berücksichtigt und dem Finanzamt belegt, dass dein Lebensmittelpunkt neuerdings 50 Kilometer entfernt liegt. Aber, verdammt, hätte man nicht doch noch einen zweiten Wohnsitz nachweisen können? Es ist wie überall im Leben: Wer beim Kauf acht Handys vergleicht, wird nie sicher sein, dass er wirklich das beste ausgewählt hat. Sondern vom diffusen Gefühl beschlichen, das neunte wäre perfekt gewesen.

Also: Egal wie man es anstellt, Steuererklärungen machen unglücklich. Fast alle Steuerzahler. Sowohl die – eher jüngeren, männlichen, sportlichen –, die den mächtigen Staat als Sparringspartner sehen, den sie bekämpfen, aber nie besiegen werden. Als auch die – eher älteren, weiblichen, eingeschüchterten –, die noch richtig Respekt haben vor Vater Staat. Der sie womöglich bestrafen wird, wenn sie nicht alles korrekt ausgefüllt haben.

Deutlich wurde das im August 2008, als das Finanzministerium ankündigte, ab Oktober allen Rentnern einen Kontrollbescheid zuzuschicken, ob sie denn wirklich ihre Rente versteuert hatten. Formal völlig korrekt, das Gesetz wurde bereits 2005 erlassen – natürlich darf der Staat jetzt mal nachfragen, ob Oma das alles richtig verstanden hat und auch brav bezahlt.

Interessant war die Reaktion der Rentner – in Person ihrer Toplobbyistin Ulrike Mascher. Die war bis 2002 selbst für die SPD im Bundestag, ja sie war sogar Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung. Sprich: Sie war selbst Repräsentantin des Staates.

Jetzt vertritt sie die andere Seite, die der Rentner und Steuerzahler, und schon klingt aus ihren Worten tiefes Misstrauen. »Ältere Menschen fragen sich besorgt: Bin ich denn ein Krimineller, wenn mir das Finanzamt solche Briefe schreibt?«

Post vom Finanzamt – da rutscht offenbar vielen von uns das Herz in die Hose. Oh Gott, habe ich was falsch gemacht?

Dabei kann man – nach vernünftigen mathematischen Wahrscheinlichkeitsrechnungen – sowieso nur Fehler machen. Bei den Steuerformularen für die Rentner ist es ganz offensichtlich: viel zu kompliziert! Sagen fast alle Experten. Die deutsche Steuergewerkschaft schätzt, dass jeder vierte Rentner das Formblatt fehlerhaft ausgefüllt hat, die gesetzliche Rente an der verkehrten Stelle eingetragen oder die Krankenkassenkosten...

Erscheint lt. Verlag 1.10.2010
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte Aktuelles Sachbuch • Auswanderungsgründe • Betriebsprüfer • deutsches Steuersystem • Durchschnittsverdiener • Finanzamt • Finanzbeamte • Hinterfragen des Systems • Humor • Ironie • ironisch geschrieben • Quittungen • Satire • Staatshaushalt • Steuer • Steuerberater • Steuererklärung • Steuererklärungsformular • Steuern • Steuerprüfung • Steuerzahlerherz • ungerechtes Steuersystem
ISBN-10 3-423-40310-1 / 3423403101
ISBN-13 978-3-423-40310-8 / 9783423403108
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