Warum sind Tropenfrüchte so gesund?
In letzter Zeit werden in Deutschland und Südtirol immer mehr Früchte-Fasten-Kuren mit Schwerpunkt Tropenfrüchte angeboten, und viele Kranke pilgern sogar ins Instincto-Zentrum Montramé in der Nähe von Paris, wo die weltweit wohl größte Auswahl an biologisch angebauten Tropenfrüchten zur Verfügung steht. Obstbäume aus warmen Gefilden wie Sharon, Feigen, Kaki, Kiwi, Goji- und Maulbeeren wachsen mittlerweile auch bei uns in geschützten Lagen. Ich selbst habe in meinem Hamburger Garten neuerdings eine kälteresistente Bananenstaude, die sich eifrig durch Schösslinge vermehrt.
Woher kommt dieses Bedürfnis nach Exoten? Franz Konz glaubt, es habe etwas mit der »Harmonie in der Komposition ihrer Lebensstoffe und Bioenergie« zu tun. Tropenfrüchte schmeicheln unserem Gaumen, viele schmecken einfach paradiesisch. Und wer regelmäßig tropische Früchte isst, vielleicht sogar aus biologischem Anbau, erlebt eine Regeneration seiner Lebenskraft und fühlt sich so fit wie vielleicht schon lange nicht mehr. Nach einer Papaya-Kur – vier Wochen lang mindestens eine halbe Papaya zum Frühstück – hat man beispielsweise das Gefühl, auf ein Stück ausgedorrter Erde sei endlich der heiß ersehnte, warme Frühlingsregen gefallen.
Aber sollten wir nicht eher das essen, was in unserer Region wächst? Die Makrobioten sagen sogar, man solle nur das essen, was in einem Radius von vierzig Kilometer um einen herum gedeiht. Daran sei man genetisch angepasst. Andererseits beruht die Makrobiotik auf Reis als Basis. Und haben Sie in Deutschland schon mal Reispflanzen wachsen sehen? Doch zurück zu den »Exoten«. Warum haben wir das Gefühl, zu Hause anzukommen, wenn wir eine Mango essen, eine Durian, eine Litchi oder Jackfrucht?
Diese Früchte wachsen in den Tropen, wo die Vorfahren des Homo sapiens herkommen. Die ältesten Funde von Frühmenschen fand man in Ost- und Südafrika. Erst vor etwa 60 000 bis 30 000 Jahren verteilten sich unsere Vorfahren von dort über die ganze Erde. 60 000 Jahre sind menschheitsgeschichtlich gesehen nicht länger als ein Wimpernschlag. Daher sind wir an Tropenfrüchte genetisch besser angepasst als an unser sogenanntes »heimisches Obst« wie Äpfel, Birnen, Kirschen und Pflaumen, das erst vor etwa achttausend Jahren aus Kleinasien kam. Wussten Sie das?
Wenn wir wissen wollen, welche Nahrung für unseren Körper und unser Gehirn optimal ist, müssen wir in die Steinzeit zurückgehen. Was damals gegessen wurde, war Millionen von Jahren lang die Norm. »Dieser Diät entstammt unser Gehirn« (J. Carper, a. a. O., S. 74). Unsere Vorfahren aßen 65 Prozent (wilde) Früchte, Gemüse, Nüsse und Honig und nur 35 Prozent andere Nahrung wie Wild und Fisch. Die Grundnahrungsmittel der Steinzeit waren Früchte, darunter viele Beeren, und Gemüse beziehungsweise Wildpflanzen. Früchte, Gemüse und Nüsse lieferten 65 Prozent des täglichen Kalorienbedarfs mit mindestens 100 Gramm Ballaststoffen pro Tag.
Die Ernährung unserer Vorfahren war wesentlich vitamin- und mineralstoffreicher als unsere heutige. Wir nehmen heute 15 Gramm Ballaststoffe täglich zu uns, die US-Amerikaner sogar nur 11 Gramm. Die Steinzeit-Nahrung enthielt pro Tag mindestens 600 Milligramm Vitamin C im Gegensatz zu 80 Milligramm heute; 17 Mikrogramm Vitamin A, statt 7 Mikrogramm heute; 33 Milligramm Vitamin E, statt 8 Milligramm in der heutigen Ernährung; 43 Milligramm Zink, statt 10 Milligramm heute; 10,5 Gramm Kalium, statt 2,5 Gramm heute; nur 0,8 Gramm Natrium, statt 4 Gramm heute, und nur 21 Prozent Fett statt heute 42 Prozent. Im Vergleich zu unserer heutigen lieferte die Nahrung unserer Vorfahren das Drei- bis Vierfache an Kalzium und Magnesium, das Sechsfache an Vitamin C und weit mehr Vitamin E und Zink. Unsere ursprüngliche Nahrung enthielt über zehnmal so viel Kalium wie Natrium. Heute essen wir viermal so viel Natrium wie Kalium! Dr. Lothar Burgerstein kommt in Burgersteins Handbuch Nährstoffe zu dem Schluss: »Unsere moderne Ernährung unterscheidet sich ungeheuer stark von derjenigen Ernährung, mit der unsere Spezies ›großgezogen‹ wurde. Wir sind nicht auf eine stark raffinierte, nährwertlose Ernährung mit viel Zucker, tierischem Fett, Salz und Lebensmittelzusätzen eingerichtet.« (Burgerstein, a. a. O., Seite 31)
| Ernährung unserer Urahnen | unsere heutige Ernährung |
Folsäure (mg/Tag) | 360 | 170 |
Vitamin C (mg/Tag) | 600 | 80 |
Kalzium (mg/Tag) | 2000 | 750 |
Ballaststoffe (mg/Tag) | 100 | 12 |
Gesamtfette (% der zugeführten Kalorien) | 21 21 | 42 42 |
Aus: Eaton, Eur. J. Clin. Nutr. 51 (1977) 207 ■ |
Unsere heutige Ernährung besteht nur noch zu 17 Prozent aus Früchten, Gemüse, Hülsenfrüchten und Nüssen. Nur 3,4 Prozent der US-Amerikaner halten sich an die Regel »5 a day« und essen fünfmal Obst und Gemüse am Tag. Die Mehrheit der Lebensmittel, die für uns ganz normal sind – Milchprodukte, Getreide, Zucker, Süßstoffe, raffinierte Fette, Kaffee -, kannten unsere Vorfahren nicht. Getreideprodukte verdrängten Früchte und Gemüse, die Millionen Jahre lang unsere Grundnahrungsmittel waren. Weizen löst bei vielen Menschen Allergien aus, die mit Kopfschmerzen und Depressionen einhergehen, was auf eine genetische Unverträglichkeit hinweist. Unsere steinzeitlichen Vorfahren nahmen auch keine Milchprodukte zu sich, weil sie noch keine Tierhaltung kannten. Wir sind die einzigen Säuger, die nach der Stillzeit Milch zu sich nehmen, und dann auch noch artfremde. Und schließlich kannten die Steinzeitmenschen keinen isolierten Zucker. Der regelmäßige Konsum von isoliertem Zucker kann zu Hypoglykämie, Unterzuckerung und damit zu Ausfällen des Gehirns und Depressionen führen, aber auch zu Diabetes und Osteoporose, einer Unterversorgung mit B-Vitaminen sowie einer Schwächung des Immunsystems (siehe zum Thema »Gefahren durch Zucker und Süßstoffe« mein Buch Stevia – sündhaft süß und urgesund).
Steinzeitmenschen nahmen über ihre Nahrung etwa fünfmal so viele Vitamine und Mineralstoffe auf wie wir und übertrafen damit die heute gültigen Standard-Empfehlungen der DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) bei weitem. Sie kannten kein Junkfood und keine leeren Kalorien. Steinzeitmenschen aßen keine »Gehirnkiller« (Jean Carper), die da sind: raffinierter Zucker, Margarine, Salz in Form von Natriumchlorid, Kuchen, Milch, raffiniertes Speiseöl, Softdrinks, alkoholische Getränke und fettes Fleisch.
Je ursprünglicher unsere Nahrung ist, desto mehr nähern wir uns jener gehirnfreundlichen Diät, die es dem Urmenschen möglich gemacht hat, sein Gehirn soweit zu entwickeln, wie es vom Schöpfer offenbar vorgesehen war, und zur »Krone der Schöpfung« zu werden. Vor vier Millionen Jahren und noch lange Zeit danach, etwa bis vor 10 000 Jahren, als Ackerbau und Viehzucht begannen, war das Essen von sehr hoher Qualität, während es heute so schlecht ist wie noch nie in der Geschichte der Menschheit. Eine gravierende Qualitätsminderung in der Ernährung, auch in Bezug auf das, was für eine optimale Gehirnfunktion förderlich ist, setzte im 20. Jahrhundert ein und dauert fort. Es gab noch nie so viele Übergewichtige, Menschen mit Herz-Kreislauf-Problemen, Krebskranke und Diabetiker wie heute. Eine Milliarde Menschen auf der Welt sind übergewichtig, und genauso viele Menschen hungern (Stand: 2008).
Heute rief mich eine Seminarteilnehmerin aus der Nähe von Plauen an. Der dreizehnjährige Sohn ihrer Nachbarin hat Diabetes II entwickelt. Auch seine vier Geschwister sind extrem übergewichtig. Ihnen droht also das gleiche Schicksal. Auf Nachfrage erzählte sie mir, die alleinerziehende Mutter der Kinder ernähre diese hauptsächlich mit Fastfood, Donuts, Tütensuppen und Fertiggerichten. Ob Reiki da helfe? Ich musste sie enttäuschen.
Entdeckt wurde der Zusammenhang zwischen möglichst ursprünglicher Kost und optimaler Gesundheit von dem französischen Chemiker Dr. Guy-Claude Burger, dem Entdecker der sogenannten »Rohkost-« oder »Instinctotherapie«. Auf die Frage, warum bei ihm so häufig exotische Früchte auf den Tisch kommen, antwortete er: »Weil der Instinkt sie häufig einheimischen Früchten vorzieht« (Burger, Seite 46). Auf den Einwand, »Aber heißt es nicht, man solle das Obst des Landes essen, in dem man lebt?«, entgegnet er: »Unter der Bedingung, dass man in dem Land lebt, dessen Obst man essen soll. Es ist nicht so, dass, bloß weil die Barbaren, unsere Vorväter, sich vor einigen tausend Jahren in diesem Gebiet angesiedelt haben, unsere genetische Anlage sich nun an diese kalten Landstriche gewöhnt hätte, deren glückliche Erben wir wurden. Es wäre schade, sich exotische Früchte zu versagen, denn wenn unser Organismus an diese besser angepasst ist, dann werden sie sich im Hinblick auf unsere Gesundheit ganz besonders segensreich auswirken. Für unsere tägliche Ernährung mögen die einheimischen Früchte ausreichen. Hat man dagegen ein therapeutisches Ziel im Auge, so tut man gut daran, eine möglichst breite Palette zu bieten.« (Burger, Seite 46 und 47)
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