Kein Weg. Kein Ziel. Nur Einheit

Ramesh S. Balsekar (1917 - 2009) schrieb weit über 20 Bücher und hielt Vorträge und Seminare in den USA und Deutschland. Er gilt als einer der großen Advaita-Lehrer unserer Zeit, der die Lehre der Nicht-Dualität einem breiteren westlichen Publikum zugänglich macht.

LIEBE ... Die Liebe des vollkommenen Annehmens. Sie ist das Herz der Lehre und leuchtet nirgendwo heller oder klarer als in den Worten von Ramesh S. Balsekar.Was Sie in Händen halten, ist ein Destillat dessen, was Ramesh über annähernd zwei Jahrzehnte unternommen hat, um Licht ins Dunkel zu bringen und das Mysterium klar hervortreten zu lassen. Für alle, denen es vergönnt war, dem großen Weisen und seinen Worten nahe zu sein, sind diese Lehren etwas Lebendiges geworden. Es sind Lehren, die Kompromissen keinen Raum bieten, sie sind komplex und zugleich sehr, sehr einfach. Unsere Grundannahmen über das, was wir selbst sind und was dieses Universum ist, in dem wir zu leben scheinen, werden hier infrage gestellt. Das lässt uns nicht kalt, es bewegt uns, es verwandelt uns.Dieses Buch enthält zahllose kleine Fingerzeige, Hinweise auf eine tiefe, singulare Wahrheit - unermesslich, nicht erkennbar und doch so nah und vertraut wie unser Atem.Ich hatte das Glück, mehrere von Rameshs Büchern herausgeben zu können, und empfinde es als einen Segen. Unter dem, was zu diesem Buch zusammengetragen wurde, befinden sich auch einige Früchte meiner Arbeit. Die Jahre meiner intensiven Beschäftigung mit Rameshs Worten vermitteln mir ein klares Gefühl für die unglaubliche Tiefe seines Geistes, für ein Mitgefühl, vor dessen Ausmaß ich staunend stehe.Es dürfte kaum eine größere Herausforderung geben als das Bemühen, das Grenzenlose zu erfassen und das Unbeschreibliche zu beschreiben. Es ist natürlich ein Unterfangen, das scheitern muss, und doch hat Rameshs beharrliches Ringen um das Unmögliche nicht nur etwas Heroisches, sondern ist zutiefst inspirierend. Ergebnis dieses Bemühens ist ein Korpus von Schriften, das man mit Fug Weisheit nennen darf - die Weisheit Ramesh S. Balsekars.Wayne Liquorman Hermosa Beach, Kalifornien, 2002EinleitungSRI RAMESH SADASHIV BALSEKAR, am 25. Mai 1917 in Mumbai geboren, ist unbestreitbar für unsere Zeit der führende Lehrer des Advaita, der indischen Philosophie der "Nicht-Zweiheit" oder Nicht-Dualität.Diese wunderbare Lehre entspringt den späteren Upanischaden und wurde von Acharya Shankara, dem großen Weisen des elften Jahrhunderts, in seinem Kommentar zu den Brahmana-Sutras ausformuliert. Im zwanzigsten Jahrhundert verhalf Sri Bhagavan Ramana Maharshi (1879-1950), der Weise vom Berg Arunachala im südindischen Tiruvannamalai, der Advaita-Lehre durch sein exemplarisches Leben, seine Lehrtätigkeit und die Kraft seiner schweigenden Präsenz zu einer Renaissance.Ramesh hat oftmals betont, der eigentliche Anstoß für seine Hinwendung zum spirituellen Leben sei von Ramana Maharshi gekommen. Er betrachtet sich sogar als Schüler des Maharshi, der dessen Werk fortsetzt, und ich selbst habe ihn in Mumbai sagen hören, es obliege ihm, der Welt die höhere Darlegung der Lehre Ramanas zu vermitteln. Jeden Tag verneigt er sich, bevor am Vormittag seine Gespräche mit Besuchern beginnen, vor einem Porträt Ramana Maharshis. Ein weiteres Porträt hängt hinter dem Stuhl, von dem aus er seit über zwanzig Jahren Fragestellern aus aller Welt antwortet. Tausende haben die große Freude erlebt, diesem Weisen und spirituellen Meister zu begegnen, der sich jeder Frage so liebenswürdig und einfühlsam widmet, um dann mit unnachahmlicher Treffsicherheit geschliffene Pfeile der Wahrheit direkt in das Herz des Fragenden zu schießen.Ramana Maharshi lehrte vor allem durch sein Schweigen, aber er hat auch vielfach Fragen beantwortet, und diese Gespräche sind in zahlreichen Büchern veröffentlicht worden. Heute herrscht vielfach die Meinung, er habe seine höheren Lehren einem engeren Kreis von Schülern vorbehalten, die er als reif genug für die ganze, vor keiner heiligen Kuh haltmachenden Radikalität des Advaita-Vedanta ansah. Mit ihnen sprach er intensiv über die reinen Advaita-Texte wie die Rhibu-Gita, die Ashtavakra-Gita, und die Avadhut-Gita sowie manche anderen Texte wie das Yoga-Vashista und Tripura-Rhasa. Seine "Vierzig Verse über die Wirklichkeit" und seine vom Ramanashramam herausgegebenen Essays über Selbsterforschung sprechen diese höheren Lehren klar und unmissverständlich aus.Er hat selbst auch die Haupttexte Shankaras übersetzt, und in seiner Lehre geht es im Wesentlichen um Erkenntnis des Selbst, an die er die Menschen heranführte, ohne jedoch jemals den Glauben infrage zu stellen, denn sie mitbrachten. In seinem unendlichen Mitgefühl wusste er auch die hinduistischen Glaubensüberzeugungen seiner Besucher einzubinden; er begegnete den Menschen, dort, wo sie waren, um sie dann einen Schritt weiter zu führen. Seine fortgeschrittenen Unterweisungen blieben den "trockenen Zweigen" vorbehalten, wie David Godman in seiner zum Standardwerk gewordenen Anthologie Sei, was du bist, herausstellt, und in diesem Buch finden wir Beispiele für alle Stufen, auf denen Ramana den Fragestellern antworte - absolute Aussagen ebenso wie solche, denen Zugeständnisse an den mitgebrachten Glauben der Menschen anzumerken sind.Diesen Faden nun hat Ramesh Balsekar aufgenommen und antwortet seinen Fragestellern von der absoluten Ebene seiner Advaita-Weisheit her, die keinen Spielraum für Zugeständnisse bietet. Es ist im Wesentlichen der Weg der Ergebung, ergänzt um eine sehr gezielt fragende Form der Selbsterforschung. Spirituelle Praxis spielt hier kaum eine Rolle, es wird vielmehr vorausgesetzt, dass eine gewisse Fähigkeit zu geistiger Sammlung bereits gegeben, das heißt durch göttliche Gnade herbeigeführt worden ist.Es gibt etliche Bücher, in denen Gespräche, die Ramesh in seiner Wohnung in Mumbai geführt hat, wiedergegeben sind, aber im Unterschied zu den meisten anderen Advaita-Lehrern unserer Zeit hat er auch selbst Bücher verfasst. Die vorliegende von Ramesh Balsekar und seinem Hauptschüler Wayne Liquorman gutgeheißene Anthologie gewährt thematisch gruppierte Einblicke in diese von ihm selbst verfassten Bücher.Dieser erstaunliche Mann, Absolvent der London School of Economics, brachte es in einer langen Bankerlaufbahn bis zum Direktor der Bank of India. Nach seinem Rückzug aus dem Berufsleben las er einmal in der vom Ramanashramam herausgegebenen Zeitschrift The Mountain Path einen Artikel über den Weisen von Mumbai, Nisargadatta Maharaj, und suchte ihn auf. Schnell übernahm er dort die Aufgabe, Maharajs Antworten auf die Fragen seiner Besucher direkt aus dem Marathi ins Englische zu übersetzen. Nach drei Jahren dieser Tätigkeit kam er zum vollkommenen Verständnis des Advaita und erhielt von seinem Meister zweimal den Auftrag, künftig auch selbst als Lehrer zu wirken. Rameshs erste Bücher sind deutlich von Nisargadatta Maharaj inspiriert, wenngleich auch Ramana Maharshi sehr ausgiebig zitiert wird. Er ist inzwischen (2002) 84 Jahre alt und steht nach wie vor jeden Tag für Gespräche in seinem Penthouse in Mumbai zur Verfügung.