Provence -  Jean Giono

Provence (eBook)

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2024 | 1. Auflage
328 Seiten
Matthes & Seitz Berlin Verlag
978-3-7518-0124-9 (ISBN)
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Wer die Provence bereits kennt, der findet in diesem Buch, was er braucht, um sie neu zu entdecken. Und wer sie nicht kennt, wird sie durch den heimlichen Klassiker Jean Giono lieben lernen. Im Hinterland, dort wo die Provence schroff und spröde wird, und die Schafe seit Jahrhunderten auf die Sommerweiden getrieben werden, hat er seine von lebendigen Naturbeschreibungen satten Betrachtungen über die Landschaft, ihre Pflanzen, Tiere und Menschen verfasst. Jenseits aller Schablonen und vorgefertigter Bilder einer der schönsten Landstriche Europas gelang Giono mit diesem Buch eine sinnliche literarische Einladung zu einer Reise in eine der meistgeliebten, der rätselhaftesten und interessantesten Landschaften Europas.

Jean Giono, geboren 1895 in Manosque im Département Alpes-de-Haute-Provence, 1970 ebenda gestorben, war ein französischer Schriftsteller. Seine frühe Prosa ist stark von naturreligiösen Ansichten geprägt. Neben zahlreichen eigenen Werken veröffentlichte Giono 1941 zusammen mit Lucien Jaques eine Übersetzung von Herman Melvilles Moby Dick bei Gallimard.

VORWORT


Jean Giono ist kein provenzalischer Schriftsteller; er ist ein französischer Schriftsteller, der in der Provence geboren ist. Das sagt er selbst, und zu Beginn dieses Bandes muss das wiederholt werden. Ebenfalls sagt er, und auch da muss man ihm Aufmerksamkeit schenken: »Es gibt keine Provence. Wer sie liebt, liebt die Welt, oder er liebt nichts.« Immer in Opposition zu den nichtssagenden Redensarten, findet er noch im Jahr 1954 diese andere Formulierung: »Der Schriftsteller, der die Provence am besten beschrieben hat, ist Shakespeare.«

Man versteht ihn. Es hat ihn viel Zeit gekostet, um das Etikett des Regionalschriftstellers loszuwerden, und über die Provence schreiben heißt, jedes Mal Gefahr laufen, wiederum so gedeutet zu werden. Seit Ende des letzten Jahrhunderts haben ein paar Schriftsteller die Provence zu ihrem Spezialgebiet gemacht, von denen er sich schließlich unterscheiden muss, noch dazu da das Land selbst mittlerweile durch den erstarkten Tourismus an mehr als einem Ort einen Postkartenaspekt annahm.

Allein, Giono mag noch so sehr auf Distanz gehen, ja immer wieder betonen, dass er nur durch Zufall in der Provence geboren sei, Tatsache bleibt nichtsdestoweniger, dass es ihm die Augen geöffnet hat, dass es ihn geprägt hat und dass er dort fast sein gesamtes Leben verbracht hat. Für ihn selbst, der immer unterstrich, das Reisen nicht zu mögen, war das nicht reisen, sondern eher, diese Basses-Alpes, inzwischen Alpes-de-Haute-Provence, in jeder Hinsicht zu durchstreifen, und das hat er sich nicht entgehen lassen. Die vielen Stunden, die er mitten durch diese Landschaften zog und seine natürliche Fähigkeit schulte, Sinneseindrücke und Freude aus der Welt zu ziehen, konnten gar nicht anders sein, als danach auch mit Lust darüber zu schreiben. Auf diesem Gebiet hat er alle Eigenschaften, um mit seinen Vorgängern rivalisieren zu können, und sei es sogar mit Shakespeare.

In gewisser Weise hat er nie aufgehört, über die Provence zu schreiben, auch wenn sich das Territorium seiner Romanwelt selbst nicht mit ihr vermischt. Weder die Anzahl noch die Bedeutsamkeit der Romane, deren Handlung im südlichen Teil des Dauphiné stattfindet, können verhindern, dass in unserer Erinnerung die Provence nicht doch der dominante Rahmen dieser Welt bliebe. Geografische Namen und beschreibende Details vermischen sich in diesem Gesamteindruck. Was immer das Trièves-Gebiet in Gionos Imagination für eine Bedeutung haben mag, nur über die Provence hat sich Gionos Werk eröffnet, und nur über sie wird es sich auch wieder schließen. Es waren, und zwar aus gutem Grund, ganz provenzalische Landschaften, die er unter dem Deckmantel griechischer Namen in seinem ersten Roman »La Naissance de l’Odyssée« heraufbeschwor. Die folgenden aber geben sich freimütig als provenzalisch aus, denn hier wird vermehrt Manosque erwähnt, die Durance, das Lure-Gebirge und viele andere Orte, die mit Leichtigkeit erkennbar sind. Im Jahr 1935 hat Giono dann in der illustrierten Ausgabe der »Vraies Richesses« Landschaftsfotos der Region mit Zitaten kommentieren lassen, die seinen Romanen entnommen waren, als ob er dadurch deren Echtheit beglaubigen wolle. Auch nach dem Krieg zieht Angelus immer noch durch die Provence, in den ersten drei Bänden des Zyklus vom Husaren von Montgenèvre nach Manosque und von Manosque nach Théus, und dann nach Marseille, wo Pauline sterben wird. In »L’Iris de Suse«, seinem letzten Roman, gönnt Giono sich das Vergnügen, in der Fantasie noch einmal seine heimatliche Provence, diesmal von Süden nach Norden, zu durchlaufen, indem er Tringlot und seiner Herde beim Auftrieb folgt.

Diese scheinbar so offenkundige Lokalisierung ist dennoch immer doppelsinnig gewesen. Wo Giono authentische Namen nennt, achtet er sorgfältig darauf, die Orte im Verhältnis zueinander zu verschieben und die Fährten noch mal zu verwischen, indem er fiktive Namen einstreut. Auch wenn er sich bisweilen damit amüsiert, selbst den Weg seiner Helden in die Wanderkarten einzuzeichnen: er lässt es sich nicht nehmen, zu variieren. Es mag so aussehen, als ob die geografische Realität den Rahmen geliefert hätte, sie selber war jedoch auch raffiniert in die Fiktion mit einbezogen. Selbst wenn die Namen von Städten, Dörfern, Flüssen, Hügeln oder Gipfeln noch zahlreicher vertreten wären, die Provence wäre auch da immer präsent, wo sie gar nicht vorhanden ist. Durch die Namen nimmt Giono zweifelsohne mehr Bezug auf die Provence als Faulkner auf den Mississippi; aber er nimmt genau wie dieser in Anspruch, einen imaginären Süden zu schaffen.

Es war also, je nachdem, wie die Romane einen zur Aufmerksamkeit zwangen, ganz natürlich, dass der Wunsch entstand, zu erfahren, was Giono über die Provence selbst zu sagen hatte. Einladungen und Anfragen ließen nicht auf sich warten. Manches davon führte zu beträchtlichem Umfang, so beispielsweise die zwei Extreme im Werk, Manosque-des-Plateaux ab 1930, und das Ensemble kurzer Texte, die die Fotografien kommentierten, welche 1967 unter dem bezeichnenden Titel Provence perdue publiziert wurden. Andere Projekte waren mehr oder weniger eine direkte Gelegenheit für ihn, über die Provence zu reden, wie das Szenario des Films L’Eau vive, der es Giono entsprechend dem Verlauf seines Helden erlaubte, die Achse und gleichsam das Rückgrat der Provence freizulegen, oder der »Essay sur le charactère des Personnages«, der den Notizen zur Affäre Dominici hinzugefügt war. Doch neben diesen Essays von einigem Umfang hatte er auf die gleiche Art Anfrage genauso in zahlreichen, viel kürzeren Texten geantwortet, in Einleitungen, Artikeln, veröffentlichten Briefen und sogar in aufgenommenen Vorträgen. Diese Texte sind in dieser Sammlung enthalten. Ausgenommen zwei Texte, waren sie bis heute verstreut in Zeitschriften oder Broschüren erschienen, sowie in Büchern, wo sie als Vorwort dienten. Viele, insbesondere die Einleitungen, waren ohne Titel oder waren nur überschrieben mit »Provence«. Hier sind sie durch dem Text selbst entlehnte Formulierungen kenntlich gemacht, oft mit den ersten Worten des Textes. Die zwei einzigen Texte, die in die Sammlung nochmal aufgenommen werden mussten, sind der von 1939, hier betitelt mit »Ce que je veux écrire sur la Provence …«, der in den Band L’Eau vive eingefügt worden war, und »Arcadie! Arcadie!«, der in der posthumen Sammlung Le Déserteur eine Rolle spielt. Ein anderer Text war geschrieben worden, um einer teilweisen Umstellung von vier früheren Essays, mit demselben Titel Provence, als Vorwort zu dienen. Giono ist, wenn er seine Texte schreibt, nicht mehr Erzähler, sondern Zeuge. Insofern spricht er als in Manosque Gebürtiger und im Namen einer lebenslangen Vertrautheit mit der Provence. Seine schriftstellerischen Fähigkeiten stehen hier im Dienste dieser Zeugenschaft. Dank ihrer kann er die Provence zum Leben erwecken und ihre Formgebung variieren. Da, wo von etwas gesprochen wird, das sich eigentlich gleich bleibt, hat er keine Schwierigkeiten, dieses Motiv neu erscheinen zu lassen, indem er im ganzen Umkreis Wegrouten und Rundblicke, von einem höher gelegenen Punkt aus betrachtet, aufeinander folgen lässt – manchmal während er dem Vorrücken der Sonne folgt, wenn sie sich allmählich über der Region erhebt und ab einer bestimmten Höhe gleichzeitig weit auseinanderliegende Punkte im Raum berührt, mitunter ist es eine Strecke von der Straße, oder die Marschroute eines Wanderers, manchmal ein Fremder, manchmal er selbst, und in diesem Fall wird die Gegenwart Schritt für Schritt belebt, bald leibhaftig in erlebter Erzählung, bald in erzählter Erinnerung. Eins nach dem anderen bieten sich ihm Bilder an, die er hier vor allem als Mittel einsetzt, um die Wirklichkeit besser erfahrbar zu machen. Zu der Zeit, als er die meisten seiner Texte schreibt, hat Giono eine Meisterlichkeit in der Schreibkunst erlangt, die ununterbrochen von vollendeter Sensibilität geprägt ist.

Doch man darf bei Giono nicht erwarten, dass er sich selbst da, wo er in Essay- oder Zeugnisform davon spricht, was sein Land ausmacht, zu eng an diese Realität hielte. Wahr ist, dass er tatsächlich alle Wanderwege, die er darstellt, abgelaufen ist. Schreibt er aber, so breitet er oft auf seinem Tisch die Karten aus, die ihm an sich schon eine Quelle des Vergnügens sind, und behält sie ständig im Blick. Das, was er schreibt, stammt ebenso aus der Vision wie aus dem, was die Karten ihm eigentlich nur aus seiner Erinnerung anbieten. Wenn er irgendein winziges Detail der Landschaft präzisiert oder umgekehrt wiederum alle weit weg liegenden Ebenen und Anhaltspunkte, vom selben Blickpunkt aus gesehen, einzeln ausführt, so stellt er keineswegs immer Nachforschungen an über den gegenwärtigen oder vergangenen Zustand von diesem Detail, oder fragt sich, in welcher Jahreszeit oder unter welchen zeitlichen Umständen diese Markierungen denn alle auf einmal sichtbar wären. Man könnte sich...

Erscheint lt. Verlag 27.6.2024
Übersetzer Siglind Schüle-Ehrenthal
Sprache deutsch
Themenwelt Reisen Reiseführer Europa
ISBN-10 3-7518-0124-3 / 3751801243
ISBN-13 978-3-7518-0124-9 / 9783751801249
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